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Ein europäischer Mechanismus sollte gewährleisten, dass viel schneller reagiert werden kann: Interview

DIW Wochenbericht 23 / 2020, S. 398

Geraldine Dany-Knedlik, Erich Wittenberg

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Frau Dany-Knedlik, um die wirtschaftlichen Folgen des Corona-Lockdowns abzufedern, wurden in Europa auf nationaler und auf EU-Ebene umfangreiche Maßnahmen ergriffen. Inwieweit zeigen diese Maßnahmen die beabsichtigten Effekte? Insgesamt wirkten die Ankündigungen von geld- und finanzpolitischen Maßnahmen im Schnitt kurzfristig nur leicht stabilisierend. Die Staatsanleihen- und Aktienmärkte hat es nicht so stark beruhigt, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre oder beabsichtigt war.

Wie fallen diese kurzfristigen Reaktionen insbesondere an den Staatsanleihemärkten aus? Wir haben uns die Renditen der Staatsanleihen von Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien angeschaut und untersucht, wie diese auf geldpolitische Ankündigungen der Europäischen Zentralbank (EZB) oder EU-weite und nationale finanzpolitische Ankündigungen reagiert haben. Das Ergebnis ist, dass die geldpolitischen Ankündigungen keinen signifikanten Effekt haben. Das ist recht untypisch, denn durch eine Ausweitung der Wertpapierkäufe durch die EZB sollten die Renditen von Staatsanleihen eigentlich sinken.

Wie ist das zu erklären? Dafür gibt es mehrere Erklärungen. Die von der EZB am 12. März angekündigten Maßnahmen wie die Ausweitung des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten erschienen den Märkten zu wenig. Und wenn die Marktteilnehmer enttäuscht sind, kann es dazu kommen, dass die Renditen der Staatsanleihen nicht sinken, sondern sogar steigen. Ein anderer Erklärungsansatz ist, dass die Geldpolitik im Euroraum mit einer schwierigen Ausgangssituation zu kämpfen hat, weil wir seit vielen Jahren an der Null-Zins-Grenze sind und sich die Anleger durch eine Ausweitung der Wertpapierkäufe nicht mehr veranlasst sahen, ihr Vermögensportfolio neu auszurichten, weil die EZB schon sehr viele Wertpapiere gekauft hat. Drittens könnte es auch sein, dass die Märkte aus dem enormen Umfang der Maßnahmen abgeleitet haben, dass die Folgen der Pandemie noch viel gravierender sein könnten, als befürchtet wurde.

Welche Wirkung zeigen die Lockerungen der Bankenregulierung? Die EU-weiten Lockerungen der Bankenregulierung haben die Renditen der Staatsanleihen tatsächlich signifikant gesenkt. Vor allem die Ankündigung, dass Spielräume beim Kapitalerhaltungspuffer und bei der kurzfristigen Liquiditätsdeckungsanforderung voll ausgeschöpft werden dürfen, hat auf die Staatsanleihemärkte deutlich stabilisierend gewirkt.

Bevor die EU-Kommission mit der Ankündigung von Hilfspaketen reagierte, waren die meisten nationalen Maßnahmen längst beschlossen. Hat die EU zu spät reagiert? Wir denken, dass die EU viel zu lange gebraucht hat, um sich über ein Hilfspaket und Maßnahmen zu einigen. Weil die Situation so akut ist, haben die nationalen Regierungen in der Zwischenzeit berechtigterweise schon mit finanzpolitischen Ankündigungen reagiert. Um zukünftig besser für Krisen in der EU gewappnet zu sein, wäre es besser, wenn es einen europäischen Mechanismus gäbe, der gewährleistet, dass viel schneller reagiert werden kann.

Wie könnte ein solcher europäischer Mechanismus aussehen? Denkbar wäre beispielsweise ein dauerhaft etablierter Stabilisierungsfonds auf EU-Ebene, in den die Staaten jährlich einzahlen. Auch der von Frankreich und Deutschland vorgeschlagene Wiederaufbaufonds könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein. Der sollte aber nicht nur einmalig, sondern dauerhaft angelegt sein. Zudem sollten die verschiedenen wirtschaftspolitischen Bereiche besser koordiniert werden. Wir sehen an unseren Berechnungen beispielsweise, dass die Aussetzung der Fiskalregeln besonders gut wirkt, wenn sie mit Lockerungen der Bankenregulierung kombiniert wird.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Geraldine Dany-Knedlik
Ein europäischer Mechanismus sollte gewährleisten, dass viel schneller reagiert werden kann - Interview mit Geraldine Dany-Knedlik

Geraldine Dany-Knedlik

Leitung Prognose und Konjunkturpolitik in der Abteilung Makroökonomie

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