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Zinserhöhung der EZB: ein vergeblicher Schritt zur Stabilisierung des Euro

DIW Wochenbericht 20 / 2000, S. 299-305

Ulrich Fritsche, Gustav-Adolf Horn, Wolfgang Scheremet

Abstract

Die Europäische Zentralbank (EZB) strafft zunehmend die geldpolitischen Zügel. Vor dem Hintergrund guter Konjunkturaussichten und einer anhaltend schwachen Notierung des Euro an den Devisenmärkten hat sie mit der jüngsten Erhöhung der Leitzinsen Ende April ihren im Herbst vergangenen Jahres eingeschlagenen restriktiveren Kurs fortgesetzt. Zwar sind von der Anhebung um 0,25 Prozentpunkte für sich genommen keine gravierenden Auswirkungen zu erwarten, doch ist der Leitzins nunmehr bereits um 1 ¼ Prozentpunkte höher als vor einem halben Jahr. Von der Geldpolitik dürften damit kaum noch belebende Impulse auf die Konjunktur ausgehen. Vielmehr ist zu erwarten, dass weitere, die Konjunktur dämpfende Zinserhöhungen folgen werden. Die Begründung der EZB, dass vor allem von der Euro-Schwäche, aber auch von der guten Konjunktur Inflationsgefahren ausgehen, überzeugt insgesamt nicht. Aus binnenwirtschaftlichen Gründen ist die Preisstabilität in Europa derzeit nicht gefährdet. Lediglich eine weitere deutliche Abwertung des Euro kann Inflationsrisiken mit sich bringen. Dies wäre für sich ein Grund für die EZB, die Zinsen zu erhöhen, um den Kurs des Euro zu stützen. Gerade im Hinblick auf die Wechselkursstabilisierung handelt die EZB jedoch kontraproduktiv. Die Zinserhöhungen behindern die volle Entfaltung des Konjunkturaufschwungs in Westeuropa und damit die Überwindung dessen, was die Schwäche des Euro gegenüber dem US-Dollar ausmachen dürfte: die im Verhältnis zu den USA ungünstigeren Konjunkturerwartungen in Westeuropa.

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