DIW Wochenbericht 10 / 2019, S. 139-144
Claire Samtleben
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„Nicht nur unter der Woche ist die Aufteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung zwischen Männern und Frauen ungleich. Werktags wird diese Ungleichverteilung häufig mit Unterschieden im Erwerbsumfang begründet, an Sonntagen ist dieses Argument wenig überzeugend.“ Claire Samtleben
Bezahlte und unbezahlte Arbeit ist in Deutschland noch immer sehr ungleich zwischen Männern und Frauen verteilt. Auch unabhängig von Zeitrestriktionen durch Erwerbsarbeit gibt es eine geschlechtsspezifische Lücke im zeitlichen Aufwand für Hausarbeit und Kinderbetreuung (Gender Care Gap). Das Gesamtvolumen von bezahlter und unbezahlter Arbeit an Wochentagen ist bei Männern und Frauen mit circa elf Stunden in etwa gleich, wobei Frauen mehr unbezahlte und Männer mehr bezahlte Arbeit leisten. Auch sonntags leisten Frauen durchschnittlich 1,5 Stunden mehr unbezahlte Arbeit. In Haushalten mit – vor allem jüngeren – Kindern ist der Gender Care Gap besonders ausgeprägt. Da sich die Ungleichverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit negativ auf die finanzielle Situation von Frauen auswirkt, sind politische Anreize zur Förderung der Erwerbsbeteiligung von Frauen und des Engagements von Männern im Haushalt und in der Kinderbetreuung wichtig. Beispiel für eine solche Maßnahme wäre die Ausweitung der Partnermonate im Elterngeld.
Seit über einhundert Jahren wird am internationalen Frauentag auf fehlende Frauenrechte und bestehende Geschlechterungerechtigkeiten aufmerksam gemacht. In 26 Ländern ist der 8. März bereits ein gesetzlicher Feiertag. Auch für die Berlinerinnen und Berliner wird er dieses Jahr zum ersten Mal nicht nur ein Tag sein, an dem Rosen verteilt werden und Demonstrationszüge durch die Straßen ziehen. Die meisten von ihnen werden keiner Erwerbsarbeit nachgehen müssen. Der Weltfrauentag ist für gewöhnlich Anlass, besonders deutlich auf Geschlechterungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt wie beispielsweise den Gender Pay GapSiehe Patricia Gallego Granados und Katharina Wrohlich (2018): Gender Pay Gap besonders groß bei niedrigen und hohen Löhnen. DIW Wochenbericht Nr. 10, 173–179 (online verfügbar, abgerufen am 20.02.2019. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt). Siehe auch DIW Glossar (online verfügbar). aufmerksam zu machen. Dass der Gender Pay Gap unter anderem mit der geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Zeitaufwendung für Erwerbsarbeit zusammenhängt, zeigt ein aktueller DIW Wochenbericht.Aline Zucco (2019): Große Gender Pay Gaps in einzelnen Berufen hängen stark mit der überproportionalen Entlohnung von langen Arbeitszeiten zusammen. DIW Wochenbericht Nr. 10, 128–136. Die Zeitverwendung für bezahlte und unbezahlte Arbeit und ihre Aufteilung im Paarkontext wird deshalb hier genauer anhand von Daten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) betrachtet (Kasten).
Die Datengrundlage dieses Berichts ist das Sozio-oekonomische Panel (SOEP), eine seit 1984 existierende Wiederholungsbefragung. Anhand dieser Daten lassen sich für Deutschland repräsentative Aussagen auf Haushalts- und Individualebene über verschiedene Lebensbereiche wie zum Beispiel Erwerbstätigkeit, Bildung und Gesundheit treffen. Standardmäßig werden die Personen jedes Jahr dazu befragt, wie viele Stunden sie an einem durchschnittlichen Wochentag für ihre Erwerbstätigkeit, Kinderbetreuung, Hausarbeiten wie Wäsche waschen, Kochen und Putzen, Besorgungen, Einkäufe und Behördengänge sowie Reparatur- und Gartenarbeit verwenden. Zweijährlich beantworten sie diese Frage auch für Samstage und Sonntage. Betrachtet wird die Entwicklung der Zeitverwendung von Paaren im Alter von 18 bis 60 Jahren für diese Tätigkeiten von 1992 bis 2016, somit können über einen Zeitraum von 25 Jahren die geschlechtsspezifischen Veränderungen beobachtet werden. Für das Jahr 2015 (n=2741 Paare) wird die in Stunden gemessene Zeitverwendung für unbezahlte und bezahlte Arbeit an Werktagen und Sonntagen verglichen, um den Unterschied des Gender Care Gaps an Werktagen und überwiegend erwerbsfreien Tagen aufzuzeigen.
Betrachtet man Paarhaushalte über die vergangenen 25 Jahre, lässt sich eine steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen beobachten: Während 1992 die Beschäftigungsquote von Frauen in Paarbeziehungen bei etwas über 60 Prozent lag, betrug sie 2016 fast 80 Prozent (Abbildung 1). Berücksichtigt wird hierbei allerdings nicht die Beschäftigungsart, also ob Frauen in Vollzeit oder in Teilzeit arbeiten.
Allzu häufig wird Erwerbsarbeit mit dem Begriff der Arbeit gleichgesetzt. Unbezahlte Tätigkeiten, wie zum Beispiel die Führung des Haushalts und die Versorgung der (arbeitenden) Familienmitglieder sowie der Kinder und pflegebedürftiger Verwandter, werden seltener direkt mit Arbeit assoziiert. Auf die fehlende Wertschätzung und die UngleichverteilungIm OECD-Ländervergleich belegt Deutschland in Bezug auf die Verteilung der unbezahlten häuslichen Arbeit zwischen Männern und Frauen einen mittleren Rang. OECD (2017): Dare to Share – Deutschlands Weg zur Partnerschaftlichkeit in Familie und Beruf. Paris. dieser Aufgaben zwischen Männern und Frauen wird mit vergleichsweise wenig öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen wie dem Equal Care Day2016 initiiert: der Equal Care Day (online verfügbar) aufmerksam gemacht. Die Ungleichverteilung dieser unbezahlten Arbeit hat bedeutende Implikationen für die soziale und ökonomische Teilhabe und Sicherheit der – überwiegend weiblichen – Arbeitenden. Unbezahlte Hausarbeit und Kinderbetreuung ist darüber hinaus nicht sozialversicherungspflichtig. Zwar werden Kindererziehungszeiten in der Berechnung von Rentenbezügen berücksichtigt, eine geschlechtsspezifische Lücke in der Altersversorgung kann damit aber nur geringfügig verkleinert werden.Markus M. Grabka et al. (2017): Der Gender Pension Gap verstärkt die Einkommensungleichheit von Männern und Frauen im Rentenalter. DIW Wochenbericht Nr. 5, 87–96 (online verfügbar).
Während die Beschäftigungsquote von Frauen stetig stieg, erhöhte sich der Anteil von Männern an der Hausarbeit und Kinderbetreuung nur moderat. Im Jahr 1992 erledigten Männer in Paarbeziehungen durchschnittlich weniger als ein Drittel (31,4 Prozent) der Hausarbeit und Kinderbetreuung, im Jahr 2016 37,2 Prozent (Abbildung 1). Hier lohnt sich ein differenzierter Blick auf die Entwicklung der Zeitverwendung im Hausarbeitsbereich (Abbildung 2). Der wachsende Anteil von Männern an diesen unbezahlten Tätigkeiten im Paarkontext ist nicht etwa auf ihr gesteigertes Engagement im Haushalt zurückzuführen, sondern resultiert vor allem daraus, dass Frauen immer weniger Zeit für Hausarbeit und Kinderbetreuung aufwenden: Laut unseren Untersuchungen nimmt seit Beginn der neunziger Jahre die durchschnittliche Zahl der Stunden, die Frauen mit Kochen, Putzen und Wäsche waschen sowie Kinderbetreuung verbringen, kontinuierlich ab. Auch die von Frauen für die Erledigung von Besorgungen aufgewendete Zeit ging stetig zurück. Dagegen blieb die Zeit, die Männer mit diesen unbezahlten Tätigkeiten verbringen, vergleichsweise niedrig. So verbrachten Frauen beispielsweise im Jahr 1992 an einem Werktag rund drei Stunden mit Kochen, Putzen und Wäsche waschen, 2016 nur noch etwa zwei Stunden. Männer hingegen investierten 1992 nur 35 Minuten täglich in Kochen, Putzen und Wäschewaschen – ein ohnehin geringer zeitlicher Aufwand, der in den vergangenen 25 Jahren lediglich auf 52 Minuten angestiegen ist.
Häufig wird die asymmetrische Aufteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit als Folge des Modells des männlichen Ernährers erklärt. Befördert von steuerlichen Anreizen wie dem EhegattensplittingÜber die negative Anreize für die Erwerbsbeteiligung von Frauen durch das Ehegattensplitting siehe z. B.: Kai-Uwe Müller et al. (2013): Evaluationsmodul: Förderung und Wohlergehen von Kindern. Politikberatung kompakt 73. DIW Berlin (online verfügbar). und unzureichenden öffentlichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten, hat sich dieses Familienmodell – vor allem in Westdeutschland – etabliert. Bei 28 Prozent der Paare ist der Mann alleinverdienend, bei weiteren elf Prozent ist die Frau lediglich Zuverdienerin mit bis zu 15 Wochenstunden.BMFSFJ (2017): Familienreport 2017. Leistungen, Wirkungen, Trends. Berlin. Da Männer in dieser Erwerbskonstellation als Hauptverdiener mehr Stunden erwerbstätig sind als ihre Partnerinnen, bleibt ihnen weniger und den Frauen mehr Zeit zur Verfügung, um die unbezahlte Arbeit zu erledigen. Das dahinterstehende Argument wird als Time Availability ApproachShelley Coverman (1985): Explaining Husbands' Participation in Domestic Labor. The Sociological Quarterly 26 (1), 81–97. bezeichnet.
Wenig überraschend ist, dass Frauen, die in Teilzeit arbeiten, deutlich mehr unbezahlte Arbeit als ihre in Vollzeit arbeitenden Kolleginnen leisten. In Vollzeit arbeitende Frauen leisten jedoch auch mehr unbezahlte Arbeit als ihre vollzeittätigen männlichen Kollegen.Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Sandra Horvath (2017): Zeitaufwand für bezahlte und unbezahlte Arbeit im mittleren Lebensalter 2012/2013. WSI GenderDatenPortal (online verfügbar) Die Unterschiede in der Zeitverwendung für unbezahlte Arbeit scheinen also teilweise, aber nicht gänzlich mit Zeitrestriktionen durch bezahlte Arbeit erklärt werden zu können. Dem Time-Availability-Argument folgend, dürften Hausarbeit und Kinderbetreuung lediglich an Wochentagen geschlechtsspezifisch verteilt sein, an denen eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. An einem freien Tag, klassischerweise einem Sonntag, sollte dieser Mechanismus nicht zum Tragen kommen und die Aufteilung der Hausarbeit anders aussehen.
Bei der Betrachtung des Gesamtvolumens der bezahlten und unbezahlten Arbeit wird häufig auf das Double-Burden-KonzeptArlie Russell Hochschild und Anne Machung (1989): The Second Shift. New York. verwiesen, das die Doppelbelastung durch Erwerbs- und Hausarbeit beschreibt. Betrachtet man das Gesamtarbeitsvolumen an Werktagen von Männern und Frauen in unserer Untersuchung, zeigt sich in der Summe kaum ein Unterschied: Männer arbeiten elf Stunden und 18 Minuten täglich, Frauen knapp elf Stunden. Die Zusammensetzung dieser Gesamtarbeitszeit unterscheidet sich jedoch erheblich: Bei fast allen Tätigkeiten zeigt sich eine typische geschlechtsspezifische Aufteilung. Frauen verbringen wochentags fünf Stunden und 26 Minuten mit Erwerbsarbeit, Männer mit acht Stunden und 38 Minuten deutlich mehr. Männer kümmern sich an einem Werktag dafür nur durchschnittlich 50 Minuten um die Kinder, Frauen zwei Stunden. Auch auf Besorgungen und administrative Tätigkeiten verwenden Frauen mehr Zeit als Männer: etwas mehr als eine Stunde am Tag im Vergleich zu 40 Minuten bei Männern. Nur bei Gartenarbeit und Reparaturen im Haushalt liegen Männer vor Frauen: Sie verbringen damit werktags 37 Minuten, Frauen 28 Minuten (Abbildung 3). Frauen sind vorwiegend für Arbeiten im Haushalt verantwortlich, die häufig und zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt werden müssen, so zum Beispiel die Zubereitung des Abendessens oder das Abholen der Kinder. Männer übernehmen eher Tätigkeiten, die seltener und nicht zu bestimmten Zeitpunkten zu erledigen sind, wie das Mähen des Rasens.
Noch größer ist die Ungleichheit in der Aufteilung von Erwerbs- und Hausarbeit zwischen Männern und Frauen, wenn Kinder im Haushalt leben. Vor allem bei Paarhaushalten mit kleinen Kindern bis zu sechs Jahren lässt sich dies beobachten (Abbildung 4). In Paarhaushalten, in denen Kinder anwesend sind, steigt somit nicht nur insgesamt die Zeit, die für Hausarbeit aufgebracht werden muss, sondern auch der Gender Care Gap wird größer. In Paarhaushalten ohne Kinder verbringen Frauen wochentags doppelt so viel Zeit mit Kochen, Putzen und Wäschewaschen wie ihre männlichen Partner. Bei Paaren, deren jüngstes Kind bis zu sechs Jahre alt ist, bringen Frauen sogar dreimal so viel Zeit für diese Tätigkeiten auf (zwei Stunden und 23 Minuten versus 47 Minuten). Paare, deren jüngstes Kind zwischen sieben und 18 Jahre alt ist, liegen dazwischen. Umgekehrt verhält es sich bei der Erwerbtätigkeit: Bei Paaren mit einem Kind bis sechs Jahren ist die Differenz der täglichen Erwerbsstunden mit fünf Stunden und sechs Minuten, die der Mann täglich mehr an bezahlter Arbeit leistet, deutlich größer als bei kinderlosen Paaren. Hier leistet der Mann eine Stunde 24 Minuten mehr Erwerbsarbeit als die Frau. Bei Paaren mit Kindern zwischen sieben und 18 Jahren liegt die Differenz bei drei Stunden und 54 Minuten. Einen Anreiz für eine egalitärere Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit könnte zum Beispiel eine Familienarbeitszeit setzen.Kai-Uwe Müller, Michael Neumann und Katharina Wrohlich (2015): Familienarbeitszeit: mehr Arbeitszeit für Mütter, mehr Familienzeit für Väter. DIW Wochenbericht Nr. 46, 1095–1103 (online verfügbar). Auch eine Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld wäre eine Möglichkeit, das Engagement von Männern für Kinderbetreuung und Hausarbeit zu steigern.Siehe Marcus Tamm (2018): Fathers' parental leave-taking, childcare involvement and mothers' labor market participation. Ruhr economic papers, Nr. 773. RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung.
An Sonntagen, an denen in der Regel keine oder nur wenig Zeit für Erwerbstätigkeit genutzt wird, sieht man kaum eine geschlechtsspezifische Ungleichverteilung bei der (wenigen) bezahlten Arbeit. Frauen und Männer verbringen am Sonntag im Durchschnitt 42 Minuten (Frauen) beziehungsweise 48 Minuten (Männer) mit Erwerbstätigkeit. Anders sieht es bei der unbezahlten Hausarbeit und Kinderbetreuung aus. Die Aufteilung der Kinderbetreuung (Männer zwei Stunden und sechs Minuten, Frauen drei Stunden) ist wie auch an Wochentagen ungleich. Frauen verbringen sonntags mehr als doppelt so viel Zeit (eine Stunde und 42 Minuten versus 48 Minuten) mit Wäsche waschen, Kochen und Putzen (Abbildung 3). Das Argument, die ungleiche Belastung durch die höhere Erwerbstätigkeit des Mannes sei der Grund für eine ungleiche Aufteilung der Hausarbeit, ist somit zumindest für erwerbsfreie Tage wenig überzeugend. Offenkundig sind (auch) andere Mechanismen am Werk, die stärker auf der Ebene von sozialen Normen oder Aushandlungsprozessen und -strategien und Routinen zu verorten sind.
Bei Paarhaushalten zeigt sich in der Zeitverwendung für Hausarbeit und Kinderbetreuung am Sonntag ein ähnliches Muster wie wochentags (Abbildung 4): In Paarhaushalten mit jungen Kindern verbringen Frauen sonntags mit Hausarbeit und Kinderbetreuung knapp vier Stunden (drei Stunden und 54 Minuten) mehr als ihr männlichen Partner, in Paarhaushalten mit älteren Kindern (sieben bis 18 Jahre) immerhin noch zwei Stunden und 48 Minuten mehr. In Paarhaushalten ohne Kinder beträgt der Unterschied 36 Minuten. Offenkundig steigt der Zeitaufwand für unbezahlte Arbeit wie an Wochentagen auch am Sonntag durch die Anwesenheit von kleinen Kindern stark an. Anders als an Wochentagen, an denen die Summe von unbezahlter und bezahlter Arbeit bei Männern und Frauen etwa gleich ist, leisten Frauen an Tagen mit wenig oder keiner Erwerbstätigkeit deutlich mehr (unbezahlte) Arbeit.
Der Vergleich von Werktagen mit Sonntagen zeigt deutlich, dass sich die Ungleichverteilung von Hausarbeit und Kinderbetreuung nicht vollständig durch die Ungleichverteilung von Erwerbstätigkeit erklären lässt. An Wochentagen spielt die Zeitverwendung für Erwerbstätigkeit durchaus eine Rolle für die Aufteilung der unbezahlten Arbeit. Die dadurch entstehenden Muster und Routinen scheinen jedoch auch darüber hinaus zu wirken. Auch an freien Tagen, an denen Frauen und Männer wenig Erwerbstätigkeit nachgehen, findet man einen starken Gender Care Gap. Bei Anwesenheit von Kindern in Paarhaushalten verschärft sich dieser Gender Care Gap noch, besonders bei sehr kleinen Kindern scheinen Frauen deutlich mehr unbezahlte Hausarbeit zu leisten als Männer.
Der 8. März ist ein wichtiger Tag, um sich bestehende Geschlechterungerechtigkeiten zu vergegenwärtigen, sie laut anzusprechen und über gesellschaftlich breit angelegte Lösungsmöglichkeiten nachzudenken. Sicherlich ist es eine schöne Geste, den internationalen Frauentag als Feiertag einzuführen. Letztlich ist es aber nichts anderes als Symbolpolitik, die nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass weiterhin enorme Geschlechterungleichheiten bestehen. Die ungleiche Aufteilung von unbezahlter Arbeit besteht an freien Tagen genauso wie an Werktagen und scheint – zumindest an diesen freien Tagen – nicht direkt mit der Zeitverwendung für Erwerbsarbeit zusammenzuhängen. Die an Wochentagen geprägten Rollenmuster und Routinen bestehen auch an erwerbsfreien Tagen. Auch an diesem 8. März werden Frauen also überproportional mehr unbezahlte Arbeit leisten.
Die Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit wird in diesem Bericht lediglich deskriptiv betrachtet. Doch schon diese ersten Erkenntnisse sind ein Anlass, den Auswirkungen von ungleich verteilter unbezahlter Arbeit auf den Arbeitsmarkterfolg von Frauen und Männern mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Klar ist, dass Frauen durch die Ungleichverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit systematisch ökonomisch schlechter gestellt sind als Männer. Zeitaufteilung und -verwendung ist eine zwar schwer zu beeinflussende, aber zentrale Stellschraube moderner Geschlechterpolitik. Um den Gender Care Gap zu verringern, sind deutliche Impulse aus der Politik nötig, damit Frauen und Männer in gleichem Umfang erwerbstätig sein können und Männer mehr Verantwortung im Bereich der unbezahlten Arbeit übernehmen. Die konstant geringe Beteiligung der Männer am Haushalt zeigt, dass ein genereller Kultur- und Normenwandel in Bezug auf Hausarbeit und Kinderbetreuung nötig ist. Unterstützt werden könnte dieser unter anderem durch eine Ausweitung der Partnermonate beim Elterngeld, die das Engagement von Vätern in der Kinderbetreuung positiv beeinflussen.
Themen: Gender, Familie, Bildung, Arbeit und Beschäftigung
JEL-Classification: D13;J22
Keywords: Unpaid domestic labor; gainful employment; time use; gender care gap
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2019-10-3
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/194169