Direkt zum Inhalt

Frauen in Spitzengremien von Banken und Versicherungen: Dynamik kommt nun auch in Aufsichtsräten zum Erliegen

DIW Wochenbericht 3 / 2019, S. 37-50

Elke Holst, Katharina Wrohlich

get_appDownload (PDF  241 KB)

get_appGesamtausgabe/ Whole Issue (PDF  2.73 MB)

  • 100 größte Banken und 60 größte Versicherungen in Deutschland hatten Ende 2018 knapp neun beziehungsweise zehn Prozent Frauen im Vorstand, kaum mehr als zuvor
  • Schwache Dynamik nun auch in Aufsichtsräten mit Frauenanteilen von jeweils rund 23 Prozent
  • Bis Spitzengremien paritätisch besetzt sind, würde es bei linearer Fortschreibung der Entwicklung nun wieder länger, fast bis zum nächsten Jahrhundert, dauern
  • Frauen haben im Finanzsektor im Vergleich zu Männern besonders geringe Aufstiegschancen in hohe Führungspositionen
  • Unter anderem besonders unflexible Arbeitszeiten für Führungskräfte sorgen dafür, dass Frauen auch in zweiter Führungsebene kaum vertreten sind

„Mehr als die Hälfte der Beschäftigten im Finanzsektor sind Frauen, die meisten davon gut ausgebildet. Vor diesem Hintergrund sind die geringen Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten von Banken und Versicherungen besonders frappierend.“ Elke Holst

Der Frauenanteil in den Vorständen der 100 größten Banken in Deutschland stagnierte 2018 bei knapp neun Prozent. In den 60 größten Versicherungen nahm er um gut einen Prozentpunkt auf fast zehn Prozent zu. Während sich damit in den Vorständen die schon in den vergangenen Jahren schwache Dynamik fortgesetzt hat, fällt sie nun auch in den Aufsichtsräten des Finanzsektors verhalten aus. Der Frauenanteil in den Kontrollgremien lag im Jahr 2018 bei jeweils rund 23 Prozent. Schriebe man die jetzige Entwicklung linear fort, würde es wieder länger – nämlich fast bis zu Beginn des nächsten Jahrhunderts – dauern, bis die Spitzengremien paritätisch besetzt wären. Im Vergleich zu Männern haben Frauen im Finanzsektor so geringe Aufstiegschancen in hohe Führungspositionen wie in keiner anderen Branche. Dies dürfte unter anderem an besonders unflexiblen Arbeitsstrukturen für Führungskräfte liegen, die dafür sorgen, dass Frauen auch in der zweiten Führungsebene kaum vertreten sind, obwohl sie die Mehrheit der Beschäftigten stellen.

Im DIW Managerinnen-Barometer wird seit zwölf Jahren die Entwicklung des Anteils von Frauen in Vorständen und Geschäftsführungen (nachfolgend Vorstände) sowie in Aufsichts- und Verwaltungsräten (nachfolgend Aufsichtsräte)infoVerfügt ein Institut sowohl über einen Aufsichtsrat als auch über einen Verwaltungsrat, ging nur die Besetzung des Aufsichtsrats in die Berechnung ein. der Finanz- und Versicherungsdienstleistungsbranche (nachfolgend Finanzsektor) in Deutschland untersucht.infoZuletzt im Jahr 2018, vgl. Elke Holst und Katharina Wrohlich (2018): Finanzsektor: Frauenanteile in Spitzengremien steigen langsamer als zu Beginn des Jahrzehnts – Geschlechterparität bleibt in weiter Ferne. DIW Wochenbericht Nr. 1+2, 18–32 (online verfügbar, abgerufen am 27. November 2018. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt). Diese Erhebung umfasst die – gemessen an der Bilanzsumme – 100 größten Banken in Deutschland sowie die – gemessen an der Höhe der Beitragseinnahmen – 60 größten Versicherungen.infoDie Auswahl der nach der Bilanzsumme im Jahr 2017 größten Banken und Sparkassen erfolgte nach Klaus Kuck (2018): Die 100 größten deutschen Kreditinstitute. Die Bank, Zeitschrift für Bankpolitik und Praxis, 7, 10–15. Die Auswahl der nach Beitragseinnahmen im Jahr 2017 größten Versicherungen erfolgte auf Basis einer Sonderauswertung des Kölner Instituts für Versicherungsinformation und Wirtschaftsdienste (KIVI). Zudem wurden die größten Rückversicherungsunternehmen aus der Rückversicherungsstatistik 2016 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in die Gruppe der 60 größten Versicherungsunternehmen integriert. Konzerne/Gruppen, die keinen eigenen Aufsichtsrat besitzen, weil sie nur als „Markenklammer“ existieren, wurden exkludiert. Die Recherchen zur Besetzung der Spitzengremien der Banken, Sparkassen und Versicherungen fanden von November 2018 bis Anfang Januar 2019 statt. Neubesetzungen seit Jahresbeginn wurden etwa bei den Banken berücksichtigt. Sie beruhen auf den Selbstdarstellungen der Unternehmen im Internet, den Geschäftsberichten und Jahresabschlüssen 2017, den Veröffentlichungen im Bundesanzeiger sowie auf Anfragen der Autorinnen bei den Unternehmen. Des Weiteren wird der Anteil von Frauen in den Entscheidungsgremien der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Bankenaufsicht und der nationalen Zentralbanken der Mitgliedsländer der Europäischen Union dokumentiert. In diesem Jahr wird erstmals der Frauenanteil im EZB-Rat mit dem Frauenanteil der entsprechenden Notenbankgremien in den USA und in Kanada verglichen.

Die Repräsentation von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten von Unternehmen außerhalb des Finanzsektors wird in einem getrennten Beitrag in der vorliegenden Ausgabe des DIW Wochenberichts dargestellt. Jene Erhebung umfasst die – gemessen am Umsatz – 200 größten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, die börsennotierten Unternehmen in den Indizes DAX-30, MDAX, SDAX und TecDAX sowie 60 Beteiligungsunternehmen des Bundes.infoVgl. dazu in dieser Ausgabe des DIW Wochenberichts Elke Holst und Katharina Wrohlich (2019): Frauenanteile in Aufsichtsräten großer Unternehmen in Deutschland auf gutem Weg – Vorstände bleiben Männerdomänen. DIW Wochenbericht Nr. 3, 19–34. Zusammengenommen geben die beiden Berichte einen Überblick, inwieweit Frauen in den Spitzengremien von insgesamt über 500 Unternehmen vertreten sind.infoWir danken den studentischen Hilfskräften Paula Arndt, Denise Barth und Louisa Schmitt für ihre exzellente Unterstützung bei der Datenrecherche.

Top-100-Banken

Frauenanteil in Vorständen stagniert

Unter den 100 größten Banken in Deutschland hat sich die Zahl der Vorstände mit mindestens einer Frau gegenüber dem Vorjahr verringert: Ende des Jahres 2018 waren es 29, im Vergleich zu 32 im Jahr zuvor (Tabelle 1). Der Frauenanteil in den Vorständen stagnierte bei knapp neun Prozent. Wie 2017 gab es 2018 in fünf Banken eine Vorstandsvorsitzende (Übersicht auf Seite 48).

Tabelle 1: Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten großer Banken in Deutschland¹

Banken
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Vorstände/Geschäftsführungen
Unternehmen insgesamt 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100
Mit Angaben zur Zusammensetzung 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100
mit Frauen im Vorstand 10 9 7 9 10 12 17 24 23 28 30 32 29
Anteil in Prozent 10,0 9,0 7,0 9,0 10,0 12,0 17,0 24,0 23,0 28,0 30,0 32,0 29,0
Mitglieder insgesamt 442 430 414 418 408 404 407 396 387 394 404 406 404
Männer 431 420 406 407 396 391 390 371 361 364 371 370 369
Frauen 11 10 8 11 12 13 17 25 26 30 33 36 35
Anteil der Frauen in Prozent 2,5 2,3 1,9 2,6 2,9 3,2 4,2 6,3 6,7 7,6 8,2 8,9 8,7
Vorsitze insgesamt 100 100 100 100 100 100 100 100 100 98 98 98 97
Männer 98 98 100 100 98 99 97 97 98 95 94 93 92
Frauen 2 2 0 0 2 1 3 3 2 3 4 5 5
Anteil der Frauen in Prozent 2,0 2,0 0 0 2,0 1,0 3,0 3,0 2,0 3,1 4,1 5,1 5,2
Aufsichts-/Verwaltungsräte
Unternehmen insgesamt 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100
Mit Angaben zur Zusammensetzung 100 100 100 100 100 100 100 100 97 98 98 99 99
mit Frauen im Aufsichtsrat 89 91 85 87 88 88 88 89 89 93 95 95 96
Anteil in Prozent 89,0 91,0 85,0 87,0 88,0 88,0 88,0 89,0 91,8 94,9 96,9 96,0 97,0
Mitglieder insgesamt 1633 1573 1566 1555 1548 1567 1491 1485 1504 1518 1520 1532 1531
Männer 1387 1331 1324 1294 1295 1307 1226 1230 1234 1194 1194 1186 1176
Frauen 246 242 242 261 253 260 265 255 270 324 326 346 355
Anteil der Frauen in Prozent 15,1 15,4 15,5 16,8 16,3 16,6 17,8 17,2 18,0 21,3 21,4 22,6 23,2
Vorsitze insgesamt 100 100 100 100 100 100 100 100 97 98 98 99 98
Männer 97 95 97 96 97 98 97 97 92 92 91 93 93
Frauen 3 5 3 4 3 2 3 3 5 6 7 6 5
Anteil der Frauen in Prozent 3,0 5,0 3,0 4,0 3,0 2,0 3,0 3,0 5,2 6,1 7,1 6,1 5,1
Unternehmen mit Angaben zur Arbeitnehmervertretung 33 55 51 50 44 53 56 36 76 81 81 84 89
Mitglieder insgesamt 599 858 767 764 642 738 786 564 1159 1255 1269 1312 1363
Männer 496 731 654 637 549 628 649 455 943 968 981 1004 1037
Frauen 103 127 113 127 93 110 137 109 216 288 288 308 326
Arbeitnehmervertreterinnen 85 95 84 91 62 78 87 69 131 157 151 162 164
Anteil an den Frauen insgesamt in Prozent 82,5 74,8 74,3 71,7 66,7 70,9 63,5 63,3 60,6 54,5 52,4 52,6 50,3

1 Jeweils am Jahresende. Nur Unternehmen, die Angaben zur Zusammensetzung der jeweiligen Spitzengremien machen.

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

Übersicht: Frauen in Vorständen großer Banken und Versicherungen in Deutschland Ende 2018

Rang Banken Vorständinnen Rechtsform
1 Deutsche Bank AG Sylvie Matherat privat
2 DZ Bank AG Ulrike Brouzi genossenschaftlich
3 Kreditanstalt für Wiederaufbau Dr. Ingrid Hengster öffentlich-rechtlich
4 Commerzbank AG Dr. Bettina Orlopp privat
5 Unicredit Bank AG Sandra Betocchi, Ljiljana Čortan privat
11 NRW.Bank Gabriela Pantring öffentlich-rechtlich
12 Deutsche Postbank AG Susanne Klöß-Braekler, Zvezdana Seeger privat
13 Deka Bank Deutsche Girozentrale Manuela Better öffentlich-rechtlich
17 Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank (L-Bank) Dr. Iris Reinelt öffentlich-rechtlich
21 Landesbank Berlin AG Tanja Müller-Ziegler öffentlich-rechtlich
22 Hamburger Sparkasse AG Bettina Poullain freie Sparkasse
24 Aareal Bank AG Dagmar Knopek, Christiane Kunisch-Wolff privat
33 Sparkasse KölnBonn Dr. Nicole Handschuher öffentlich-rechtlich
36 HSBC Trinkaus & Burkhardt AG Carola Gräfin von Schmettow1 privat
37 Deutsche Hypothekenbank (Actien-Gesellschaft) Sabine Barthauer öffentlich-rechtlich
45 Stadtsparkasse München Marlies Mirbeth öffentlich-rechtlich
48 Targobank AG & Co. KGaA Maria Topaler privat
49 Sparkasse Hannover Kerstin Berghoff-Ising, Marina Barth öffentlich-rechtlich
51 Oldenburgische Landesbank AG Karin Katerbau privat
54 Investitionsbank des Landes Brandenburg Kerstin Jöntgen, Jacqueline Tag öffentlich-rechtlich
56 Berliner Volksbank e.G. Martina Palte genossenschaftlich
60 Stadtsparkasse Düsseldorf Karin-Brigitte Göbel1 öffentlich-rechtlich
65 BB Bank e.G. Gabriele Kellermann genossenschaftlich
68 Teambank AG Dr. Christiane Decker, Astrid Knipping genossenschaftlich
69 Sparda-Bank Südwest e.G. Karin Schwartz genossenschaftlich
71 Frankfurter Volksbank e.G. Eva Wunsch-Weber1 genossenschaftlich
82 Sparkasse Krefeld Dr. Birgit Roos1 öffentlich-rechtlich
83 SWN Kreissparkasse Waiblingen Ines Dietze1 öffentlich-rechtlich
88 Sparda-Bank München e.G. Petra Müller genossenschaftlich
Rang Versicherungen Vorständinnen
1 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG Dr. Doris Höpke
2 Allianz Lebensversicherungs-AG Ana-Cristina Grohnert
3 Allianz Versicherungs-AG Ana-Cristina Grohnert
5 ALLIANZ SE Dr. Helga Jung, Jacqueline Hunt
7 R+V Lebensversicherung AG Claudia Andersch1, Julia Merkel
10 R+V Allgemeine Versicherung AG Julia Merkel
13 Allianz Private Krankenversicherungs-AG Dr. Birgit König
14 Zurich Deutscher Herold Lebensversicherung AG Christine Theodorovics
15 ERGO Versicherung AG Andrea Mondry
20 Bayern-Versicherung Lebensversicherung AG Barbara Schick, Isabella Pfaller
23 ALTE LEIPZIGER Lebensversicherung a.G. Wiltrud Pekarek
27 R+V Versicherung Claudia Andersch, Julia Merkel
28 HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG Sarah Rössler
30 Allianz Global Corporate & Specialty SE Sinéad Browne, Bettina Dietsche, Nina Klingspor
33 HDI Lebensversicherung AG Barbara Riebeling
34 Württembergische Lebensversicherung AG Dr. Susanne Pauser
35 Württembergische Versicherung AG Dr. Susanne Pauser
36 HUK-COBURG Haftpflicht-Unterstützungs-Kasse kraftf. Beamter VVaG Sarah Rössler
38 Barmenia Krankenversicherung a.G. Carola Schroeder
41 Bayerische Beamtenkrankenkasse AG Manuela Kiechle
48 Volkswohl-Bund Lebensversicherung a.G. Heike Bähner
51 Bayerischer Versicherungsverband Versicherungs-AG Barbara Schick, Isabella Pfaller
52 HDI Versicherung AG Barbara Riebeling
53 HUK-COBURG-Krankenversicherung AG Sarah Rössler
57 HALLESCHE Krankenversicherung a.G. Wiltrud Pekarek
60 Provinzial Rheinland Versicherung AG Sabine Krummenerl

1 Vorstandsvorsitzende.

Quelle: Eigene Erhebungen.

Auch in Aufsichtsräten kaum Bewegung – weniger Frauen als Aufsichtsratsvorsitzende

Mittlerweile ist in fast allen der 100 größten Banken mindestens eine Frau im Aufsichtsrat vertreten. Kapital- sowie Arbeitnehmerseite stellten jeweils die Hälfte aller Frauen. Der Frauenanteil an den Aufsichtsratssitzen insgesamt verblieb bei rund 23 Prozent. Nochmals gesunken ist die Zahl der Aufsichtsratsvorsitzenden auf jetzt fünf Frauen, im Jahr zuvor waren es noch sechs. Damit hat sich der leichte Aufwärtstrend beim Frauenanteil unter den Aufsichtsratsvorsitzenden, der bis 2016 beobachtet werden konnte, endgültig umgekehrt und der Anteil ist auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren gefallen.

Bei 44 Banken, also weniger als der Hälfte in der untersuchten Gruppe, lag der Frauenanteil Ende 2018 bei 25 Prozent oder mehr (Tabelle 2). Dies sind vier Banken mehr als im Vorjahr. Darunter befanden sich 29 Geldhäuser, in deren Kontrollgremium mindestens 30 Prozent Frauen vertreten waren. In immerhin sechs Banken war der Aufsichtsrat mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt. An der Spitze lagen – wie bereits im Vorjahr – die Bethmann Bank AG und die Investitionsbank Berlin, bei denen Frauen zwei Drittel der Aufsichtsratsmitglieder stellten.

Tabelle 2: Größte 100 Banken mit mindestens 25 Prozent Frauenanteil im Aufsichtsrat Ende 2018

Rang (Unternehmensgröße) Banken Mitglieder insgesamt davon Frauen Frauenanteil in Prozent Rechtsform
78 Bethmann Bank AG 6 4 66,7 privat
46 IBB Investitionsbank Berlin 9 6 66,7 öffentlich-rechtlich
23 Santander Consumer Bank AG 11 6 54,5 privat
39 Comdirect Bank AG 6 3 50,0 privat
43 SEB AG 6 3 50,0 privat
54 Investitionsbank des Landes Brandenburg 14 7 50,0 öffentlich-rechtlich
24 Aareal Bank AG 12 5 41,7 privat
41 Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB) 12 5 41,7 öffentlich-rechtlich
4 Commerzbank AG 20 8 40,0 privat
65 BB Bank e.G. 15 6 40,0 genossenschaftlich
53 LBS Bayerische Landesbausparkasse 13 5 38,5 öffentlich-rechtlich
28 BHW Bausparkasse AG 8 3 37,5 privat
11 NRW.Bank 14 5 35,7 öffentlich-rechtlich
6 Landesbank Baden-Württemberg 21 7 33,3 öffentlich-rechtlich
15 Volkswagen Bank GmbH 12 4 33,3 privat
30 Wüstenrot Bausparkasse AG 12 4 33,3 privat
73 Sparkasse Dortmund 15 5 33,3 öffentlich-rechtlich
87 Sparkasse Karlsruhe Ettlingen 24 8 33,3 öffentlich-rechtlich
14 Landwirtschaftliche Rentenbank 18 6 33,3 öffentlich-rechtlich
20 Deutsche Pfandbriefbank AG 9 3 33,3 privat
49 Sparkasse Hannover 18 6 33,3 öffentlich-rechtlich
88 Sparda-Bank München e.G. 9 3 33,3 genossenschaftlich
89 Sächsische Aufbaubank - Förderbank 9 3 33,3 öffentlich-rechtlich
90 Südwestbank AG 9 3 33,3 privat
80 Sparkasse Leipzig 16 5 31,3 öffentlich-rechtlich
50 Landesbank Saar 13 4 30,8 öffentlich-rechtlich
1 Deutsche Bank AG 20 6 30,0 privat
12 Deutsche Postbank AG 20 6 30,0 privat
19 Bausparkasse Schwäbisch Hall AG 20 6 30,0 genossenschaftlich
72 Sparda-Bank West e.G. 17 5 29,4 genossenschaftlich
17 Landeskreditbank Baden-Württemberg - Förderbank (L-Bank) 14 4 28,6 öffentlich-rechtlich
52 LBS Westdeutsche Landesbausparkasse 14 4 28,6 öffentlich-rechtlich
86 Sparkasse Mainfranken 25 7 28,0 öffentlich-rechtlich
82 Sparkasse Krefeld 18 5 27,8 öffentlich-rechtlich
94 Förde Sparkasse 22 6 27,3 öffentlich-rechtlich
34 Kreissparkasse Köln 26 7 26,9 öffentlich-rechtlich
55 Sparda-Bank Baden-Württemberg e.G. 15 4 26,7 genossenschaftlich
96 Stadtsparkasse Wuppertal 15 4 26,7 öffentlich-rechtlich
2 DZ Bank AG 20 5 25,0 genossenschaftlich
5 Unicredit Bank AG 12 3 25,0 privat
9 ING-DiBa AG 12 3 25,0 privat
36 HSBC Trinkaus & Burkhardt AG 16 4 25,0 privat
56 Berliner Volksbank e.G. 12 3 25,0 genossenschaftlich
70 Landessparkasse zu Oldenburg 20 5 25,0 öffentlich-rechtlich

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

Kaum Dynamik in den Spitzengremien aller drei Säulen des deutschen Bankensektors

Im DIW Managerinnen-Barometer werden seit 2010 drei Säulen des deutschen Bankensektors unterschieden: private, öffentlich-rechtliche und genossenschaftliche Banken.

Häufig wird erwartet, dass die öffentlich-rechtlichen Banken eine Vorbildfunktion bei der Entwicklung hin zu paritätischen Geschlechteranteilen übernehmen und sich mit starken Zuwächsen der Frauenanteile in den Spitzengremien auszeichnen. Das war bislang jedoch nicht der Fall. Im Vergleich der drei Säulen erreichen die öffentlich-rechtlichen Geldhäuser mit gut sieben Prozent den geringsten Anteil von Vorständinnen, der zudem zuletzt noch leicht rückläufig war (Tabelle 3). An der Spitze liegen die Genossenschaftsbanken mit rund elf Prozent Vorständinnen (plus gut zwei Prozentpunkte im Vergleich zum Jahr 2017), gefolgt von den Privatbanken (knapp zehn Prozent, fast ein Prozentpunkt weniger als 2017).

Tabelle 3: Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten großer Banken in Deutschland¹ nach Säulen des Finanzsektors

Öffentlich-rechtliche Banken Private Banken2 Genossenschaftsbanken
2010 2012 2014 2016 2017 2018 2010 2012 2014 2016 2017 2018 2010 2012 2014 2016 2017 2018
Vorstände/Geschäftsführungen
Unternehmen insgesamt 52 51 52 52 53 55 36 35 32 30 30 28 12 14 16 18 17 17
Mit Angaben zur Zusammensetzung 52 51 52 52 53 55 36 35 32 30 30 28 12 14 16 18 17 17
mit Frauen im Vorstand 3 7 10 13 14 13 5 7 9 11 12 9 2 3 4 6 6 7
Anteil in Prozent 5,8 13,7 19,2 25,0 26,4 23,6 13,9 20 28,1 36,7 40,0 32,1 16,7 21,4 25 33,3 35,3 41,2
Mitglieder insgesamt 203 195 190 198 204 207 157 153 132 130 132 122 48 59 65 76 70 75
Männer 199 188 177 184 188 192 151 146 123 117 118 110 46 56 61 70 64 67
Frauen 4 7 13 14 16 15 6 7 9 13 14 12 2 3 4 6 6 8
Anteil der Frauen in Prozent 2 3,6 6,8 7,1 7,8 7,2 3,8 4,6 6,8 10,0 10,6 9,8 4,2 5,1 6,2 7,9 8,6 10,7
Vorsitze insgesamt 52 51 50 52 53 54 36 35 28 28 28 27 12 14 15 18 17 16
Männer 52 50 49 51 50 51 34 34 28 26 27 26 12 13 14 17 16 15
Frauen 0 1 1 1 3 3 2 1 0 2 1 1 0 1 1 1 1 1
Anteil der Frauen in Prozent 0 2 2 1,9 5,7 5,6 5,6 2,9 0 7,1 3,6 3,7 0 7,1 6,7 5,6 5,9 6,3
Aufsichts-/Verwaltungsräte
Unternehmen insgesamt 52 51 52 52 53 55 36 35 32 30 30 28 12 14 16 18 17 17
Mit Angaben zur Zusammensetzung 52 51 51 52 53 55 36 35 30 28 30 27 12 14 16 18 17 17
mit Frauen im Aufsichtsrat 48 48 50 52 52 55 29 27 24 25 26 25 11 13 15 18 17 17
Anteil in Prozent 92,3 94,1 98 100 98,1 100 80,6 77,1 80 89,3 86,7 92,6 91,7 92,9 93,8 100 100 100
Mitglieder insgesamt 960 909 906 930 940 970 396 354 323 293 309 300 192 228 275 297 283 261
Männer 802 741 735 726 733 754 333 293 264 223 227 217 160 192 235 245 226 204
Frauen 158 168 171 204 207 216 63 61 59 70 82 83 32 36 40 52 57 57
Anteil der Frauen in Prozent 16,5 18,5 18,9 21,9 22,0 22,3 15,9 17,2 18,3 23,9 26,5 27,7 16,7 15,8 14,5 17,5 20,1 21,8
Vorsitze insgesamt 52 51 51 52 53 54 36 35 30 28 29 27 12 14 16 18 17 17
Männer 49 48 47 48 50 51 36 35 29 27 28 25 12 14 16 16 15 17
Frauen 3 3 4 4 3 3 0 0 1 1 1 2 0 0 0 2 2 0
Anteil der Frauen in Prozent 5,8 5,9 7,8 7,7 5,7 5,6 0 0 3,3 3,6 3,4 7,4 0 0 0 11,1 11,8 0

1 Jeweils am Jahresende. Nur Unternehmen, die Angaben zur Zusammensetzung der jeweiligen Spitzengremien machen.

2 Zwei der Privatbanken sind freie Sparkassen.

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

Ende 2018 waren in den Aufsichtsräten aller öffentlich-rechtlichen Banken und aller Genossenschaftsbanken Frauen vertreten. Die Privatbanken näherten sich der 100-Prozent-Marke im Jahr 2018 mit einem Anteil von knapp 93 Prozent weiter an. Beim Frauenanteil in den Aufsichtsräten lagen die Werte nur leicht über jenen des Vorjahres: Mit knapp 28 Prozent war er in den Privatbanken am höchsten, gefolgt von den öffentlich-rechtlichen Banken mit gut 22 Prozent und den Genossenschaftsbanken mit fast 22 Prozent. Von den fünf Frauen, die Ende 2018 einem Aufsichtsrat vorstanden, kamen drei Frauen aus den öffentlich-rechtlichen Banken.infoBanken öffentlich-rechtlich: Edith Sitzmann (Landeskreditbank Baden-Württemberg), Ramona Pop (IBB Investitionsbank Berlin) und Stephanie Ladwig (Förde Sparkasse); privat: Marija Korsch (Aareal Bank), Mónica López-Monís (Santander Consumer Bank AG).

Top-60-Versicherungen

Vorstände und Aufsichtsräte: Schleppende Entwicklung der Frauenanteile – Vorsitze in Frauenhand die große Ausnahme

In gut 44 Prozent aller untersuchten 60 Versicherungen war im Jahr 2018 mindestens eine Frau im Vorstand tätig – kaum mehr als im Jahr zuvor (gut 43 Prozent, Tabelle 4). Der Frauenanteil in den Vorständen der größten deutschen Versicherungen lag bei knapp zehn Prozent und hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr um gut einen Prozentpunkt erhöht. Mit zwei Frauen war eine mehr als im Jahr 2017 Vorstandsvorsitzende (gut drei Prozent).

Tabelle 4: Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten großer Versicherungen in Deutschland¹

Versicherungen
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Vorstände/Geschäftsführungen
Unternehmen insgesamt 63 65 58 62 62 59 61 60 60 59 59 60 60
Mit Angaben zur Zusammensetzung 63 65 58 62 62 59 61 60 60 59 59 60 59
mit Frauen im Vorstand 10 13 9 11 10 14 21 29 27 27 31 26 26
Anteil in Prozent 15,9 20,0 15,5 17,7 16,1 23,7 34,4 48,3 45,0 45,8 52,5 43,3 44,1
Mitglieder insgesamt 394 411 372 392 399 385 384 396 353 353 357 341 342
Männer 384 398 363 381 389 370 362 362 323 321 322 312 309
Frauen 10 13 9 11 10 14 22 34 30 32 35 29 33
Anteil der Frauen in Prozent 2,5 3,2 2,4 2,8 2,5 3,6 5,7 8,6 8,5 9,1 9,8 8,52 9,6
Vorsitze insgesamt 63 65 58 62 62 59 61 60 60 59 59 60 60
Männer 63 65 57 62 62 59 60 59 59 58 58 59 58
Frauen 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 2
Anteil der Frauen in Prozent 0 0 0 0 0 0 1,6 1,7 1,7 1,7 1,7 1,7 3,3
Aufsichts-/Verwaltungsräte
Unternehmen insgesamt 63 65 58 62 62 59 61 60 60 59 59 60 60
Mit Angaben zur Zusammensetzung 63 65 58 62 62 59 61 60 60 59 59 59 59
mit Frauen im Aufsichtsrat 46 49 42 48 48 45 50 50 48 50 52 50 50
Anteil in Prozent 73,0 75,4 72,4 77,4 77,4 76,3 82,0 83,3 80,0 84,7 88,1 84,72 84,7
Mitglieder insgesamt 812 831 727 734 732 689 704 683 661 640 639 580 592
Männer 720 726 629 643 645 599 596 572 547 518 498 454 459
Frauen 92 105 98 91 87 90 108 111 114 122 141 126 133
Anteil der Frauen in Prozent 11,3 12,6 13,5 12,4 11,9 13,1 15,3 16,3 17,2 19,1 22,1 21,7 22,5
Vorsitze insgesamt 63 65 58 62 62 59 61 60 60 59 59 59 60
Männer 63 65 57 61 61 58 60 59 58 57 58 56 59
Frauen 0 0 1 1 1 1 1 1 2 2 1 3 1
Anteil der Frauen in Prozent 0 0 1,7 1,6 1,6 1,7 1,6 1,7 3,3 3,4 1,7 5,1 1,7
Unternehmen mit Angaben zur Arbeitnehmervertretung 24 41 38 52 34 33 39 27 59 48 49 51 54
Mitglieder insgesamt 291 455 444 634 351 385 411 312 647 573 584 545 574
Männer 256 406 390 555 319 347 358 266 534 461 449 424 443
Frauen 35 49 54 79 32 38 53 46 113 112 135 121 131
Arbeitnehmervertreterinnen 32 45 41 63 26 36 43 34 81 71 81 73 75
Anteil an den Frauen insgesamt in Prozent 91,4 91,8 75,9 79,7 81,3 94,7 81,1 73,9 71,7 63,4 59,6 60,3 57,3

1 Jeweils am Jahresende. Nur Unternehmen, die Angaben zur Zusammensetzung der jeweiligen Spitzengremien machen.

2 Der Wert wurde gegenüber dem Managerinnen-Barometer 2018 korrigiert.

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

Ende 2018 hatten nach wie vor fast 85 Prozent der untersuchten Versicherungen mindestens eine Frau in ihrem Aufsichtsrat. Insgesamt waren Frauen im Kontrollgremium zu rund 23 Prozent vertreten (plus knapp einen Prozentpunkt). Sogar rückläufig war die Zahl der ohnehin wenigen Frauen als Aufsichtsratsvorsitzende: Im Jahr 2017 konnten noch drei Versicherungen eine Aufsichtsratsvorsitzende vorweisen, 2018 war es nur noch eine (knapp zwei Prozent).infoDr. Monika Sebold-Bender (ERGO Versicherung AG).

In 24 der 60 größten Versicherungen (40 Prozent) war der Aufsichtsrat Ende 2018 zu mindestens einem Viertel mit Frauen besetzt. Davon hatten 18 Versicherungen einen Frauenanteil von mindestens einem Drittel; auf annähernd gleichem Niveau (knapp 42 bis 45 Prozent) lagen die Geschlechteranteile in fünf Versicherungen. Mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt waren die Aufsichtsräte der Allianz Global Corporate & Specialty SE, der Allianz Versicherungs-AG und der HUK-COBURG-Krankenversicherung AG (Tabelle 5).

Tabelle 5: Größte 60 Versicherungen mit mindestens 25 Prozent Frauenanteil im Aufsichtsrat Ende 2018

Rang (Unternehmensgröße) Versicherungen Mitglieder insgesamt davon Frauen Frauenanteil in Prozent
30 Allianz Global Corporate & Specialty SE 6 4 66,7
3 Allianz Versicherungs-AG 6 3 50,0
53 HUK-COBURG-Krankenversicherung AG 6 3 50,0
1 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG 20 9 45,0
4 Hannover Rück SE 9 4 44,4
57 HALLESCHE Krankenversicherung a.G. 9 4 44,4
31 Central Krankenversicherung AG 7 3 42,9
23 ALTE LEIPZIGER Lebensversicherung a.G. 12 5 41,7
41 Bayerische Beamtenkrankenkasse AG 14 5 35,7
11 AXA Versicherung AG 3 1 33,3
2 Allianz Lebensversicherungs-AG 6 2 33,3
13 Allianz Private Krankenversicherungs-AG 6 2 33,3
38 Barmenia Krankenversicherung a.G. 6 2 33,3
26 NÜRNBERGER Lebensversicherung AG 12 4 33,3
5 ALLIANZ SE 12 4 33,3
18 Generali Lebensversicherung AG 3 1 33,3
12 Debeka Lebensversicherungsverein a.G. 9 3 33,3
14 Zurich Deutscher Herold Lebensversicherung AG 9 3 33,3
60 Provinzial Rheinland Versicherung AG 18 5 27,8
35 Württembergische Versicherung AG 11 3 27,3
15 ERGO Versicherung AG 4 1 25,0
6 Debeka Krankenversicherungsverein a.G. 12 3 25,0
34 Württembergische Lebensversicherung AG 12 3 25,0
43 Generali Versicherung AG 4 1 25,0

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

In noch nicht einmal einem Drittel der Banken und Versicherungen waren Frauen zu 30 Prozent oder mehr im Aufsichtsrat vertreten

In beiden untersuchten Unternehmensgruppen des Finanzsektors – Banken und Versicherungen – waren die Frauenanteile in Vorständen mit knapp neun beziehungsweise zehn Prozent und in den Aufsichtsräten mit jeweils rund 23 Prozent etwa gleich hoch. Mit Blick auf Frauen als Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzende hatten die Banken die Nase im Vergleich zu den Versicherungen vorne.

Erst in gut 29 Prozent aller Banken und rund 31 Prozent aller Versicherungen lag der Frauenanteil im Aufsichtsrat bei mindestens 30 Prozent (Tabelle 6). In etwa einem Fünftel aller Banken (gut 19 Prozent) und knapp 17 Prozent der Versicherungen betrug der Frauenanteil 30 bis 39 Prozent. In über 15 Prozent aller Versicherungen war keine einzige Frau im Aufsichtsrat. Bei den Banken hatten drei Prozent einen rein männlich besetzten Aufsichtsrat.

Tabelle 6: Banken und Versicherungen nach Frauenanteil im Aufsichtsrat

In Prozent

Unternehmen 2018 2018 Veränderung zu 2017 (Prozentpunkte)
0 Prozent Frauen im Aufsichtsrat 1 bis 9 Prozent 10 bis 19 Prozent 20 bis 29 Prozent 30 bis 39 Prozent 40 bis 49 Prozent 50 und mehr Prozent 30 und mehr Prozent
Finanzsektor 7,6 4,4 29,1 29,1 18,4 5,7 5,7 29,7 −3,2
Banken 3,0 5,1 31,3 31,3 19,2 4,0 6,1 29,3 −1,0
Versicherungen 15,3 3,4 25,4 25,4 16,9 8,5 5,1 30,5 −6,8

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

Phasenweise Entwicklung des Frauenanteils in Spitzengremien seit 2006 – Stärkste Dynamik in den Jahren 2011 bis 2015

Ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau nahm seit Beginn des Beobachtungszeitraums vor 13 Jahren der Frauenanteil in Vorständen im Finanzsektor in Deutschland zu (Abbildung 1). So betrug der Anteil der Vorständinnen in den größten Banken und Versicherungen im Jahr 2006 jeweils 2,5 Prozent, 2018 lag er bei knapp neun Prozent in den Banken und fast zehn Prozent in den Versicherungen. Der Frauenanteil in Aufsichtsräten war seit Beobachtungsbeginn deutlich höher. In den größten Versicherungen betrug er 2006 gut elf Prozent und legte bis 2018 auf rund 23 Prozent zu; bei den Banken lauten die Vergleichswerte gut 15 beziehungsweise 23 Prozent. Von einer Parität in den Spitzengremien ist der Finanzbereich also immer noch weit entfernt. Zudem ist die Dynamik im Vergleich zu den Unternehmen außerhalb des Finanzsektors weitaus geringer.infoVgl. hierzu in dieser Ausgabe des DIW Wochenberichts Holst und Wrohlich (2019), a.a.O. Seine einst unbestreitbare Vorreiterrolle beim Frauenanteil in Aufsichtsräten hat der Finanzsektor eingebüßt.

Auffallend ist die wieder schwächere Dynamik in den jüngsten Jahren, insbesondere bei den Banken. Eine genaue Betrachtung der Entwicklung des Frauenanteils in den Vorständen über die vergangenen zwölf Jahre zeigt, dass sie in drei Phasen verlief: In den ersten Jahren des Beobachtungszeitraums (2006 bis 2010) gab es so gut wie keine Zuwächse beim Frauenanteil in Vorständen von Banken und Versicherungen (Abbildung 2). Der Zeitraum von 2011 bis 2015 war dagegen von einer stärkeren Dynamik gekennzeichnet: Der durchschnittliche jährliche Zuwachs des Frauenanteils in Vorständen betrug bei den Banken knapp einen Prozentpunkt und bei den Versicherungen 1,3 Prozentpunkte. Nach 2016 zeigt sich bis zum aktuellen Rand wieder eine schleppende Entwicklung. In diesem Zeitraum ist der Frauenanteil im Vorstand von Banken nur noch um jahresdurchschnittlich 0,4 Prozentpunkte und bei Versicherungen um 0,2 Prozentpunkte gestiegen.infoSeit dem Jahr 2017 wird für die Identifizierung der 60 größten Versicherungen in Deutschland eine andere Datenbasis als in den Jahren zuvor verwendet, siehe Holst und Wrohlich (2018), a.a.O. Aus diesem Grund ist die Entwicklung bei den Versicherungen vor und nach 2017 nur eingeschränkt vergleichbar.

Auch mit Blick auf die Aufsichtsräte lassen sich diese drei Phasen erkennen. Zu Beginn des Beobachtungszeitraums blieb zwar auch hier der Frauenanteil nahezu konstant (Abbildung 3). In den Jahren 2011 bis 2015, der zweiten Phase, nahm die Entwicklung aber vor allem bei den Versicherungen deutlich an Fahrt auf – im Durchschnitt stieg der Frauenanteil in den Aufsichtsräten in diesem Zeitraum um jährlich 1,4 Prozentpunkte. Bei den Banken war es ein Prozentpunkt. Im Vergleich der Frauenanteile lagen die Banken in dieser Phase noch vor den Versicherungen. In der dritten Phase von 2016 bis 2018 änderte sich das Bild und die Versicherungen lagen jetzt gleichauf mit den Banken. Die Dynamik hatte bei den Banken deutlich abgenommen – der durchschnittliche jährliche Anstieg des Frauenanteils betrug nur noch 0,6 Prozentpunkte. Bei den Versicherungen blieb die jahresdurchschnittliche Entwicklung hingegen in etwa konstant.

Tempo verlangsamt sich: Bis zur Geschlechterparität in Vorständen würde es rechnerisch wieder länger dauern

Würde sich die Entwicklung der Jahre 2006 bis 2018 in den Vorständen von Banken und Versicherungen linear fortsetzen, dauerte es rein rechnerisch noch fast bis zur nächsten Jahrhundertwende, bis beide Geschlechter in diesen Gremien gleich stark vertreten wären (rund 80 Jahre bei den Banken und rund 68 Jahre bei den Versicherungen). Gegenüber der linearen Projektion aus dem vergangenen Jahr ist das zumindest bei den Banken ein Rückschritt: Auf Basis der damaligen Entwicklung der zurückliegenden Jahre ergaben die Berechnungen eine Dauer von rund 70 Jahren bis zur Geschlechterparität.infoVgl. Holst und Wrohlich (2018), a.a.O. Von einer linearen Entwicklung des Frauenanteils in Vorständen kann somit nicht ausgegangen werden (Abbildung 2).

In den Aufsichtsräten sieht es etwas besser aus. So würde es rein rechnerisch noch 40 Jahre bei den Banken und rund 30 Jahre bei den Versicherungen dauern, bis eine gleiche Besetzung von Frauen und Männern erreicht wäre.

Frauenanteil im EZB-Rat konstant niedrig

Neben den größten Unternehmen des deutschen Finanzsektors zeigt der vorliegende Bericht auch die Frauenanteile in den Spitzengremien nationaler Zentralbanken in der Europäischen Union (EU), im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) und im Aufsichtsgremium der Europäischen Bankenaufsicht (Single Supervisory Mechanism, SSM).

Der Rat ist das oberste Beschlussorgan der EZB und trifft die geldpolitischen Entscheidungen. Er setzt sich aus dem sechsköpfigen Direktorium sowie den PräsidentInnen der nationalen Zentralbanken der 19 Mitgliedstaaten des Euroraums zusammen. In diesem 25-köpfigen Gremium sind seit 2014 zwei Frauen vertreten, das entspricht einem Frauenanteil von acht Prozent. (Tabelle 7).

Tabelle 7: Frauen im Rat der Europäischen Zentralbank

Mitglieder insgesamt Männer Frauen Frauenanteil in Prozent
2018 25 23 2 8,0
2017 25 23 2 8,0
2016 25 23 2 8,0
2015 25 23 2 8,0
2014 24 22 2 8,3
2013 23 23 0 0
2012 23 23 0 0
2011 23 23 0 0
2010 22 21 1 4,5
2009 22 21 1 4,5
2008 21 20 1 4,8
2007 19 18 1 5,3
2006 17 16 1 5,9
2005 17 16 1 5,9
2004 17 16 1 5,9
2003 17 16 1 5,9

Quelle: Europäische Zentralbank.

Das US-amerikanische Äquivalent zum EZB-Rat ist das Federal Open Market Comittee (FOMC), das 14 Mitglieder hat.infoDas Federal Open Market Committee hat jedes Jahr zwölf stimmberechtigte Mitglieder, von denen sieben aus dem Board of Governors des Federal Reserve Systems kommen; einen permanenten Sitz hat der Präsident beziehungsweise die Präsidentin der Federal Reserve Bank of New York. Die vier verbleibenden Sitze rotieren jährlich unter den regionalen weiteren Federal Reserve Banks. Zwei nicht stimmberechtigte Mitglieder nehmen an den Sitzungen beratend teil. In diesem Gremium ist der Frauenanteil deutlich höher als im Euroraum: Im November 2018 waren vier Frauen Mitglieder des FOMC, das entspricht einem Anteil von 29 Prozent.infoVgl. dazu Board of Governors of the Federal Reserve System: About the FOMC (online verfügbar). Bei der Bank of Canada lag der Frauenanteil im entsprechenden Gremium – dem Governing Council – bei einem Drittel (zwei Frauen von insgesamt sechs Mitgliedern).infoVgl. dazu Bank of Canada: Governing Council and Senior Management (online verfügbar). Eine Übersicht über den Frauenanteil in den geldpolitischen Entscheidungsgremien von über 100 Ländern für den Zeitraum von 2002 bis 2016 findet sich zum Beispiel in Donato Masciandaro, Paola Profeta und Davide Romelli (2018): Do Women Matter in Monetary Policymaking? BAFFI CAREFIN Centre Research Paper Nr. 88.

Im Aufsichtsgremium der Europäischen Bankenaufsicht ist der Frauenanteil im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dieses Gremium ist die zentrale Aufsicht über die bedeutendsten Banken in den teilnehmenden EU-Ländern. Die Mitglieder dieses Aufsichtsgremiums werden von der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden der teilnehmenden Länder benannt. Die EZB entsandte im Jahr 2018 – wie auch im Vorjahr – zwei Frauen und zwei Männer. Die EU-Länder, die 2018 wieder insgesamt 26 Mitglieder für das Gremium benennen konnten, entsandten mit sechs Frauen drei mehr als im Jahr zuvor. Zwei der Frauen kamen aus Finnland (eine mehr als 2017), wie schon im Vorjahr jeweils eine aus Lettland und Portugal und jeweils erstmals je eine aus Malta und Spanien (Tabelle 8 auf Seite 49).

Tabelle 8: Frauen und Männer im Aufsichtsgremium der Europäischen Bankenaufsicht

20171 20181
Frauen Männer Frauen Männer
EZB-Mitglieder 2 2 2 2
VertreterInnen der nationalen Aufsichtsbehörden
Belgien 0 1 0 1
Deutschland 0 2 0 2
Estland 0 2 0 2
Finnland 1 1 2 0
Frankreich 0 1 0 1
Griechenland 0 1 0 1
Irland 0 1 0 1
Italien 0 1 0 1
Lettland 1 1 1 1
Litauen 0 1 0 1
Luxemburg 0 2 0 2
Malta 0 2 1 1
Niederlande 0 1 0 1
Österreich 0 2 0 2
Portugal 1 0 1 0
Slowakei 0 1 0 1
Slowenien 0 1 0 1
Spanien 0 1 1 0
Zypern 0 1 0 1
Insgesamt 5 25 8 22
In Prozent 16,72 83,32 26,7 73,3

1 Zwei Vakanzen bei VertreterInnen der EZB.

2 Der Wert wurde gegenüber dem Managerinnen-Barometer 2018 korrigiert.

Quelle: Europäische Zentralbank.

Weniger dynamisch entwickelte sich dagegen der Frauenanteil in den obersten Entscheidungsgremien der nationalen Notenbanken der EU-Länder. In den Jahren 2016 und 2017 lag dieser Anteil bei 20 Prozent und stieg im Jahr 2018 auf 21 Prozent (Abbildung 4). Hinter diesem durchschnittlichen Anteil verbirgt sich jedoch eine große Heterogenität zwischen den Ländern. Spitzenreiter Bulgarien hat beispielsweise (wie bereits im Vorjahr) einen Frauenanteil von 57 Prozent in diesem Gremium, gefolgt von Frankreich (46 Prozent), Schweden (35 Prozent), Portugal (33 Prozent), Spanien und Irland (je 30 Prozent). Deutschland liegt mit 25 Prozent etwas über dem Durchschnitt der EU-Länder. Keine einzige Frau im obersten Entscheidungsgremium der Zentralbank hatten – wie im Vorjahr – Tschechien, Kroatien, Österreich, Slowakei, die Niederlande und Litauen. Stark verbessert haben sich im Vergleich zum Vorjahr Portugal (von 20 auf 33 Prozent), Großbritannien (von 19 auf 28 Prozent) und Deutschland (von 17 auf 25 Prozent); gesunken ist der Frauenanteil im obersten Entscheidungsgremium der nationalen Notenbank hingegen in Spanien (von 40 auf 30 Prozent) und in Polen (von 17 auf zwölf Prozent).

Frauen sind im Finanzsektor angesichts ihres Anteils an der Belegschaft besonders selten in Führungspositionen

Frauen sind in hohen Führungspositionen im Finanzsektor besonders stark unterrepräsentiert. Die Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten der 100 größten Banken liegen mittlerweile unter denen der 100 größten Unternehmen in anderen Wirtschaftssektoren, obwohl sie zu Beginn des Beobachtungszeitraums im Jahr 2006 noch darüber lagen (Abbildung 5).

Im Finanzsektor haben Frauen im Vergleich zu Männern so geringe Aufstiegschancen in hohe Führungspositionen wie in keiner anderen Branche.infoVgl. Elke Holst und Martin Friedrich (2016): Hohe Führungspositionen: In der Finanzbranche haben Frauen im Vergleich zu Männern besonders geringe Chancen. DIW Wochenbericht Nr. 37, 827–838 (online verfügbar). In Kombination mit ihrem traditionell hohen Anteil an allen Beschäftigten, der über 50 Prozent liegtinfoVgl. Holst und Wrohlich (2018), a.a.O., führt das zu einem besonders hohen Gender Leadership Gap. Dieser stellt die Differenz zwischen dem Anteil von Frauen an den abhängig Beschäftigten und dem Anteil von Frauen in hohen Führungspositionen dar. Wenn Frauen exakt die gleichen Zugangschancen in Führungspositionen hätten wie Männer, gäbe es diese Differenz nicht und Frauen wären in Führungspositionen zum selben Anteil vertreten wie in der Belegschaft insgesamt. Selbst wenn man zahlreiche Faktoren, die den Aufstieg beeinflussen, berücksichtigt, weist der Finanzsektor den größten Gender Gap bei den Aufstiegschancen in eine Führungsposition auf.infoDer Gender Leadership Gap betrug 31 Prozent (Mittelwerte aus querschnittsgewichteten Jahresquoten von 2001 bis 2014). Vgl. Holst und Friedrich (2016), a.a.O.

Der hohe Gender Leadership Gap trifft dabei nicht nur auf die Spitzengremien zu, also Vorstände und Aufsichtsräte, sondern auch auf die zweite Führungsebene. Wie eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf Basis einer Umfrage von 16000 privaten Unternehmen in Deutschland zeigt, ist in keinem anderen Sektor die Repräsentanz von Frauen auch in der zweiten Führungsebene so gering wie im Finanzsektor. Den IAB-Daten zufolge liegt der Frauenanteil an Führungspositionen der zweiten Ebene im Finanzsektor bei 21 Prozent, während er im Durchschnitt aller Sektoren 40 Prozent beträgt.infoVgl. dazu Susanne Kohaut und Iris Möller (2017): Oberste Chefetage bleibt Männerdomäne. IAB Kurzbericht 24/2017 (online verfügbar).

Die ungleichen Chancen von Frauen und Männern in (gut bezahlten) Führungspositionen spiegeln sich auch maßgeblich im Gender Pay Gap wider. Der Finanzsektor schneidet auch hier besonders schlecht ab. Mit über 26 Prozent lag die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern im Jahr 2016 im Finanz- und Versicherungsdienstleistungsbereich deutlich über dem Durchschnitt in Deutschland von 22 Prozent.infoVgl. dazu das WSI Gender Daten Portal des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung (online verfügbar).

Mögliche Gründe für die geringe Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen des Finanzsektors sind vielfältig

Rund die Hälfte aller Beschäftigten im Finanzsektor sind Frauen. Auch unter den Auszubildenden zum Beruf Bankkaufmann beziehungsweise Bankkauffrau sind Frauen und Männer gleich häufig vertreten.infoVgl. Statistisches Bundesamt: Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge (online verfügbar). Ebenso sind die Zahlen von Studentinnen und Studenten der Betriebswirtschaftslehre ausgeglichen.infoVgl. Statistisches Bundesamt (2018): Studierende an Hochschulen. Fachserie 11, Reihe 4.1. Vor diesem Hintergrund ähnlich hoher Qualifikationen ist es besonders bemerkenswert, dass der Frauenanteil in Führungspositionen in Banken und Versicherungen nach wie vor so niedrig ist.

Einer der Gründe dafür, warum es um die Gleichstellung der Geschlechter in Banken und Versicherungen besonders schlecht bestellt ist, dürfte die männerdominierte (maskuline) Führungskultur speziell im Finanzsektor sein.infoAstrid Jäkel, Finja Carolin Kütz und Emily Niemann (2016): Female Leadership in Germany and Switzerland. In: Oliver Wyman (2016): Women in Financial Services, 54ff. Hier wird ausgeführt, dass „a culture is masculine when the population displays a preference for achievement, heroism, assertiveness, and the material rewards for success. A masculine society is competitive rather than consensual. A feminine culture, according to Hofstede, prefers cooperation, modesty, caring for the weak, and quality of life. When plotting cultural masculinity against female representation on financial services firms’ ExCos, there is a negative correlation.”, 54. Empirische Studien haben mehrfach gezeigt, dass im Finanzsektor – stärker noch als in anderen Wirtschaftssektoren – Personen, die extrem lange und unflexible Arbeitszeiten in Kauf nehmen, überproportional belohnt werden.infoVgl. beispielsweise Marianne Bertrand, Claudia Goldin und Lawrence Katz (2010): Dynamics of the Gender Gap for Young Professionals in the Financial and Corporate Sectors. American Economic Journal: Applied Economics 2, July, 228–255, sowie Claudia Goldin and Lawrence Katz (2012): The Most Egalitarian of All Professions: Pharmacy and the Evolution of a Family-Friendly Occupation. NBER Working Papers 18410. Auch Geschlechterrollenerwartungen sowie eine familienunfreundliche Arbeitskultur in Führungspositionen sind hier offenbar besonders stark verankert und reduzieren die Aufstiegschancen von Frauen. Weitere Studien belegen, dass der sogenannte Mid-career Conflict im Finanzsektor besonders stark ausgeprägt ist. Das bedeutet, dass hier Frauen im mittleren Management – wenn sie in einer Lebensphase sind, in der besonders viele familiäre Verpflichtungen mit dem Beruf zu vereinen sind – deutlich häufiger ihren Arbeitgeber wechseln als in anderen Wirtschaftszweigen.infoVgl. Jäkel et al. (2016), a.a.O.

Auch könnten die nach der Finanzkrise verschärften Regelungen zur Besetzung von Geschäftsführungen im Finanzsektor einen Einfluss haben. Diese sind im Kreditwesengesetz (KWG) und den zugehörigen Ausführungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verankert. Dort wird von einer fachlichen Eignung für diese Position ausgegangen, wenn die Person eine dreijährige leitende Tätigkeit bei einem Institut von vergleichbarer Größe und Geschäftsart nachweisen kann und/oder hierarchisch unmittelbar unter der Ebene der Geschäftsleitung leitend tätig war oder ist.infoVgl. dazu ausführlich Holst und Friedrich (2016), a.a.O. Da vor allem Männer diese Posten bereits einnehmen, müssen Frauen zu einem wesentlich höheren Anteil ihre Eignung erst noch unter Beweis stellen. Dies dürfte aber nicht immer einfach sein, da oft „Geschlechterstereotypen und überkommene Rollenverteilungen die Leistungs- und Befähigungsbeurteilungen beeinflussen und sich eher zulasten der Bewerberinnen auswirken“.infoVgl. Hans-Jürgen Papier unter Mitwirkung von Dr. Martin Heidebach (2014): Rechtsgutachten zur Frage der Zulässigkeit von Zielquoten für Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Dienst sowie zur Verankerung von Sanktionen bei Nichteinhaltung. Im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Ministerium für Inneres und Kommunales (online verfügbar).

Schließlich spielen geschlechterstereotype Zuschreibungen im als mathematiklastig geltenden Finanzsektor eine wichtige Rolle. Beispielsweise wurde nachgewiesen, dass an Frauen in stereotyp-männlichen Aufgaben höhere Anforderungen gestellt werden als an Männer in gleicher Position.infoVictoria L. Brescoll, Erica Dawson und Eric Luis Uhlmann (2010): Hard Won and Easily Lost: The Fragile Status of Leaders in Gender-Stereotype-Incongruent Occupations. Psychological Science Vol. 21/11, 1640–1642. Im Finanzsektor sind diese Geschlechterstereotype nicht nur auf Arbeitgeber-, sondern auch auf Kundenseite zu finden: So wies eine Studie der Universität Mannheim nach, dass es unter Investoren Vorbehalte gegenüber Fonds gibt, die von Frauen geleitet werden.infoVgl. Alexandra Niessen-Ruenzi und Stefan Ruenzi (2018): Sex Matters: Gender Bias in the Mutual Fund Industry. Management Science (im Erscheinen).

Fazit: Geschlechterstereotype Strukturen müssen abgebaut werden

Von einer Dynamik bei der Entwicklung der Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten des Finanzsektors kann mit Blick auf das Jahr 2018 kaum noch die Rede sein. Das unterstreicht, dass die Erwartung linearer Zuwächse bis zur paritätischen Besetzung von Spitzengremien viel zu optimistisch ist.

Über die vergangenen Jahre wurden Fortschritte vor allem zur Zeit der Diskussion und Einführung gesetzlicher Quoten in Aufsichtsräten erzielt. Werden beschlossene Quoten einmal erreicht, stagniert die weitere Entwicklung aber oftmals. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte anlässlich des 100. Jahrestages der Einführung des Frauenwahlrechts: „Die Quoten waren wichtig, aber das Ziel muss Parität sein.“infoVgl. Handelsblatt (2018): Angela Merkel: „Die Quoten waren wichtig, aber das Ziel muss Parität sein“ (online verfügbar). Vor allem in Führungspositionen seien Frauen deutlich in der Unterzahl. Doch wie kann das Ziel ohne Quoten erreicht werden – gerade im Finanzsektor, in dem offenbar immer noch besonders tradierte hierarchische Strukturen vorherrschen? Die Antwort steht noch aus.

Möglicherweise hilft, dass in agilen, komplexer werdenden Zeiten zunehmend autonomes Handeln der Beschäftigten gefordert ist. Führung bedeutet dann immer weniger, hierarchisch (pyramidenförmig von oben nach unten) Anweisungen zu geben, wie es oft bei maskulinen Strukturen der Fall ist. Vielmehr sind verstärkt die Kommunikationsfähigkeiten von Führungskräften in den in zunehmendem Maß vernetzten (matrixartigen) Arbeitsbeziehungen gefragt, genauso wie die Fähigkeit, Beschäftigte zu unterstützen und zu ermuntern. Das dürfte Frauen im Finanzsektor entgegenkommen.infoIn zahlreichen empirischen Studien wurde gezeigt, dass Frauen in Führungspositionen einen transaktionalen Führungsstil pflegen, der stärker auf Motivation, Belohnung und die Betonung gemeinsamer Ziele setzt als auf autoritäre Führungsstile. Vgl. dazu Alice H. Eagly, Mary C. Johannesen-Schmidt und Marloes L. van Engen (2003): Transformational, transactional, and laissez-faire leadership styles: A meta-analysis comparing women and men. Psychological Bulletin, 129(4), 569–591 (online verfügbar).

Zudem verhindern Geschlechterstereotype das Ausschöpfen vorhandener Potentiale. Oft ist diese Voreingenommenheit tief im Alltagswissen verborgen. Der sogenannte Unconscious Gender Bias kann sich dann unerkannt in Regelungen, Praktiken und Organisationsprozessen auch des Finanzsektors verbergen. Diese sind daher zu überprüfen, ob sie implizit oder explizit eine ungleiche Behandlung der Geschlechter kreieren, erhalten oder herausfordern. Entsprechende Umstrukturierungen und Anpassungen sind erforderlich, um den Prozess einer ständigen Reproduktion ungleicher Chancen zu durchbrechen und echte Chancengleichheit herzustellen.

Ein großes Problem ist zudem, dass Familiengründung und Karriereaufbau zeitlich zusammenfallen. Die vor allem Frauen hieraus entstehenden Nachteile können im Lebensverlauf kaum mehr aufgeholt werden. Mehr Zeitsouveränität für alle Beschäftigten wäre daher ein wichtiger Baustein zu mehr Chancengleichheit. Gemeint ist damit eine größere Wahlfreiheit bei der Arbeitszeit insbesondere in der Rush Hour des Lebens für Frauen und Männer – ohne negative Folgen für die Karriere. Dies ist nicht nur in einer sich im Zuge der Digitalisierung verändernden Arbeitswelt ein machbarer und sinnvoller Schritt, sondern eröffnet auch Männern die Option, Familie und Beruf fair zu vereinbaren.

Katharina Wrohlich

Leiterin in der Forschungsgruppe Gender Economics



JEL-Classification: G2;J16;J78;L32;M14;M51
Keywords: board composition, board diversity, boards of directors, central banks, corporate boards, Europe, finance industry, financial sector, female directors, Gender gap, gender equality, gender quota, Germany, insurance companies, management, public and private banks, supervisory boards,women CEOs
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2019-3-3

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/191262

keyboard_arrow_up