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Die Wiedervereinigung: eine ökonomische Erfolgsgeschichte

DIW Wochenbericht 40 / 2014, S. 935-937

Karl Brenke, Marcel Fratzscher, Markus M. Grabka, Elke Holst, Sebastian Hülle, Stefan Liebig, Maximilian Priem, Anika Rasner, Pia S. Schober, Jürgen Schupp, Juliane F. Stahl, Anna Wieber

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Abstract

Die Erwartungen der Menschen nach dem Mauerfall vor 25 Jahren und der Wiedervereinigung 1990 waren enorm. Die Regierung versprach, innerhalb weniger Jahre „blühende Landschaften“ zu schaffen. Die Euphorie der Wiedervereinigung kam nicht nur durch den Wunsch zustande, endlich wieder ein Land und eine Nation zu sein, sondern hatte auch handfeste wirtschaftliche Gründe: Die Menschen in Ostdeutschland wollten eine bessere wirtschaftliche Perspektive, mehr Chancen, ihre Möglichkeiten zu verwirklichen und letztlich mehr Wohlstand für sich und künftige Generationen zu schaffen. Die Westdeutschen erhofften sich einen Boom. Das Versprechen erwies sich sehr schnell als eine Illusion. Und es wurden – aus rein ökonomischer Sicht – wirtschaftspolitische Fehler gemacht, wie etwa die Währungsunion zu einem Wechselkurs, der wirtschaftlich die Wettbewerbsfähigkeit Ostdeutschlands schnell sinken ließ und zumindest anfänglich zu einem starken Anstieg der Arbeitslosigkeit beitrug. Und die Privatisierung durch die Treuhandanstalt war wahrscheinlich übereilt. Ist jedoch die Wiedervereinigung deshalb aus wirtschaftspolitischer Perspektive gescheitert? Es wäre falsch, das politische Versprechen vom schnellen Wohlstand als Maß für den Erfolg der Wiedervereinigung zu nehmen. Die Frage nach einem realistischen Ziel und Kriterium für eine systematische wirtschaftspolitische Bewertung der Wiedervereinigung ist schwer zu beantworten. Die Annäherung, oder Konvergenz, der Lebensbedingungen in Ost- und Westdeutschland ist ein Maß, das diesem Ziel der Bewertung nahe kommt. Es wäre jedoch irreführend, unter Konvergenz eine völlige Gleichheit aller wirtschaftlichen Indikatoren zu verstehen. Eine Gleichheit in Einkommen, Produktivität oder Vermögen wird es innerhalb einer Volkswirtschaft und eines Landes nie geben können. Jedes noch so kleine und stark integrierte Land wird immer Unterschiede zwischen Regionen und selbst innerhalb von Regionen aufweisen. Auch die verschiedenen Regionen in Westdeutschland haben seit 1945 keinen Konvergenzprozess durchgemacht, der zu einer vollständigen wirtschaftlichen Angleichung geführt hätte. Ganz im Gegenteil: Häufig gibt es zeitweise Divergenzen, also auseinanderlaufende Lebensverhältnisse und wirtschaftliche Bedingungen, manchmal wandeln sich relativ arme Regionen zu den leistungsstärksten. Das Beispiel Bayerns ist nur eines, das zeigt, dass auch Westdeutschland einen solchen Prozess erfahren hat. Aber Länder wie Italien und Spanien haben sehr große und anhaltende Unterschiede über Regionen hinweg, die sich seit Jahrhunderten nicht ausgeglichen haben, sondern durch die Globalisierung eher noch größer geworden sind. Der vorliegende Wochenbericht des DIW Berlin will zunächst einen Beitrag zur wirtschaftspolitischen Bewertung der Wiedervereinigung leisten. Wie haben sich Einkommen, Produktivität und Löhne in Westdeutschland und in Ostdeutschland angeglichen? Wie sind verschiedene Bevölkerungsgruppen von der Wiedervereinigung beeinflusst worden? Wie haben sich Vermögen und Wohlstand im Vergleich der beiden Teile Deutschlands entwickelt? Dies sind die zentralen Fragen, die in den Aufsätzen des ersten Teils dieses Wochenberichts analysiert werden. [...]

Markus M. Grabka

Direktorium SOEP und kommissarische Bereichsleitung in der Infrastruktureinrichtung Sozio-oekonomisches Panel

Jürgen Schupp

Wissenschaftler in der Infrastruktureinrichtung Sozio-oekonomisches Panel

Themen: Konjunktur


Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/104022

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