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Bei Breitbandnetzen liegt Deutschland zurück Netzausbau soll sich stärker lohnen – DIW Berlin legt Drei-Punkte-Programm vor

Pressemitteilung vom 2. Dezember 2009

Moderne Breitbandnetze fördern wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei der Breitbandnutzung derzeit allerdings nur im Mittelfeld. Das zeigt eine gemeinsame Studie von DIW econ und der Unternehmensberatung Detecon International. In Deutschland verfügt derzeit erst jeder vierte Einwohner über einen Breitbandanschluss – in den Niederlanden, Südkorea oder Schweden ist es hingegen schon jeder Dritte. Zudem werden in Deutschland Glasfasernetze, die sehr hohe Bandbreiten ermöglichen, bisher kaum ausgebaut.

Schätzungen gehen davon aus, dass in eine flächendeckende Glasfaserinfrastruktur bis 2020 zwischen 36 und 50 Milliarden Euro investiert werden müssen. Dadurch könnten über 900.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. „Dafür müssten allerdings die gegenwärtigen regulatorischen und industriepolitischen Rahmenbedingungen verbessert werden“, betont Ferdinand Pavel, Manager bei DIW econ. Wie das funktioniert, zeigen beispielsweise die Niederlande: Dort hat die Regulierungsbehörde OPTA etwa die Entgelte für reine Glasfaserzugänge regional differenziert und längere Genehmigungszeiträume festgelegt. Der Effekt: Dort, wo der Ausbau eines Glasfasernetzes besonders aufwendig und teuer ist – etwa in dünn besiedelten ländlichen Gebieten – erhalten Investoren auf diese Weise mehr Planungssicherheit. „Die niederländische Regulierungsbehörde nimmt damit eine Vorreiterrolle bei dem Bemühen ein, Investitionsanreize für Glasfaserinvestitionen zu schaffen“, so Pavel.

Für Deutschland empfehlen DIW econ und Detecon International ein Drei-Punkte-Programm, um den Ausbau moderner Breitbandnetze in Deutschland zu fördern:

1. Investitionsfreundliche Rahmenbedingungen

Der aufwendige Breitbandausbau fällt leichter, wenn Synergien und Kooperationen genutzt werden. Daher sollten die rechtlichen Bedingungen für Kooperationen zwischen Netzbetreibern beim Breitbandausbau umgehend geklärt werden. Zudem sollte es generell zulässig sein, Investitionsrisiken durch Aufschläge in den Preisen für Zugangsprodukte mit einzubeziehen. Weiter könnten neue Bauvorschriften für den Haus- und Wohnungszugang den Anschluss an neue Hochgeschwindigkeitsnetze erheblich erleichtern. Frankreich beispielsweise setzt hier auf klare Vorgaben, um die Glasfaserverkabelung in Gebäuden voranzutreiben.

2. Regionale Differenzierung der Regulierung

Sowohl Nachfrage als auch Wertschöpfungspotenziale von Breitband-Infrastruktur sind regional unterschiedlich. In Großstädten und Ballungsgebieten gibt es funktionierenden Infrastrukturwettbewerb zwischen Glasfaseranschlussnetzen, Kabel-TV-Netzen und Funknetzen. In diesen Regionen sollten alle Netzbetreiber verpflichtet werden, Zugang zu ihrer passiven Infrastruktur wie Leerrohren zu gewähren. Eine Vorab-Genehmigung der Preise (ex-ante Regulierung) ist dabei nicht erforderlich. Stattdessen reicht die allgemeine Missbrauchsaufsicht zur Sicherung des Wettbewerbs aus. Staaten wie Großbritannien, Portugal und Frankreich haben die Regulierung ihrer Breitbandnetze bereits auf die regionalen Wettbewerbsverhältnisse abgestimmt.
 
3. Nachfrageförderung

Internationale Beispiele demonstrieren, dass die Breitbandnutzung mit entsprechenden Förderprogrammen und Angeboten gezielt gestärkt werden kann. In Deutschland gibt es insbesondere in den Feldern e-Government, e-Health und e-Learning noch Entwicklungspotenziale. In den USA werden etwa für Bürger und Unternehmen öffentliche Dienstleistungen auf einer zentralen Website (www.usa.gov) übersichtlich dargestellt. So können Bürger z.B. ihre Steuererklärung online einreichen oder über Live-Chats mit Mitarbeitern der Regierung kommunizieren. In Großbritannien und Spanien ist die elektronische Gesundheitskarte schon seit längerer Zeit im Umlauf. Und in Österreich wurde bereits im Jahr 2000 die eFit-Strategie eingeführt, welche Schulen, Hochschulen, lebenslanges Lernen und Kultur in verschiedenen Initiativen zusammenbringt, um IKT-Fähigkeiten zu verbessern.

Ferdinand Pavel: „Die Bundesregierung hat die Bedeutung der Breitband-Infrastruktur erkannt, das zeigen die Breitbandstrategie aus dem Frühjahr 2009 und auch der neue Koalitionsvertrag. Mit dem Drei-Punkte-Plan wollen wir zeigen, wie Deutschland an die internationale Breitband-Spitze aufschließen kann.“

Die DIW econ GmbH ist ein auf Beratung spezialisiertes Tochterunternehmen des DIW Berlin. Die Detecon International GmbH ist ein Unternehmen der Deutschen Telekom AG.

Eine Kurzfassung dieser Studie ist als DIW Wochenbericht erschienen, die gesamte Studie erscheint in der DIW-Reihe "Politikberatung kompakt"

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