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Studie unterstreicht, wie wichtig relevante Informationen für Bildungsentscheidungen sind: Interview

DIW Wochenbericht 21 / 2020, S. 368

Jan Berkes, Erich Wittenberg

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Herr Berkes, wie viele BachelorabsolventInnen entscheiden sich für ein Masterstudium? Derzeit liegt die Zahl der Masterabschlüsse in Deutschland bei rund 140000 pro Jahr. Der Anteil der BachelorabsolventInnen, die zeitnah nach dem Bachelor in ein Masterstudium übergehen, war zuletzt leicht rückläufig und liegt nun bei etwa 62 Prozent. Allerdings ist die Übergangsquote in Lehramtsstudiengängen und in naturwissenschaftlichen Fächern mit 80 bis 90 Prozent deutlich höher.

Sie haben untersucht, inwieweit diese Entscheidung durch gezielt bereitgestellte Online-Informationen beeinflusst werden kann. Wie sind Sie dabei vorgegangen? In einem Online-Modul haben wir Bachelorstudierenden Informationen gezeigt, die für ihre Entscheidung relevant sein können. Zum Beispiel haben wir ihnen die Einkommensverläufe von Personen mit und ohne Masterabschluss präsentiert oder wie die Wahrscheinlichkeit, später in einer Führungsposition zu arbeiten, von einem Masterabschluss abhängt. Diese Informationen haben wir einer zufällig ausgewählten Gruppe gezeigt, um sehen zu können, ob sich durch das zusätzliche Wissen Unterschiede in den Plänen und Ansichten der Studierenden im Vergleich zu einer Gruppe, die diese Informationen nicht hatte, ergeben.

Zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen? Unsere Ergebnisse zeigen, dass junge Männer aufgrund der bereitgestellten Informationen seltener ein Masterstudium anstreben. Sechs Monate nach der Teilnahme am Online-Modul verringerte sich ihre Absicht, direkt nach dem Bachelorstudium ein Masterstudium aufzunehmen, um 16 Prozentpunkte auf etwa 51 Prozent. Zwölf Monate nach der Teilnahme hatte bereits ein kleiner Teil der Studierenden mit dem Masterstudium begonnen und auch hier konnten wir beobachten, dass Männer, die die Informationen erhalten haben, etwas seltener ein Masterstudium begonnen haben. Für Frauen konnten wir keine Effekte finden.

Welche Aspekte üben dabei den größten Einfluss auf die Entscheidung aus? Bei den männlichen Studierenden steigt der erwartete Nutzen eines Bachelorabschlusses. Aufgrund der bereitgestellten Informationen gehen die Teilnehmer eher davon aus, dass sie auch ohne einen Masterabschluss ein gutes Einkommen erzielen, einer intellektuell fordernden Tätigkeit nachgehen und in einer Führungsposition arbeiten können. Die Option, keinen Master zu machen, wurde durch die bereitgestellten Informationen also aufgewertet.

Warum wird die Einstellung männlicher Studierender eher beeinflusst als die von weiblichen? Insbesondere Frauen ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sehr wichtig. Männern hingegen sind monetäre Aspekte und das Erreichen einer Position mit Führungsverantwortung etwas wichtiger als Frauen. Aufgrund der Art der verfügbaren Daten lag der Fokus unseres Online-Moduls eher auf Aspekten, die besonders Männern wichtig sind. Wir können jedoch nicht mit absoluter Sicherheit sagen, ob dies der ausschlaggebende Grund ist. Es könnte auch sein, dass sich Frauen bereits besser über die für sie wichtigen Aspekte informiert hatten oder die Form der Online-Präsentation auf Studentinnen anders wirkt als auf Studenten.

Welche Bedeutung haben Ihre Ergebnisse für die Bildungspolitik? Unsere Studie zeigt auf, wie wichtig relevante Informationen für Bildungsentscheidungen sind und dass selbst nach mehreren Jahren eines Bachelorstudiums noch Informationsdefizite bezüglich einer anstehenden Studienentscheidung bestehen können. Wir schlagen deshalb vor, am Ende eines Bachelorstudiums Studierenden systematisch entsprechende Informationen kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Unsere Studie zeigt auch, dass dies wirkungsvoll und ohne größere Kosten online erfolgen kann.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Jan Berkes
Studie unterstreicht, wie wichtig relevante Informationen für Bildungsentscheidungen sind - Interview mit Jan Berkes

Jan Berkes

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Bildung und Familie

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