Für den Anstieg des Rohölpreises sind langfristige Trends wie die stetig steigende Nachfrage aus den Schwellenländern entscheidend, schreibt das DIW Berlin in seinem aktuellen Wochenbericht. Dazu hat in letzter Zeit das starke Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern wie China und Indien wesentlich beigetragen. In den industrialisierten Ländern dagegen stagniert die Nachfrage.
Die jüngsten Preissprünge auf dem Rohölmarkt sind dagegen auf die Unruhen im Nahen Osten zurückzuführen. Bei unveränderten Rahmenbedingungen ist ein weiterer Preisanstieg deshalb unwahrscheinlich, sagt DIW-Experte Aleksandar Zaklan. Eine Ausweitung der politischen Unruhen mit einhergehenden größeren Lieferausfällen könnte den Ölmarkt allerdings destabilisieren. Insbesondere Saudi-Arabien kommt aufgrund seiner freien Förderkapazität eine Schlüsselrolle zu.
Durch den Konflikt in Libyen ist mit 1,3 Millionen Barrel Rohöl pro Tag nur ein kleiner Teil der Weltproduktion ausgefallen. Das Erdöl aus Libyen wird wegen seiner spezifischen Qualität gerne in Raffinerien verwendet und kann nicht von jedem Förderland ersetzt werden. Saudi-Arabien hat jedoch genug freie Förderkapazitäten von Öl entsprechender Qualität, um diese Ausfälle zu kompensieren. Die DIW-Forscher haben drei Szenarien durchgerechnet: Bei einem Ende des Lieferstopps aus Libyen und keinen weiteren Angebotsschocks sinkt der Ölpreis wieder auf das Niveau vor Ausbruch der Unruhen. Bei einem längeren Konflikt in Libyen sollte der Rohölpreis im Vergleich zu dem Niveau des ersten Quartals 2011 geringfügig sinken. Im Falle eines Angebotsschocks am Golf zusätzlich zum Libyen-Konflikt könnte der Rohölpreis jedoch das Niveau des Frühjahrs 2008 deutlich übersteigen.