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Zinswende in den USA: Auswirkungen bisher moderat, Schwellenländer sollten sich aber wappnen

Pressemitteilung vom 6. April 2016

US-Notenbank Fed hat historische Niedrigzinsphase beendet – Verwerfungen auf den Finanzmärkten blieben einer Analyse des DIW Berlin zufolge bisher aus

Die von der US-Notenbank Fed Ende vergangenen Jahres eingeleitete Zinswende hat einer aktuellen Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zufolge nicht zu Verwerfungen an den Finanzmärkten geführt. Schwellenländer wie Mexiko oder Brasilien mussten infolge der Leitzinsanhebung nur etwas höhere Finanzierungskosten hinnehmen als zuvor. Plötzliche Kapitalabflüsse oder ein Ausverkauf von Vermögenswerten blieben – anders als befürchtet – aus. Auch die USA selbst müssen heute kaum höhere Zinsen auf ihre Staatsschuld zahlen als noch im vergangenen Jahr. „Es ist beruhigend zu sehen, dass die Zinswende in den USA bisher ohne größere Turbulenzen vonstattengegangen ist“, sagt der DIW-Experte für Geldpolitik, Christoph Große Steffen. Zahlreiche ÖkonomInnen hatten im Vorfeld erwartet, dass insbesondere Schwellenländer unter der Entscheidung leiden könnten, wenn ihre Währungen gegenüber dem Dollar an Wert verlieren, Einfuhren deshalb teurer werden und in Dollar aufgenommene Kredite schwerer zurückzuzahlen sind und den Schuldenstand nach oben treiben.

Dazu kam es bislang allerdings nicht in größerem Ausmaß. Geholfen habe, so Große Steffen, dass die NotenbankerInnen den Schritt von langer Hand geplant hatten und die Finanzmärkte somit vorbereitet waren. Zudem sei der Ausstieg aus der ultra-lockeren Geldpolitik in erster Linie aufgrund einer starken US-Wirtschaft eingeleitet worden – von dieser profitieren die meisten Schwellenländer, weil sie mehr ihrer Produkte auf dem US-Markt verkaufen können. Dennoch rät Große Steffen, dass sich die Schwellenländer auf weitere Zinsschritte vorbereiten sollten. Das gelte besonders für Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten, die viel mehr Waren und Dienstleistungen importieren als exportieren. Die Finanzierung dieses Defizits würde zunehmend schwieriger, wenn lokale Währungen gegenüber dem Dollar abwerten, weil Kapital aus Schwellenländern abfließt. In privaten und öffentlichen Bilanzen sollten deshalb Eigenkapitalpuffer aufgebaut und das Kreditwachstum gedrosselt werden.

Kommunikation der Notenbank spielt große Rolle

Ende Dezember hat die US-Notenbank Fed entschieden, die seit der Finanzkrise andauernde historische Nullzinsphase zu beenden und die Leitzinsen erstmals seit rund zehn Jahren wieder leicht (um 0,25 Prozentpunkte) anzuheben. Eine besondere Rolle spielte dabei die Kommunikationsstrategie der Notenbank: Weil die Märkte mit der Zinserhöhung rechnen konnten, reagierten sie besonnen – anders als im Frühjahr 2013, als der Präsident der US-Notenbank unerwartet das Ende des Anleihekaufprogramms in den USA ins Spiel brachte und damit die Märkte in Aufruhr versetzte.

Weitere Zinsschritte dürften folgen, wenn die Wirtschaft in den USA weiter wächst und auch die Inflation wieder anzieht – wann und wie genau, ist derzeit aber schwer vorhersehbar. Damit die Finanzmärkte insbesondere in den Schwellenländern nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden, wünscht sich DIW-Ökonom Große Steffen eine Ergänzung der Kommunikationsstrategie der Fed, um die Unsicherheit bezüglich der kommenden Zinsschritte zu reduzieren „Dass die AnlegerInnen bei steigenden Zinsen in den USA dort wieder mehr Geld anlegen und in den Schwellenländern weniger, ist unvermeidlich. Umso wichtiger ist es, dass sich die Länder auf diese Kapitalabflüsse und sich verschlechternde Finanzierungsbedingungen vorbereiten können“, so Große Steffen.

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Interview mit Christoph Große Steffen (Print (PDF, 98.95 KB) und
O-Ton von Christoph Große Steffen
Länder mit hohen Leistungsbilanzdefiziten könnten unter Druck geraten - Acht Fragen an Christoph Große Steffen
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