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Produktivitätsentwicklung in Deutschland: Regionale und sektorale Heterogenität

Externe Monographien

Heike Belitz, Martin Gornig, Alexander Schiersch

Gütersloh: Bertelsmann-Stiftung, 2019, 59 S.

Abstract

In Deutschland bestehen gro.e regionale Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit. Diese Unterschiede werden zwar durch eine Reihe von Umverteilungsma.nahmen reduziert, bestimmen aber wesentlich das Wohlstandspotential in den verschiedenen Regionen Deutschlands. Zentraler Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit ist die Produktivitat. Die vorliegende Untersuchung weist in der Gesamtbetrachtung eine hohe Persistenz der regionalen Unterschiede aus, wenngleich im Durchschnitt der marktorientierten Wirtschaftsbereiche sich die Produktivitat der ostdeutschen Regionen langsam der der westdeutschen annahert und die landlichen Regionen leicht gegenuber den stadtischen Regionen aufholen. In der Industrie, die fur die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands besonders wichtig ist, sind allerdings seit der Finanzkrise bei der Produktivitat zunehmend regionale Polarisierungstendenzen zu erkennen. Einige Regionen setzen sich immer mehr von den anderen Regionen ab. Hierzu zahlen insbesondere die gro.en Stadtregionen Munchen, Stuttgart und Hamburg aber auch einige Standorte der gro.en Chemie- und Automobilkonzerne. Die Industrie ist dort durch eine hohe Kapitalintensitat und ein hohes faktorubergreifendes Effizienzniveau gepragt. Unabhangig von diesen speziellen Standorten zeigt sich, dass gro.stadtische Raume uber ein hoheres Effizienzniveau verfugen als landliche Regionen. Dies ist auch ein Faktor fur die noch bestehenden Unterschiede zwischen der Industrie in Ost- und Westdeutschland. So liegt zwar das generelle Effizienzniveau in gro.stadtischen wie landlichen Regionen Ostdeutschlands nur wenig unter dem der entsprechenden westdeutscher Raume. Zugleich ist Ostdeutschland starker landlich gepragt. Die bestehenden Unterschiede zwischen beiden Landesteilen sind somit nicht zuletzt Ausdruck der Unterschiede zwischen eher stadtischen und eher landlichen Raumen. Aus den vorliegenden Befunden zur Heterogenitat der Produktivitatsentwicklung leitet sich in zweifacher Hinsicht dringender Forschungs- und Handlungsbedarf ab. Auf der einen Seite geht es darum, Konzepte zu entwickeln, die weitere Angleichungsschritte Ostdeutschlands an die wirtschaftliche Leistungsfahigkeit vergleichbarer westdeutscher Regionen ermoglichen. Auf der anderen Seite mussen Ideen und Strategien entwickelt werden, die eine Abkopplung landlicher wie altindustrieller Regionen in Ost- und Westdeutschland von der Produktivitatsentwicklung verhindern.

Economic performance varies considerably by region in Germany. Despite a series of redistribution measures designed to mitigate these gaps, they nonetheless strongly influence affluence potential across regions in Germany. Productivity is a key indicator of economic performance. The study presented here shows that overall, regional inequality in Germany remains persistent, even though within the market-oriented economic sectors, productivity levels in Germany’s eastern regions are, on average, nearly on par with those observed in the country’s western regions, and rural areas have slowly started to catch up with urban centers. However, in Germany’s industrial sector – which is essential to the country’s economic development – observers note a growing regional polarization in productivity since the financial crisis. Certain regions are increasingly outpacing others. This includes, for example, the major urban centers of Munich, Stuttgart and Hamburg as well those regions where chemical and automotive companies are based. Industry in these areas is characterized by a high degree of capital intensity and high efficiency levels across all factors. More fundamentally, however, efficiency levels are higher in major urban centers than in rural areas. This is also a factor in the ongoing East-West regional disparities in industry. For example, generally speaking, efficiency levels in urban and rural areas in the East are only slightly below those recorded for urban and rural areas in the West. At the same time, Germany’s eastern regions are considerably more rural than its western regions. The disparities between East and West are therefore in no small measure an expression of rural vs. urban discrepancies. The findings presented here on heterogeneity in productivity trends underscore the need for further research and action to be taken in two respects. For one, actionable measures are needed that will help eastern regions strengthen their economic performance to levels on par with those seen in comparable western regions. For another, we need ideas and strategies to ensure that rural and old industrial areas in both the West and East have access to resources that foster productivity.

Alexander Schiersch

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Unternehmen und Märkte

Martin Gornig

Forschungsdirektor für Industriepolitik in der Abteilung Unternehmen und Märkte

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