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DIW Berlin: Neue Methode misst Einfluss der Einkommensverteilung auf die Konjunktur

Pressemitteilung vom 31. Mai 2012

Konjunkturforscher am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) haben ein neues Verfahren  entwickelt, um die Sparquote in Deutschland zu schätzen. Sie nutzen dafür Daten über die Verteilung der Haushaltseinkommen und ziehen daraus Rückschlüsse auf die Sparquote und damit auch auf die Höhe des privaten Konsums. So können die Treffsicherheit und die Konsistenz von Konjunkturprognosen verbessert werden.

Wer gut verdient, spart einen höheren Anteil seines Einkommens als die Bezieher niedriger oder mittlerer Einkommen. „Die Verteilung der Haushaltseinkommen in Deutschland beeinflusst die Sparquote und damit auch den Konsum“, sagt Ferdinand Fichtner, Konjunkturchef des DIW Berlin. „Und der Konsum ist mit 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die entscheidende Nachfragekomponente und einer der wesentlichen Treiber der Konjunktur.“ Die Konjunkturforscher nutzen nun erstmals Mikrodaten des am DIW Berlin angesiedelten Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), eine jährliche repräsentative Befragung von gut 10.000 Haushalten, um die Verteilung der Haushaltseinkommen zu analysieren und so die Sparquote und den Konsum besser prognostizieren zu können.

Die erstmalige Anwendung der Methode zeigt, dass die Sparquote in Deutschland auch wegen der zunehmenden Ungleichheit der Einkommensverteilung in den Vorkrisenjahren 2001 bis 2008 deutlich zugenommen hat. Während die Lohneinkommen vor der Krise stagnierten, schossen die Gewinneinkommen in die Höhe. Dies kam vor allem den wohlhabendsten Haushalten zugute, die einen großen Teil ihres Einkommens sparen, und trug so zu einem Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Sparquote in diesem Zeitraum um knapp zwei Prozentpunkte auf 11,7 Prozent bei. Die Konsumnachfrage verlief parallel dazu insgesamt schwächer, als dies bei über alle Einkommensgruppen gleichmäßig verteilten Zuwächsen der Einkommen der Fall gewesen wäre. „Wir schätzen, dass eine gleichmäßigere Entwicklung von Lohn- und Gewinneinkommen einen zusätzlichen Konsum in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro im Jahr freigesetzt hätte“, sagt Fichtner. „Das Wachstum in Deutschland wäre so auf ein breiteres Fundament gestellt worden.“

Ihre neue Methode haben die DIW-Konjunkturforscher auch für die Prognose eingesetzt: „In den nächsten zwei Jahren werden voraussichtlich kräftige Lohnsteigerungen den Empfängern mittlerer Einkommen zugutekommen. Das bremst den bisherigen Aufwärtstrend beim Sparverhalten“, sagt Simon Junker, Deutschlandexperte in der DIW-Konjunkturabteilung. „Die Sparquote wird wohl auf dem Wert von 2011 verharren, was gemeinsam mit den Lohnzuwächsen den privaten Verbrauch steigern wird.“

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