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Bauwirtschaft trotzt der Corona-Krise – dennoch ruhigeres Geschäft im Jahr 2021

DIW Wochenbericht 1/2 / 2021, S. 3-14

Martin Gornig, Claus Michelsen, Laura Pagenhardt

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  • Bauwirtschaft in Deutschland auch im Corona-Jahr 2020 mit weitgehend stabilem Geschäft, Bauvolumen (Summe aus Neubau- und Bestandsmaßnahmen) um vier Prozent gestiegen
  • DIW Bauvolumenrechnung prognostiziert für dieses Jahr Plus von nominal knapp drei Prozent und für 2022 von gut fünf Prozent
  • Nach wie vor günstige Immobilienkredite und Stabilisierung der Haushaltseinkommen durch Maßnahmen der Bundesregierung helfen dem Wohnungsbau, der weiterhin wächst
  • Unternehmen investieren im Zuge der Wirtschaftskrise aber deutlich weniger in Bauten, Wandel der Arbeitswelt tut sein Übriges; Wirtschaftsbau schrumpft 2021
  • Hoffnungen ruhen auf Investitionsausgaben der öffentlichen Hand, Umsetzung in Kommunen stockt aber – langfristig könnten Finanzreform und Reduzierung der Altschuldenlast helfen

„Die Bauwirtschaft hat ein goldenes Jahrzehnt hinter sich. In Zukunft wird es vor allem auf die Kommunen ankommen. Es wurde jetzt viel Geld in die Hand genommen, aber auch angekündigt, dass man die Schulden in den kommenden Jahren wieder abtragen muss. Typischerweise leiden in solchen Konsolidierungsphasen insbesondere die Investi­tio­nen in die Infrastruktur, was nicht gut wäre.“ Claus Michelsen

Die Corona-Pandemie hat weltweit zu einer schweren wirtschaftlichen Krise geführt. In vielen Ländern ist auch die Bauwirtschaft erheblich beeinträchtigt. In Deutschland hingegen zählt die Bautätigkeit zu den Wirtschaftszweigen mit bisher weitgehend stabilem Geschäft. So dürfte das gesamte Bauvolumen in Deutschland nach rund acht Prozent im vorvergangenen Jahr im Corona-Jahr 2020 nominal immer noch um vier Prozent auf gut 444 Milliarden Euro gestiegen sein. Für die Jahre 2021 und 2022 geht die neueste DIW Bauvolumenrechnung von einem Plus um fast drei beziehungsweise gut fünf Prozent aus. Dies liegt auch daran, dass – im Gegensatz zu anderen Ländern – die Arbeiten auf den Baustellen hierzulande weitergeführt werden dürfen und die Handwerksbetriebe ihre Aufträge in den Haushalten unter Hygieneauflagen erfüllen können. Dennoch macht sich die Krise auch für die Bauunternehmen bemerkbar: Vor allem der Wirtschaftsbau wird wohl einige Federn lassen. Wie der Nichtwohnungsbau insgesamt abschneidet, dürfte aber vor allem von der öffentlichen Hand abhängen. Werden wie bisher geplant die Investitionsausgaben von Bund und Ländern aufgestockt und die Löcher in den Haushalten der Kommunen gestopft, dürfte der öffentliche Bau die Bautätigkeit stabilisieren.

Die Bauwirtschaft ist bislang verhältnismäßig gut durch die Corona-Pandemie gekommen und dürfte auch in den kommenden Jahren solide Wachstumsraten verzeichnen. Dennoch geht die Pandemie auch an der Bauwirtschaft nicht spurlos vorüber. Kurzfristig kam es vor allem im Wirtschaftsbau zu einer geringeren Nachfrage und auch die Leistungen im Bestand wurden reduziert. Nach ruhigerem Geschäft im Jahr 2021 dürfte das Bauvolumen im kommenden Jahr aber wieder kräftiger zulegen. Zu diesem Ergebnis kommen die Berechnungen am DIW Berlin zum BauvolumeninfoDie Bauvolumenrechnung wird finanziert aus Mitteln der ForschungsinitiativeZukunft Bau des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI). Für den Begriff „Bauvolumen“ siehe auch das DIW Glossar (online verfügbar, abgerufen am 8. Januar 2021. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt)., das neben den Bauinvestitionen auch nicht werterhöhende Reparaturen einschließt und zusätzlich zum Baugewerbe im engeren Sinne auch weitere Branchen wie den Stahl- und Leichtmetallbau, die Herstellung von Fertigbauten, die Bauschlosserei sowie Planungsleistungen und andere Dienstleistungen berücksichtigt. Ergänzend zu den Investitionsrechnungen der statistischen Ämter differenziert die DIW Bauvolumenrechnung zwischen Neubaumaßnahmen und Modernisierungen im Gebäudebestand.infoMartin Gornig, Bernd Görzig, Claus Michelsen (2020): Strukturdaten zur Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe – Berechnungen für das Jahr 2019. BBSR online Publikationen, 15 (online verfügbar).

Neben der Berechnung und Dokumentation der Bauvolumina der vergangenen Jahre werden zudem die entsprechenden Werte für das laufende und kommende Jahr prognostiziert (Kasten). Diese Prognose ist eingebunden in die Konjunkturbeobachtung des DIW Berlin, insbesondere der Investitionstätigkeit.infoVgl. Claus Michelsen et al. (2020): Grundlinien der Wirtschaftsentwicklung im Winter 2020. DIW Wochenbericht Nr. 50 (online verfügbar) und Marius Clemens, Geraldine Dany-Knedlik, Simon Junker und Claus Michelsen (2020): „Harter“ Lockdown infolge der zweiten Corona-Welle: Deutsche Wirtschaft wächst 2021 deutlich weniger stark. DIW aktuell Nr. 57 (online verfügbar). Ergänzend zu den vorliegenden Einschätzungen zur Entwicklung der Bauinvestitionen werden im Rahmen der DIW Bauvolumenrechnung zudem Prognosen der Entwicklungen von Neubau- und Bestandsvolumina im Hochbau sowie im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau ausgewiesen.infoVgl. Claus Michelsen und Martin Gornig (2016): Prognose der Bestandsmaßnahmen und Neubauleistungen im Wohnungsbau und im Nichtwohnungsbau, BBSR-Online-Publikation, 7 (online verfügbar). Aus diesen Zahlen werden darüber hinaus die Entwicklungstendenzen des Bauhauptgewerbes und des Ausbaugewerbes abgeleitet.

Die Prognose des Bauvolumens erfolgt in verschiedenen Schritten. Bislang liegen die Berechnungen für die Neubau- und Bestandsvolumina in jährlicher Frequenz vor. Der erste Schritt beinhaltet die Berechnung eines unterjährigen Verlaufs. Die Bestandsvolumina werden dabei mittels quadratischer MinimierunginfoVgl. Frank T. Denton (1971): Adjustment of monthly or quarterly series to annual totals: an approach based on quadratic minimization. Journal of the American Statistical Association, 66(333), 99–102. an den vorliegenden Quartalsverlauf des Volumens der Bauinstallation und des sonstigen Baugewerbes angepasst. Die Neubauvolumina werden als Differenz des Gesamtvolumens und des Bestandsvolumens errechnet, um die Konsistenz innerhalb der Bauvolumenrechnung zu gewährleisten. Diese Reihen werden danach mit dem Verfahren ARIMA-X12 um saisonale Muster bereinigt.

Der zweite Schritt besteht im „now-casting“ der Neubau- und Bestandsreihen bis an den aktuellen Rand. Verwendet werden hierfür Zahlen aus den monatlichen Berichten des Baugewerbes und der Beschäftigten im Baugewerbe sowie Informationen über die Witterung.infoFür eine Dokumentation der Methodik vgl. Michelsen und Gornig (2016), a.a.O. Das Jahr 2020 stellt also selbst zunächst nur eine vorläufige Schätzung der Bauvolumina dar. Endgültige Werte können erst im darauffolgenden Jahr vorgelegt werden, wenn die statistischen Ämter alle relevanten Reihen vollständig berichten.

Der dritte Schritt besteht in der Prognose der einzelnen Reihen. Dabei werden die Bestands- und Neubauvolumina im Hochbau separat geschätzt. Hierfür werden indikatorengestützte statistische Modelle verwendet. Dazu wird die zu prognostizierende Größe, also etwa das Volumen der gewerblichen Bauten, auf einen autoregressiven Term und verzögerte Werte des jeweiligen Indikators, zum Beispiel Baugenehmigungen, regressiert. Die Prognosegleichung nimmt dann folgende Form an:

yt=α+i=1nβi yt-i+j=1myj xt-j+εt

Hierbei steht yt für den zu prognostizierenden Wert, xt für den Indikator und ɛt für den statistischen Störterm. Die Parameter α, β und γj werden geschätzt. Die Verzögerungslängen n und m (Quartale) werden anhand der Autokorrelations- beziehungsweise der Kreuzkorrelationsfunktion bestimmt. Zusätzlich werden die unterschiedlichen Spezifikationen anhand von Informationskriterien bewertet. Bewährt hat sich zudem der Ansatz, eine Vielzahl einzelner Modelle zu schätzen und den durchschnittlichen Wert für die Prognose zu verwenden. Für die einzelnen Reihen werden jeweils bis zu 50000 Einzelmodelle geschätzt. Als geeignete Indikatoren haben sich Baugenehmigungen, Auftragseingänge, Produktion, Zinsen, Kreditvolumina, Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung, aber auch Umfragen unter Bauunternehmen und freischaffenden ArchitektInnen erwiesen. Auch die Kapazitätsauslastung wird in die Schätzungen einbezogen.infoVgl. Michelsen und Gornig (2016), a.a.O. Die Differenz zwischen Gesamt- und Hochbauvolumen ist die erwartete Tiefbauleistung.

Im letzten Schritt werden die Prognoseergebnisse in das Schema der Bauvolumenrechnung übertragen. Dazu werden unter Beachtung der Besonderheiten nichtinvestiver Bauleistungen im Konjunkturverlauf die nachfrageseitigen Entwicklungstrends berücksichtigt. Zur Differenzierung nach weiteren strukturellen Merkmalen werden die stärker untergliederten Informationen zu den Baugenehmigungen und zum Auftragsbestand herangezogen. So lassen sich unterschiedliche Entwicklungen zwischen einzelnen Produzentengruppen wie dem Bauhaupt- und dem Ausbaugewerbe schätzen.

Wohnungsbau stabil

Der Wohnungsbau bleibt die zentrale Stütze der Baukonjunktur, kommt jedoch nicht ungeschoren durch die Corona-Pandemie. Zwar ließ sich bei der Neubautätigkeit im Gegensatz zu anderen Wirtschaftszweigen kein abrupter Abbruch der Produktionstätigkeit erkennen. Das ohnehin seit einiger Zeit schwächelnde Ausbaugewerbe verzeichnete in den Sommermonaten des Jahres 2020 aber einen deutlichen Produktionsrückgang (Abbildung 1). Die Verunsicherung über die gesamtwirtschaftliche Lage und Einkommensentwicklung ließ wohl viele Haushalte weniger dringende Arbeiten aufschieben. Die Kapazitätsauslastung, die Anfang 2020 noch ein Allzeithoch erreichte, blieb bis zuletzt hinter dem hohen Niveau der vergangenen Jahre zurück (Abbildung 2).

Die Nachfrage nach Wohnraum bleibt derweil grundsätzlich hoch. Insbesondere der Zuzug der vergangenen Jahre in die Metropolen sorgte für steigende Mieten und Immobilienpreise (Abbildung 3).infoVgl. Konstantin A. Kholodilin und Claus Michelsen (2020): Wohnungsmarkt in Deutschland: Trotz Krise steigende Immobilienpreise, Gefahr einer flächendeckenden Preisblase aber gering. DIW Wochenbericht Nr. 37, 642–652 (online verfügbar). Aktuell hat sich der Zuzug in die großen Städte spürbar abgeschwächt. Allerdings dürften die Metropolregionen als Ganzes ihre hohe Anziehungskraft behalten.

Auch die günstigen Finanzierungsbedingungen stützen die Wohnungsbautätigkeit weiterhin. Die Zinsen für Wohnungsbaukredite blieben trotz einer erhöhten Risikowahrnehmung der Banken im SommerinfoEuropäische Zentralbank (2020). The euro area bank lending survey – Second quarter of 2020 (online verfügbar). des abgelaufenen Jahres auf dem historisch niedrigen Niveau der Vorkrisenzeit (Abbildung 4). Zudem dürften das entschlossene Eingreifen der Bundesregierung zur Stabilisierung der Haushaltseinkommen, beispielsweise durch das Kurzarbeitergeld, sowie die vorübergehende Mehrwertsteuersenkung einen stärkeren Einbruch der Bautätigkeit im abgelaufenen Jahr verhindert haben: Zur Berechnung des Bruttopreises ist der Zeitpunkt der Fertigstellung eines Bauwerks ausschlaggebend, sodass viele AuftraggeberInnen motiviert gewesen sein dürften, ihre Projekte noch im Jahr 2020 zu Ende zu bringen. Weiterhin stützen Maßnahmen wie die Regelung zu Sonderabschreibungen im GeschosswohnungsneubauinfoClaus Michelsen (2018): Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung des Finanz­ausschuss des Deutschen Bundestages am 19. November 2018 zum Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus Bundestagsdrucksache 19/4949 (online verfügbar). und das BaukindergeldinfoClaus Michelsen, Stefan Bach und Michelle Harnisch (2018): Baukindergeld: Einkommensstarke Haushalte profitieren in besonderem Maße. DIW aktuell Nr. 14 (online verfügbar). insbesondere die Bestandssanierung. Die Debatten um Verschärfungen des Mietrechts hingegen dürften in diesem Segment ein eher zögerliches Investitionsverhalten der BestandsvermieterInnen nach sich ziehen.

Das Wohnungsbauvolumen wird nach einem Plus von 4,9 Prozent im vergangenen Jahr um voraussichtlich 3,7 Prozent im Jahr 2021 und um 5,8 Prozent im Jahr 2022 steigen (Tabelle 1).

Tabelle 1: Wohnungsbau in Deutschland

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
In Milliarden Euro zu jeweiligen Preisen
Neubauvolumen1 47,54 51,36 56,45 62,81 67,25 71,70 75,57 79,50 82,68 87,23
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 127,52 130,80 131,32 136,34 143,18 153,12 167,72 175,60 181,88 192,63
Wohnungsbauvolumen insgesamt 175,06 182,16 187,77 199,15 210,43 224,81 243,29 255,10 264,56 279,86
Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent
Neubauvolumen1 8,0 9,9 11,3 7,1 6,6 5,4 5,2 4,0 5,5
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 2,6 0,4 3,8 5,0 6,9 9,5 4,7 3,6 5,9
Wohnungsbauvolumen insgesamt 4,1 3,1 6,1 5,7 6,8 8,2 4,9 3,7 5,8
Anteile in Prozent
Neubauvolumen1 27,2 28,2 30,1 31,5 32,0 31,9 31,1 31,2 31,3 31,2
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 72,8 71,8 69,9 68,5 68,0 68,1 68,9 68,8 68,7 68,8
Wohnungsbauvolumen insgesamt 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100

1 Geschätzt über veranschlagte Baukosten (Bautätigkeitsstatistik), ergänzt um Zuschläge für Architektenleistungen und Gebühren, Außenanlagen und Eigenleistungen der Investoren.

2 Gebäude- und Wohnungsmodernisierung (einschließlich Um- und Ausbaumaßnahmen) sowie Instandsetzungsleistungen des Baugewerbes.

Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.

Wohnungsneubau krisenresistent

Im abgelaufenen Jahr 2020 dürfte die Neubautätigkeit mit 5,2 Prozent in nominaler Rechnung noch einmal recht dynamisch zugelegt, allerdings leicht an Tempo gegenüber den Vorjahren eingebüßt haben (Abbildung 5). Trotz der zeitweisen Auftragsschwäche angesichts der Corona-Pandemie blieben die Auftragseingänge im Trend ununterbrochen aufwärtsgerichtet (Abbildung 6). Somit dürfte auch in diesem Jahr rege Aktivität auf den Baustellen zu beobachten sein. Darauf deutet auch der Auftragsbestand hin, der nach einer Phase der Stagnation zuletzt wieder anstieg (Abbildung 7).

Nach einem ungewöhnlich starken Auftakt in das Jahr 2020 zeigten sich auch die Bauunternehmen während des ersten Lockdowns überaus pessimistisch ob der weiteren Geschäftsentwicklung. Mit Aufhebung der Maßnahmen hellte sich die Stimmung jedoch deutlich auf – auch das Geschäftsklima und die Einschätzung der Geschäftslage deuten darauf hin, dass die vom ifo Institut befragten Unternehmen in den kommenden Monaten wieder mit besseren Geschäften rechnen. Ähnliche Entwicklungen lassen sich bei den Baugenehmigungen erkennen, die im Frühjahr zurückgingen, seitdem jedoch wieder einen positiven Trend verzeichnen (Abbildung 8). Der Aufwärtstrend ist dabei stark durch die Kostenentwicklung geprägt; die Zahl und die Fläche der neu genehmigten Wohnungen stagnierten in den vergangenen Jahren. Aktuell nehmen diese jedoch wieder zu: Die Zahl der Baugenehmigungen lag von Januar bis Oktober 2020 um 3,4 Prozent über dem Vorjahreszeitraum.infoVgl. Statistisches Bundesamt (2020): Pressemitteilung 505 vom 14. Dezember 2020 (online verfügbar). Der deutliche Genehmigungsüberhang dürfte die Aktivität an den Baustellen weiterhin beleben. Der Bauüberhang entspricht derzeit etwa der Wohnungsbauleistung von rund zweieinhalb Jahren.

Auch in den kommenden beiden Jahren ist mit steigenden Umsätzen im Wohnungsneubau zu rechnen. Der Zuwachs dürfte jedoch geringer ausfallen als in den Jahren zuvor: In jeweiligen Preisen dürfte die Neubautätigkeit um rund vier Prozent im Jahr 2021 und um 5,5 Prozent im Jahr 2022 anziehen. Weniger stark als in den vergangenen Jahren steigen dabei die Preise: In realer Rechnung dürfte der Zuwachs bei etwa zwei Prozent im Jahr 2021 und 2,5 Prozent im Jahr 2022 liegen.

Bestandsmaßnahmen von Krise durchgeschüttelt

Die Bautätigkeit an bestehenden Wohngebäuden wurde von der Corona-Pandemie deutlich stärker beeinträchtigt als die Neubautätigkeit (Tabelle 1). Die schlechte wirtschaftliche Lage und die geringeren verfügbaren Einkommen sorgen – kombiniert mit Hygienemaßnahmen und Kontaktbeschränkungen – dafür, dass nicht dringend notwendige Ausbauarbeiten wohl zunächst zurückgestellt wurden. Dies dürfte auch zum Jahreswechsel 2020/21 eine Rolle spielen, zumal die Baumärkte anders als während des ersten Lockdowns nun ebenfalls ihre Geschäfte schließen mussten. Wenn sich die Einkommen mit der gesamtwirtschaftlichen Erholung und dem schrittweisen Abbau der Kurzarbeit in den kommenden Monaten stabilisieren, dürften auch die zusätzlichen Entlastungen für Haushalte wieder stimulierend wirken. Insbesondere die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, die mit Beginn dieses Jahres in Kraft getreten ist, wird die Kaufkraft von Haushalten mit mittleren und höheren Einkommen stärken und somit die Nachfrage nach Instandhaltungs- und Modernisierungsaufträgen anregen. Grundsätzlich stützen dürften die neuen Möglichkeiten für EigentümerInnen von Eigenheimen zur Abschreibung energetischer Sanierungsvorhaben.infoVgl. Bundesministerium der Finanzen (2020): Steuerliche Förderung energetischer Gebäude­sanierungen (online verfügbar). Diese wurden im Zusammenhang mit der Einführung eines CO2-Preises vom Bundestag beschlossen, um die Einsparung von Energie attraktiver zu machen.infoVgl. Bundesrat (2019): Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht. Drucksache 608/19 (online verfügbar).

Alles in allem ergibt die DIW Bauvolumenrechnung nach 4,7 Prozent Zuwachs im vergangenen Jahr eine Ausweitung der Bestandsaktivitäten um 3,6 Prozent im laufenden Jahr und dann wieder kräftige 5,9 Prozent im Jahr 2022.

Nichtwohnungshochbau: Öffentliche Bauherren werden wichtiger

Die Corona-Pandemie hat den Nichtwohnungsbau merklich ausgebremst. Insgesamt stieg das Volumen der Bauleistungen im abgelaufenen Jahr 2020 um 2,8 Prozent und damit so langsam wie seit 2016 nicht mehr (Tabelle 2). Besonders im gewerblichen Hochbau brachen Aufträge weg: Einerseits litt die ohnehin durch internationale Handelskonflikte und die Möglichkeit eines harten Brexits bedrohte deutsche Industrie zusätzlich unter blockierten Lieferketten und Handelswegen, was die schon schwache Nachfrage nach Produktions- und Lagerflächen nahezu stillgelegt haben dürfte. Andererseits büßte der Wirtschaftsbau die bis dato stabilisierende Wirkung des Dienstleistungssektors ein, der durch die weitgehenden Lockdown-Maßnahmen im Frühjahr des vergangenen Jahres und zum Jahreswechsel 2020/21 sowie den folgenden Einbruch des Konsums enorm in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Tabelle 2: Baumaßnahmen bei Nichtwohngebäuden in Deutschland

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
In Milliarden Euro zu jeweiligen Preisen
Neubauvolunmen1 30,92 31,67 32,38 35,41 37,95 40,99 44,71 45,56 46,11 48,41
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 56,64 57,86 57,49 56,36 57,99 60,41 63,81 66,00 67,27 69,68
Bauvolumen Nichtwohngebäude insgesamt3 87,56 89,53 89,87 91,77 95,94 101,40 108,52 111,56 113,38 118,09
Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent
Neubauvolunmen1 2,4 2,2 9,4 7,2 8,0 9,1 1,9 1,2 5,0
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 2,2 −0,6 −2,0 2,9 4,2 5,6 3,4 1,9 3,6
Bauvolumen Nichtwohngebäude insgesamt3 2,2 0,4 2,1 4,5 5,7 7,0 2,8 1,6 4,2
Anteile in Prozent
Neubauvolunmen1 35,3 35,4 36,0 38,6 39,6 40,4 41,2 40,8 40,7 41,0
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 64,7 64,6 64,0 61,4 60,4 59,6 58,8 59,2 59,3 59,0
Bauvolumen Nichtwohngebäude insgesamt3 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100

1 Einschließlich landwirtschaftliche Betriebsgebäude.

2 Einschließlich übrige nichtlandwirtschaftliche Betriebsgebäude.

3 Bauvolumen im gewerblichen und öffentlichen Hochbau.

Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.

Auch der in den vergangenen Jahren belebende Effekt der öffentlichen Hand konnte im Jahr 2020 seine Wirkung nicht vollumfänglich entfalten. Wegen wegbrechender Gewerbesteuereinnahmen hielten sich die Kommunen mit Investitionen zurück, der Lockdown und die dadurch noch dünner besetzten öffentlichen Verwaltungen taten ihr Übriges. Das Konjunkturpaket zeigte bis zum Ende des Jahres noch wenig Zugkraft für zusätzliche öffentliche Investitionen. Für die kommenden Jahre ist wieder mit verstärktem Mittelabfluss aus dem Kommunalinvestitionsförderungsfonds zu rechnen, zusätzlich dürften die Maßnahmen des Konjunkturpakets, die Kompensation der Kommunen für ihre Steuerausfälle sowie die Investitionsinitiative der Bundesregierung stimulierend wirken. Nach wie vor dürfte für viele Kommunen der Engpass auf der personellen Seite zu suchen sein – die Zahl der Beschäftigten in den Bauplanungsämtern ist trotz der regen Bautätigkeit in den vergangenen Jahren weiter gesunken.infoVgl. Martin Gornig und Claus Michelsen (2017): Kommunale Investitionsschwäche: Engpässe bei Planungs- und Baukapazitäten bremsen Städte und Gemeinden aus. DIW Wochenbericht Nr. 11, 211–219 (online verfügbar).

Der DIW Bauvolumenrechnung zufolge ist für das laufende Jahr eine Ausweitung des Volumens im Nichtwohnungshochbau um 1,6 Prozent (in jeweiligen Preisen) zu erwarten, für das kommende Jahr dann um 4,2 Prozent. Damit ist der Nichtwohnungsbau nach dem Anstieg der Aktivitäten um rund sieben Prozent im Jahr 2019 erheblich ausgebremst.

Home-Office bremst Bedarf an Bürogebäuden

Das Jahr 2020 hat vielerorts die Perspektive auf das Arbeiten von zu Hause und die Bedeutung der Anwesenheit am außerhäuslichen Arbeitsplatz verändert. Sowohl private Unternehmen als auch öffentliche Institutionen haben die Möglichkeiten des Home-Office in den vergangenen Monaten ausgebaut. Somit steht die längerfristige Rentabilität neuer Bürogebäude immer mehr in Frage. Dies zeigt sich auch bei den Baugenehmigungen für Büro- und Verwaltungsgebäude, die nach einem starken Aufwärtstrend vor der Corona-Pandemie zuletzt stagnierten (Abbildung 8). Zwar gibt es aktuell keine Aussicht auf gesetzliche Regelungen zum Anspruch auf das Home-Office, doch auch nach Abklingen der Pandemie dürfte sich der Trend zum mobilen Arbeiten zumindest in Teilen fortsetzen. Welche Auswirkungen dies mittelfristig auf den Büroimmobilienmarkt haben wird, ist noch unklar.infoDror Poleg (2021): The Future of Offices When Workers Have a Choice. The New York Times, 4. Januar. Kurzfristig wird diese Unsicherheit aber die Nachfrage nach neuen Büro- und Verwaltungsgebäuden weiter bremsen. Noch deutlicher lassen sich die Effekte der Pandemie bei den Genehmigungen von Fabrik- und Werkstatt- sowie Handels- und Lagergebäuden erkennen: Beide gingen im vergangenen Jahr zurück.

Eine Stabilisierung ist im weiteren Verlauf vor allem von der öffentlichen Hand zu erwarten, sodass die Umsätze im Nichtwohnungshochbau auch im kommenden Jahr unter dem Strich steigen dürften. Für das laufende Jahr ist in nominaler Rechnung mit einer Ausweitung des Neubauvolumens um 1,2 Prozent zu rechnen (Tabelle 2). Dabei dürfte der Zuwachs bei den anteilsmäßig geringeren öffentlichen Bauten mit rund vier Prozent deutlich kräftiger ausfallen als im gewerblichen Hochbau, für den ein Rückgang von etwa ein Prozent erwartet wird. Im Jahr 2022 ist dann eine Erholung in beiden Bereichen angelegt.

Sanierungen öffentlicher Gebäude spürbar ausgeweitet

Die Maßnahmen im Bestand haben in den vergangenen Jahren bereits deutlich zugelegt und dürften im abgelaufenen Jahr 2020 mit 3,4 Prozent erneut gestiegen sein. Maßgeblich hierfür waren die regen Sanierungsaktivitäten der öffentlichen Hand, die den Sanierungsstau der zurückliegenden Jahre allmählich abarbeitet. Gleichwohl stieg im KfW-Kommunalpanel der berichtete Investitionsbedarf, wohl vor allem aufgrund gestiegener Baupreise.infoKfW Bankengruppe (2020): KfW-Kommunalpanel 2020 (online verfügbar).

Im Wirtschaftsbau dürften die Ausbaumaßnahmen auf Ersatzinvestitionen fokussiert sein. Zwar bietet die geringere Kapazitätsauslastung Raum für Modernisierungsarbeiten, in Anbetracht der wirtschaftlichen Unsicherheit und verminderter Umsätze bedeuten nicht zwingend notwendige Maßnahmen jedoch für viele Unternehmen ein zu großes Geschäftsrisiko. Diese dürften sich somit in diesem Jahr auf den Erhalt der Substanz konzentrieren und nur in geringem Maße Erweiterungsprojekte anstoßen.

Unter dem Strich sind für dieses Jahr Steigerungen der Bestandsmaßnahmen im Nichtwohnungsbau um nominal 1,9 Prozent (Tabelle 2) und ein leichter Rückgang in realer Rechnung zu erwarten. Im kommenden Jahr dürfte die Aktivität um nominal knapp vier Prozent ausgeweitet werden. Weiterhin dürfte die Dynamik primär durch die Entwicklung des öffentlichen Baus geprägt sein. Dieser wird im laufenden Jahr wohl um knapp sieben Prozent zulegen. Die Aktivität im Wirtschaftsbau dürfte hingegen um gut ein Prozent geringer ausfallen als im Jahr 2020.

Wachstum im Tiefbau setzt sich fort

Nachdem das Tiefbauvolumen in den vorherigen Jahren deutlich gestiegen war, ging es im Jahr 2020 nur noch verlangsamt aufwärts (Tabelle 3). Die Produktion blieb zwar bis zuletzt stabil und leicht aufwärtsgerichtet (Abbildung 1). Jedoch gaben die Auftragseingänge insbesondere im Wirtschaftstiefbau und Straßenbau nach, und auch die Kapazitätsauslastung im gesamten Tiefbau ging deutlich zurück und blieb bis zuletzt niedrig (Abbildung 2, Abbildung 6). Dies dürfte maßgeblich an der Zurückhaltung des Staats gelegen haben, der vor allem den Infrastrukturausbau während der Corona-Pandemie weniger stark vorantrieb. Mit wiedereinsetzender wirtschaftlicher Erholung lassen sich hier jedoch erneut deutliche Impulse erwarten.

Tabelle 3: Tiefbau in Deutschland

2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
In Milliarden Euro zu jeweiligen Preisen
Gewerblicher Tiefbau 28,11 29,31 29,55 30,29 32,90 35,02 37,75 38,15 37,73 39,17
Öffentlicher Tiefbau 25,19 27,36 27,35 28,50 30,88 34,44 37,77 39,54 41,34 43,22
Bauvolumen Tiefbau 53,30 56,67 56,89 58,79 63,79 69,46 75,51 77,70 79,07 82,39
Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent
Gewerblicher Tiefbau 0,2 4,3 0,8 2,5 8,6 6,4 7,8 1,1 −1,1 3,8
Öffentlicher Tiefbau 2,9 8,6 0,0 4,2 8,4 11,5 9,7 4,7 4,5 4,6
Bauvolumen Tiefbau 1,4 6,3 0,4 3,3 8,5 8,9 8,7 2,9 1,8 4,2
Anteile in Prozent
Gewerblicher Tiefbau 52,7 51,7 51,9 51,5 51,6 50,4 50,0 49,1 47,7 47,5
Öffentlicher Tiefbau 47,3 48,3 48,1 48,5 48,4 49,6 50,0 50,9 52,3 52,5
Bauvolumen Tiefbau 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100

Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.

Im Bereich des gewerblichen Tiefbaus zeigen sich ebenfalls deutliche Spuren der Corona-Krise, die nur allmählich wettgemacht werden; für die kommenden Jahre ist hier ein weiterhin schwaches Wachstum zu erwarten. Die geringere Nachfrage im Wirtschaftsbau dürfte allerdings zumindest teilweise durch einen Investitionshochlauf der öffentlichen Hand abgefangen werden. Für das Jahr 2021 ist der DIW Bauvolumenrechnung zufolge daher ein Zuwachs des Tiefbauvolumens von knapp zwei Prozent zu erwarten. Im kommenden Jahr dürfte der Anstieg mit 4,2 Prozent in nominaler Rechnung wieder stärker ausfallen. Die Zuwachsraten von gewerblichem und öffentlichem Tiefbau dürften dann wieder näher beieinander liegen.

Bauhauptgewerbe büßt seinen Vorsprung beim Wachstumstempo ein

Das Bauhauptgewerbe hat vom Bauboom der vergangenen Jahre weit überdurchschnittlich profitiert (Tabelle 4). Allein zwischen 2016 und 2019 stieg im Bauhauptgewerbe das reale Bauvolumen um insgesamt fast 13 Prozent. Die realen Zuwächse im Ausbaugewerbe waren dagegen nicht einmal halb so groß. Und auch die übrigen Produzentengruppen erreichten keine zweistelligen Zuwächse. Besonders günstig auf das Bauhauptgewerbe wirkt sich dabei die positive Entwicklung im Wohnungsneubau aus. Aber auch das Wiederanziehen der öffentlichen Bautätigkeit in dieser Periode trug zum guten Abschneiden des Bauhauptgewerbes bei.

Tabelle 4: Eckwerte der Entwicklung des Bauvolumens in Deutschland

2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022
In Milliarden Euro zu jeweiligen Preisen Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent
Bauvolumen insgesamt 334,53 349,71 370,16 395,67 427,33 444,35 457,01 480,34 4,5 5,8 6,9 8,0 4,0 2,9 5,1
Wohnungsbau 187,77 199,15 210,43 224,81 243,30 255,10 264,56 279,86 6,1 5,7 6,8 8,2 4,9 3,7 5,8
Wirtschaftsbau 101,41 103,33 109,68 116,29 124,27 125,60 124,43 129,31 1,9 6,1 6,0 6,9 1,1 −0,9 3,9
Öffentlicher Bau 45,35 47,23 50,05 54,57 59,77 63,66 68,02 71,17 4,1 6,0 9,0 9,5 6,5 6,9 4,6
Preisentwicklung 1,9 3,6 4,9 4,2 1,7 1,8 2,5
real, Kettenindex, 2010 = 100
Bauvolumen insgesamt 105,37 108,09 110,51 112,73 116,50 119,11 120,36 123,47 2,6 2,2 2,0 3,8 2,2 1,1 2,6
Nach Baubereichen
Wohnungsbau 109,88 114,24 116,96 119,60 123,77 127,51 129,52 133,24 4,0 2,4 2,3 3,5 3,0 1,6 2,9
Wirtschaftsbau 103,84 104,01 106,21 107,29 110,00 108,88 106,91 109,12 0,2 2,1 1,0 2,5 −1,0 −1,8 2,1
Öffentlicher Bau 92,79 94,85 96,72 99,72 104,23 109,83 114,55 117,04 2,2 2,0 3,1 4,5 5,4 4,3 2,2
Nach Produzentengruppen
Bauhauptgewerbe 112,13 115,95 120,48 124,44 130,52 133,54 135,24 138,48 3,4 3,9 3,3 4,9 2,3 1,3 2,4
Ausbaugewerbe 98,85 100,75 101,45 102,93 105,85 108,51 109,83 112,81 1,9 0,7 1,5 2,8 2,5 1,2 2,7
Sonstige Bauleistungen 107,52 110,84 114,34 118,46 121,41 123,42 124,08 127,21 3,1 3,2 3,6 2,5 1,7 0,5 2,5

Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.

Vor allem im Ausbaugewerbe dürfte darüber hinaus das reale Wachstum zunehmend von Personalengpässen eingeschränkt worden sein.infoBundesministerium der Finanzen (2020): Die Bauwirtschaft: Engpass für die öffentliche ­Investitionstätigkeit? – Ergebnisse eines BMF-Workshops. Monatsberichte des BMF, Januar (online verfügbar). So konnte das Ausbaugewerbe vermutlich weniger auf Arbeitskräfte aus anderen europäischen Ländern zugreifen als das Bauhauptgewerbe. Das Bauhauptgewerbe realisierte zudem deutlich höhere Produktivitätszuwächse als das Ausbaugewerbe.infoGornig, Görzig und Michelsen (2020), a.a.O.

Mit dem aktuell stark abnehmenden generellen Wachstumstempo der Bautätigkeit spielen diese differenzierenden Einflüsse eine immer geringere Rolle. Für 2021 wird damit gerechnet, dass das reale Bauvolumen im Bauhaupt- wie im Ausbaugewerbe jeweils nur um gut ein Prozent wächst. Zurück bleibt die Entwicklung des Bauvolumens der übrigen Produzentengruppen. So dürften insbesondere Beiträge der Industrie wegen des Rückgangs des Wirtschaftsbaus schwächer ausfallen. Für 2022 ist hingegen damit zu rechnen, dass alle Produzentengruppen in etwa gleichem Maße vom Wiederanstieg der Bautätigkeit profitieren. Das Ausbaugewerbe könnte dabei sogar leicht vor den anderen liegen.

Fazit: Auf die Kommunen kommt es an

Die konjunkturelle Lage in der Bauwirtschaft ist trotz der tiefen Einschnitte durch die Corona-Pandemie vergleichsweise gut. Nach wie vor wird in erheblichem Umfang in den Neubau und die Sanierung von Wohngebäuden investiert, was die Baukonjunktur maßgeblich stützt. Ein anderes Bild ergibt sich für die Bereiche des Wirtschaftsbaus und des öffentlichen Baus. Gerade bei den Unternehmen zeigen sich die Auswirkungen der Pandemie in erheblich geringeren Bauinvestitionen. Verluste, Eigenkapitalverzehr und Unsicherheit sorgen für eine niedrigere wirtschaftliche Aktivität und damit auch einen geringeren Bedarf an zusätzlichen Produktionskapazitäten. Hinzu kommt, dass die Corona-Krise zumindest kurzfristig einen erheblichen Wandel auch in der Arbeitswelt angestoßen hat: Viele Unternehmen haben sich dezentral organisiert und erkennen, dass auch auf diesem Weg eine produktive Zusammenarbeit möglich ist. Auch der stationäre Einzelhandel hat gegenüber dem Online-Geschäft verloren. Dies kann mittelfristig auch zu Verschiebungen der Nachfrage führen – ob und in welchem Umfang dieser Wandel allerdings Bestand haben wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Die Bauinvestitionen der öffentlichen Hand hängen maßgeblich von den Aktivitäten der Kommunen ab. Deren Finanzen sind durch die geringeren Steuereinnahmen und höheren Kosten im sozialen Bereich erheblich getroffen. Hier hat der Bund umfangreiche Mittel bereitgestellt, um einerseits Steuerausfälle zu kompensieren, andererseits aber auch zusätzliche Investitionen zu ermöglichen. Es hängt von der Umsetzung in den Kommunen ab, ob diese Mittel tatsächlich auch in der Bauwirtschaft ankommen. Im Zweifel müssen die Konditionen für die kommunale Kostenbeteiligung noch einmal vorteilhafter gestaltet werden, damit die notwendigen Investitionen in Bildung, Klimaschutz, Infrastruktur und Digitalisierung auf kommunaler Ebene nicht ins Stocken geraten. Hier sind insbesondere die Länder in der Pflicht, denn diese könnten beispielsweise die Co-Finanzierung vollständig übernehmen.

Längerfristig bleibt eine kommunale Finanzreform auf der Tagesordnung. Die Abhängigkeit vor allem der Städte von der konjunkturell stark schwankenden Gewerbesteuer sollte reduziert werden. Ebenfalls würde es vielen überschuldeten Kommunen helfen, wenn deren Altschuldenlast reduziert würde. Auch hier sind in erster Linie die Länder gefragt. Der Bund könnte hingegen in Form einer Gemeinschaftsaufgabe zur Stabilisierung der kommunalen Investitionstätigkeit beitragen.

Laura Pagenhardt

Doktorandin in der Abteilung Makroökonomie

Martin Gornig

Forschungsdirektor für Industriepolitik in der Abteilung Unternehmen und Märkte



JEL-Classification: E32;E66
Keywords: Construction industry, residential construction, public infrastructure, economic outlook
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2021-1-1

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/229919

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