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Geplante Ausschreibungen für die Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien

DIW Roundup 50, 3 S.

Thilo Grau

2014

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16. Dezember 2014, Thilo Grau, tgrau

Das reformierte Erneuerbare-Energien-Gesetz 2014 testet für Photovoltaik Freiflächenanlagen Ausschreibungen zur Festlegung der Marktprämien. Durch eine Preisfindung über Auktionen erhofft man sich eine effektivere Kontrolle des Ausbaus und eine höhere Effizienz der Förderung. Allerdings unterscheiden sich die internationalen Erfahrungen mit Ausschreibungen für erneuerbare Energien stark hinsichtlich ihrer Effektivität und Effizienz. Aufgrund technologiespezifischer Eigenschaften werden die Erfahrungen der geplanten Pilotausschreibungen für Photovoltaik Freiflächenanlagen in Deutschland voraussichtlich nur begrenzt auf die Gestaltung der Ausschreibungen für andere Technologien übertragbar sein.

Der Ausbau erneuerbarer Energien wird weltweit in 138 Ländern politisch gefördert, Einspeisevergütungen (in 68 Ländern) und Ausschreibungen (in 55 Ländern) stellen dabei die häufigsten Fördermechanismen für Strom aus erneuerbaren Energiequellen dar (REN21, 2014). Einspeisetarife sind preisbasierte Mechanismen, bei denen die finanziellen Fördersätze für Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen staatlich festgelegt werden und der Markt die entsprechenden Ausbaumengen bestimmt. Ausschreibungen dagegen sind mengenbasierte Mechanismen, bei denen die Fördermengen staatlich festgelegt werden und die Preisfindung wettbewerblich über Auktionen erfolgt.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die europäischen Energiebeihilfeleitlinien fordern einen Übergang hin zu Ausschreibungen für erneuerbare Energien

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit seinen technologiespezifischen Einspeisevergütungen hat in Deutschland den Anstieg des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch von 6 Prozent im Jahr 2000 auf 25 Prozent im Jahr 2013 ermöglicht (BMWi, 2014). Insbesondere Windenergie und Photovoltaik stellen einen Großteil des Zubaus elektrischer Leistung dar. Die Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen der Europäischen Kommission fordern grundsätzlich eine Festlegung der Förderung für Strom aus erneuerbaren Energien über Ausschreibungen ab 2017, mit Ausnahmen für Anlagen die sich aufgrund ihrer geringen Größe nicht für eine Ausschreibung eignen, sowie weiteren möglichen Ausnahmen, beispielsweise falls die Mitgliedstaaten nachweisen, dass Ausschreibungen zu höheren Förderkosten oder geringen Realisierungsraten führen würden (EC, 2014).

Die EEG-Novelle 2014 leitet den Wechsel des Fördermechanismus von den bisherigen Einspeisetarifen hin zu Ausschreibungen ein (EEG, 2014). Die Motivation liegt in den Erwartungen einer höheren Kosteneffizienz der Förderung durch eine wettbewerbliche Preisfindung und einer effektiveren Kontrolle der Ausbaumengen. Zunächst sollen im Jahr 2015 die ersten Pilotausschreibungen für elektrische Energie aus Photovoltaik Freiflächenanlagen durchgeführt werden, um Erfahrungen mit Ausschreibungen zu sammeln. Spätestens 2017 soll die gesamte finanzielle Förderung bezüglich Neuanlagen für Strom aus erneuerbaren Energiequellen grundsätzlich durch Ausschreibungen erfolgen. Bei diesem Wechsel hin zu Ausschreibungen soll die Akteursvielfalt erhalten bleiben.

Internationale Erfahrungen mit Ausschreibungen für erneuerbare Energien unterscheiden sich stark bezüglich ihrer Effektivität und Effizienz

Obwohl die Fördermengen bei Auktionen für erneuerbare Energien administrativ festgelegt werden, zeigen die internationalen Erfahrungen mit den jeweiligen Realisierungsraten oft signifikante Abweichungen. Insbesondere können unerwartete Kostensteigerungen nach der Zuschlagserteilung oder strategisches Bieten (um beispielsweise Marktmacht zu sichern) zu Projektverzögerungen oder Nichtrealisierung führen. In Frankreich lagen die Realisierungsquoten bei 40 Prozent bei den Biomasse Ausschreibungen 2003 und 2006, und bei 10 Prozent bei der Wind Onshore Ausschreibung 2004 (DFBEE, 2014). Im Vereinigten Königreich waren nur 29 Prozent der im Rahmen der „Non-Fossil Fuel Obligation“ Ausschreibung zwischen 1990 und 1998 ausgewählten Windenergie Projekte im Jahr 2003 realisiert (Butler und Neuhoff, 2008). Im „Alternative Energy Requirement“ Mechanismus in Irland (1995-2003) wurde nur 33 Prozent der zugesprochenen Kapazität gebaut (del Río und Linares, 2014).

Während die Preisfindung bei Ausschreibungen wettbewerblich erfolgt, implizieren Auktionen bestimmte Risiken für Investoren und damit zusätzliche Finanzierungskosten, sowie zahlreiche Transaktionskosten (Grau, 2014). Daher unterscheiden sich die internationalen Erfahrungen mit Ausschreibungen auch bezüglich ihrer Effizienz. Die Auktion für Windenergie in Brasilien im Jahr 2009 resultierte in einer Preisreduktion von 42 Prozent im Vergleich zu den vorherigen Einspeisevergütungen (del Río und Linares, 2014). Bei der Effizienz der Ausschreibungen für Photovoltaik Anlagen über 250 kW in Frankreich herrscht dagegen Intransparenz, da die durchschnittlichen Vergütungssätze der ausgewählten Projekte nicht kommuniziert werden (DFBEE, 2014). Es gibt zahlreiche weitere Beispiele die verdeutlichen dass sich die internationalen Erfahrungen mit Auktionen für Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stark hinsichtlich ihrer Effektivität und Effizienz unterscheiden (del Río und Linares, 2014).

Die geplanten Ausschreibungen für erneuerbare Energien müssen an die technologiespezifischen Markteigenschaften angepasst werden

Um weiterhin eine möglichst effektive und effiziente Förderung erneuerbarer Energien in Deutschland zu gewährleisten gilt es bei der Gestaltung der Ausschreibungen die internationalen Erfahrungen sowie die nationalen Markteigenschaften zu berücksichtigen. Aufgrund technologiespezifischer Eigenschaften (zum Beispiel technische Betriebsformen, Flächenverfügbarkeit, Planungs- und Genehmigungsverfahren, Investitionskosten, Finanzierungsoptionen) werden die Erfahrungen der geplanten Pilotausschreibungen für Photovoltaik Freiflächenanlagen voraussichtlich nur begrenzt auf die Gestaltung der Ausschreibungen für andere Technologien übertragbar sein. Weiterhin ist zu beachten, dass sich die Effektivität und Effizienz von Einspeisevergütungen beziehungsweise Ausschreibungen auch hinsichtlich der jeweiligen Projektgrößen unterscheiden (Grau, 2014).

Die geplanten Ausschreibungen für erneuerbare Energien müssen individuell an die Charakteristika der einzelnen Technologien angepasst werden. Dies gilt hinsichtlich der Bestimmung des Auktionsgegenstands (zu installierende Leistung oder elektrische Arbeit), der Qualifikationsanforderungen, der Auktions- und Anlagengrößen, der Art und Form der finanziellen Förderung, des Auktionsprozesses (statisch oder dynamisch), der Preisregel („Pay-as-bid“ oder „Uniform Pricing“), der Pönalen bei Verzögerung oder Nichtrealisierung, und diverser weiterer Gestaltungsparameter. Der Erfolg der Auktionen hängt von zahlreichen Faktoren ab, insbesondere muss genügend Wettbewerb gewährleistet sein und strategisches Bieten vermieden werden. Neben den energiewirtschaftlichen und politischen Gestaltungsfragen ergeben sich bei der Implementierung von Ausschreibungen zahlreiche rechtliche Fragen, beispielsweise hinsichtlich Energierecht, Wettbewerbsrecht und Europarecht (Kahl et al., 2014).

Es bleibt abzuwarten ob die geplanten Pilotausschreibungen für Photovoltaik Freiflächenanlagen die jeweiligen Mengenziele erreichen werden, und ob die erwarteten Einsparungen der Förderkosten durch die wettbewerbliche Preisfindung bei Auktionen die zusätzlichen Kosten durch die Einpreisung von Risikoaufschlägen und Transaktionskosten überwiegen werden. Basierend auf den Erkenntnissen aus den Pilotausschreibungen und den internationalen Erfahrungen muss entschieden werden wie die generelle Umstellung des Fördersystems auf Ausschreibungen für alle Erneuerbare-Energien-Technologien gestaltet werden soll.

Quellen

BMWi (2014): Zeitreihen zur Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Stand: Dezember 2014.
http://www.erneuerbare-energien.de/EE/Navigation/DE/Service/Erneuerbare_Energien_in_Zahlen/Zeitreihen/zeitreihen.html

Butler, L. und K. Neuhoff (2008): Comparison of feed-in tariff, quota and auction mechanisms to support wind power development. Renewable Energy, Volume 33, Issue 8, Pages 1854-1867.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0960148107003242

del Río, P. und P. Linares (2014): Back to the future? Rethinking auctions for renewable electricity support. Renewable and Sustainable Energy Reviews, 35, 42-56.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1364032114002007

DFBEE (2014): Das Ausschreibungsmodell für erneuerbare Energien, Erfahrungen aus Frankreich. Deutsch-französisches Büro für erneuerbare Energien.
http://enr-ee.com/de/startseite/seite/2/

EC (2014): Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (2014/C 200/01). Europäische Kommission.
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:52014XC0628%2801%29

EEG (2014): Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG 2014).
http://www.erneuerbare-energien.de/EE/Navigation/DE/Gesetze/Das_EEG/das_eeg.html

Grau, T. (2014): Comparison of Feed-in Tariffs and Tenders to Remunerate Solar Power Generation. DIW Berlin Discussion Paper 1363. http://www.diw.de/de/diw_01.c.458596.de/publikationen/diskussionspapiere/2014_1363/comparison_of_feed-in_tariffs_and_tenders_to_remunerate_solar_power_generation.html

Kahl, H., Kahles, M. und K. Merkel (2014). Rechtlicher Klärungsbedarf zu Ausschreibungsmodellen bei der Förderung erneuerbarer Energien, Version 1.0, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 7 vom 16.07.2014.
http://stiftung-umweltenergierecht.de/wp-content/uploads/2016/02/stiftungumweltenergierecht_WueBerichte_07__Klaerungsbedarf-Ausschreibungen-Modelle.pdf

REN21 (2014): Renewables 2014 Global Status Report (Paris: REN21 Secretariat).
http://www.ren21.net/REN21Activities/GlobalStatusReport.aspx


Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/111832

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