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Ein Hoch auf alle Omas – In Corona-Zeit Hilfsbereitschaft aber nicht einfordern! Kommentar

DIW Wochenbericht 42 / 2020, S. 810

C. Katharina Spieß, Mathias Huebener

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Am Sonntag war Oma-Tag! In vielen Ländern wird dieser Tag am zweiten Sonntag im Oktober zu Ehren der Großmütter gefeiert, in Deutschland wird er allerdings außerhalb Bayerns bisher kaum wahrgenommen. Doch die Corona-Pandemie hat uns einmal mehr gezeigt, wie wichtig Großeltern für viele Familien sind. Für jedes zweite Kind sind sie wichtiger Teil der Betreuungs- und Lernumgebung. Über die gesamte frühe Kindheit werden im Mittel mehr als 56 Prozent aller Kinder von Großeltern betreut. Sie sind eine wichtige Stütze im Alltag erwerbstätiger und auch nicht erwerbstätiger Eltern: Sie springen ein, wenn das Kind krank ist, sie betreuen es in Rand- oder Ferienzeiten. Und es sind insbesondere die Großmütter, die im Notfall aushelfen: Das geben nahezu 40 Prozent aller Eltern mit Kindern unter zehn Jahren an. Kurzum: Der Generationenzusammenhalt ist stark und funktioniert bei der Kinderbetreuung ausgezeichnet.

Was aber passierte im Frühjahr während der coronabedingten Schließung von Kitas und Schulen? Für viele Eltern brach ein zentraler Baustein der Kinderbetreuung weg – eigentlich der Moment, um nach den Großeltern zu rufen. Aber der Kontakt zu ihnen als besonders gefährdete Risikogruppe sollte weitestgehend vermieden werden. Neue Daten wie zum Beispiel in der Studie „Kindsein in Zeiten von Corona“ des Deutschen Jugendinstituts (DJI) zeigen, dass etwa neun von zehn Kindergartenkinder weniger Zeit mit ihren Großeltern verbrachten und nur sechs Prozent mehr Zeit. Diese Studie legt aber auch offen, dass während des Lockdowns ungeachtet gegenteiliger Empfehlungen fast jedes fünfte Kind im Kindergartenalter von den Großeltern betreut wurde. Damit war die Betreuung durch die Großeltern neben der der Eltern die häufigste Form der Betreuung während des Lockdowns. Unsere Kollegin Sabine Zinn vom Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) hat auf Basis der SOEP-CoV-Studie weitere Umfragedaten ausgewertet, die während des Lockdowns erhoben wurden. Auch ihre Analysen zeigen, dass sich die Befragten im zweistelligen Prozentbereich auf Großeltern als zusätzliche Betreuungspersonen verließen, wenngleich die Anteile etwas geringer ausfallen als bei der DJI-Studie. Bemerkenswert dabei ist, dass während des Lockdowns Großeltern insbesondere Kinder teilzeiterwerbstätiger Mütter betreuten – bei ihnen waren es 15 Prozent, bei vollzeiterwerbstätigen Müttern nur neun Prozent. Insgesamt waren dies eher Haushalte, in denen die Eltern im Homeoffice waren. Auch sind es insbesondere Mütter mit einem höheren Bildungsniveau, die von den Großeltern bei der Betreuung unterstützt wurden.

Was geschieht nun aber in einer „subtileren“ zweiten Corona-Welle ohne weitreichenden Lockdown? Betreuungsengpässe für Eltern wird es trotzdem geben und das Infektionsrisiko für ältere Menschen ist keinesfalls gesunken. Eine erneute Betreuungsnot, wo immer das Infektionsgeschehen es zulässt, sollte vermieden werden und der Präsenzbetrieb in Kitas und Schulen auch mit Blick auf den Einsatz der Großeltern so lange wie möglich aufrechterhalten bleiben. Auch Arbeitgeber sollten sich aufgerufen fühlen, Eltern in der Pandemiezeit weiterhin mög-lichst flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Homeoffice einzuräumen. Es sollten Möglichkeiten geschaffen werden, dass die Rolle der Großeltern bei der Präsenzbetreuung auch durch andere Betreuungspersonen übernommen werden kann. So könnten etwa in Ausbildung befindliche ErzieherInnen für diese Aufgabe gewonnen werden, auch wenn dann die Ausbildung noch länger dauert. Trotzdem sollte der Kontakt zwischen den Generationen bestmöglich aufrechterhalten werden – nur eben im direkten Kontakt nicht mehr als unbedingt erforderlich.

Die Großeltern haben sich in den vergangenen Monaten trotz Risiken für ihre eigene Gesundheit mit allen Kräften engagiert: Wir sollten ihre Hilfsbereitschaft ganz bewusst würdigen und wertschätzen, sie aber nicht unnötig einfordern. Ein Hoch auf alle Omas!

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