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Jeder fünfte Arbeitslose will nicht mehr arbeiten. DIW Berlin: zu wenig Kinderbetreuungsangebote, zu starke Anreize für Frühverrentung

Pressemitteilung vom 29. Mai 2002

80 % der registrierten Arbeitslosen stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung - mitunter aber nicht sofort. Jeder fünfte Arbeitslose hingegen will überhaupt keine Erwerbstätigkeit mehr aufnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt das DIW Berlin in seinem aktuellen Wochenbericht 22/2002, in dem es aktuelle Befragungsdaten des vom DIW Berlin erhobenen Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) vorstellt. 60 % der Arbeitslosen wollen am liebsten sofort wieder arbeiten. Die Bereitschaft zu arbeiten steigt, wenn den Arbeitslosen eine Stelle angeboten wird, die ihren Vorstellungen entspricht. Eine solche Stelle würden 70 % der Arbeitslosen annehmen. Besonders stark ausgeprägt ist die Distanz zum Arbeitsmarkt bei älteren Arbeitslosen. Sie sehen die Arbeitslosigkeit oft als Übergangsstadium zum gesetzlichen Ruhestand an. Ein Viertel der arbeitslos gemeldeten westdeutschen Frauen mit Kindern will erst später wieder erwerbstätig sein - selbst dann, wenn ihnen ein Arbeitsplatz angeboten wird.
Eine gewisse Gewöhnung an Arbeitslosigkeit zeigt eine Analyse der Lebenszufriedenheit der befragten Arbeitslosen. Diejenigen, die keine Erwerbstätigkeit mehr anstreben - meist ältere Arbeitslose -, sind mit ihrem Leben allgemein zufriedener als die übrigen Arbeitslosen. Auch die Einkommenszufriedenheit wurde vom DIW Berlin untersucht. Am höchsten waren die bedarfsgewichteten Haushaltsnettoeinkommen und damit die Einkommenszufriedenheit bei denjenigen Arbeitslosen, die überhaupt nicht mehr arbeiten wollen.
Das DIW Berlin weist darauf hin, dass Arbeitslose über 50 Jahre vom Sozialversicherungssystem bevorzugt werden. Sie können relativ lange Arbeitslosengeld beziehen und müssen ab dem 58. Lebensjahr dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen. Das dürfte Arbeitgeber einladen, durch einen Pakt mit älteren Arbeitnehmern, der auf Kosten aller Beitragszahler in die Sozialversicherung vereinbart wird, ihre Belegschaft zu verjüngen und dabei das Risiko von Kündigungsschutzklagen zu minimieren. Auch Frauen mit Kindern nehmen - durchaus rational - Leistungen der Sozialversicherungen in Anspruch. Nach Ansicht des DIW Berlin besteht hier die Gefahr, dass die Frauen aufgrund steigender monetärer Transfers in der Arbeitslosigkeit verharren. Statt dessen sollte das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen verbessert werden.
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