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Wettbewerbshüter soll Mindestlöhne prüfen "Bundeskartellamt soll Missbrauch verhüten"

Pressemitteilung vom 6. Februar 2008

Die Einführung branchenbezogener Mindestlöhne sollte künftig vom Bundeskartellamt geprüft werden. Dafür spricht sich das DIW Berlin in seinem aktuellen Wochenbericht aus. Mindestlohnabkommen in einzelnen Branchen könnten den Wettbewerb schwer beeinträchtigen. Dies gehe auch zu Lasten der Verbraucher, so das DIW Berlin.
Die Forderungen des DIW Berlin sind vor dem Hintergrund des Wandels auf dem Arbeitsmarkt zu sehen. Das Flächentarifsystem sei auf dem Rückzug, da immer weniger Arbeitnehmer gewerkschaftlich vertreten seien und sich eine neue Konkurrenz zwischen den Gewerkschaften abzeichne. „In dieser Situation würden Mindestlohnabkommen nur von einer Minderheit der Beschäftigten und Unternehmen einer Branche getragen“, sagte Professor Christian Wey, Leiter der Abteilung Wettbewerb am DIW Berlin. „Damit droht eine Ausschaltung jeglichen Wettbewerbs.“ Die Allgemeinverbindlichkeitserklärung tarifvertraglich vereinbarter Mindestlöhne und die Aufnahme weiterer Tarifabkommen in das Entsendegesetz sollten daher vorab in einem Ausschuss unter Einbeziehung des Bundeskartellamts geprüft werden. „Dies würde einen besseren Ausgleich zwischen Tarifautonomie und Wettbewerb ermöglichen“, so DIW-Experte Wey. Wey kritisierte, dass der Wettbewerbsgedanke in der politischen Debatte über den Mindestlohn zu kurz komme. „Wenn die politischen Akteure es für sozial angebracht erachten, das Instrumentarium von Entsendegesetz und Allgemeinverbindlicherklärung einzusetzen, dann sollten sie sich zuvor zumindest über die wirtschaftlichen Folgen beraten lassen“, sagte Wey. Dies bedeute eine Einbindung des Bundeskartellamtes und der Monopolkommission. Das DIW Berlin befürchtet, dass in einzelnen Branchen Arbeitgeber und etablierte Gewerkschaften über die Festsetzung von Mindestlöhnen praktisch ein Kartell bilden könnten, das den Wettbewerb anderer Unternehmen verhindert. Auch wenn in der Vergangenheit das Kartellrecht so gut wie keine Anwendung bei Tarifabkommen gefunden habe, bedeute das nicht, dass dies auch in Zukunft so sein müsse, so das Institut in seinem Wochenbericht. Tarifabkommen sind grundsätzlich nicht der Wettbewerbsaufsicht entzogen. „In Zeiten, in denen sich die Wettbewerbspolitik immer stärker an den Auswirkungen auf die Verbraucher ausrichtet, könnte das Bundeskartellamt mit dafür Sorge tragen, dass eine Allgemeinverbindlicherklärung nicht missbraucht wird, sondern wirklich im öffentlichen Interesse liegt, “ so DIW-Wettbewerbsexperte Wey.

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