Pressemitteilung vom 12. November 2015
Je verbitterter Menschen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich wegen Zuwanderung nach Deutschland Sorgen machen. Das gilt für Frauen und Männer aus allen gesellschaftlichen Schichten. So lauten die zentralen Ergebnisse einer Studie auf der Basis von Daten der Langzeitstudie Sozio-oekonomisches Panel (SOEP), die Ökonomen des Ifo Instituts in München und der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg erstellt haben. Die Studie wurde jetzt als 800. SOEPpaper veröffentlicht.
Das Gefühl von Verbitterung wird in der Psychologie als eine Mischung aus Ärger und Hoffnungslosigkeit beschrieben, die daraus resultiert, dass Menschen sich von anderen Menschen oder vom Schicksal benachteiligt fühlen.
Um den Zusammenhang zwischen Verbitterung und einer kritischen Einstellung gegenüber Zuwanderung zu untersuchen, haben Panu Poutvaara vom Ifo Institut und Max Friedrich Steinhardt von der Helmut-Schmidt- Universität Daten von mehr als 16.000 Erwachsenen ausgewertet, die 2005 und 2010 in der repräsentativen Studie SOEP befragt worden waren. Zum einen hatten die Befragten auf einer Punkteskala angegeben, inwieweit sie glaubten, in ihrem Leben im Vergleich zu anderen nicht das erreicht zu haben, was sie verdienten. Die Antworten auf diese Frage dienten den Forschern als Indikator für den Grad der Verbitterung der Befragten. Zum anderen hatten die Befragten Angaben – unabhängig von der Frage zur Verbitterung – darüber gemacht, ob und wie sehr sie sich wegen der Zuwanderung sorgten.
Die Analyse der SOEP-Daten zeigt: Je verbitterter die Befragten waren, desto eher machten sie sich Sorgen wegen der Zuwanderung. Unter denjenigen Befragten, die sehr verbittert waren, machten sich 43 Prozent starke Sorgen. Unter denjenigen, die überhaupt nicht verbittert waren, waren es nur gut 15 Prozent.
Panu Poutvaara vom Ifo Institut warnt davor, dass eine in vielen europäischen Ländern infolge der Wirtschaftskrise steigende Verbitterung der Menschen zu wachsender Fremdenfeindlichkeit führen könnte. „Die Integration von Zuwanderern würde so weiter erschwert – sowohl für die Migranten selbst, als auch für die Aufnahmegesellschaft.“
Worin liegt der Grund für diesen Zusammenhang? „Eine mögliche Erklärung besteht darin, dass verbitterte Menschen tief vom Leben enttäuscht sind und daher auch anderen Menschen – Migranten eingeschlossen – kein besseres Leben gönnen“, sagt Max Friedrich Steinhardt, einer der Autoren.
Die Forscher hatten auch andere mögliche Erklärungen mit Hilfe verschiedener statistischer Verfahren überprüft. Ihre Berechnungen zeigen jedoch: Weder der Bildungsgrad noch die Arbeitssituation der Befragten, weder Angst vor Kriminalität noch ihre individuelle Lebenszufriedenheit können vollständig erklären, warum verbitterte Menschen sich stärker als andere wegen der Zuwanderung sorgen. Der Grad der Verbitterung ist deswegen erklärungskräftig.
Kontakt zu den Forschern:
Prof. Panu Poutvaara, Ph.D.
Tel: +49(0)89/9224-1372, E-mail: poutvaara@ifo.de
Dr. rer. pol. Max Friedrich Steinhardt
Tel: +49(0)40/6541-2616, E-Mail: steinhardt@hsu-hh.de
Themen: Persönlichkeit