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Zehn Jahre Riesterrente: "Erfolgsmeldungen im luftleeren Raum"

Pressemitteilung vom 24. Februar 2010

Die Bundesregierung lobt die staatlich geförderte Altersvorsorge – dabei fehlen harte Daten

Das DIW Berlin hat sich für eine systematische Überprüfung der Riesterrente ausgesprochen. Es gebe ernstzunehmende Hinweise darauf, dass bei der Riesterrente zum Teil die Kosten zu hoch und die Konditionen unklar seien. Auch die eigentliche Zielgruppe der staatlich geförderten Altersvorsorge – Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen – wird offenbar zu selten erreicht. In einer jetzt veröffentlichten Marktanalyse kommt das Berliner Wirtschaftsforschungsinstitut zu dem Schluss: Eine umfassende Marktbeobachtung und eine begleitende Evaluierung des Riestermarktes sind überfällig.

Die Bewertungen könnten unterschiedlicher kaum sein: Unfaire Vertriebsmethoden, begrenzte Offenlegung von Kosten, zweifelhafte Beratungen, unzureichende und unverständliche Verbraucherinformation, sowie erfolglose Beschwerden: der Katalog der Kritikpunkte von Verbraucherorganisationen an der Riesterrentenversicherung ist lang.

Demgegenüber stellt die Bundesregierung der Riesterrente ein mit wenigen Abstrichen durchweg positives Gesamturteil aus: Die Transparenz für den Verbraucher sei gegeben, weitere regulierende Eingriffe durch den Gesetzgeber seien nicht erforderlich. Bereits die Zahl bislang rund 13 Millionen abgeschlossener Verträge wertet die Bundesregierung als Erfolg.

Das DIW Berlin kommt in seiner Marktanalyse jedoch zu dem Schluss: Offenbar entspringt die Kritik der Verbraucherorganisationen nicht einer kollektiven Einbildung. "Kosten und Leistungen sind gegenwärtig kaum zu überprüfen", so DIW-Expertin Kornelia Hagen. "Dafür, dass es um ein Produkt geht, das von der Politik als eine tragende Säule der Altersvorsorge mit zunehmendem Gewicht eingeführt wurde, muss die Datenlage als eklatant unzureichend bezeichnet werden." Eine umfassende Marktbeobachtung und eine begleitende Evaluierung des Riestermarktes seien daher überfällig.

Zehntausende Daten sind vorhanden – sie werden bloß nicht ausgewertet

Kritik übte DIW-Forscherin Hagen auch an den Verbraucherzentralen. Obwohl sie zehntausende von Beratungsgesprächen zur Altersvorsorge durchführten, werde das dadurch gewonnene Wissen nicht genutzt. "Bei aller Kritik an der Riesterrente ist es kaum nachvollziehbar, dass die Verbraucherzentralen ihre Eigenschaft als Marktbeobachter bisher nicht systematisch genutzt haben und kein flächendeckendes, wissenschaftlich fundiertes Monitoring ausgebaut haben."

Die staatliche Förderung soll möglichst viele erreichen – aber nur jeder Dritte nutzt sie

Auf ebenso dünnem Boden bewegt sich aber auch die Politik. So bemisst die Bundesregierung den Erfolg der Riesterversicherung vor allem daran, wie viele Riesterverträge abgeschlossen wurden – umfassende empirische Daten fehlen dagegen. "Es handelt es sich hier um Erfolgsmeldungen ohne Fundament", kritisiert DIW-Expertin Hagen. Tatsächlich haben Schätzungen zufolge bisher höchstens 37 Prozent der potentiell Förderberechtigten einen Riestervertrag abgeschlossen. Damit bleiben die bisherigen Abschlussquoten deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. "Zehn Jahre nach Einführung der Riester-Rente ist die Politik gefordert, eine wirkliche Evaluierung der Riesterförderung und ihrer Umsetzung durchzuführen", fasst Hagen ihre Analyse zusammen. "Ansonsten wird sie ihre Entscheidungen weiterhin im luftleeren Raum begründen müssen."

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