Direkt zum Inhalt

6. November 2019

Berlin Lunchtime Meeting

Bedarfsgerechtigkeit oder bedingungsloses Grundeinkommen - Wie können Verteilungskonflikte künftig gelöst werden?

Termin

6. November 2019
12:00 - 14:00

Ort

Elinor-Ostrom-Saal
DIW Berlin
Mohrenstr. 58
10117 Berlin

Sprecher*innen

Bernhard Kittel, Stefan Traub, Stefan Liebig, Jule Adriaans

Die Frage nach der gerechten Verteilung von Einkommen und staatlichen Leistungen wird aktuell wieder kontrovers diskutiert. Was als Minimalbedarf angenommen werden sollte und wie dieser gedeckt werden kann, zählen dabei zu den zentralen Fragen dieser Debatte. Ist das Bedarfsprinzip – also die Orientierung an sozial oder politisch anerkannten individuellen Bedarfen – gerecht und zur Lösung von gesellschaftlichen Verteilungsfragen geeignet oder kann dies eher über ein bedingungsloses Grundeinkommen geschehen, das unabhängig von Bedarfen gezahlt wird?

Diese Veranstaltung ist Teil der Berlin Science Week 2019.

Rückblick

Die Frage, wie Bedarfen begegnet werden sollte, beantwortete das Podium auf ganz unterschiedliche Weise. Die erste Präsentation stellte Experimente vor, die die interdisziplinäre DFG-Forschungsgruppe „Bedarfsgerechtigkeit und Verteilungsprozeduren“ seit 2015 mit Probanden durchführt, die zweite Präsentation konzentrierte sich statt auf Handlungen auf Antworten, die Menschen auf Fragen zu ihren Gerechtigkeitsvorstellungen gaben.

Bernhard Kittel von der Universität Wien und Stefan Traub von der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg beschrieben anschaulich die Situation, in der ihre Probanden agierten. So bekam die eine Gruppe der 492 Versuchspersonen im sogenannten Diktatorspiel Geld zum Verteilen, die zweite Gruppe bestand aus Geld-Empfängern, die mal mehr und mal weniger transparent Auskunft über ihre Bedürfnisse gaben. Das Ergebnis des Experiments war, dass 16 Prozent der Verteilenden Egoisten sind, die prinzipiell alles behalten wollen, 18 Prozent waren Altruisten, die ihr Geld immer teilten und 66 Prozent waren „bedarfssensitiv“, reagierten also auf transparent gemachte Bedarfe der Empfänger.

Jule Adriaans und Stefan Liebig kamen mit den aus dem European Social Survey (ESS) gewonnenen Antworten letztlich zu einem ähnlichen Ergebnis: Die meisten Europäerinnen und Europäer tendierten zur Bedarfsgerechtigkeit. Gleichzeitig herrscht in Europa der Konsens, dass Leistung gerecht entlohnt werden müsse.   

Jürgen Schupp, Vize-Direktor des Sozio-oekonomischen Panels rundete die Veranstaltung mit einem Kommentar zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz-IV-Sanktionen ab: „Dem Satz aus der Bibel ‚Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen‘, erteilte das Bundesverfassungsgericht heute eine Absage. Stattdessen können wir sagen, dass alle an der Tafel Platz haben.“ Allerdings müssten auch alle kooperieren, um teilzunehmen - die die nicht kooperierten, hätten sonst nur noch ein Anrecht auf einen Seniorenteller.

Jule Adriaans ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) am DIW Berlin

Bernhard Kittel ist Professor für Wirtschaftssoziologie an der Universität Wien

Stefan Liebig ist Professor für Soziologie an der Freien Universität Berlin und Direktor des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) am DIW Berlin

Stefan Traub ist Professor für Verhaltensökonomik an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg und Sprecher der DFG-Forschergruppe „Bedarfsgerechtigkeit und Verteilungsprozeduren“

Kontakt

Partner

keyboard_arrow_up