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Ostdeutschland: sind die Löhne das Wettbewerbsproblem der Betriebe?

DIW Wochenbericht 17 / 2001, S. 271-279

Bernd Görzig, Martin Gornig

Abstract

Die ostdeutschen Unternehmen haben offensichtlich noch immer große Wettbewerbsprobleme. Im Vergleich mit Westdeutschland können die Betriebe - als Gesamtheit gesehen - auf den überregionalen Märkten ihre Produkte nur zu einem geringeren Preis absetzen, die Beschäftigten werden geringer entlohnt und die Unternehmensgewinne sind niedriger. Die empirischen Ergebnisse zu den Lohnkostenniveaus im Unternehmensbereich in Ost- und Westdeutschland lassen nicht den Schluss zu, die ostdeutschen Löhne in diesem Sektor seien generell zu hoch. Auf der Ebene von Betrieben zeigen die vorliegenden Informationen ein sehr differenziertes Bild. Arbeitsplätze entstanden im Vergleich zu Westdeutschland nicht überdurchschnittlich in den Bereichen, wo die Lohndifferenz besonders groß ist, sondern bei den kleineren Betrieben, die eher ähnlich entlohnen wie ihre westdeutschen Vergleichsbetriebe. Der Versuch, durch eine wieder weitere Öffnung der Lohnschere zwischen Ost- und Westdeutschland die besonderen Wettbewerbs- und Beschäftigungsprobleme Ostdeutschlands zu lösen, erscheint angesichts der auf einzelbetrieblicher Ebene vorgelegten empirischen Ergebnisse wenig Erfolg versprechend. Dies gilt insbesondere auch, weil lohnpolitische Empfehlungen für den privaten Sektor der ostdeutschen Wirtschaft ohnehin ins Leere gehen, da für viele Bereiche die Lohnfindung tariffrei erfolgt. Das Hauptaugenmerk der Wirtschaftspolitik muss weiterhin dem Ausbau der Infrastruktur gelten, auch wenn sich nur langsam Verbesserungen der Einkommens- und Beschäftigungssituation einstellen.

Martin Gornig

Forschungsdirektor für Industriepolitik in der Abteilung Unternehmen und Märkte

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