Direkt zum Inhalt

Das Klimaschutzgesetz bietet die Chance, die nationale Klimagovernance zu verbessern: Interview

DIW Wochenbericht 5 / 2019, S. 82

Heiner von Lüpke, Erich Wittenberg

get_appDownload (PDF  69 KB)

get_appGesamtausgabe/ Whole Issue (PDF  2.5 MB)

Herr von Lüpke, das Bundesumweltministerium will in diesem Jahr ein Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen. Was kann ein solches Klimaschutzgesetz bewirken? Zuerst einmal ist es ein Ausdruck des politischen Willens der Bundesregierung, ernst zu machen mit Klimaschutzmaßnahmen und damit ein wichtiges Signal. Ein Klimaschutzgesetz kann rechtlich verbindliche Ziele abbilden, die auch Verantwortlichkeiten für Sektoren und Ressorts beinhalten, und es kann institutionelle Pfade und Prozesse regulieren.

Inwieweit konnten die selbst gesteckten Klimaziele für 2005 erreicht werden, und wie sieht es aus mit den Klimazielen für 2020? Es gibt diverse Studien, auch von der Bundesregierung, die sagen, dass die 2020-Ziele jetzt nur noch sehr schwer zu erreichen sind. Jetzt gibt es sektoral gesehen ein sehr differenziertes Bild, warum dies der Fall ist. In der Energiewirtschaft wurden durch den Ausbau der erneuerbaren Energien Emissionen vermieden, aber der Kohleausstieg ist noch nicht vollzogen. Die Industrieemissionen sind noch kaum gesunken und stagnieren in den letzten zehn Jahren. Im Transportsektor sind die Emissionen sogar gestiegen. Es müsste also über ein Klimaschutzgesetz geregelt werden, dass es sektorale Ziele und Pfade gibt, an denen man sich dann auch zu orientieren hat.

Ist das Nicht-Erreichen der Ziele auf Prognoseungenauigkeiten oder Mängel in der Umsetzung zurückzuführen? Pauschal kann man das nicht sagen. Die Aussagen aus den Projektionsberichten deuteten schon relativ früh darauf hin, dass sich eine Lücke zum 2020-Klimaziel auftut. Es wurde allerdings unserer Ansicht nach stets ein wenig zu positiv eingeschätzt, welche Wirkung durch die Minderungsmaßnahmen zur Treibhausgasreduktion in den Sektoren erwartet werden durften. Also könnte das Projektionswesen stringenter gestaltet werden.

Das Bundesministerium für Umwelt koordiniert die Klimapolitik und bewertet gleichzeitig in seinen Berichten die Ergebnisse. Sollte man nicht beides voneinander trennen? Wir sind der Ansicht, dass eine größere Objektivität und zuverlässigere Projektionen erzeugt werden können, wenn Berichtswesen und Projektion durch eine unabhängige Institution durchgeführt werden, die dann auch einen größeren Spielraum für Empfehlungsformulierungen hat.

Wie sollte das Klimaschutzgesetz gestaltet werden? Ein Klimaschutzgesetz sollte die prinzipiellen Fragen der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen rechtlich regeln. Im Klimaschutzplan 2050 sind bereits eine Menge Maßnahmen formuliert, für deren Umsetzung es allerdings eines geeigneten Governancesystems bedarf. Das bedeutet, dass man über Sektorgrenzen hinweg und unter Einbindung verschiedener Akteure eine gesamtpolitische Steuerung vornehmen kann.

Was wären aus ihrer Sicht die Minimalanforderungen an ein Klimaschutzgesetz? Es müssen politisch verbindliche Ziele auf Sektorebene verankert, Verantwortlichkeiten geklärt und sektorübergreifend koordiniert werden.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

keyboard_arrow_up