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„Nach zehn Jahren Dauerfinanzkrise fehlen immer noch praktikable Lösungen“

Statement vom 8. August 2017

Den zehnten Jahrestag, an dem die Finanzkrise Europa erreichte und die Europäische Zentralbank eingreifen musste, kommentiert Dorothea Schäfer, Forschungsdirektorin Finanzmärkte am DIW Berlin, wie folgt:

BlockquoteAm 9. August 2007 kam die Wucht der sinkenden US-Immobilienpreise im europäischen Bankensystem an: 95 Milliarden Euro stellte die EZB gegen die um sich greifenden Geldnöte der Geschäftsbanken bereit. Seit zehn Jahren stützen Staaten und Zentralbanken das Finanzsystem. Die Banken sind zwar viel stärker reguliert als vor zehn Jahren, über die Wirkung dieser komplexen Regulierung wissen wir indes wenig. Tendenziell sind kleine Banken dadurch benachteiligt. Die Großbanken haben mehr Kapital als zu Beginn der Finanzkrise, aber niemand wird sich der Illusion hingeben, dass drei Prozent der Bilanzsumme ausreichen, um sie krisenfest zu machen. Die relative Ruhe im Finanzsystem beruht auf geborgtem Vertrauen, geborgt von Zentralbanken und Steuerzahlerinnen und -zahlern. Für die dringendsten Probleme, die Eigenkapitalarmut der Großbanken und die Milliarden an notleidenden Krediten, fehlen praktikable Lösungen. Es ist müßig, darauf zu warten, dass Europas Großbanken freiwillig ihre Verschuldung zugunsten von Eigenkapital zurückfahren. Eine hohe Verschuldung bedeutet eine hohe Eigenkapitalrendite, bedeutet „gute“ Leistung des Managements und damit hohe Boni, wenn alles gut geht. Und wenn es nicht gut geht, greift die stille Garantie der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Die Politik ist hier am Zug. Weil Großbanken nicht abwickelbar sind, muss sie ihnen endlich ein robustes Eigenkapitalgerüst aufzwingen. Eine üppige Eigenkapitalausstattung würde auch Spekulanten den Wind aus den Segeln nehmen. Und die Politk muss sich von der Illusion befreien, dass notleidende Kredite in den Büchern der europäischen Banken dadurch abgebaut werden könnten, dass sie auf einem integrierten europäischen Kapitalmarkt an Nichtbanken verkauft werden. Ohne Bad-Banks und staatliche Zwischenfinanzierung wird es nicht gehen.

Dorothea Schäfer
Dorothea Schäfer

Forschungsdirektorin Finanzmärkte in der Abteilung Kommunikation

Themen: Finanzmärkte

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