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Vermögensabgabe

Vermögensabgabe

Die Vermögensabgabe ist eine Steuer, zu der Eigentümer größerer Vermögen verpflichtet werden können, um eine finanzielle Notlage des Staates zu überbrücken. Im Unterschied zur jährlichen Vermögensteuer wird sie nur einmalig auf den aktuellen Vermögensbestand erhoben.

Vermögensabgaben sind ein außerordentliches fiskalisches Instrument, das eine wirksame Finanzierung oder Entschuldung des Staates erlaubt, ohne die Hilfe der internationalen Gemeinschaft oder des Zentralbankensystems in Anspruch nehmen zu müssen. In den meisten Ländern stehen den staatlichen Schulden in wesentlich größerem Umfang private Vermögen gegenüber.

Die Vorteile von Vermögensabgaben liegen darin, dass sie weniger Steuerwiderstand und Ausweichreaktionen auslösen als konventionelle Steuererhöhungen. Wenn der Fiskus auf die an einem bestimmten in der Vergangenheit liegenden Stichtag bestehenden Vermögenswerte zugreift, können die privaten Haushalte der Belastung nicht mehr ausweichen. Die Schattenseite ist, dass sich viele Steuerpflichtige überrumpelt und enteignet fühlen, da sie nicht mit einer solchen Abgabe gerechnet haben. Dies kann in der Zukunft zur Abwanderung von Vermögenden oder einer Verlagerung von Kapital ins Ausland führen, wenn sie mit wiederholten Vermögensabgaben rechnen. Auch kann die Abgabenbelastung selbst Liquiditäts- und Finanzierungsprobleme bei Immobilien- oder Betriebsvermögen auslösen.

Da die steuerlich erfassbaren Vermögen stark auf die oberen zehn Prozent der Bevölkerung konzentriert sind, kann eine Vermögensabgabe auch dann noch ein erhebliches Aufkommen erzielen, wenn der Großteil der Bevölkerung durch hohe Freibeträge freigestellt wird. Simulationsrechnungen des DIW Berlin zum Aufkommen einer Abgabe auf das Nettovermögen der natürlichen Personen ergeben bei einem persönlichen Freibetrag von 250 000 Euro (Ehepaare 500 000 Euro), einem Kinderfreibetrag von 100 000 Euro sowie einem gesonderten Freibetrag für Unternehmensvermögen und wesentliche Beteiligungen von fünf Millionen Euro eine Bemessungsgrundlage von 2,3 Billionen Euro oder 92 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (2011). Eine Abgabe in Höhe von beispielsweise zehn Prozent der Bemessungsgrundlage könnte somit gut neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts - rund 230 Milliarden Euro - mobilisieren. Betroffen wären 4,4 Millionen Personen, das entspricht den reichsten acht Prozent der erwachsenen Bevölkerung.

In der Geschichte wurde in fiskalischen Notsituationen häufig auf derartige außerordentliche Instrumente zurückgegriffen, auch in Deutschland. Beispielsweise wurden im Jahr 1919 vermögende Steuerzahler zur Abgabe des „Reichsnotopfers" verpflichtet, um die Schulden des Ersten Weltkriegs abzubezahlen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ab 1949 eine Vermögensabgabe im Rahmen des „Lastenausgleichs“ erhoben, die bis 1979 in vierteljährlichen Raten von den Betroffenen gezahlt wurde. Die Einnahmen wurden zur Entschädigung von Kriegs- und Vertreibungsverlusten und für den Wiederaufbau verwendet.

Siehe auch Zwangsanleihen

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