DIW Wochenbericht 25 / 1988, S. 321-330
Dieter Vesper
Im Mittelpunkt der wirtschafts- und finanzpolitischen Diskussion steht nach wie vor die Finanzierung der Steuerreform 1990. Dieses Thema hat noch an Brisanz gewonnen, weil sich die Finanzlage der Gebietskörperschaften zunehmend verschlechtert. Nachdem von 1982 bis 1985 die Finanzierungsdefizite in den Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden um fast die Hälfte - auf 38 Mrd. DM - reduziert worden waren, steigen sie seit 1986 wieder beträchtlich; für 1988 ist mit einem Fehlbetrag von 65 Mrd. DM zu rechnen, weit mehr, als die Gebietskörperschaften in ihren Haushaltsplanungen veranschlagt haben. Besonders gravierend ist die Abweichung beim Bund: Am Jahresende dürften nicht - wie geplant - 30 Mrd. DM, sondern über 41 Mrd. DM zu Buche stehen, die über zusätzliche Kredite aufgebracht werden müssen. Diese Entwicklung ist nicht Folge einer expansiven Ausgabenpolitik, sondern resultiert aus Einnahmeausfällen aufgrund von Steuersenkungen, dem Versiegen des Bundesbankgewinns und aus den Mehrbelastungen infolge der EG-Reformen (die Zusatzkosten von über 4 Mrd. DM werden haushaltstechnisch als Mindereinnahmen verbucht). Erwartungsgemäß hat die Bundesregierung zur Lösung ihrer Finanzprobleme, die dadurch verstärkt werden, daß der Bundesanstalt für Arbeit im nächsten Jahr ein Fehlbetrag von 6 Mrd. DM droht, jüngst eine stufenweise Erhöhung der Verbrauchsteuern angekündigt. Damit ist sie in ihrer Konzeption, dem Abbau der Staatsdefizite große Abgabenentlastungen folgen zu lassen, wohl gescheitert, zumal sich weiterer Konsolidierungsbedarf abzeichnet.
Themen: Steuern