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Europäischer Emissionshandel: durch Backloading Zeit für Strukturreform gewinnen

DIW Wochenbericht 11 / 2013, S. 3-11

Karsten Neuhoff, Anne Schopp

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Abstract

Der europäische Emissionshandel soll den Ausstoß klimaschädlicher Treibausgase begrenzen und Anreize für Investitionen in emissionsarme Technologien geben. In den letzten Jahren hat sich jedoch ein großer Überschuss an Emissionszertifikaten angesammelt. Gründe hierfür sind vor allem unerwartete Emissionsminderungen aufgrund der Wirtschaftskrise und ein starker Zustrom an internationalen Emissionsgutschriften. Nach Schätzungen des DIW Berlin könnte der kumulierte Überschuss bis 2015 auf 2,6 Milliarden Tonnen ansteigen. Die Zertifikatspreise sind in den letzten beiden Jahren stark gefallen. Damit der Emissionshandel seine Lenkungswirkung erfüllen kann, muss der Zertifikatsüberschuss dauerhaft abgebaut werden. Entsprechende Reformen auf europäischer Ebene erfordern jedoch eine längere Vorlaufzeit. Zusätzlich ist daher die von der EU-Kommission vorgeschlagene Verschiebung von Zertifikatsversteigerungen notwendig (Backloading). Eine Analyse des DIW Berlin zeigt, dass ein Teil des Überschusses durch die Hedging-Nachfrage von Stromerzeugern absorbiert werden kann. Der verbleibende Überschuss könnte durch Backloading innerhalb der laufenden Handelsperiode reduziert werden. Zugleich wurde ein Konsultationsprozess für eine strukturelle Reform des Emissionshandels eingeleitet. Er soll sicherstellen, dass längerfristig genügend Knappheit im Emissionshandel erreicht wird. Durch diese Maßnahmen kann der EU-Emissionshandel seiner Rolle wieder gerecht werden. Andernfalls steht die Glaubwürdigkeit der europäischen Klimapolitik auf dem Spiel. Bei der anstehenden Abstimmung im Europäischen Rat spielt Deutschland eine entscheidende Rolle.

The aim of the European Emissions Trading Scheme is to reduce environmentally harmful greenhouse gas emissions and incentivize investment in low-emission technologies. However, in recent years, a large surplus of emission allowances has accumulated, primarily as a result of an unexpected reduction in emissions due to the economic crisis and a major influx of carbon credits from abroad. According to DIW Berlin estimates, by 2015, the surplus could reach 2.6 billion. An analysis conducted by DIW Berlin shows that part of the surplus is absorbed by the hedging demand from power generators. As the surplus exceeds this hedging demand, additional allowances need to be acquired as speculative investment. This requires higher rates of return and implies that expected future carbon prices are highly discounted. In the last two years, the price of allowances has drastically declined, thus reducing its relevance for the investment choices of industry and the power sector. In order for the Emissions Trading Scheme to achieve its intended incentive effect, there must be a sustainable reduction in the allowance surplus. Delaying the auctioning of emissions allowances as proposed by the European Commission (backloading) could temporarily reduce the remaining surplus within the current trading period. This provides time for the structural reforms that are needed to ensure that emissions allowances are sufficiently scarce in the longer term and to enable the Emissions Trading Scheme to fulfill its intended role.

Karsten Neuhoff

Abteilungsleiter in der Abteilung Klimapolitik



JEL-Classification: G18;Q48
Keywords: European emission trading scheme, surplus, banking, discount rates
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/74419

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