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Bauwirtschaft weiter im Vorwärtsgang – staatliche Impulse treiben die Preise

DIW Wochenbericht 1/2 / 2019, S. 3-14

Martin Gornig, Claus Michelsen, Martin Bruns

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  • Bauvolumenprognose des DIW Berlin geht von guten Geschäften der Bauwirtschaft in den nächsten Jahren aus
  • Baukonjunktur wird vom nach wie vor florierenden Wohnungsbau gestützt
  • Baukindergeld und höhere Abschreibungen für den Mietwohnungsbau dürften den bereits sehr starken Preisauftrieb weiter anschieben
  • Die aufzustockenden Mittel des sozialen Wohnungsbaus sollten fokussiert Einsatz in den Innenstädten finden

„Der soziale Wohnungsbau ist angesichts des derzeitigen Drucks auf die Innenstädte der Metropolen ein problemadäquater Lösungsansatz, um die Vorteile sozialer Mischung zu erhalten.“ Martin Gornig

Die Bauwirtschaft wird auch in den kommenden Jahren florierende Geschäfte haben. Das geht aus der aktuellen Bauvolumenprognose hervor. Danach können die Unternehmen mit einer Steigerung des nominalen Bauvolumens mit rund siebeneinhalb im laufenden Jahr und gut sechseinhalb Prozent im nächsten Jahr rechnen. Gestützt wird die Baukonjunktur vom nach wie vor florierenden Wohnungsbau, der zusätzliche Impulse von der Politik bekommt. Baukindergeld und höhere Abschreibungen für den Mietwohnungsbau dürften den bereits sehr starken Preisauftrieb weiter anschieben. Die Bauwirtschaft dürfte ihre Kapazitäten angesichts der Kürze mancher Förderprogramme kaum ausweiten und eher die größeren Preissetzungsspielräume nutzen. Der nominalen Steigerung des Neubauvolumens von mehr als zehn Prozent stand ein deutlich geringerer preisbereinigter Zuwachs gegenüber. Anstatt mit der Gießkanne zu fördern, sollte die Politik angesichts der angespannten innerstädtischen Wohnungsmärkte und dem bereits hohen Niveau der realen Neubautätigkeit Anreize zur Innenentwicklung und Nachverdichtung setzen sowie mit Investitionszulagen in Stadtentwicklungsgebieten den Bau zusätzlichen Wohnraums unterstützen. Wichtig wäre vor allem der räumlich fokussierte Einsatz von Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau.

Auch in den Jahren 2019 und 2020 wird die Bauwirtschaft eine wichtige Stütze der Konjunktur sein. Zu diesem Ergebnis kommen aktuelle Berechnungen zum BauvolumeninfoDie Bauvolumenrechnung wird finanziert aus Mitteln der ForschungsinitiativeZukunft Bau des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Für den Begriff „Bauvolumen“ siehe auch das DIW Glossar. (Online verfügbar, abgerufen am 8. Januar 2019. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt.), das neben den Bauinvestitionen auch nicht werterhöhende Reparaturen einschließtinfoMartin Gornig, Bernd Görzig, Claus Michelsen und Hella Steinke (2018): Strukturdaten zur Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe – Berechnungen für das Jahr 2017, BBSR-Online-Publikation Nr. 09 (Online verfügbar). und zusätzlich zum Baugewerbe im engeren Sinne auch weitere Branchen wie den Stahl- und Leichtmetallbau, die Herstellung von Fertigbauten, die Bauschlosserei sowie Planungsleistungen und andere Dienstleistungen berücksichtig. Ergänzend zu den Investitionsrechnungen der statistischen Ämter differenziert diese Analyse zwischen Neubaumaßnahmen und Modernisierungen im Gebäudebestand.

Neben der Berechnung und Dokumentation der Bauvolumina der vergangenen Jahre werden zudem die entsprechenden Werte für das laufende und das kommende Jahr prognostiziert. Diese Prognose (Kasten) ist eingebunden in die Konjunkturbeobachtung des DIW Berlin, insbesondere der Investitionstätigkeit.infoVgl. Claus Michelsen, Christian Breuer, Martin Bruns, Max Hanisch, Simon Junker und Thore Schlaak (2018): Wachstumstempo der deutschen Wirtschaft normalisiert sich nach Jahren der Hochkonjunktur: Grundlinien der Wirtschaftsentwicklung im Winter 2018. DIW Wochenbericht Nr. 50, S. 1080–1092 (online verfügbar). Ergänzend zu den vorliegenden Einschätzungen zur Entwicklung der Bauinvestitionen werden im Rahmen der Bauvolumenrechnung zudem Prognosen der Entwicklungen von Neubau- und Bestandsvolumina im Hochbau sowie im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau ausgewiesen.infoVgl. Claus Michelsen und Martin Gornig (2016): Prognose der Bestandsmaßnahmen und Neubauleistungen im Wohnungsbau und im Nichtwohnungsbau, BBSR-Online-Publikation Nr. 07 (online verfügbar). Zudem werden die Entwicklungstendenzen des Bauhauptgewerbes und des Ausbaugewerbes abgeleitet.

Die Prognose des Bauvolumens erfolgt in verschiedenen Schritten. Bislang liegen die Berechnungen für die Neubau- und Bestandsvolumina in jährlicher Frequenz vor. Der erste Schritt beinhaltet die Berechnung eines unterjährigen Verlaufs. Die Bestandsvolumina werden dabei mittels quadratischer MinimierunginfoVgl. Frank T. Denton (1971): Adjustment of monthly or quarterly series to annual totals: an approach based on quadratic minimization. Journal of the American Statistical Association, 66(333), 99–102. an den vorliegenden Quartalsverlauf des Volumens der Bauinstallation und des sonstigen Baugewerbes angepasst. Die Neubauvolumina werden als Differenz des Gesamtvolumens und des Bestandsvolumens errechnet, um die Konsistenz innerhalb der Bauvolumenrechnung zu gewährleisten. Diese Reihen werden danach mit dem Verfahren ARIMA-X12 um saisonale Muster bereinigt.

Der zweite Schritt besteht im „now-casting“ der Neubau- und Bestandsreihen bis an den aktuellen Rand heran. Verwendet werden hierfür Zahlen aus den monatlichen Berichten des Baugewerbes und der Beschäftigten im Baugewerbe sowie Informationen über die Witterung.infoVgl. für eine Dokumentation der Methodik Claus Michelsen und Martin Gornig (2016): Prognose der Bestandsmaßnahmen und Neubauleistungen im Wohnungsbau und im Nichtwohnungsbau, BBSR-Online-Publikation Nr. 07 (online verfügbar). Das letzte Jahr vor dem Prognosezeitraum (in dieser Prognose das Jahr 2018) stellt also selbst zunächst nur eine vorläufige Schätzung der Bauvolumina dar. Endgültige Werte können erst im darauffolgenden Jahr vorgelegt werden, wenn die statistischen Ämter alle relevanten Reihen vollständig berichten.

Der dritte Schritt besteht in der Prognose der einzelnen Reihen. Dabei werden die Bestands- und Neubauvolumina im Hochbau separat geschätzt. Hierfür werden Indikatoren gestützte statistische Modelle verwendet. Dazu wird die zu prognostizierende Größe, also etwa das Volumen der gewerblichen Bauten, auf einen autoregressiven Term und verzögerte Werte des jeweiligen Indikators regressiert. Die Prognosegleichung nimmt dann generell folgende Form an:

yt=α+i=1nβi yt-i+j=1myj xt-j+εt

Hierbei stehen yt für den zu prognostizierenden Wert, xt für den Indikator ɛt und für den statistischen Störterm. Die Parameter α, β und γj werden geschätzt. Die Verzögerungslängen n und m (Quartale) werden anhand der Autokorrelations- beziehungsweise der Kreuzkorrelationsfunktion bestimmt. Zusätzlich werden die unterschiedlichen Spezifikationen anhand von Informationskriterien bewertet. Bewährt hat sich zudem der Ansatz, eine Vielzahl einzelner Modelle zu schätzen und den durchschnittlichen Wert für die Prognose zu verwenden. Für die einzelnen Reihen werden jeweils bis zu 50000 Einzelmodelle geschätzt. Als geeignete Indikatoren haben sich Baugenehmigungen, Auftragseingänge, Produktion, Zinsen, Kreditvolumina, Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung, aber auch Umfragen unter Bauunternehmen und freischaffenden Architekten erwiesen. Auch die Kapazitätsauslastung wird in die Schätzungen einbezogen.infoVgl. Claus Michelsen und Martin Gornig (2016), a.a.O. Die Differenz zwischen Gesamtvolumen und dem Hochbauvolumen ist die erwartete Tiefbauleistung.

Im letzten Schritt werden die Prognoseergebnisse in das Schema der Bauvolumenrechnung übertragen. Dazu werden unter Beachtung der Besonderheiten nichtinvestiver Bauleistungen im Konjunkturverlauf die nachfrageseitigen Entwicklungstrends berücksichtigt. Zur Differenzierung nach weiteren strukturellen Merkmalen werden die stärker untergliederten Informationen zu den Baugenehmigungen und zum Auftragsbestand herangezogen. So lassen sich unterschiedliche Entwicklungen zwischen einzelnen Produzentengruppen, wie dem Bauhaupt- und dem Ausbaugewerbe, schätzen.

Neue staatliche Impulse für den Wohnungsbau

Gestützt wird die florierende Baukonjunktur seit nunmehr acht Jahren durch die Investitionen in neuen Wohnraum und die zunehmende Modernisierung und Renovierung des Bestands. Dabei hält das günstige Zinsumfeld, die sehr vorteilhafte Arbeitsmarktentwicklung und die mittlerweile auch recht ordentlichen Lohnabschlüsse die Nachfrage nach Immobilien hoch. Auch die Wohnraumnachfrage in den Städten ist anhaltend hoch. Hinzu kommen kräftige Impulse von Seiten des Staats – Familien profitieren seit dem Herbst von dem neu eingeführten Baukindergeld, das pro Kind für zehn Jahre einen Betrag von 1200 Euro jährlich ausschüttet.infoClaus Michelsen, Stefan Bach und Michelle Harnisch (2018): Baukindergeld: Einkommensstarke Haushalte profitieren in besonderem Maße. DIW aktuell Nr. 14 (online verfügbar). Zudem wurden Sonderabschreibungen für den Mietwohnungsbau beschlossen und werden wohl in dieser Form verabschiedet werden. Diese erlauben in den ersten fünf Jahren nach der Investition Abschreibungen von insgesamt 28 Prozent.infoClaus Michelsen (2018): Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung des Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am 19. November 2018 zum Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus Bundestagsdrucksache 19/4949 (online verfügbar). Abgerundet wird das Paket durch zusätzliche Mittel für den sozialen Wohnungsbau von 1,5 Milliarden Euro bis Ende 2019.

Diese Förderung wird in einer Situation gewährt, in der die Bauwirtschaft bereits an der Kapazitätsgrenze operiert. Zu keinem Zeitpunkt seit der Wiedervereinigung war der Auslastungsgrad in der Bauwirtschaft höher (Abbildung 1). Da viele der Förderimpulse in ein paar Jahren wieder Geschichte sein werden, wird dies Bauunternehmen kaum dazu bringen, zusätzliche Kapazitäten aufzubauen. Die zusätzliche Kaufkraft der privaten Haushalte und Wohnungsunternehmen dürfte daher den ohnehin schon kräftigen Preisauftrieb beschleunigen und die nominale Steigerung des Wohnungsbauvolumens anschieben.

Insgesamt ist zu erwarten, dass das Wohnungsbauvolumen nach einem Plus von gut 8,6 Prozent im Jahr 2018 im laufenden Jahr um etwa 7,6 und im Jahr 2020 um etwa 6,8 Prozent steigen wird (Tabelle 1).

Tabelle 1: Wohnungsbau in Deutschland für die Jahre 2011 bis 2020

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
In jeweiligen Preisen in Milliarden Euro
Neubauvolumen1 41,0 44,3 47,8 52,9 58,0 63,5 66,4 73,1 78,5 83,1
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 123,9 127,2 127,3 129,3 129,8 135,7 145,2 156,8 168,8 181,0
Wohnungsbauvolumen insgesamt 164,8 171,5 175,1 182,2 187,8 199,2 211,6 229,9 247,3 264,1
Veränderung in Prozent
Neubauvolumen1 8,1 7,9 10,6 9,7 9,5 4,6 10,1 7,4 5,8
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 2,7 0,0 1,6 0,4 4,5 7,1 7,9 7,7 7,2
Wohnungsbauvolumen insgesamt 4,1 2,1 4,1 3,1 6,1 6,3 8,6 7,6 6,8
Anteile in Prozent
Neubauvolumen1 24,9 25,8 27,3 29,0 30,9 31,9 31,4 31,8 31,8 31,5
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 75,1 74,2 72,7 71,0 69,1 68,1 68,6 68,2 68,2 68,5
Wohnungsbauvolumen insgesamt 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

1 Geschätzt über veranschlagte Baukosten (Bautätigkeitsstatistik), ergänzt um Zuschläge für Architektenleistungen und Gebühren, Außenanlagen und Eigenleistungen der Investoren.

2 Gebäude- und Wohnungsmodernisierung (einschließlich Um- und Ausbaumaßnahmen) sowie Instandsetzungsleistungen des Baugewerbes.

Quelle: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.

Wohnungsneubau wenig räumlich fokussiert

In den vergangenen Jahren hat im Wohnungsbau vor allem die Neubautätigkeit kräftig zugelegt. Die räumliche Verteilung dürfte dabei relativ ausgeglichen sein. In diese Richtung weisen zumindest die Baugenehmigungen im Wohnungsbau 2011 bis 2016 (Abbildung 2). Die Genehmigungsintensität – hier gemessen als genehmigte Wohnbauflächen je 1000 Einwohner – weist zwar zwischen den 97 Raumordnungsregionen eine gewisse Schwankungsbreite auf, ein eindeutiges Strukturbild ist allerdings nicht zu erkennen.

Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Wohnungsmärkte der größeren Städte. In diesen Wohnungsmärkten sind die Angebotsmieten in den letzten Jahren besonders stark gestiegen. Die Genehmigungsintensität lag in den Großstädten mit mehr als 500000 Einwohnern dagegen sogar knapp unter dem Bundesdurchschnitt (Abbildung 3). Nur 2014 war sie spürbar höher. Bei den Städten mit 200000 bis 500000 Einwohnern ist der Rückstand zum Bundesdurchschnitt noch deutlich stärker ausgeprägt. Im Regelfall dominiert in den Städten der Geschosswohnungsbau. Damit ergeben sich eher geringere durchschnittliche Flächen. Trotz starkem Bevölkerungszuwachs ist im Zeitverlauf keine Konzentration der genehmigten Neubautätigkeit auf die größeren Städte erkennbar.

Eine ähnliche Tendenz zeigt sich auch bei den Flächenumsätzen (Abbildung 4). Seit 2011 sind die Flächenumsätze in Deutschland insgesamt spürbar gestiegen. In den größeren Städten allerdings unterdurchschnittlich. In den Großstädten mit mehr als 500000 Einwohnern liegen sie aktuell sogar unter dem Wert von 2011. Stark gestiegen sind dort hingegen die Immobilienpreise.

Wachstum des Neubaus geht immer mehr in die Preise

Im Jahr 2018 hat sich die Dynamik der Neubautätigkeit in Deutschland insgesamt nominal abermals beschleunigt (Abbildung 5). Die Zahl der Baugenehmigungen hat sich allerdings in den vergangenen zwei Jahren kaum mehr erhöht – im Oktober 2018 lag die Zahl genehmigter Wohnungen um lediglich 1,2 Prozent über dem Wert des Vorjahresmonats (Abbildung 6). Im Geschosswohnungsbau haben sich die Genehmigungszahlen positiver entwickelt als im Eigenheimbau. Auch gibt es eine zunehmende Diskrepanz zwischen der Zahl genehmigter Wohnungen und den veranschlagten Baukosten. Dies reflektiert einerseits steigende Qualität und Baustandards, andererseits aber auch die hohe Preisdynamik. Der Unterschied zwischen nominalen und realen Aufwendungen für Wohnungsneubauten wird damit immer größer.

Im Jahresverlauf 2018 haben sich die Auftragseingänge für weitere Bauleistungen nach einer Phase der Stagnation wieder beschleunigt. (Abbildung 7). Im Trend waren die Bestellungen neuer Bauleistungen deutlich aufwärtsgerichtet. Auch die Auftragsbestände sind im Wohnungsbau auf ein neuerliches Allzeithoch geklettert (Abbildung 8) – mittlerweile sollten diese aber wieder auf ein etwas niedrigeres Niveau gesunken sein.

Daher wird mit einer Steigerung der Neubautätigkeit um rund zehn Prozent im abgelaufenen Jahr 2018 gerechnet. Ein Großteil dieses Wachstums dürfte allerdings in überdurchschnittlich gestiegene Preise gegangen sein. Auch bei den nominellen Zuwächsen der Neubauinvestitionen um siebeneinhalb Prozent im laufenden Jahr und weiteren sechs Prozent im Jahr 2020 dürften Preissteigerungen dominieren.

Bestandsmaßnahmen bleiben auf hohem Niveau

Bereits im Jahr 2017 haben sich Bestandsmaßnahmen deutlich dynamischer entwickelt als in den Vorjahren und weiter Fahrt aufgenommen. Sanierungs- und Modernisierungsaktivitäten von Wohnungseigentümern haben wohl angesichts des regen Handels von gebrauchten Immobilien auch deshalb zugelegt, da nach Eigentumsübergang typischerweise grundlegendere Modernisierungen durchgeführt werden. Es spricht einiges dafür, dass hier nicht alle üblicherweise durchgeführten kleineren MaßnahmeninfoVgl. Martin Gornig, Christian Kaiser und Claus Michelsen (2015): Bauwirtschaft: Sanierungsmaßnahmen ohne Schwung, Wohnungsneubau mit zweiter Luft. DIW Wochenbericht Nr. 49, 1153–1162 (online verfügbar). umgesetzt wurden und es daher auch in den kommenden Jahren vor allem für das Ausbaugewerbe nicht an Nachfrage mangeln wird.

Angeschoben wird dies zusätzlich von den deutlich gestiegenen Energiepreisen. Diese machen energetische Sanierungen wieder rentabler – das Sanierungsvolumen in diesem Bereich hat bereits seit dem Jahr 2016 angezogen.infoMartin Gornig et al. (2018): Strukturdaten zur Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe – Berechnungen für das Jahr 2017, BBSR-Online-Publikation Nr. 09. Jan Stede, Claus Michelsen und Puja Singhal (2018): Wärmemonitor 2017: Heizenergieverbrauch stagniert, Klimaziel wird verfehlt. DIW Wochenbericht Nr. 39, S. 831–840 (online verfügbar). Hingegen sind die Änderungen bei der Modernisierungsumlage – die Möglichkeit, wertsteigernde Investitionen auf die Mieterinnen und Mieter umzulegen – von elf Prozent auf acht Prozent abgesenkt worden. Dies dürfte Investorinnen und Investoren angesichts der niedrigen Zinsen nicht allzu sehr beeinträchtigen, ist allerdings auch kein Impuls, der zu mehr Sanierungen führen wird. Ausgeblieben sind hingegen weitere Maßnahmen zur Steigerung der energetischen Sanierungsaktivitäten. Zwar hatten sich die meisten Parteien für eine steuerliche Förderung ausgesprochen. Bislang wurden in dieser Hinsicht aber keine Beschlüsse gefasst.

Insgesamt ist nach rund acht Prozent Zuwachs im vergangenen Jahr mit einer Ausweitung der Bestandsaktivitäten um 7,7 Prozent im laufenden Jahr und erneut kräftigen 7,2 Prozent im Jahr 2020 zu rechnen.

Nichtwohnungshochbau: Der Staat gibt mehr Geld aus

In den vergangenen Jahren war die Dynamik im Nichtwohnungsbau deutlich schwächer als bei der Errichtung und Modernisierung von Wohngebäuden. Vor allem die Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück, aber auch der Staat hat nur schwache Impulse geliefert.

Allerdings hat sich die Finanzlage des Bundes und insbesondere auch der Kommunen seht positiv entwickelt. Viele Gemeinden verfügen mittlerweile über die notwendigen „freien Spitzen“ um neue Investitionsprojekte anzustrengen, zumindest aber den Eigenanteil für die nach wie vor verfügbaren Mittel aus dem Kommunalinvestitionsförderungsfonds abzurufen.

Angesichts der starken Preissteigerungen fällt die reale Entwicklung des Bauvolumens in diesem Segment aber weiterhin moderat aus. Dies erklärt auch, weshalb trotz deutlicher Ausgabenausweitung die Nettoanlageinvestitionen des Staates für den Nichtwohnungsbau weiterhin negativ sind. Ebenfalls nicht umgekehrt werden konnte der Trend immer geringerer Personalbestände in den kommunalen Bauplanungsämtern – dies hemmt beides, den Wohn- und Nichtwohnungsbau.infoVgl. Martin Gornig und Claus Michelsen (2017): Kommunale Investitionsschwäche: Engpässe bei Planungs- und Baukapazitäten bremsen Städte und Gemeinden aus. DIW Wochenbericht Nr. 11, 211–219 (online verfügbar).

Die Jahre der Hochkonjunktur in Deutschland sind vorerst vorbei – dies macht sich auch bei den gewerblichen Nichtwohnbauten bemerkbar. Die Aufwendungen stiegen zwar im vergangenen Jahr deutlich, dies hat aber auch damit zu tun, dass die Preise kräftig zugelegt haben. Real waren die Steigerungen recht moderat – gegeben die gute wirtschaftliche Lage. Dass es hier nicht zu weiteren Impulsen kommt, hängt auch mit der nun deutlich pessimistischeren Einschätzung der Unternehmen vor allem im exportorientierten verarbeitenden Gewerbe zusammen.infoifo Konjunkturperspektiven 11/2018. ifo Institut, München, 2018 (online verfügbar). Belastet wird die Stimmung durch die schwelenden Handelskonflikte mit den USA, den nach wie vor ungeordneten Verhältnissen mit dem Vereinigten Königreich, aber auch den Sorgen um die Entwicklung in Italien, die zu größeren Turbulenzen innerhalb der Eurozone führen kann. Wohl deshalb weiten die Unternehmen trotz stark ausgelasteter Produktionskapazitäten ihre Investitionen nicht weiter aus.

Vor diesem Hintergrund ist für das laufende Jahr und das Jahr 2020 mit einer Ausweitung des Volumens im Nichtwohnungshochbau um gut 6,5 Prozent zu rechnen, nachdem dieses 2018 bereits um rund sechs Prozent gestiegen sein dürfte (Abbildung 5 und Tabelle 2). Ein Großteil dürfte aber auch hier durch steigende Baupreise bedingt sein.

Tabelle 2: Baumaßnahmen bei Nichtwohngebäuden in Deutschland für die Jahre 2011 bis 2020

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
In jeweiligen Preisen in Milliarden Euro
Neubauvolumen1 28,8 29,7 30,7 30,9 31,1 34,3 35,1 37,2 40,1 42,5
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 59,3 57,5 56,8 58,7 58,8 57,5 60,9 64,7 68,5 73,1
Bauvolumen Nichtwohngebäude insgesamt3 88,1 87,3 87,6 89,5 89,9 91,8 95,9 101,9 108,6 115,6
Veränderung in Prozent
Neubauvolumen1 3,3 3,3 0,5 0,7 10,3 2,2 6,2 7,8 5,9
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 −3,0 −1,2 3,2 0,2 −2,2 5,9 6,3 5,9 6,8
Bauvolumen Nichtwohngebäude insgesamt3 −0,9 0,3 2,2 0,4 2,1 4,5 6,2 6,6 6,5
Anteile in Prozent
Neubauvolumen1 32,7 34,1 35,1 34,5 34,6 37,4 36,6 36,5 37,0 36,8
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 67,3 65,9 64,9 65,5 65,4 62,6 63,4 63,5 63,0 63,2
Bauvolumen Nichtwohngebäude insgesamt3 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

1 Einschließlich Landwirtschaftliche Betriebsgebäude.

2 Einschließlich übrige nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude.

3 Bauvolumen im gewerblichen und öffentlichen Hochbau.

Quelle: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.

Zusätzliche Nachfrage nach Bürogebäuden

Neue Impulse für den Nichtwohnungsneubau versprechen die gestiegenen Genehmigungszahlen für Büro- und Verwaltungsgebäude (Abbildung 6). Berichtet wird mittlerweile auch verstärkt von einem Mangel derartiger Flächen in den von der Wohnungsmarktdebatte dominierten Großstädten. Die Flächenkonkurrenz erschwert hier die Entwicklung weiterer Projekte.infoLudwig Dorffmeister und Martin Steininger (2018): Aktuelle Entwicklungen auf dem deutschen Büroimmobilienmarkt. ifo Schnelldienst 71.7, 65–73 (online verfügbar).

Ebenfalls positiv entwickelt sich die Nachfrage nach neuen Werkstatt- und Fabrikgebäuden, wohingegen die Vergabe neuer Baurechte für Handels- und Lagergebäude weiter stagniert.

Die Auftragsentwicklung sowohl im öffentlichen als auch im gewerblichen Hochbau zeigen dementsprechend auch einen Zuwachs der Bauleistungen an. Es wird für das laufende Jahr eine Ausweitung des Neubauvolumens um rund acht Prozent in nominaler Rechnung erwartet, für das kommende Jahr nochmals um kräftige sechs Prozent (Abbildung 5).

Gute Geschäfte auch mit Bestandsmaßnahmen

Die Maßnahmen im Bestand haben bereits im vergangenen Jahr Fahrt aufgenommen und werden auch im Prognosezeitraum robust bleiben. Die florierenden Geschäfte der deutschen Wirtschaft dürften sich auch in einer stärkeren Beanspruchung der Infrastruktur äußern, sodass die Instandsetzung und die Pflege vorhandener Gebäude an Bedeutung gewinnt. Auch die zuletzt lebhafteren Investitionen in neue Maschinen und Anlagen dürften für weitere Maßnahmen an bestehenden Gebäuden sorgen. Denn der Austausch von Anlagen bedingt häufig auch bauliche Veränderungen.

Ebenfalls stützen die zusätzlichen Bundesmittel für die Sanierung von Schulgebäuden und der allmähliche Abbau des Instandhaltungsstaus bei öffentlichen Gebäuden. Im KfW-Kommunalpanel wird weiterhin von einem eklatanten Investitionsstau bei der kommunalen Infrastruktur berichtet, der sich insbesondere auch auf Schulgebäude bezieht.infoKfW Bankengruppe (2018): KfW-Kommunalpanel 2018. Frankfurt am Main (online verfügbar).

Insgesamt werden für dieses Jahr Steigerungen der Bestandsmaßnahmen im Nichtwohnungsbau um nominal sechs Prozent und für das kommende Jahr von knapp sieben Prozent prognostiziert (Abbildung 5).

Wachstum im Tiefbau verstetigt sich

Das Tiefbauvolumen hat sich in den vergangenen beiden Jahren sehr positiv entwickelt (Tabelle 3). Im Jahr 2017 stieg es um rund sieben Prozent, im abgelaufenen Jahr dürften weitere 8,7 Prozent hinzu gekommen sein. Dabei stützt vor allen Dingen die Nachfrage der öffentlichen Hand, wenngleich auch die gewerblichen Tiefbauinvestitionen dynamisch angezogen haben.

Tabelle 3: Tiefbau in Deutschland für die Jahre 2011 bis 2020

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
In jeweiligen Preisen in Milliarden Euro
Gewerblicher Tiefbau 27,8 28,1 28,1 29,3 29,5 30,3 32,4 34,3 36,7 39,4
Öffentlicher Tiefbau 25,0 24,5 25,2 27,4 27,3 28,5 30,5 34,1 37,1 39,7
Bauvolumen Tiefbau 52,8 52,6 53,3 56,7 56,9 58,8 62,9 68,4 73,9 79,1
Veränderung in Prozent
Gewerblicher Tiefbau 1,0 0,2 4,3 0,8 2,5 7,0 6,0 7,0 7,1
Öffentlicher Tiefbau −2,0 2,9 8,6 0,0 4,2 7,2 11,6 9,0 7,0
Bauvolumen Tiefbau −0,4 1,4 6,3 0,4 3,3 7,1 8,7 8,0 7,1
Anteile in Prozent
Gewerblicher Tiefbau 52,7 53,4 52,7 51,7 51,9 51,5 51,5 50,2 49,7 49,8
Öffentlicher Tiefbau 47,3 46,6 47,3 48,3 48,1 48,5 48,5 49,8 50,3 50,2
Bauvolumen Tiefbau 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

Quelle: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.

Dieser Trend setzt sich fort. Der Auftragseingang für Tiefbauleistungen insgesamt, für gewerbliche Nachfrage im Besonderen ist stark positiv. Der Trend der öffentlichen Bestellungen – mit Ausnahme des Straßenbaus – flacht hingegen etwas ab (Abbildungen 7 und 8). Für das Jahr 2019 wird daher mit einem Zuwachs von etwa acht Prozent gerechnet. Im Jahr 2020 dürfte dieser dann bei rund sieben Prozent liegen.

Baupreise steigen weit überdurchschnittlich

Im Jahr 2018 dürfte das Bauvolumen nominal um rund acht Prozent gestiegen sein und ein Gesamtvolumen von nun 400 Milliarden Euro erreicht haben (Tabelle 4). Die Preisanstiege haben hierzu kräftig beigetragen. Sowohl die Lohn- als auch die Materialkosten sind zuletzt deutlich gestiegen und haben den Baupreisauftrieb kräftig befeuert. Der Fachkräftemangel ist in der Bauwirtschaft nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit besonders ausgeprägt.infoBundesagentur für Arbeit (2018): Blickpunkt Arbeitsmarkt, Fachkräfteengpassanalyse (online verfügbar). Angesicht der hohen Kapazitätsauslastung dürften auch die Gewinnmargen spürbar ausgeweitet worden sein. Die Baupreise dürften daher deutlich stärker als die allgemeine Inflationsrate von knapp zwei Prozent gestiegen sein. Der Anstieg der Baupreise dürfte im Jahr 2018 fast fünf Prozent erreicht haben. Das reale Bauvolumen dürfte damit um etwa 3,3 Prozent gestiegen sein.

Tabelle 4: Eckwerte der Entwicklung des Bauvolumens in Deutschland für die Jahre 2011 bis 2020

2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2015 2016 2017 2018 2019 2020
In Milliarden Euro zu jeweiligen Preisen Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent
Bauvolumen insgesamt 328,36 334,53 349,71 370,49 400,15 429,78 458,78 1,9 4,5 6,0 8,0 7,4 6,8
Wohnungsbau 182,16 187,77 199,15 211,63 229,86 247,30 264,06 3,1 6,1 6,3 8,6 7,6 6,8
Wirtschaftsbau 100,66 101,41 103,33 109,18 115,35 122,75 130,50 0,8 1,9 5,7 5,7 6,4 6,3
Öffentlicher Bau 45,54 45,35 47,23 49,68 54,94 59,73 64,23 −0,4 4,1 5,2 10,6 8,7 7,5
Preisentwicklung 1,8 2,0 3,2 4,8 4,5 3,6
real, Kettenindex 2005 = 100
Bauvolumen insgesamt 105,27 105,37 108,09 111,06 114,62 117,91 121,58 0,1 2,6 2,8 3,2 2,9 3,1
Nach Baubereichen
Wohnungsbau 108,48 109,88 114,24 117,94 122,82 126,88 131,01 1,3 4,0 3,2 4,1 3,3 3,3
Wirtschaftsbau 105,12 103,84 104,01 106,28 106,81 108,55 111,64 −1,2 0,2 2,2 0,5 1,6 2,9
Öffentlicher Bau 94,51 92,79 94,85 96,72 101,50 104,90 107,97 −1,8 2,2 2,0 5,0 3,3 3,0
Nach Produzentengruppen
Bauhauptgewerbe 112,97 112,13 115,95 120,26 123,80 127,11 131,31 −0,7 3,4 3,7 3,0 2,7 3,3
Ausbaugewerbe 99,33 98,86 100,76 102,94 106,49 109,61 112,91 −0,5 1,9 2,2 3,5 2,9 3,0
Sonstige Bauleistungen 105,51 107,52 110,84 114,34 118,46 122,36 126,06 1,9 3,1 3,2 3,6 3,3 3,0

Quelle: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.

Der Preisauftrieb wird sich aller Voraussicht nach dank der hohen Nachfrage nach Bauleistungen, aber auch aufgrund der zusätzlichen Mittel beispielsweise aus dem Baukindergeld oder der Sonder-AfA weiter fortsetzen. Auch die Tariflohnsteigerungen zeigen dies bereits an. Die Baupreise werden voraussichtlich im Jahr 2019 um rund 4,5 Prozent steigen – im Jahr 2020 um voraussichtlich weitere 3,5 Prozent.

Der nominalen Steigerung des Bauvolumens auf rund 430 Milliarden Euro im Jahr 2019 und knapp 460 Milliarden Euro im Jahr 2020 dürften real also deutlich schwächere Wachstumsraten gegenüberstehen. Diese liegen im laufenden Jahr bei 2,9 Prozent und im Jahr 2020 bei rund 3,1 Prozent (Tabelle 4). Dabei spielt auch die größere Zahl an Arbeitstagen im Jahr 2020 eine wichtige Rolle. Weiterhin bleibt der Wohnungsbau die Stütze mit Zuwächsen von real rund 3,3 Prozent in diesem und im folgenden Jahr 2020. Der öffentliche Bau wird in realer Rechnung in diesem Jahr um 3,3 Prozent zulegen und im darauffolgenden Jahr voraussichtlich um weitere 2,9 Prozent steigen. Der gewerbliche Bau wird aller Voraussicht nach im laufenden Jahr um 1,6 Prozent und im darauffolgenden Jahr um circa 2,9 Prozent zulegen.

Von den prognostizierten Entwicklungen dürften alle Bausparten profitieren. Das Bauhauptgewerbe wird weiter vom Wohnungsneubau und von der regen Nachfrage nach Tiefbauleistungen gestützt. Der Anstieg dürfte hier bei rund drei Prozent gelegen haben, das Volumen im Ausbaugewerbe dürfte preisbereinigt mit etwa 3,4 Prozent im Jahr 2018 gestiegen sein. Dieses Bild dürfte für den gesamten Prognosezeitraum Gültigkeit behalten. Das Bauhauptgewerbe kann mit realen Zuwächsen von zwischen 2,5 und drei Prozent rechnen, das Ausbaugewerbe mit etwas mehr als drei Prozent.

Fazit: Staatliche Impulse stärker fokussieren

Angesicht abnehmender realer Wachstumsdynamik des Wohnungsneubaus und der räumlich wenig fokussierten Neubautätigkeit ist keine schnelle Lösung des Wohnungsproblems in den großen Städten zu erwarten. Entsprechend erscheinen neue Impulse notwendig, um bezahlbaren Wohnraum in den großen Städten zu schaffen.

Ein diskutierter Weg, um dies zu erreichen, ist die Stärkung des sozialen Wohnungsbaus. Der öffentlich geförderte Wohnungsbau liegt seit 2007 in der Kompetenz der Länder. Auf der Basis der jüngsten Verfassungsänderung gibt es allerdings einen erhöhten Spielraum für das Engagement des Bundes im sozialen Wohnungsbau. Der Bund hat hierfür bis in das Jahr 2019 zusätzliche Mittel in Höhe von jährlich insgesamt 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt.

Allerdings sind die vielfach nachgewiesenen Probleme der VergangenheitinfoSoziale Wohnungspolitik, Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Berlin, 2018 (online verfügbar). für die zukünftige Gestaltung des Sozialwohnungsbaus zu berücksichtigen. Dies gilt zum einen hinsichtlich der Kosteneffizienz, Mitnahmeeffekten und Fehlbelegung.infoMichael Schier und Michael Voigtländer (2016): Soziale Wohnraumförderung auf dem Prüfstand. IW-Trends–Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung, 43(1), 21–35 (online verfügbar). Zum anderen hat der großflächige Einsatz des sozialen Wohnungsbaus auch dazu beigetragen, dass in solchen Quartieren vor allem in den 1970er Jahren soziale Brennpunkte entstanden.infoSako Musterd (2005): Social and ethnic segregation in Europe: levels, causes, and effects. Journal of urban affairs, 27(3), 331–348.

Ein adäquates Mittel stellt der soziale Wohnungsbau allerdings bei der Eindämmung von Segregationsprozessen dar.infoSiehe Hartmut Häussermann (2010):  Armutsbekämpfung durch Stadtplanung? Aus Politik und Zeitgeschichte 51–52, S. 23–28. Dies gilt vor allem auch im Gegensatz zu Wohngeldzahlungen: Susin Scott (2002): Rent vouchers and the price of low-income housing. Journal of Public Economics, 83(1), 109–152. Doron Sayag and Noam Zussman (2018): Who benefits from rental assistance? Evidence from a natural experiment. Regional Science and Urban Economics. Entsprechend dürfte der soziale Wohnungsbau gerade angesichts des derzeitigen Drucks auf die Innenstädte der Metropolen ein problemadäquater Lösungsansatz sein, wenn man die Vorteile sozialer MischunginfoRobert J. Sampson (2019): Neighbourhood effects and beyond, Urban Studies, 56 (1), 3–32. erhalten will.

Gefragt ist ein neuer Typus von sozialem Wohnungsbau. Nicht die große Masse zählt, sondern der richtige räumliche Zuschnitt. Entsprechend sollten die Kommunen Räume definieren, in denen zum Erhalt sozialräumlicher Mischung in den sozialen Wohnungsbau investiert werden sollte. Die Fördermittel von Bund und Ländern könnten dann gezielt in solche Gebiete gelenkt werden.

Ein Dauerthema bleibt zudem der Ausbau und die Instandsetzung der öffentlichen Infrastruktur. Zwar haben Bund und Länder ihre Investitionsbudgets deutlich aufgestockt und damit kräftige Zuwächse im öffentlichen Bau herbeigeführt, die kommunalen Investitionen bleiben dagegen weiterhin stark hinter dem Bedarf zurück. Entscheidend ist hier, dass es zu einer verlässlichen und dauerhaften Erhöhung der kommunalen Investitionsmittel kommt. Dazu ist insbesondere nachhaltig die Situation finanzschwacher Kommunen zu verbessern. Auf sie konzentriert sich das aufgelaufene Investitionsdefizit.infoVgl. Marcel Fratzscher, Ronny Freier und Martin Gornig (2015): Kommunale Investitionsschwäche überwinden, in: DIW Wochenbericht Nr. 43, S. 1019–1021 (online verfügbar).

Einzelne Bundesinitiativen bringen hier keine Lösung. Verbesserungen zum Beispiel der Bildungsinfrastruktur, wie zuletzt im Bundestag diskutiert und beschlossen,infoSiehe Deutscher Bundestag (2018): Grundgesetzänderung soll mehr Investitionen in Bildung ermöglichen, Dokumente (online verfügbar, abgerufen am 28.11.2018). sind sicherlich wichtig. Das Investitionsdefizit der Gemeinden betrifft aber die gesamte Breite kommunaler Infrastrukturen. In welchen Bereichen, in welcher Kommune welche Investitionsobjekte vordringlich angegangen werden sollen, kann nur vor Ort entschieden werden. Zudem erhöhen solche Bundesinitiativen nicht die langfristige Planungssicherheit und motivieren die Kommunen, dauerhaft ihre Bau- und Planungskapazitäten wieder zu erhöhen.

Ein Ansatzpunkt, die Finanzierungsspielräume für kommunale Investitionen nachhaltig zu verbessern, besteht im Rahmen einer Weiterentwicklung der vorhandenen Bund-Länder Gemeinschaftsaufgaben „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) und „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW). Sie könnten so umgebaut werden, dass gezielt eine größere Zahl von bedürftigen Kommunen von den Kofinanzierungsmitteln des Bundes und der Länder profitieren. Bei der GRW geht es beispielsweise vor allem auch darum, die enge Bindung allein an wirtschaftsnahe Infrastrukturen aufzulösen.infoSiehe Expertenkommission im Auftrag des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, Stärkung von Investitionen in Deutschland (2015): Abschlussbericht, Berlin (online verfügbar). Alternativ könnte auch eine neue Gemeinschaftsaufgabe ins Auge gefasst werden. Bei diesem Vorschlag steht die Sicherung der regionalen Daseinsvorsorge im Mittelpunkt. Die Eckpunkte würden dabei von Bund und Ländern gemeinsam formuliert und finanziert. Die Kommunen könnten die Mittel dann im Rahmen von Regionalbudgets flexibel einsetzen.infoVgl. Jens Kersten, Claudia Neu und Berthold Vogel (2015): Regionale Daseinsvorsorge, Begriff, Indikatoren, Gemeinschaftsaufgabe, WISO Diskurs Januar, Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn. Britta Haßelmann, Markus Tressel, Christian Kühn (2017): Strukturwandel schwacher Regionen unterstützen. Gastbeitrag Frankfurter Rundschau, 12.08.2017.

Martin Gornig

Forschungsdirektor für Industriepolitik in der Abteilung Unternehmen und Märkte



JEL-Classification: E32;E66
Keywords: Construction industry, residential construction, public infrastructure, economic outlook
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2019-01-1

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/191259

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