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Strukturell bedingter Rückstand bei Forschung, Entwicklung und Innovationen der privaten Wirtschaft in Ostdeutschland

Pressemitteilung vom 7. Oktober 2015

Kaum forschungsintensive Industriezweige und größere Unternehmen – Forschung konzentriert sich auf staatliche und staatlich geförderte Einrichtungen und Hochschulen

Forschung und Entwicklung wurden in Ostdeutschland in den letzten beiden Jahrzehnten spürbar ausgeweitet. Die Expansion war jedoch schwächer als in Westdeutschland, und sie konzentrierte sich stark auf staatliche und staatlich geförderte Forschungseinrichtungen. Insgesamt erreichten im Jahr 2013 die ostdeutschen Forschungsaktivitäten 86 Prozent des westdeutschen Niveaus, im Bereich der privaten Wirtschaft waren es nur 50 Prozent. Dies sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die Gründe für den Rückstand liegen in der Wirtschafts- und Unternehmensstruktur: Forschungsintensive Industriezweige und größere Unternehmen, die im Allgemeinen mehr forschen und entwickeln als kleine Unternehmen, sind in Ostdeutschland seltener vorhanden als in Westdeutschland. „Angesichts der strukturellen Unterschiede ist eine Angleichung an das westdeutsche Niveau in absehbarer Zeit nicht zu erwarten“, sagt DIW-Experte Alexander Eickelpasch. Das solle man aber nicht überbewerten, denn: „Schließlich gibt es auch in Westdeutschland große regionale Unterschiede bei den Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten der privaten Wirtschaft.“

Staatliche und staatlich geförderte Forschung doppelt so hoch wie in Westdeutschland

Nach einem zunächst rasanten Abbau nach der Wende wurden Forschung und Entwicklung (FuE) in Ostdeutschland stark ausgebaut. So hat die Zahl der Personen, die in FuE beschäftigt sind, seit 2005 deutlich zugenommen und lag im Jahr 2013 ein Fünftel über dem Niveau von 1995. Auch die Ausgaben für FuE expandierten und waren 2013 mit 10,4 Milliarden Euro fast doppelt so hoch wie 1995. Sowohl beim Personal als auch bei den Aufwendungen waren die staatlichen und staatlich geförderten Forschungseinrichtungen die Treiber der Entwicklung. Doch obwohl die Forschungsintensität dieser Einrichtungen in Ostdeutschland doppelt so hoch und die der Hochschulen um ein Drittel höher ist als in Westdeutschland, ist der Rückstand Ostdeutschlands bei Forschung und Entwicklung immer noch deutlich.

Weniger Patentanmeldungen und Produktneuheiten

Auch gemessen am Output von Forschung und Entwicklung den Patentanmeldungen – gibt es einen deutlichen Rückstand Ostdeutschlands, der auch in den letzten Jahren kaum geringer geworden ist. Ähnliches gilt für den Anteil von Produktinnovationen am Gesamtumsatz der Unternehmen: Er liegt in Ostdeutschland im verarbeitenden Gewerbe bei 12 Prozent (Westdeutschland: 20 Prozent) und bei den Industrieprodukten bei 2,0 Prozent (Westdeutschland: 3,9 Prozent).

Weder Ost- noch Westdeutschland sind wirtschaftlich homogen

Angesichts des Potenzials der staatlichen Forschung in Ostdeutschland spricht sich Eickelpasch dafür aus, bei der Innovationsförderung der privaten Wirtschaft weiter stark auf die Vernetzung zu setzen, um kleine und mittlere Unternehmen zur Nutzung der reichhaltigen öffentlichen Forschungsinfrastruktur zu ermuntern. Aufgrund des strukturellen Unterschiedes ist mit einem baldigen Abbau des Rückstandes aber nicht zu rechnen. Da es auch innerhalb Westdeutschlands große regionale Differenzen in Bezug auf Wirtschaftsstruktur und FuE gibt, sollte nach dem Auslaufen der ostspezifischen Förderprogramme im Jahr 2020 eine einheitliche Förderung von Forschung und Entwicklung in Deutschland angestrebt werden.

Links

Interview mit Alexander Eickelpasch (Print (PDF, 99.84 KB) und
O-Ton von Alexander Eickelpasch
Rückstand Ostdeutschlands bei privater Forschung und Entwicklung: Forschungsintensive und größere Unternehmen schwach vertreten - Fünf Fragen an Alexander Eickelpasch
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