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„Risiken nicht länger verdrängen, sondern transparent machen“

Pressemitteilung vom 18. März 2011

DIW fordert Versicherungspflicht gegen Naturgefahren

Das DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) fordert die Einführung einer Versicherungspflicht gegen Naturgefahren. Angesichts der jüngsten Katastrophen und ihrer dramatischen Folgen dürften die Gefahren extremer Wetter- und Umweltphänomene nicht länger verdrängt werden. „Wir müssen die Risiken transparent machen, möglichst risikogerecht auf viele Schultern verteilen und sie nicht länger blindlings zu sozialisieren“, lautete das Fazit von DIW-Chef Gert Wagner und Reimund Schwarze, Abteilungsleiter „Ökonomie und Politik“ an der nationalen Klimaagentur CSC in Hamburg bei einer DIW-Presseveranstaltung am Donnerstagabend in Berlin.

„Derzeit werden die realen Gefahren verdrängt und versteckt“, urteilte Schwarze. Dabei müsse wegen des Klimawandels mit einer deutlichen Zunahme der Katastrophenschäden gerechnet werden. „Phänomene, die heute noch außergewöhnlich sind, werden für uns immer alltäglicher werden“. Eine  Versicherungspflicht gegen so genannte Elementarschäden, die etwa durch Sturm, Fluten, Überschwemmungen und Hitzewellen entstehen, sei deswegen nicht nur  sinnvoll, sondern auch notwendig. „Wir sollten nicht länger Chancen vergeben, das Land sicherer zu machen“, sagte Wagner. Eine Versicherung, die Vorsorge belohne, wirke sich positiv auf die Prävention aus. Das zeige sich zum Beispiel in der Schweiz, wo es solche Anreize in Versicherungsverträgen gibt. „Wir wären damit in Europa nicht allein“, erklärte Schwarze. „Auch in Frankreich und Spanien gibt es ähnliche Modelle. Sogar Rumänien hat gerade eine Versicherungspflicht eingeführt – auch gegen Erdbeben.“

Die Experten forderten die Politik zum Handeln auf. „Nach jeder Katastrophe kocht die Diskussion  hoch und verebbt nach zirka einem Jahr wieder“, so Wagner. „Die Risiken werden verdrängt, aber die Kosten bleiben.“ In eine solche Versicherung einbezogen werden sollten auch Unternehmen – etwa die Betreiber von Kernkraftwerken. „Wenn Atomkraft aufgrund einer adäquaten Haftflicht im Einzelfall unbezahlbar wird, dann ist das hinzunehmen“, sagte Schwarze. „Wenn man sich dennoch politisch für die Atomkraft entscheidet und etwa Staatsgarantien gibt, hilft eine Versicherungspflicht, die Risiken transparent zu machen und ständig in der Diskussion zu halten. Was derzeit passiert, sind versteckte Subventionen. Der Schaden bleibt beim Steuerzahler, und der merkt es erst, wenn die Katastrophe passiert ist.“  Auch in Deutschland seien starke Erdbeben möglich, für die die hiesigen Atomkraftwerke nicht ausgelegt seien, sagte Prof. Rainer Kind, vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ am Helmholtz-Zentrum Potsdam.

Ob alle denkbaren Schäden der Atomkraft versicherbar sind, scheint fraglich. „Aber zwischen der Lösung, die wir heute haben, und der Komplettabsicherung eines Super-Gaus sind zig mögliche Varianten denkbar, die besser sind als der heutige Stand,“ so DIW-Chef Wagner.

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