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Prall gefüllte öffentliche Kassen in Deutschland zeichnen geschöntes Bild

Pressemitteilung vom 14. Juni 2017

Überschuss der öffentlichen Haushalte beträgt dieses Jahr voraussichtlich knapp 21 Milliarden Euro, nächstes Jahr gut 29 Milliarden Euro – Gelockerter Kurs bei den konsumtiven Ausgaben – Überschüsse sind nicht mit vorhandenem Spielraum gleichzusetzen, für Wahlgeschenke ist kein Platz

In diesem Jahr wird der Überschuss des Staates zurückgehen, mit knapp 21 Milliarden Euro aber weiterhin üppig ausfallen. Im nächsten Jahr dürfte er auf gut 29 Milliarden Euro steigen. Dies prognostiziert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) auf Basis seiner aktuellen Konjunkturprognose. In Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt entspricht das Plus 0,6 Prozent respektive 0,9 Prozent.

Die öffentlichen Haushalte profitieren dabei nach wie vor vom Beschäftigungsaufbau, der in den Jahren 2017 und 2018 von recht kräftigen Lohnzuwächsen begleitet wird. Folglich steigen die Einnahmen aus der Lohnsteuer und den Sozialbeiträgen nach wie vor merklich und die gute Entwicklung der Inlandsnachfrage lässt die Umsatzsteuer merklich zulegen. Insgesamt nehmen die Einnahmen in diesem Jahr um 2,9 Prozent zu, im nächsten Jahr um 3,6 Prozent.

Die Ausgaben steigen alles in allem in diesem Jahr um 3,4 Prozent und im nächsten Jahr um 3,1 Prozent. In beiden Jahren ist die Dynamik hierbei verhaltener als im Jahr 2016, als eine hohe Zahl an Geflüchteten für zusätzliche Ausgaben, vor allem bei den Sachkäufen und den sozialen Sachleistungen, gesorgt hat.

Lage ist nicht so erfreulich wie sie scheint

„So erfreulich die Zahlen auch sind, sie zeichnen ein geschöntes Bild der Lage der öffentlichen Finanzen“, führt Kristina van Deuverden, Finanzexpertin am DIW Berlin, aus. „Sie sind eine Momentaufnahme und tragen beispielsweise der sich abzeichnenden demografischen Entwicklung, die schon in naher Zukunft die Staatskassen belasten wird, nicht Rechnung.“ Auch werden die Zinsausgaben des Staates in Zukunft wieder zunehmen, denn die negativen Renditen der von Deutschland emittierten Anleihen, die eine riesige Ersparnis an Zinsausgaben mit sich bringen, können nicht von Dauer sein.

Hinzu kommt, dass die Finanzpolitik bereits seit einigen Jahren ihren Handlungsspielraum nicht richtig nutzt. Die konjunkturbereinigten Ausgaben nach Abzug von Zinsausgaben und Investitionen und nach Bereinigung um Steuereingriffe nehmen seit der Finanzkrise im Durchschnitt stärker zu als das nominale Produktionspotential. Ein solcher Ausgabenkurs kann nicht auf Dauer aufrechterhalten werden. „Es gibt keinen Spielraum für Wahlgeschenke, zum Beispiel Steuersenkungen“, so van Deuverden. „Die für dieses und nächstes Jahr prognostizierten Überschüsse, die im Wahlkampfjahr Begehrlichkeiten wecken, dürfen nicht verpulvert werden. Vielmehr sollte die Politik jetzt schon die mit dem demografischen Wandel verbundenen Herausforderungen anpacken: Investieren und die Sozialbeiträge senken, damit die Belastung des Faktors Arbeit sinkt. Beides kann das potentielle Wirtschaftswachstum erhöhen.“

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