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Die Kindheit prägt das Finanzverhalten bis ins Erwachsenenalter

Pressemitteilung vom 8. Juli 2015

Eltern üben indirekt Einfluss darauf aus, wie ihre Kinder später mit Geld und Finanzprodukten umgehen – die Schule kann ein kompetentes Finanzverhalten fördern

„Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“ Wer solche und ähnliche Weisheiten zum Umgang mit Geld und Finanzprodukten schon als Kind von seinen Eltern lernt, trifft auch als Erwachsener oft bessere Finanzentscheidungen. Das belegt eine neue Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Viele Menschen wissen nicht, wie sie ihr Vermögen möglichst gewinnbringend anlegen oder einen günstigen Kredit bekommen können. „Finanzielle Bildung, zum Beispiel in Form von speziellen Finanztrainings, kann zwar helfen, das Finanzverhalten Erwachsener zu verbessern. Es gibt aber noch andere Einflussfaktoren, die bisher weniger untersucht wurden“, meint Lukas Menkhoff, Finanzexperte am DIW Berlin. Gemeinsam mit der DIW-Ökonomin Antonia Grohmann hat er untersucht, welchen Einfluss der familiäre Hintergrund und andere Kindheitserfahrungen auf die Finanzbildung haben. „Die Ergebnisse unserer Fallstudie zeigen, dass die Erziehung der Eltern, aber auch die Schule die Finanzbildung und damit auch das Verhalten entscheidend beeinflussen“, sagen die Studienautoren. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand sein Geldvermögen über mehrere Anlageformen streut, um 13 Prozent höher, wenn diese Person Wirtschaft als Schulfach hatte. Menschen mit einer qualitativ besseren Schulbildung haben sogar ein um durchschnittlich 23 Prozent breiter gestreutes Finanzportfolio.

Die Erziehung der Eltern wirkt direkt auf die finanzielle Bildung

Mithilfe einer sogenannten Mediationsanalyse können die DIW-Wissenschaftler nicht nur bestimmen, welche Faktoren wie stark auf die finanzielle Bildung und das Finanzverhalten wirken, sondern auch, ob sie direkt oder indirekt Einfluss nehmen. Dabei zeigt sich, dass die finanzielle Erziehung der Eltern und Kindheitserfahrungen mit Geld direkt mit finanzieller Bildung zusammenhängen. Die Qualität der Schulbildung und Wirtschaft als Schulfach wirken indes nur mittelbar auf die Finanzbildung, indem sie die Rechenfertigkeiten verbessern. „Ein gutes Verständnis für Zahlen und eine Affinität zum Rechnen fördern natürlich die finanzielle Bildung und damit letztlich auch gutes Finanzverhalten“, erläutert Antonia Grohmann diese Ergebnisse. „Aber die Erziehung ist mindestens genauso wichtig.“ Interessanterweise hat der Bildungshintergrund der Eltern der DIW-Studie zufolge keinen Einfluss auf das spätere Finanzverhalten der Kinder.

Eltern sollten für eine gute Finanzerziehung sensibilisiert werden

Viele OECD-Länder, aber auch einige Schwellen- und Entwicklungsländer haben bereits einzelne Initiativen gestartet, um die Finanzbildung der Bevölkerung zu verbessern. Die Qualität dieser Finanztrainings ist allerdings sehr unterschiedlich und empirische Untersuchungen zur Wirkung solcher Trainings kommen zu uneinheitlichen Ergebnissen. Wichtig wäre es deshalb, auch die allgemeinen Rechenfertigkeiten zu stärken – am besten bereits im Schulunterricht. „Außerdem müssen Eltern viel stärker dafür sensibilisiert werden, wie wichtig eine gute Erziehung in Finanzangelegenheiten ist. Kinder regelmäßig zum Sparen und Budgetieren anzuhalten, kann schon viel bewirken“, sagt Menkhoff. Er gibt jedoch zu bedenken: „Das Finanzverhalten der Bevölkerung nachhaltig zu verbessern, ist ein schwieriger und langwieriger Prozess. Insbesondere das Erziehungsverhalten der Eltern dürfte durch politische Maßnahmen nur schwer zu beeinflussen sein.“

Links

Interview mit Antonia Grohmann (Print (PDF, 96.72 KB) und
O-Ton von Antonia Grohmann
Viele Menschen kennen sich auch mit einfachen finanziellen Konzepten zu wenig aus - Sieben Fragen an Antonia Grohmann
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