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Stellungnahme des DIW Berlin zum Vorwurf des Statistischen Bundesamtes einer missbräuchlichen Nutzung von Daten "Willkürakt ohne Rechtsgrundlage"

Pressemitteilung vom 12. Juli 2009

Das DIW Berlin hat die vom Statistischen Bundesamt erhobenen Vorwürfe der missbräuchlichen Nutzung anonymisierter Einkommenssteuerdaten scharf zurückgewiesen. Die Vorwürfe sind aus Sicht des DIW Berlin völlig gegenstandslos – und bislang vom Statistischen Bundesamt in keiner Weise belegt worden. Eine Gefährdung des Datenschutzes beziehungsweise des Steuergeheimnisses hat zu keinem Zeitpunkt bestanden. Vielmehr behindert das Statistische Bundesamt hiermit eine forschungsbasierte Politikberatung. Die jetzt angeordneten Zwangsmaßnahmen stellen einen Willkürakt dar, der keinen rechtsstaatlichen Grundsätzen folgt. Das DIW Berlin hat inzwischen den zuständigen Bundesinnenminister und den Bundesdatenschutzbeauftragten gebeten, die Angelegenheit zu prüfen.
In einem Schreiben an das DIW Berlin vom 3. Juli 2009 hatte das Statistische Bundesamt dem DIW Berlin einen Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen vorgeworfen. Es forderte das Institut auf, hierzu bis zum 10. Juli 2009 Stellung zu nehmen – was inzwischen erfolgt ist. Das Statistische Bundesamt (StaBuA) kündigte noch vor Eingang der Stellungnahme des DIW Berlin an, sämtliche Lieferungen von anonymisierten statistischen Mikrodaten an das DIW Berlin auszusetzen. Außerdem wurde das DIW Berlin aufgefordert, sämtliche vom StaBuA gelieferten Daten bis zum 17. Juli 2009 zu löschen. Dazu zählen Daten aus der Steuerstatistik, dem Mikrozensus und der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Dieser Beschluss solle – so das StaBuA in einer weiteren Aufforderung vom 10. Juli 2009 – unverzüglich, das heißt noch vor der Prüfung der Stellungnahme des DIW Berlin vollzogen werden. Bei Vollzug würde damit der forschungsbasierten Politikberatung in 25, zumeist größeren Projekten die Grundlage entzogen. Dem DIW Berlin droht ein Entzug der Forschungsgrundlage Die Aufforderung zur Datenlöschung sowie das angedrohte Aus für jeglichen Zugriff auf anonymisierte Mikrodaten stellt aus Sicht des DIW Berlin einen beispiellosen Vorgang des Eingriffs in die Freiheit der Wissenschaft dar. Die angedrohten Zwangsmaßnahmen seien völlig unangemessen und unverhältnismäßig. Eine Umsetzung würde ausschließlich Forschungsvorhaben des DIW Berlin betreffen, die mit dem betreffenden Vorgang in keinerlei Zusammenhang stehen. "Dies erinnert an Sippenhaft", stellte dazu DIW-Präsident Klaus F. Zimmermann fest. "Das Institut müsste damit seine Arbeit in großen Bereichen einstellen. Wir werden deshalb gegen diesen Willkürakt alle uns zur Verfügung stehenden Rechtsmittel einlegen." Kern des Problems ist, dass sich das Statistische Bundesamt seit zwei Jahren nicht in der Lage sieht, ein vom DIW Berlin eingesetztes methodisches Verfahren zur statistischen Zusammenführung anonymisierter Individualdaten auf seine Unbedenklichkeit hin zu überprüfen. Solche Prüfungen sind entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Bundesfinanzministerium und dem Statistischen Bundesamt von 2008 in der Regel innerhalb eines Monats abzuschließen. An dieser Vereinbarung war auch das DIW Berlin in Absprache mit dem Bundesfinanzministerium beteiligt. "Eine mehrjährige Prüfung eines Verfahrens, das etwa in der Arbeitsmarktforschung in Deutschland längst eingesetzt wird, ist grotesk, und lässt den Verdacht aufkommen, hier handele es sich in Wirklichkeit um eine durchsichtige Behinderung der Forschung", sagte DIW-Präsident Zimmermann. Schließlich bemühe sich das Statistische Bundesamt seit Jahren darum, dass die Datensätze der Steuerverwaltung ausschließlich im Forschungsdatenzentrum des Bundes in Wiesbaden verwendet werden können. Machtfragen sollten aber nicht auf dem Rücken der Forschung und damit letztlich der Öffentlichkeit ausgefochten werden.

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