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Mütterrente II kommt vor allem unteren Einkommensgruppen zugute

Pressemitteilung vom 11. Juli 2018

Rund ein Viertel der Rentnerinnen würde von Mütterrente II profitieren – Haushaltsnettoeinkommen der einkommensschwächsten Rentnerinnen unter ihnen würde um sechs Prozent steigen, aber auch wohlhabende wären begünstigt – Kosten für die Reform in Höhe von 3,5 Milliarden Euro würde zu 40 Prozent von der Rentnergeneration getragen

Mit der Mütterrente II, deren Einführung die derzeitige Koalition für kommendes Jahr plant, sollen Mütter ein drittes Jahr Kindererziehungszeit für jedes vor 1992 geborene Kind erhalten, wenn sie mindestens drei Kinder geboren haben. 24 Prozent der heutigen Rentnerinnen würden von dieser Reform profitieren, geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor. Insgesamt würde das Haushaltsnettoeinkommen der begünstigten Rentnerhaushalte um knapp vier Prozent steigen, haben die DIW-ÖkonomInnen Stefan Bach, Hermann Buslei und Michelle Harnisch auf Basis von Daten des am DIW angesiedelten Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) berechnet.

In den 20 Prozent der begünstigten Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen würde dieses sogar um sechs Prozent zunehmen. Am stärksten profitieren würden davon Rentnerinnen mit Hinterbliebenenrente (+ 6,5 Prozent) und alleinlebende Rentnerinnen, die älter als 75 Jahre sind (+ 8,5 Prozent).

© DIW Berlin

Nicht begünstigt wären allerdings einkommensschwache Rentnerinnen, die Grundsicherung in Anspruch nehmen, da die Mütterrente II vollständig auf diesen Zuschuss angerechnet wird. „Aber gerade unter älteren Rentnerinnen gibt es auch einige, denen Grundsicherung zustünde, die sie aber aus Scham oder Unwissenheit gar nicht in Anspruch nehmen. Diesen Rentnerinnen mit versteckter Armut würde die Mütterrente II direkt helfen“, sagt Studienautorin Michelle Harnisch.

Auch wohlhabende Rentnerinnen profitieren

„Insofern wäre das Ziel der Armutsvermeidung, das sich die Bundesregierung auf die Fahne geschrieben hat, teilweise erfüllt. Allerdings würden auch wohlhabende Rentnerinnen begünstigt. Dafür gingen arme Rentnerinnen mit nur zwei Kindern leer aus“, relativiert DIW-Ökonom Stefan Bach die Wirkung der Mütterrente II.

In einem Vergleichsszenario haben die AutorInnen der Studie daher berechnet, was eine Mütterrente bringen würde, wenn die Anzahl der Kinder keine Rolle spielt, es also einen Entgeltpunkt (derzeit rund 32 Euro im Monat) für jedes vor 1992 geborene Kind geben würde. Das jährliche Aufkommen würde sich dadurch mehr als verdoppeln. Gut 82 statt nur 24 Prozent aller Rentnerinnen kämen dann in den Genuss dieser Rente. Die durchschnittlichen Einkommenszuwächse wären niedriger als bei der Mütterrente II, da die hinzukommenden Rentnerinnen nur ein bis zwei Kinder haben. Insgesamt würde das Haushaltsnettoeinkommen der begünstigten Haushalte um 1,5 (statt vier) Prozent steigen, bei den 20 Prozent der Haushalte mit dem niedrigsten Einkommen um 3,4 statt sechs Prozent.  

Rentnerhaushalte finanzieren das Mehraufkommen über verminderte Rentenanpassungen mit

Häufig kritisiert wird die Mütterrente II wegen der hohen Ausgaben, die über Steuern und Beitragserhöhungen finanziert werden müssten, und der damit verbundenen Lasten für die jüngeren Generationen. Die DIW-Simulation ergibt eine Erhöhung der Rentenausgaben von 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. „Da aber das deutsche Rentensystem eine Rentenanpassung vorsieht, wenn die Ausgaben steigen, schätzen wir, dass die tatsächlichen Rentenausgaben für die Mütterrente II nach den Anpassungen um etwa 40 Prozent niedriger ausfallen“, fasst Studienautor Hermann Buslei das Ergebnis zusammen. „In diesem Sinne wird also ein großer Teil der Ausgaben durch die Rentnerhaushalte mitfinanziert.“ Zusätzlich muss zum Ausgleich von steigenden Ausgaben der Beitragssatz angehoben werden. Dieser steigt nach Abschluss des Anpassungsprozesses um 0,15 Prozentpunkte, haben die DIW-ÖkonomInnen berechnet. Dies würde knapp die Hälfte der jährlichen Mehrausgaben finanzieren. Zusätzlich kämen für einen kleinen Teil die SteuerzahlerInnen auf, da der allgemeine Bundeszuschuss zur Rentenkasse ebenfalls erhöht wird.

© DIW Berlin

Im Vergleich zu anderen Rentenreformmaßnahmen sind die Finanzierungslasten der Mütterrente aber zeitlich begrenzt, da sie nur Müttern von vor 1992 geborenen Kinder gewährt wird, geben die DIW-AutorInnen zu bedenken. Dadurch werden die Zahl der Begünstigten und damit das höhere Aufkommen langfristig sinken. Müttern mit ab 1992 geborenen Kindern werden schon jetzt drei Jahre Erziehungszeit für jedes Kind angerechnet.

Links

O-Ton von Hermann Buslei
Wirkungen der Mütterrente II werden für das Jahr 2018 simuliert - Interview mit Hermann Buslei
Hermann Buslei

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat

Stefan Bach

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat

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