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Rente mit 67: Beitragssatz wird stabilisiert – egal, ob tatsächlich länger gearbeitet wird

DIW Wochenbericht 3 / 2017, S. 60-67

Hermann Buslei, Peter Haan, Daniel Kemptner

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Abstract

Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung wurde im Jahr 2007 beschlossen, das Renteneintrittsalter in Deutschland stufenweise von 65 auf 67 Jahre anzuheben. Hauptziel dieser Reform war es, den Beitragssatz und die finanzielle Lage der gesetzlichen Rentenversicherung zu stabilisieren. Unsicher war und ist, welcher Teil der Beschäftigten tatsächlich länger arbeiten will oder kann, vor allem bei körperlich stark belastenden Tätigkeiten. Sofern ein Teil der Beschäftigten weiterhin bereits vor 67 Jahren in Rente geht, könnten die erwarteten positiven Wirkungen der Reform auf den Beitragssatz ausbleiben. Hier wird jedoch auf Basis eines Simulationsmodells für drei Beschäftigungsszenarien gezeigt, dass die Entlastung auf der Beitragsseite auch dann weitgehend gewährleistet ist, wenn ein beträchtlicher Teil der Beschäftigten nicht erst mit 67 in Rente geht. Der Grund dafür sind Abschläge auf die Rentenzahlungen bei frühzeitigem Renteneintritt. Je nach tatsächlichem Renteneintrittsalter ergeben sich daher substantielle Unterschiede in der durchschnittlichen Rente nach Abschlägen. Auf individueller Ebene können die Abschläge zu einem deutlichen Einkommensrückgang und damit zu einer signifikanten Erhöhung des Armutsrisikos im Alter führen. Zur Sicherung der Einkommen im Alter erscheint es geboten, die Beschäftigung bis zum neuen Regelrenteneintrittsalter durch arbeitsrechtliche und rentenrechtliche Regelungen zu unterstützen und auch durch effektive Weiterbildung zu fördern. Zudem sollten Regelungen zur Absicherung gegen Altersarmut geprüft werden, zum Beispiel eine Ausweitung der Grundsicherung im Alter und eine gezielte Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten.

In 2007, Germany decided to progressively raise the retirement age from 65 to 67 in light of the increasing life expectancy. As per the reform, the retirement age began increasing in 2012 and will reach 67 by 2031. The primary objective was to stabilize pension contribution rates as well as the public pension system’s financial situation. It is highly uncertain, however, what percentage of workers will actually want or be able to work beyond age 65, especially among those who have physically demanding jobs. If a larger share of workers choose to retire before age 67, it could hamper the positive effects of the reform on the contribution rate. However, a simulation of three different scenarios – in which the two-year shift in the official retirement age leads to people working an average of one, 1.4, and 1.8 years longer, respectively – shows that contribution rates are stabilized even if a substantial share of workers choose to retire before they turn 67. This is due to the rebates that are applied to the pensions of early retirees. When these rebates are taken into account, the pension payments vary significantly among the different scenarios. At the individual level, the rebates can lead to a strong revenue decline and substantially increase the poverty risk of the elderly. To guarantee the income of older citizens, it seems advisable to implement adequate labor market and pension policies aimed at helping as many people as possible work until the official retirement age. The government should also consider measures to fight poverty among the elderly, such as an extension of the minimum income mechanism for older people or a targeted increase in the pensions of those unfit to work.

Hermann Buslei

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Staat

Peter Haan

Abteilungsleiter in der Abteilung Staat



JEL-Classification: H55;J26;J11
Keywords: Pension Reform, Retirement, Demographic Trends
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/149851

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