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Atomausstieg geht in die nächste Phase: Stromversorgung bleibt sicher – große Herausforderungen und hohe Kosten bei Rückbau und Endlagerung

DIW Wochenbericht 22 / 2015, S. 523-531

Christian von Hirschhausen, Clemens Gerbaulet, Claudia Kemfert, Felix Reitz, Cornelia Ziehm

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Abstract

Mit der Abschaltung des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld im Juni 2015 wird eine neue Phase der Energiewende eingeleitet, in der die Atomkraftwerke in Deutschland bis zum Jahr 2022 nach und nach abgeschaltet werden. Doch auch mit dem Ende der kommerziellen Atomkraftnutzung werden die Lichter hierzulande nicht ausgehen: Die Stromversorgung in Deutschland bleibt sicher, wie Berechnungen des DIW Berlin belegen. Es ist sogar davon auszugehen, dass Deutschland selbst im Jahr 2025 noch Strom ins Ausland exportieren wird. Die wahren Herausforderungen, der Rückbau der Atomkraftwerke sowie die Endlagerung des Atommülls, stehen jedoch noch bevor: Die Einlagerung hochradioaktiver Abfälle in ein (noch festzulegendes) Endlager wird aller Wahrscheinlichkeit nach bis in das 22. Jahrhundert andauern. Die – bisher wenig belastbaren – Schätzungen, wie hoch die Kosten für Rückbau und Endlagerung liegen werden, gehen von mindestens 50 bis 70 Milliarden Euro aus. Entsprechend dürften die von den Atomkraftwerksbetreibern gebildeten Rückstellungen in Höhe von 38 Milliarden Euro nicht zur Deckung der erwarteten Kosten ausreichen. Angesichts der großen finanziellen Risiken sollten die Rückstellungen der Atomkonzerne nach Ansicht des DIW Berlin zeitnah in einen öffentlich-rechtlichen Fonds überführt werden. Für Kosten, die über den durch Rückstellungen gedeckten Rahmen hinausgehen, sollte eine Nachschusspflicht vorgesehen werden.

The June 2015 shutdown of the Grafenrheinfeld nuclear power plant marks the shift into a new phase of the energy transition, in which all nuclear power plants in Germany will gradually be shut down by 2022. But even with the end of the commercial use of nuclear power, the lights in this country will not go out: As DIW Berlin’s calculations attest to, the electricity supply in Germany remains secure. It is even assumed that Germany will still export electricity in 2025. However, the real challenges — the dismantling of the nuclear power plants and the disposal of nuclear waste — have yet to come: The final disposal of the highly radioactive waste in a (yet-to-be-determined) repository will continue, in all likelihood, into the 22nd century. For the dismantling and final disposal, the estimated costs — which, so far, are not very reliable — are expected to be at least 50 to 70 billion EUR. As such, the 38 billion EUR of provisions set up by the nuclear power plant operators are unlikely to be sufficient to cover the expected costs. Given the major financial risks, DIW Berlin recommends that the provisions set up by the nuclear companies be promptly transferred into a public-law fund. For costs that go beyond the framework covered by the provisions, a reserve liability should be established.

Claudia Kemfert

Abteilungsleiterin in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt



JEL-Classification: L51;L94
Keywords: Nuclear power, Energiewende, nuclear waste disposal
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/110643

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