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Call for Papers Vierteljahrsheft zur Wirtschaftsforschung 4/2019: Schulden - Segen oder Fluch?

Bericht vom 29. Januar 2019

Über zehn Jahre nach Ausbruch der Großen Finanzkrise und bald zehn Jahre seit Beginn der Europäi­schen Staatsschuldenkrise sind Fragen zu den Chancen und Risiken der Verschuldung und Debatten über Schuldenbremsen akut geblieben.

Schulden sind die treibende Kraft von Investitionen, Wirtschaftswachstum und Wohlstand: ohne Verschuldung von privaten Haushalten, Unternehmen und Staaten keine verzinslichen Anlagen, in die Sparer investieren können. Reale Zinsen werden durch produktive Investitionen in der Realwirtschaft gene­riert. Die aktuellen Niedrigzinsen deuten auf zu geringe Investitionstätigkeit und Sparüberhang hin. Andererseits war die globale Finanzkrise eine Krise der Überschuldung, entstanden aus unproduktiven Investitionen in nicht werthaltige Finanzinstrumente. Überschuldete Banken mussten ihre Schulden abbauen, reorganisiert oder vom Staat gerettet werden. Staaten, die sich dafür an den internationalen Kapitalmärkten verschuldeten, mussten höhere Zinsen zahlen, gerieten in eine Krise und erhielten neue Schulden durch „Rettungspakete“. Gleichzeitig stellen Schuldenobergrenzen ein Hindernis bei der Überwindung von Krisen durch kreditfinanzierte Investitionen dar. Ähnlich auf der Ebene der privaten Haushalte: einerseits brauchen sie Kredite für die produktive Teilhabe am Wirtschaftsleben wie für Existenzgründungen, zum anderen sind gerade einkommens- oder liquiditätsschwächere Verbraucher dem Risiko der Überschuldung ausgesetzt.  Zur Vermeidung der Insolvenz müssen sie oft Umschul­dungskredite oder Kettenkredite mit teuren Restschuldversicherungen annehmen, die ihre Schulden­last weiter erhöhen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit Verbraucher von einer unverantwortlichen oder wucherischen Kreditvergabe betroffen sind und welche regulatorischen Maßnahmen notwendig sind, um dies zu verhindern. Marktversagen auf Kreditmärkten, sei es durch Wucher, Ausschluss von Kundengruppen oder spekulative Übertreibungen bei der Preisbildung von Anleihen, kann durch staatliche Eingriffe wohlfahrtssteigernd korrigiert werden.

In diesem Vierteljahrsheft geht es um die ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Verschuldung und ihre angemessene Regulierung. Zentrale Fragen können u.a. sein:

  • Ökonomische und gesellschaftliche Auswirkungen der Verschuldung des privaten Sektors (Haushalte, nicht-finanzielle und finanzielle Unternehmen) und des Staates
  • Entwicklung der globalen Verschuldung
  • Gibt es einen optimalen Verschuldungsgrad und wenn ja, warum?
  • Müssen Schulden begrenzt werden und welche Auswirkungen haben Schuldenbremsen? Soll sich der Staat wie eine „schwäbische Hausfrau“ verhalten?
  • Marktversagen auf Kreditmärkten und Korrekturmöglichkeiten: Wucher, Marktmacht, Rationierung, Ausschluss, Diskriminierung, spekulative Übertreibungen
  • Einfluss privater Verschuldung (Haushalte und Unternehmen) auf Investitionen und Konsum
  • Zusammenhang zwischen Schuldenwachstum, Vermögenspreisen und Finanzstabilität
  • Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Wirtschaftswachstum
  • Schuldentragfähigkeit privater Haushalte, Unternehmen und Staaten
  • Überschuldung: Ursachen, Probleme und Lösungsmöglichkeiten
  • Verantwortliche vs. wucherische Kreditvergabe
  • Transaktionsorientierte vs. beziehungsorientierte Kreditvergabe, Rolle langfristiger Kreditbeziehungen
  • Verschuldung von Banken im Vergleich zu nicht-finanziellen Unternehmen, Regulierung der Bankverschuldung
  • Auswirkungen von Entschuldung und Schuldenrestrukturierung
  • Geldpolitik und Staatsverschuldung, Verschuldung von Notenbanken
  • Einfluss der Niedrigzinsphase und unkonventionellen Geldpolitik auf die Verschuldung und Schuldentragfähigkeit im öffentlichen und privaten Sektor
  • Ökonomische Denkgeschichte der Verschuldung, Modern Monetary Theory
  • Wirtschaftsgeschichte: Entstehung von Geld durch Schulden, Kreditzyklen

Willkommen sind theoretische und empirisch fundierte Beiträge. Politische Implikationen der Analy­sen sollen vorgestellt und diskutiert werden. Auch Positionspapiere aus Verbänden, Politik und Wirtschaft können eingereicht werden.

Autorinnen und Autoren, die einen Beitrag einreichen möchten (in Deutsch oder Englisch), schicken bitte bis zum 15. März einen Abstract über den geplanten Beitrag (maximal 1 Seite) an Peter Hennecke, Doris Neuberger & Dorothea Schäfer (peter.hennecke@fom-net.de, doris.neuberger@uni-rostock.de,dschaefer@diw.de). Die Autorinnen und Autoren erhalten spätestens am 1. April 2019 eine Rückmeldung, ob der Beitrag angenommen wird. Die fertigen Beiträge, die eine Länge von ca. 30.000 Zeichen nicht überschreiten sollen, müssen bis zum 1. September eingereicht werden. Es schließt sich ein mehrstufiger Lektorats- und Überarbeitungsprozess an. Das Vierteljahrsheft soll voraussichtlich Ende 2019 erscheinen.

HerausgeberInnen: Peter Hennecke, Doris Neuberger und Dorothea Schäfer

Dorothea Schäfer
Dorothea Schäfer

Forschungsdirektorin Finanzmärkte in der Abteilung Kommunikation

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