DIW Wochenbericht 41 / 1990, S. 575-582
Ellen Kirner, Erika Schulz, Juliane Roloff
Die Einheit Deutschlands darf die Spaltung zwischen der Gesellschaft der "Berufsfrauen" einerseits und der "Familienfrauen" andererseits nicht vertiefen. Vielmehr ist dem gesamtdeutschen Gesetzgeber die Aufgabe gestellt, "angesichts unterschiedlicher rechtlicher und institutioneller Ausgangspositionen bei der Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern die Rechtslage unter dem Gesichtspunkt der Vereinbarkeif von Familie und Beruf zu gestalten." So sieht es Artikel 31, Absatz 2, des Vertrages über die Herstellung der Einheit Deutschlands vor. In den neuen Bundesländern besteht die Gefahr, daß sich die Chancen der Frauen auf dem Arbeitsmarkt rapide verschlechtern, wenn dort die bisher gegebenen Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf abgebaut werden. Dies sollte nicht nur unter dem Gebot der Chancengleichheit vermieden werden, sondern auch aus sozialpolitischen Gründen, weil dort die Frauen für ihre Existenzsicherung in sehr viel höherem Maße auf die Erwerbstätigkeit angewiesen sind als in der bisherigen Bundesrepublik. Auch im früheren Bundesgebiet ist der Kreis der erwerbstätigen Frauen langfristig gestiegen und heute bereits so groß, daß das bestehende, noch immer am Leitbild der Hausfrauen-Ehe ausgerichtete System der familienpolitischen Maßnahmen dringend revisionsbedürftig erscheint.