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Investitionen in Energieeffizienz notwendig und lohnend: Deutsches Bruttoinlandsprodukt könnte langfristig um ein Prozent höher liegen

Pressemitteilung vom 22. Januar 2014

Energetische Sanierung von Wohngebäuden muss deutlich ausgebaut werden – Die eingesparten Energiekosten sind langfristig deutlich höher als die notwendigen Zusatzinvestitionen – Emissionen von Treibhausgasen sinken – Einkommen können steigen

Um die Energiespar- und Emissionsziele der Bundesregierung zu erreichen, muss Energie effizienter genutzt werden. Neben einem breiten Spektrum von zusätzlichen Maßnahmen in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft muss insbesondere die Rate der energetischen Sanierung von Wohngebäuden verdoppelt werden. Die dafür in den kommenden Jahren notwendigen milliardenschweren Zusatzinvestitionen, so haben Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) berechnet, würden zu erheblichen Energiekostensenkungen führen, das Klima entlasten und das Bruttoinlandsprodukt erhöhen. Profitieren würde nicht nur das Klima, sondern auch das Wirtschaftswachstum in Deutschland: Die Treibhausgasemissionen könnten den DIW-Berechnungen zufolge unter Berücksichtigung weiterer Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz bis zum Jahr 2020 um 45 Millionen Tonnen und bis 2050 um 74 Millionen Tonnen sinken. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt könnte bei forcierten Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz im Jahr 2020 rund ein halbes Prozent und im Jahr 2050 ein ganzes Prozent höher liegen, schätzen die DIW-Experten. Bislang seien die politischen Weichen jedoch noch nicht gestellt. „Je länger man wartet, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, desto schwieriger wird es, die Modernisierungen im notwendigen Umfang in Gang zu bringen und die Ziele zu erreichen“, warnen die DIW-Experten Jürgen Blazejczak, Dietmar Edler und Wolf-Peter Schill.
Ohne stärkere energetische Sanierung von Wohngebäuden ist die Energiewende kaum zu schaffen

Die energetische Sanierung von Wohngebäuden ist eine wichtige Säule der Energiewende. Die Bundesregierung peilt  im Zuge der geplanten Verdopplung der energetischen Sanierungsrate auf zwei Prozent des Bestandes pro Jahr einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand im Jahr 2050 an. Die drei DIW-Ökonomen Blazejczak, Edler und Schill haben analysiert, welche zusätzlichen Investitionen nötig wären, um die Ziele der Bundesregierung zu erreichen, und anhand verschiedener Szenarien untersucht, wie sich diese zusätzlichen Investitionen auf die deutsche Volkswirtschaft auswirken könnten. Im Bereich der Wohngebäude müssten rund 35 Millionen Quadratmeter pro Jahr mehr modernisiert werden als derzeit. Die energiebedingten Mehrkosten liegen je nach Gebäudetyp und -alter zwischen 160 und 220 Euro pro Quadratmeter. Inklusive Preissteigerungen würden sich die notwendigen energiebedingten Zusatzinvestitionen im Jahr 2020 auf 7,4 Milliarden Euro belaufen, im Jahr 2030 bei rund neun Milliarden liegen und im Jahr 2050 auf etwa 14 Milliarden Euro steigen. Je mehr Gebäude im Zeitablauf modernisiert werden, umso mehr Energiekosten würden eingespart: Im Jahr 2020 wären Einsparungen im Wert von etwa 3,8 Milliarden Euro möglich, 2030 könnten sie bei rund 11,1 Milliarden Euro und im Jahr 2050 etwa 32 Milliarden liegen, so schätzen die DIW-Experten.

Das Klima und die deutsche Wirtschaft könnten kräftig profitieren

Neben der energetischen Sanierung von Wohngebäuden berücksichtigten die Experten auch weitere Maßnahmen zur Energieeffizienzverbesserung in Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie in privaten Haushalten. Neben brennstoffspezifischen Einsparmöglichkeiten wurden dabei auch strombezogene Effizienzmaßnahmen bei Querschnittstechnologien wie Pumpen, Belüftung oder Beleuchtung einbezogen. Anhand verschiedener Szenarien berechneten die Forscher, wie sich die Gesamtmaßnahmen auf das Bruttoinlandsprodukt, seine Verwendungskomponenten und den Arbeitsmarkt auswirken würden. Insgesamt könnte das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2020 rund ein halbes Prozent höher liegen als bei einer Fortsetzung des jetzigen Kurses. Im Jahr 2050 könnte es sogar ein ganzes Prozent sein. Die Beschäftigungseffekte hängen vom Verhältnis von Produktivitätssteigerungen und Neueinstellungen ab. Maximal, so schätzen die Forscher, sei mit einer Mehrbeschäftigung von bis zu 180.000 Personen im Jahr 2020 und 250.000 Personen im Jahr 2030 zu rechnen. Denkbar sei im Extremfall aber auch, dass sich kein nennenswerter Beschäftigungseffekt ergebe, wenn die Produktivität in gleichem Maß wie die Wertschöpfung steige. Bei positiven wirtschaftlichen Wirkungen bleibt es auch unter ungünstigeren Bedingungen in Bezug auf die geforderten Amortisationszeiträume, die erreichten Energieeinsparungen und die notwendigen Investitionsbeträge.

Die Umsetzung der Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung erfordert den Experten zufolge jedoch deutlich größere Anstrengungen der Politik. „Der Bedeutung einer Steigerung der Energieeffizienz für das Gelingen der Energiewende wird im politischen Handeln bisher nicht ausreichend Rechnung getragen. Wenn es nicht gelingt, durch zusätzliche Anreise und Maßnahmen auf einen anspruchsvolleren Energieeffizienzpfad einzuschwenken, lassen sich die bestehenden Klimaschutzziele, aber auch die Ausbauziele für erneuerbare Energien, deutlich schwerer erreichen.“

Links

DIW-Wochenbericht 4/2014 (PDF, 407.13 KB)

DIW-Wochenbericht 4/2014 als E-Book (EPUB, 1.95 MB)

O-Ton von Dietmar Edler
Energetische Sanierung: je länger man wartet, desto schwieriger wird es - Sieben Fragen an Dietmar Edler

 

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