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Mehr Frauen in Spitzengremien großer Unternehmen, Dynamik aber verhalten – Gesetzliche Vorgabe könnte Schwung bringen

DIW Wochenbericht 3 / 2021, S. 22-34

Anja Kirsch, Katharina Wrohlich

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Die Frauenanteile in den Spitzengremien großer Unternehmen in Deutschland sind im vergangenen Jahr weiter gestiegen. In den 200 umsatzstärksten Unternehmen gab es im vierten Quartal des Jahres 2020 mit 101 Vorständinnen sieben mehr als ein Jahr zuvor. Hier wie auch in einigen anderen Unternehmensgruppen gewann die Entwicklung aber kaum an Dynamik. So lag der entsprechende Frauenanteil bei den Top-200-Unternehmen mit rund zwölf Prozent lediglich um gut einen Prozentpunkt höher als im Jahr zuvor. Bei den DAX-30-Unternehmen gab es sogar erstmals seit 2013 eine Stagnation. Schwung könnte die zu Beginn des Jahres vom Bundeskabinett beschlossene Mindestbeteiligung für Vorstände bringen: In ihrer jetzigen Ausgestaltung gilt sie für aktuell 74 Unternehmen, von denen etwa 30 sie noch nicht erfüllen. Tun sie dies, würde der Anteil der Vorständinnen in den unter die Regelung fallenden Unternehmen von etwa 13 auf 21 Prozent steigen. Zudem wären gleichstellungspolitische Impulse weit über die Vorstandsetagen hinaus möglich. Dass gesetzlich verbindliche Vorgaben wirken, unterstreicht die Entwicklung in den Aufsichtsräten.

Im Managerinnen-Barometer des DIW Berlin werden seit 15 Jahren die Anteile von Frauen in Vorständen und Geschäftsführungen (nachfolgend Vorstände) sowie in Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräten sowie Kuratorien (nachfolgend Aufsichtsräte) der größten Unternehmen in Deutschland dokumentiert.infoZuletzt im Jahr 2020, vgl. Anja Kirsch und Katharina Wrohlich (2020): Frauenanteile in Spitzengremien großer Unternehmen steigen – abgesehen von Aufsichtsräten im Finanzsektor. DIW Wochenbericht Nr. 4, 38–49 (online verfügbar; abgerufen am 12. Januar 2021. Dies gilt auch für alle anderen Online-Quellen dieses Berichts, sofern nicht anders vermerkt). Zudem wird dargestellt, wie viele Frauen als Vorsitzende des Vorstands beziehungsweise als Vorstandssprecherinnen (nachfolgend Vorstandsvorsitzende) sowie als Aufsichtsratsvorsitzende tätig sind. Diese Frauenanteile werden in diesem Bericht für die 200 – gemessen am Umsatz – größten Unternehmen in Deutschland (mit Ausnahme des Finanzsektors)infoDie Auswahl der 100 beziehungsweise 200 nach Umsatz größten Unternehmen erfolgte auf Basis der Publikation „Die 100 größten Unternehmen“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Beilage vom 8. Juli 2020)., für alle DAX-UnternehmeninfoDie Liste der börsennotierten Unternehmen in den einzelnen DAX-Gruppen wurde der Internetseite www.boerse.ard.de entnommen (abgerufen am 5. Oktober 2020)., alle Unternehmen mit BundesbeteiligunginfoDie vollständige Liste aller Unternehmen mit unmittelbarer Bundesbeteiligung wurde dem Beteiligungsbericht des Bundes 2019 entnommen (online verfügbar, abgerufen am 12. Oktober 2020). sowie für die 100 – gemessen an der Bilanzsumme – größten BankeninfoDie Auswahl der nach der Bilanzsumme 100 größten Banken und Sparkassen erfolgte nach Anja U. Kraus und Harald Kuck (2020): Kurs voraus, und das Schiff sturmfest machen. Die Bank, Zeitschrift für Bankpolitik und Praxis, Heft 07/2020, 8–17. und – nach Beitragseinnahmen – 60 größten VersicherungeninfoDie Auswahl der nach Beitragseinnahmen 60 größten Versicherungen erfolgte auf Basis einer Sonderauswertung des Kölner Instituts für Versicherungsinformation und Wirtschaftsdienste (KIVI). Zudem wurden die größten Rückversicherungsunternehmen aus der Rückversicherungsstatistik mit Stichtag 31. Dezember 2018, veröffentlicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im März 2020, in die Gruppe der 60 größten Versicherungsunternehmen integriert. erfasst. Zudem werden die Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten auch gesondert für die der Geschlechterquote für Aufsichtsräte unterliegenden UnternehmeninfoDie Liste der im Herbst 2020 der Geschlechterquote im Aufsichtsrat unterliegenden Unternehmen wurde uns dankenswerterweise von der Initiative FidAR e.V. zur Verfügung gestellt. berichtet. Zusammen genommen enthält das DIW Managerinnen-Barometer somit Informationen zu etwa 500 Unternehmen in Deutschland. Die hier veröffentlichten Zahlen wurden vom 1. Oktober bis zum 30. November 2020 recherchiert.infoWir danken Arianna Antezza, Denise Barth und Maximilian Hauser für die exzellente Unterstützung bei der Datenrecherche. Die Angaben beruhen auf den Selbstdarstellungen der Unternehmen im Internet, den Geschäftsberichten des Jahres 2019, dem Bundesanzeiger sowie auf Anfragen der Autorinnen dieses Wochenberichts bei den Unternehmen. Im Anschluss an die Darstellung der Entwicklung der Frauenanteile in Vorständen und Aufsichtsräten in den größten Unternehmen Deutschlands wird ein Vergleich zu den größten börsennotierten Unternehmen in anderen europäischen Ländern gezogen.

Top-200-Unternehmen

Frauenanteil in Vorständen steigt weiter leicht an

Beim Frauenanteil in Vorständen haben die 200 umsatzstärksten Unternehmen (ohne den Finanzsektor) im Herbst 2019 erstmals die Zehn-Prozent-Marke geknackt. Im vergangenen Jahr ist der Anteil weiter leicht gestiegen und liegt nun bei rund zwölf Prozent (Tabelle 1infoDie Zahlen für sämtliche Jahre seit 2006 und zusätzlich eine namentliche Auflistung aller Vorständinnen der Top-200-Unternehmen im Jahr 2020 sind hier abrufbar: www.diw.de/managerinnen, Abbildung 1). Sieben Frauen mehr (101 statt 94) hatten im Herbst 2020 bei insgesamt etwas weniger Vorstandsmitgliedern (878 statt 907) einen Vorstandsposten inne. In den Top-100-Unternehmen, die die Zehn-Prozent-Marke bereits im Jahr 2018 überschritten, ist der Frauenanteil in den Vorständen ebenfalls weiter gestiegen und lag bei fast 14 Prozent.

Tabelle 1: Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten der größten 200 Unternehmen¹ in Deutschland (ohne Finanzsektor)

Top-200-Unternehmen Top-100-Unternehmen
2006 2011 2014 2016 2018 2019 2020 2006 2011 2014 2016 2018 2019 2020
Vorstände/Geschäftsführungen
Unternehmen insgesamt 200 200 200 200 200 200 200 100 100 100 100 100 100 100
Mit Angaben zur Zusammensetzung 195 197 197 200 192 197 193 97 100 97 100 97 98 96
Mit Frauen im Vorstand 9 22 43 61 65 78 81 1 11 17 35 41 45 48
Anteil in Prozent 4,6 11,2 21,8 30,5 33,9 39,6 42,0 1,0 11,0 17,5 35,0 42,3 45,9 50,0
Mitglieder insgesamt 953 942 877 931 887 907 878 531 533 461 498 488 484 468
Männer 942 914 830 855 807 813 777 530 520 442 455 439 428 404
Frauen 11 28 47 76 80 94 101 1 13 19 43 49 56 64
Anteil der Frauen in Prozent 1,2 3,0 5,4 8,2 9,0 10,4 11,5 0,2 2,4 4,1 8,6 10,0 11,6 13,7
Vorsitze insgesamt 195 198 183 176 171 192 183 97 100 92 94 89 97 95
Männer 195 197 179 171 164 182,5 176 97 100 92 94 88 94,5 91
Frauen 0 1 4 5 7 9,5 7 0 0 0 0 1 2,5 4
Anteil der Frauen in Prozent 0 0,5 2,2 2,9 4,1 4,9 3,8 0 0 0 0 1,1 2,6 4,2
Aufsichts-/Verwaltungsräte
Unternehmen insgesamt 200 200 200 200 200 200 200 100 100 100 100 100 100 100
Mit Angaben zur Zusammensetzung 170 163 155 154 152 164 154 87 90 85 81 82 88 83
Mit Frauen im Aufsichtsrat 110 118 133 138 136 150 145 65 68 76 74 77 83 79
Anteil in Prozent 64,7 72,4 85,8 89,6 89,5 91,5 94,2 74,7 75,6 89,4 91,4 93,9 94,3 95,2
Mitglieder insgesamt 2500 2268 2156 2160 2071 2177 2074 1389 1326 1232 1198 1266 1321 1252
Männer 2304 1999 1759 1671 1514 1563 1453 1270 1178 1003 922 906 932 866
Frauen 196 269 397 489 557 614 621 119 148 229 276 360 389 386
Anteil der Frauen in Prozent 7,8 11,9 18,4 22,6 26,9 28,2 29,9 8,6 11,2 18,6 23,0 28,4 29,4 30,8
Vorsitze insgesamt 170 167 149 153 153 162 153 87 91 84 80 83 87 83
Männer 167 164 144 150 148 156 145 85 88 81 78 80 84 79
Frauen 3 3 5 3 5 6 8 2 3 3 2 3 3 4
Anteil der Frauen in Prozent 1,8 1,8 3,4 2,0 3,3 3,7 5,2 2,3 3,3 3,6 2,5 3,6 3,4 4,8
Unternehmen mit Angaben zur Arbeitnehmervertretung 123 105 118 123 116 118 116 81 62 63 68 69 66 65
Mitglieder insgesamt 2206 1567 1869 1933 1773 1813 1809 602 912 1043 1104 1144 1118 1118
Männer 2023 1391 1521 1483 1283 1272 1255 487 824 845 842 813 772 768
Frauen 183 176 348 450 490 541 554 115 88 198 262 331 346 350
Arbeitnehmervertreterinnen 139 119 200 233 254 283 286 84 65 113 135 171 179 180
Anteil an den Frauen insgesamt in Prozent 76,0 67,6 57,5 51,8 51,8 52,3 51,6 73,0 73,9 57,1 51,5 51,7 51,7 51,4

1 Die Zahlen für das Jahr 2020 wurden vom 1. Oktober bis 30. November 2020 recherchiert.

Zahlen für sämtliche Jahre seit 2006 sind online abrufbar: www.diw.de/managerinnen

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

Nach wie vor deutlich geringer ist jedoch der Anteil von Frauen, die in diesen Unternehmensgruppen einen Vorstandsvorsitz innehaben: In der Gruppe der Top-200-Unternehmen ist er zuletzt sogar um gut einen Prozentpunkt auf knapp vier Prozent gesunken (sieben Frauen statt zehninfoIn Tabelle 1 sind 9,5 Frauen unter den Top-200-Unternehmen als Vorstandsvorsitzende im Jahr 2019 (beziehungsweise 2,5 bei den Top-100-Unternehmen) ausgewiesen, dies wurde im Text auf zehn Personen (beziehungsweise drei Personen bei den Top-100-Unternehmen) aufgerundet. Die 0,5 Personen kamen durch die geteilte Doppelspitze von Jennifer Morgan und Christian Klein bei SAP zustande. im Jahr zuvor), in den Top-100-Unternehmen liegt er mit nun ebenfalls rund vier Prozent (vier Frauen) etwas höher als im Vorjahr.infoManon van Beek (Tennet TSO GmbH), Anna Maria Braun (B. Braun Melsungen AG), Dr. Carla Kriwet (BSH Hausgeräte GmbH) und Martina Merz (Thyssen-Krupp AG).

Aufsichtsräte sind zu fast 30 Prozent mit Frauen besetzt

Auch in den Aufsichtsräten sind die Frauenanteile gestiegen: In den Top-200-Unternehmen waren im letzten Quartal 2020 knapp 30 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder Frauen – eine Steigerung um fast zwei Prozentpunkte gegenüber dem Jahr zuvor. Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der Top-100-Unternehmen hat ebenfalls zugelegt und lag bei knapp 31 Prozent – gut ein Prozentpunkt mehr als im Jahr 2019.

Gestiegen ist – wenn auch auf wesentlich niedrigerem Niveau – zudem die Zahl der Frauen mit einem Aufsichtsratsvorsitz: bei den Top-200-Unternehmen von sechs im Jahr 2019 auf acht im Jahr 2020, was gut fünf Prozent aller Aufsichtsratsvorsitze entspricht. Bei den Top-100-Unternehmen waren vier Frauen Aufsichtsratsvorsitzende und damit eine mehr als im Jahr zuvor – der entsprechende Anteil lag bei knapp fünf Prozent.infoDr. Simone Bagel-Trah (Henkel AG & Co. KGaA), Anna Borg (Vattenfall Deutschland), Doreen Nowotne (Brenntag AG) und Bettina Würth (Würth-Gruppe).

Mehr oder weniger unverändert im Vergleich zu den Jahren zuvor sind die Anteile der Frauen, die von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite in den Aufsichtsrat entsandt werden. Während vor zehn Jahren noch drei Viertel aller Aufsichtsrätinnen von der Arbeitnehmerseite gestellt wurden, ist die Aufteilung seit 2016 nahezu ausgeglichen.

Börsennotierte Unternehmen

Fast überall mehr Frauen in Vorständen – außer in DAX-30-Gruppe

Der Frauenanteil in den Vorständen der untersuchten börsennotierten Unternehmen (DAX-30, MDAX, SDAX und TecDAX) ist im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt der DAX-Gruppen gestiegen und lag im Herbst 2020 bei gut elf Prozent (Tabelle 2infoZahlen für weitere Jahre und zusätzlich eine namentliche Auflistung aller Frauen in Vorständen börsennotierter Unternehmen in Deutschland im Jahr 2020 sind hier abrufbar: www.diw.de/managerinnen). Damit überstieg er erstmals die Zehn-Prozent-Marke. Der Anteil der einem Vorstand vorsitzenden Frauen ist seit 2017 mehr oder weniger unverändert geblieben und betrug im Herbst 2020 gut drei Prozent.infoMDAX: Antje Leminsky (GRENKE Group), Martina Merz (Thyssen-Krupp AG), SDAX: Angela Titzrath: (HHLA AG), Sonja Wärntges (DIC Asset AG) und Petra von Strombeck (New Work SE).

Tabelle 2: Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten ausgewählter börsennotierter Unternehmen¹ in Deutschland

Unterliegen der Geschlechterquote im Aufsichtsrat2 Durchschnitt DAX-Gruppen
2018 2019 2020 20113 2013 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Vorstände/Geschäftsführungen
Unternehmen insgesamt 104 105 107 130 160 160 160 160 160 160 160
Mit Angaben zur Zusammensetzung 104 105 107 130 160 160 160 160 160 159 159
Mit Frauen im Vorstand 34 42 50 17 37 35 37 43 51 56 64
Anteil in Prozent 32,7 40,0 46,7 13,1 23,1 21,9 23,1 26,9 31,9 35,2 40,3
Mitglieder insgesamt 483 494 485 569 681 658 686 697 709 706 686
Männer 442 443 424 549 639 620 640 647 651 640 610
Frauen 41 51 61 20 42 38 46 50 58 66 76
Anteil der Frauen in Prozent 8,5 10,3 12,6 3,5 6,2 5,8 6,7 7,2 8,2 9,3 11,1
Vorsitze insgesamt 104 105 107 130 160 158 157 155 153 157 157
Männer 102 101,5 104 129 159 158 156 150 149 152,5 152
Frauen 2 3,5 3 1 1 0 1 5 4 4,5 5
Anteil der Frauen in Prozent 1,9 3,3 2,8 0,8 0,6 0 0,6 3,2 2,7 3,0 3,3
Aufsichts-/Verwaltungsräte
Unternehmen insgesamt 104 105 107 130 160 160 160 160 160 160 160
Mit Angaben zur Zusammensetzung 104 105 107 130 160 158 159 160 160 159 159
Mit Frauen im Aufsichtsrat 104 105 107 82 119 130 134 137 140 136 141
Anteil in Prozent 100 100 100 63,1 74,4 81,3 83,8 85,6 87,5 85,5 88,7
Mitglieder insgesamt 1511 1577 1621 1406 1668 1653 1698 1761 1709 1698 1703
Männer 1016 1027 1045 1228 1384 1284 1261 1284 1195 1167 1150
Frauen 495 550 576 178 286 369 437 477 514 531 553
Anteil der Frauen in Prozent 32,8 34,9 35,5 12,7 17,1 22,3 25,7 27,1 30,1 31,3 32,4
Vorsitze insgesamt 104 105 107 130 158 158 157 160 160 159 159
Männer 100 99 102 129 154 152 152 155 151 151 152
Frauen 4 6 5 1 4 6 5 5 9 8 7
Anteil der Frauen in Prozent 3,8 5,7 4,7 0,8 2,5 3,8 3,2 3,1 5,6 5,0 4,4
Unternehmen mit Angaben zur Arbeitnehmervertretung 102 103 107 100 72 98 96 98 95 94 95
Mitglieder insgesamt 1502 1559 1621 1074 891 1284 1292 1360 1308 1307 1330
Männer 1009 1017 1045 952 727 973 924 955 877 854 857
Frauen 493 542 576 122 164 311 368 405 431 453 474
Arbeitnehmervertreterinnen 255 278 292 90 101 167 192 205 219 228 239
Anteil an den Frauen insgesamt in Prozent 51,7 51,3 50,8 73,8 61,6 53,7 52,2 50,6 50,8 50,3 50,5

1 Die Zahlen für das Jahr 2020 wurden vom 1. Oktober bis 30. November 2020 recherchiert.

2 Unternehmen laut Women-on-Board-Index 2020 von FidAR.

3 Berechnungen ohne TecDAX-Unternehmen.

Zahlen für weitere Jahre sind online abrufbar: www.diw.de/managerinnen

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

Ein detaillierterer Blick auf die einzelnen DAX-Gruppen (Tabelle 3infoZahlen für weitere Jahre sind hier abrufbar: www.diw.de/managerinnen) zeigt, dass die DAX-30-Unternehmen bezüglich des Frauenanteils in den Vorständen bislang immer Vorreiter waren. Auch im Jahr 2020 hatte diese Gruppe mit fast 15 Prozent den höchsten Frauenanteil in den Vorständen. Allerdings stagnierte er erstmals seit 2013. Alle anderen DAX-Gruppen konnten einen steigenden Frauenanteil in ihren Vorständen verzeichnen. Besonders groß war der Anstieg bei den MDAX-Unternehmen, hier ging es um rund drei Prozentpunkte auf zwölf Prozent nach oben. In den SDAX-Unternehmen betrug der Anstieg zwei Prozentpunkte auf nun knapp acht Prozent. Auch im Tec-DAX ging es um fast zwei Prozentpunkte aufwärts auf jetzt knapp elf Prozent – erstmals hatte damit in dieser Gruppe mehr als jeden zehnten Vorstandsposten eine Frau inne.

Tabelle 3: Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten der DAX-Unternehmensgruppen¹

DAX-30 MDAX SDAX TecDAX
2008 2011 2014 2018 2019 2020 2011 2014 2018 2019 2020 2011 2014 2018 2019 2020 2014 2018 2019 2020
Vorstände/Geschäftsführungen
Unternehmen insgesamt 30 30 30 30 30 30 50 50 60 60 60 50 50 70 70 70 30 30 30 30
Mit Angaben zur Zusammensetzung 30 30 30 30 29 29 50 50 60 60 60 50 50 70 70 70 30 30 30 30
Mit Frauen im Vorstand 1 6 12 22 22 21 5 5 16 19 24 6 10 13 15 19 4 7 9 8
Anteil in Prozent 3,3 20,0 40,0 73,3 75,9 72,4 10,0 10,0 26,7 31,7 40,0 12,0 20,0 18,6 21,4 27,1 13,3 23,3 30,0 26,7
Mitglieder insgesamt 183 188 188 189 190 178 213 187 253 257 250 168 162 267 259 258 93 139 131 120
Männer 182 181 174 163 162 152 208 182 234 234 220 160 152 254 244 238 88 130 119 107
Frauen 1 7 14 26 28 26 5 5 19 23 30 8 10 13 15 20 5 9 12 13
Anteil der Frauen in Prozent 0,5 3,7 7,4 13,8 14,7 14,6 2,3 2,7 7,5 8,9 12,0 4,8 6,2 4,9 5,8 7,8 5,4 6,5 9,2 10,8
Vorsitze insgesamt 30 30 30 30 29 29 50 49 58 59 59 50 48 65 69 69 30 29 29 30
Männer 30 30 30 30 28,5 29 50 49 58 57 57 49 48 61 67 66 30 29 28,5 29
Frauen 0 0 0 0 0,5 0 0 0 0 2 2 1 0 4 2 3 0 0 0,5 1
Anteil der Frauen in Prozent 0 0 0 0 1,7 0 0 0 0 3,4 3,4 2,0 0 6,2 2,9 4,3 0 0 1,7 3,3
Aufsichts-/Verwaltungsräte
Unternehmen insgesamt 30 30 30 30 30 30 50 50 60 60 60 50 50 70 70 70 30 30 30 30
Mit Angaben zur Zusammensetzung 30 30 30 30 29 29 50 50 60 60 60 50 50 70 70 70 30 30 30 30
Mit Frauen im Aufsichtsrat 27 26 28 30 29 29 35 47 56 54 55 21 26 54 53 57 20 27 26 26
Anteil in Prozent 90,0 86,7 93,3 100 100 100 70,0 94,0 93,3 90,0 91,7 42,0 52,0 77,1 75,7 81,4 66,7 90,0 86,7 86,7
Mitglieder insgesamt 527 479 490 478 458 452 581 595 650 604 629 346 366 581 636 622 210 259 259 266
Männer 458 404 369 319 296 287 515 492 451 416 420 309 316 425 455 443 169 183 178 182
Frauen 69 75 121 159 162 165 66 103 199 188 209 37 50 156 181 179 41 76 81 84
Anteil der Frauen in Prozent 13,1 15,7 24,7 33,3 35,4 36,5 11,4 17,3 30,6 31,1 33,2 10,7 13,7 26,9 28,5 28,7 19,5 29,3 31,3 31,6
Vorsitze insgesamt k.A. 30 30 30 29 29 50 49 60 60 60 50 50 70 70 70 29 30 30 30
Männer k.A. 29 29 29 28 28 50 48 58 57 57 50 49 64 66 67 27 27 28 28
Frauen k.A. 1 1 1 1 1 0 1 2 3 3 0 1 6 4 3 2 3 2 2
Anteil der Frauen in Prozent k.A. 3,3 3,3 3,3 3,4 3,4 0 2,0 3,3 5,0 5,0 0 2,0 8,6 5,7 4,3 6,9 10,0 6,7 6,7
Unternehmen mit Angaben zur Arbeitnehmervertretung 24 24 29 27 26 25 35 36 38 35 37 41 19 30 33 33 10 14 12 14
Mitglieder insgesamt 423 395 484 455 442 422 397 480 506 441 490 282 188 347 432 419 111 166 148 174
Männer 367 334 363 304 281 267 358 398 341 291 314 260 154 232 282 276 84 110 95 110
Frauen 56 61 121 151 153 155 39 82 165 150 176 22 34 115 150 143 27 56 53 64
Arbeitnehmervertreterinnen 41 43 66 80 83 84 28 45 82 70 85 19 19 57 75 70 18 28 27 33
Anteil an den Frauen insgesamt in Prozent 73,2 70,5 54,5 53,0 54,2 54,2 71,8 54,9 49,7 46,7 48,3 86,4 55,9 49,6 50,0 49,3 66,7 50,0 50,9 51,6

1 Die Zahlen für das Jahr 2020 wurden vom 1. Oktober bis 30. November 2020 recherchiert.

Zahlen für weitere Jahre sind online abrufbar: www.diw.de/managerinnen

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

Frauenanteil in Aufsichtsräten beträgt fast ein Drittel

Der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der DAX-Unternehmen hat bereits im Jahr 2018 die 30-Prozent-Marke geknackt. Seither ist die Entwicklung in diesem Gremium weniger dynamisch, dennoch gab es auch von 2019 zu 2020 einen kleinen Anstieg um etwa einen Prozentpunkt auf gut 32 Prozent. Am höchsten war der Frauenanteil im Herbst 2020 mit rund 37 Prozent in den Unternehmen der DAX-30-Gruppe. Bei den MDAX-Unternehmen lag er bei gut 33 Prozent, gefolgt von den TecDAX-Unternehmen mit knapp 32 Prozent. Am niedrigsten war der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der SDAX-Unternehmen mit knapp 29 Prozent.

Beteiligungsunternehmen des Bundes: Erneut deutlicher Sprung bei Frauenanteil in Vorständen

Beteiligungsunternehmen des Bundes sind aufgrund ihrer teilweise geringen Größe nur begrenzt vergleichbar mit den anderen untersuchten Unternehmensgruppen. Zudem sind im Unterschied zur Privatwirtschaft Aufsichtsratssitze in öffentlichen Unternehmen oftmals an eine Führungsposition in der öffentlichen Verwaltung oder an politische Mandate gekoppelt. Durch diese funktionsgebundene Gremienbesetzung wird der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der öffentlichen Unternehmen vom Frauenanteil in den höheren Ebenen der öffentlichen Verwaltung und in politischen Ämtern beeinflusst.infoVgl. Julia Schmieta (2012): Einsam an der Spitze: Frauen in Führungspositionen im öffentlichen Sektor. Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Politik und Gesellschaft, 5–12.

Traditionell haben die Unternehmen mit Bundesbeteiligung einen höheren Anteil von Frauen in den Vorständen als privatwirtschaftliche Unternehmen. Auch im vergangenen Jahr gab es wieder eine deutliche Steigerung: Der Frauenanteil in den Vorständen dieser Unternehmensgruppe stieg im Vorjahresvergleich um fast sechs Prozentpunkte und lag im vierten Quartal 2020 bei knapp 28 Prozent (Tabelle 4infoZahlen für weitere Jahre und die Namen der Frauen, die dem Vorstand eines Unternehmens mit Bundesbeteiligung vorsitzen, sind hier abrufbar: www.diw.de/managerinnen). Bereits im Jahr zuvor, also von 2018 auf 2019, ging es um über vier Prozentpunkte nach oben. Auch die Zahl der Frauen, die einen Vorstandsvorsitz innehaben, ist im Jahr 2020 gestiegen: von acht auf elf, was einem Anteil von knapp 24 Prozent entspricht. Getrübt wird das eigentlich im Vergleich zu anderen Unternehmensgruppen sehr positive Bild allerdings dadurch, dass von den insgesamt 63 untersuchten Unternehmen mit Bundesbeteiligung 31 im Herbst 2020 überhaupt keine Frau im Vorstand hatten – also nahezu die Hälfte.

Tabelle 4: Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten der Beteiligungsunternehmen¹ des Bundes

2010 2012 2014 2016 2018 2019 2020
Vorstände/Geschäftsführungen
Unternehmen insgesamt 61 60 60 59 60 62 63
Mit Angaben zur Zusammensetzung 60 60 60 59 60 62 63
Mit Frauen im Vorstand 9 12 17 20 20 28 32
Anteil in Prozent 15,0 20,0 28,3 33,9 33,3 45,2 50,8
Mitglieder insgesamt 152 143 135 142 142 150 151
Männer 142 127 115 120 117 117 109
Frauen 10 16 20 22 25 33 42
Anteil der Frauen in Prozent 6,6 11,2 14,8 15,5 17,6 22,0 27,8
Vorsitze insgesamt 54 57 52 42 47 49 46
Männer 51 51 47 35 40 41 35
Frauen 3 6 5 7 7 8 11
Anteil der Frauen in Prozent 5,6 10,5 9,6 16,7 14,9 16,3 23,9
Aufsichts-/Verwaltungsräte
Unternehmen insgesamt 61 60 60 59 60 62 63
Mit Angaben zur Zusammensetzung 54 54 54 50 55 56 56
Mit Frauen im Aufsichtsrat 46 43 50 48 55 56 56
Anteil in Prozent 85,2 79,6 92,6 81,4 100 100 100
Mitglieder insgesamt 577 579 602 554 580 601 602
Männer 472 464 459 393 387 393 380
Frauen 105 115 142 161 193 208 222
Anteil der Frauen in Prozent 18,2 19,9 23,6 29,1 33,3 34,6 36,9
Vorsitze insgesamt 53 53 49 50 56 54 56
Männer 45 42 40 44 46 43 42
Frauen 8 11 9 6 10 11 14
Anteil der Frauen in Prozent 15,1 20,8 18,4 12,0 17,9 20,4 25,0

1 Die Zahlen für das Jahr 2020 wurden vom 1. Oktober bis 30. November 2020 recherchiert.

Zahlen für weitere Jahre sind online abrufbar: www.diw.de/managerinnen

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

Auch in den Aufsichtsräten der Unternehmen mit Bundesbeteiligung stieg der Frauenanteil weiter. Bereits seit 2018 haben alle Beteiligungsunternehmen des Bundes mindestens eine Frau in ihrem Kontrollgremium. Der durchschnittliche Frauenanteil in den Aufsichtsräten lag im Herbst 2020 bei knapp 37 Prozent und damit wie schon im vergangenen Jahr in etwa gleichauf mit dem entsprechenden Vergleichswert der DAX-30-Gruppe. Deutlich häufiger als in allen anderen Unternehmensgruppen ist bei den Beteiligungsunternehmen des Bundes eine Frau als Aufsichtsratsvorsitzende anzutreffen. Im Jahr 2020 führte in jedem vierten Unternehmen dieser Gruppe eine Frau den Aufsichtsrat.infoDie Namen der Frauen, die dem Aufsichtsrat eines Unternehmens mit Bundesbeteiligung vorsitzen, sind hier abrufbar: www.diw.de/managerinnen

Banken und Versicherungen

Weniger starke Zuwächse beim Frauenanteil in Vorständen als ein Jahr zuvor

Bei den 100 größten Banken ist der Frauenanteil in den Vorständen zuletzt weniger stark gestiegen als in den meisten anderen Unternehmensgruppen. Im Herbst 2020 betrug der Frauenanteil hier rund elf Prozent – ein Zuwachs um weniger als einen Prozentpunkt (Tabelle 5infoZahlen für weitere Jahre und zusätzlich eine namentliche Auflistung aller Vorständinnen in Banken und Versicherungen im Jahr 2020 sind hier abrufbar: www.diw.de/managerinnen). Auch bei den Versicherungen lag der Anstieg in dieser Größenordnung und damit der Frauenanteil im Herbst 2020 bei knapp zwölf Prozent. Frauen als Vorstandsvorsitzende gab es bei Banken doppelt so viele wie im Jahr zuvor: sowohl mit Blick auf die absolute Zahl (zehn statt fünf) als auch mit Blick auf den Anteil (gut zehn statt gut fünf Prozent).infoDorothee Blessing (J.P. Morgan AG), Ines Dietze (SWN Kreissparkasse Waiblingen), Carola Gräfin v. Schmettow (HSBC Trinkaus & Burkhardt AG), Karin-Brigitte Göbel (Stadtsparkasse Düsseldorf), Frauke Hegemann (Comdirect Bank AG), Kathrin Kerls (BMW Bank GmbH), Christine Novakovic (UBS Europe S.E.), Dr. Birgit Roos (Sparkasse Krefeld), Edith Weymayr (Landeskreditbank Baden-Württemberg / L-Bank) und Eva Wunsch-Weber (Frankfurter Volksbank e.G.). Bei den Versicherungen hingegen gab es diesbezüglich eine Stagnation: Genau wie 2019 wurden im Herbst 2020 zwei Vorstände (gut drei Prozent) von Frauen angeführt.infoClaudia Andersch (R+V Lebensversicherung AG) und Nina Klingspor (Allianz Private Krankenversicherungs-AG).

Tabelle 5: Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten großer Banken und Versicherungen in Deutschland¹

Banken Versicherungen
2006 2009 2012 2015 2018 2019 2020 2006 2009 2012 2015 2018 2019 2020
Vorstände/Geschäftsführungen
Unternehmen insgesamt 100 100 100 100 100 100 100 63 62 61 59 60 60 60
Mit Angaben zur Zusammensetzung 100 100 100 100 100 100 100 63 62 61 59 59 59 59
Mit Frauen im Vorstand 10 9 17 28 29 32 33 10 11 21 27 26 26 32
Anteil in Prozent 10,0 9,0 17,0 28,0 29,0 32,0 33,0 15,9 17,7 34,4 45,8 44,1 44,1 54,2
Mitglieder insgesamt 442 418 407 394 404 410 392 394 392 384 353 342 327 338
Männer 431 407 390 364 369 370 351 384 381 362 321 309 291 298
Frauen 11 11 17 30 35 40 41 10 11 22 32 33 36 40
Anteil der Frauen in Prozent 2,5 2,6 4,2 7,6 8,7 9,8 10,5 2,5 2,8 5,7 9,1 9,6 11,0 11,8
Vorsitze insgesamt 100 100 100 98 97 98 98 63 62 61 59 60 59 59
Männer 98 100 97 95 92 93 88 63 62 60 58 58 57 57
Frauen 2 0 3 3 5 5 10 0 0 1 1 2 2 2
Anteil der Frauen in Prozent 2,0 0 3,0 3,1 5,2 5,1 10,2 0 0 1,6 1,7 3,3 3,4 3,4
Aufsichts-/Verwaltungsräte
Unternehmen insgesamt 100 100 100 100 100 100 100 63 62 61 59 60 60 60
Mit Angaben zur Zusammensetzung 100 100 100 98 99 99 99 63 62 61 59 59 58 58
Mit Frauen im Aufsichtsrat 89 87 88 93 96 95 97 46 48 50 50 50 52 51
Anteil in Prozent 89,0 87,0 88,0 94,9 97,0 96,0 98,0 73,0 77,4 82,0 84,7 84,7 89,7 87,9
Mitglieder insgesamt 1633 1555 1491 1518 1524 1564 1585 812 734 704 640 592 581 588
Männer 1387 1294 1226 1194 1171 1208 1206 720 643 596 518 459 452 445
Frauen 246 261 265 324 353 356 379 92 91 108 122 133 129 143
Anteil der Frauen in Prozent 15,1 16,8 17,8 21,3 23,2 22,8 23,9 11,3 12,4 15,3 19,1 22,5 22,2 24,3
Vorsitze insgesamt 100 100 100 98 98 99 99 63 62 61 59 60 58 58
Männer 97 96 97 92 93 95 92 63 61 60 57 59 57 54
Frauen 3 4 3 6 5 4 7 0 1 1 2 1 1 4
Anteil der Frauen in Prozent 3,0 4,0 3,0 6,1 5,1 4,0 7,1 0 1,6 1,6 3,4 1,7 1,7 6,9
Unternehmen mit Angaben zur Arbeitnehmervertretung 33 50 56 81 89 88 90 24 52 39 48 54 51 50
Mitglieder insgesamt 599 764 786 1255 1363 1378 1454 291 634 411 573 574 535 531
Männer 496 637 649 968 1040 1057 1102 256 555 358 461 443 412 394
Frauen 103 127 137 288 323 321 352 35 79 53 112 131 123 137
Arbeitnehmervertreterinnen 85 91 87 157 164 158 157 32 63 43 71 75 63 71
Anteil an den Frauen insgesamt in Prozent 82,5 71,7 63,5 54,5 50,8 49,2 44,6 91,4 79,7 81,1 63,4 57,3 51,2 51,8

1 Die Zahlen für das Jahr 2020 wurden vom 1. Oktober bis 30. November 2020 recherchiert.

Zahlen für weitere Jahre sind online abrufbar: www.diw.de/managerinnen

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

In den Aufsichtsräten des Finanzsektors war im vergangenen Jahr – nachdem die Frauenanteile in diesem Gremium von 2018 auf 2019 sogar minimal rückläufig waren – wieder eine (wenn auch moderate) Steigerung zu beobachten. In den 100 größten Banken nahm der Frauenanteil in den Aufsichtsräten von knapp 23 auf knapp 24 Prozent zu, in den 60 größten Versicherungen kletterte er um etwa zwei Prozentpunkte auf gut 24 Prozent. Einen Anstieg gab es in beiden Unternehmensgruppen auch beim Frauenanteil unter den Aufsichtsratsvorsitzenden: bei den 100 größten Banken von vier auf gut sieben Prozent (sieben Frauen im Vergleich zu vier Frauen ein Jahr zuvor) und bei den 60 größten Versicherungen von knapp zwei auf fast sieben Prozent (vier Frauen statt eine im Jahr zuvor).infoBanken: Edith Sitzmann (Landeskreditbank Baden-Württemberg / L-Bank), Mónica López-Monís Gallego (Santander Consumer Bank AG), Marija Korsch (Aareal Bank AG), Ramona Pop (IBB Investitionsbank Berlin), Kornelia Wehlan (Mittelbrandenburgische Sparkasse in Potsdam), Katrin Lange (Investitionsbank des Landes Brandenburg), Gitta Wild (Sparda-Bank Südwest e.G.); Versicherungen: Cosima Ingenschay (DEVK Allgemeine Versicherungs-AG), Silke Lautenschläger (DKV Deutsche Krankenversicherung AG), Ulrike Lubek (Provinzial Rheinland Versicherung AG) und Isabella Pfaller (Bayerische Beamtenkrankenkasse AG).

Auffallend ist, dass sich der Frauenanteil bei den Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseignerseite in den vergangenen Jahren stark erhöht hat: Waren im Jahr 2006 noch knapp 83 Prozent aller Frauen im Aufsichtsrat Arbeitnehmervertreterinnen, lag dieser Anteil im Jahr 2020 nur noch bei knapp 45 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch für die Versicherungen beobachten.

Zuwächse beim Frauenanteil in Vorständen nur bei Genossenschafts- und privaten Banken

Vergleicht man die einzelnen Bankengruppen untereinander, so zeigt sich, dass die öffentlich-rechtlichen Banken beim Frauenanteil in Vorständen hinter den privaten Banken und den Genossenschaftsbanken zurückbleiben (Tabelle 6infoZahlen für weitere Jahre sind hier abrufbar: www.diw.de/managerinnen): Der Frauenanteil in den Vorständen der öffentlich-rechtlichen Banken ist von 2019 auf 2020 um etwas mehr als einen Prozentpunkt gesunken und lag im letzten Quartal des vergangenen Jahres bei gut acht Prozent. Die Privatbanken konnten den Frauenanteil in Vorständen hingegen um drei Prozentpunkte auf knapp 14 Prozent erhöhen. Bei den Genossenschaftsbanken gab es einen Anstieg um fast zwei Prozentpunkte auf knapp elf Prozent. Die Zahl der Frauen, die einen Vorstandsvorsitz innehaben, ist auffallend stark bei den Privatbanken gestiegen: Eine Vorstandsvorsitzende im Jahr 2019 entsprach einem Anteil von knapp vier Prozent – ein Jahr später waren es im Herbst 2020 fünf Frauen und damit gut 19 Prozent. Bei den öffentlich-rechtlichen Banken kam eine Vorstandsvorsitzende hinzu, damit stieg der Frauenanteil hier auf rund acht Prozent. Bei den Genossenschaftsbanken blieb es wie im Vorjahr bei einer Frau als Vorstandsvorsitzende (entspricht einem Frauenanteil von rund fünf Prozent).

Tabelle 6: Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten großer Banken in Deutschland¹ nach Säulen des Finanzsektors

Öffentlich-rechtliche Banken Private Banken2 Genossenschaftsbanken
2011 2014 2018 2019 2020 2011 2014 2018 2019 2020 2011 2014 2018 2019 2020
Vorstände/Geschäftsführungen
Unternehmen insgesamt 53 52 55 54 54 34 32 28 27 27 13 16 17 19 19
Mit Angaben zur Zusammensetzung 53 52 55 54 54 34 32 28 27 27 13 16 17 19 19
mit Frauen im Vorstand 4 10 13 16 13 5 9 9 10 14 3 4 7 6 6
Anteil in Prozent 7,5 19,2 23,6 29,6 24,1 14,7 28,1 32,1 37,0 51,9 23,1 25,0 41,2 31,6 31,6
Mitglieder insgesamt 197 190 207 204 196 151 132 122 129 122 56 65 75 77 74
Männer 192 177 192 185 180 146 123 110 115 105 53 61 67 70 66
Frauen 5 13 15 19 16 5 9 12 14 17 3 4 8 7 8
Anteil der Frauen in Prozent 2,5 6,8 7,2 9,3 8,2 3,3 6,8 9,8 10,9 13,9 5,4 6,2 10,7 9,1 10,8
Vorsitze insgesamt 53 50 54 53 53 34 28 27 26 26 13 15 16 19 19
Männer 53 49 51 50 49 33 28 26 25 21 13 14 15 18 18
Frauen 0 1 3 3 4 1 0 1 1 5 0 1 1 1 1
Anteil der Frauen in Prozent 0 2,0 5,6 5,7 7,5 2,9 0 3,7 3,8 19,2 0 6,7 6,3 5,3 5,3
Aufsichts-/Verwaltungsräte
Unternehmen insgesamt 53 52 55 54 54 34 32 28 27 27 13 16 17 19 19
Mit Angaben zur Zusammensetzung 53 51 55 54 54 34 30 27 26 26 13 16 17 19 19
mit Frauen im Aufsichtsrat 50 50 55 53 54 26 24 25 24 25 12 15 17 18 18
Anteil in Prozent 94,3 98,0 100 98,1 100 76,5 80,0 92,6 92,3 96,2 92,3 93,8 100 95,0 95,0
Mitglieder insgesamt 999 906 963 957 985 349 323 300 308 295 219 275 261 299 305
Männer 831 735 749 754 763 291 264 217 224 210 185 235 204 230 233
Frauen 168 171 214 203 222 58 59 83 84 85 34 40 57 69 72
Anteil der Frauen in Prozent 16,8 18,9 22,2 21,2 22,5 16,6 18,3 27,7 27,3 28,8 15,5 14,5 21,8 23,1 23,6
Vorsitze insgesamt 53 51 54 54 54 34 30 27 26 26 13 16 17 19 19
Männer 51 47 51 52 50 34 29 25 24 24 13 16 17 19 18
Frauen 2 4 3 2 4 0 1 2 2 2 0 0 0 0 1
Anteil der Frauen in Prozent 3,8 7,8 5,6 3,7 7,4 0 3,3 7,4 7,7 7,7 0 0 0 0 5,0

1 Die Zahlen für das Jahr 2020 wurden vom 1. Oktober bis 30. November 2020 recherchiert.

2 Zwei der Privatbanken sind freie Sparkassen.

Zahlen für weitere Jahre sind online abrufbar: www.diw.de/managerinnen

Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen.

In den Aufsichtsräten konnten alle drei Bankengruppen den Frauenanteil leicht erhöhen: Bei den öffentlich-rechtlichen Banken lag er im Herbst 2020 bei rund 23 Prozent, bei den Privatbanken bei knapp 29 Prozent und bei den Genossenschaftsbanken bei fast 24 Prozent. Bei den öffentlich-rechtlichen Banken gab es eine Verdoppelung der Anzahl der Frauen als Aufsichtsratsvorsitzende von zwei auf vier, das entspricht einem Frauenanteil von über sieben Prozent. Bei den Privatbanken hat sich die Zahl der Frauen als Aufsichtsratsvorsitzende gegenüber dem Vorjahr nicht verändert (zwei Frauen entsprechen einem Anteil von knapp acht Prozent), bei den Genossenschaftsbanken gab es erstmals seit 2017 wieder eine Aufsichtsratsvorsitzende. Der entsprechende Frauenanteil beträgt fünf Prozent.

Insgesamt ist festzuhalten, dass der Finanzsektor, der zu Beginn des Beobachtungszeitraums vor 15 Jahren höhere Frauenanteile in Aufsichtsräten und Vorständen vorzuweisen hatte als die übrigen Unternehmen des Privatsektors, bereits vor mehr als fünf Jahren von den anderen Sektoren überholt wurde. Mittlerweile liegen die Top-100-Banken sowohl beim Frauenanteil in Aufsichtsräten als auch beim Frauenanteil in Vorständen weit hinter den Top-100-Unternehmen zurück.infoDies illustriert auch eine Abbildung, die hier abrufbar ist: www.diw.de/managerinnen. Ein ausführlicher Vergleich der Entwicklung des Frauenanteils in den Aufsichtsräten und Vorständen im Zeitraum von 2006 bis 2019 sowie ein Überblick über mögliche Ursachen der besonders schleppenden Entwicklung des Frauenanteils in den Spitzengremien des Finanzsektors findet sich in Kirsch und Wrohlich (2020), a.a.O.

Europäischer Vergleich: Frauenanteil in Deutschland in Aufsichtsräten überdurchschnittlich, in Vorständen unterdurchschnittlich

Für die Einführung einer Geschlechterquote beziehungsweise Mindestbeteiligung für Vorstände spricht auch, dass Deutschland beim Frauenanteil in den Spitzengremien großer Unternehmen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern besonders schlecht abschneidet. Deutschland liegt mit einem Frauenanteil in den Vorständen der größten börsennotierten Unternehmen mit 14,5 Prozent (Stand Sommer 2020) unter dem EU-Durchschnitt von knapp 19 Prozent und deutlich hinter Ländern wie Litauen oder Norwegen (Abbildung 2, oberer Teil). In diesen Ländern bekleidet mehr als jeden vierten Vorstandsposten eine Frau.infoDiese Zahlen basieren auf Daten der Gender Statistics Database des European Institute for Gender Equality (EIGE): Women and men in decision making / Business and finance: Largest listed companies: presidents, board members and employee representatives (online verfügbar). Zu beachten ist, dass die Zahl der Unternehmen in dieser Datenbank von Land zu Land stark variiert. Sie reicht von zehn in Luxemburg bis zu 50 im Vereinigten Königreich. Für Deutschland gehen die DAX-30-Unternehmen in den Vergleich ein. Für Abbildung 2 wurden nur Länder ausgewählt, in denen mindestens 20 Unternehmen für die Berechnung des durchschnittlichen Frauenanteils im jeweiligen Gremium herangezogen werden.

Anders sieht das Ranking aus, wenn man den Frauenanteil in den Aufsichtsräten beziehungsweise unter nichtexekutiven Mitgliedern der obersten Entscheidungsgremien in den größten börsennotierten Unternehmen vergleicht (Abbildung 2, unterer Teil). In diesem Ranking belegen Frankreich (knapp 48 Prozent), Italien (knapp 43 Prozent), Großbritannien (gut 41 Prozent), Schweden (gut 40 Prozent) und Norwegen (knapp 40 Prozent) die vordersten Plätze. Deutschland folgt mit einem Frauenanteil von etwas über 36 Prozent und liegt damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 31 Prozent.

Einer der Gründe dafür, dass Länder wie Frankreich, Italien, Norwegen, aber auch Deutschland in diesem Ranking weit vorne zu finden sind, liegt in den gesetzlichen Geschlechterquoten dieser Länder. Norwegen hat im Jahr 2003 als erstes Land eine gesetzliche Geschlechterquote für Aufsichtsräte staatlicher und börsennotierter Unternehmen eingeführt. Seither sind zahlreiche andere Länder, darunter seit 2015 auch Deutschland, diesem Beispiel gefolgt.infoEine ausführliche Beschreibung der institutionellen Regelungen in den europäischen Ländern sowie eine Analyse zu den Auswirkungen gesetzlicher Geschlechterquoten und Empfehlungen in den Corporate-Governance-Kodizes findet sich in Paula Arndt und Katharina Wrohlich (2019): Geschlechterquoten im europäischen Vergleich: Harte Sanktionen bei Nichteinhaltung sind am wirkungsvollsten. DIW Wochenbericht Nr. 38, 691–698 (online verfügbar).

Verbindliche Geschlechterquote in Aufsichtsräten hat Frauenanteil erhöht

Dass gesetzlich vorgeschriebene Geschlechterquoten deutlich mehr Wirkung zeigen als nicht verbindliche Empfehlungen oder freiwillige Selbstverpflichtungen, haben mehrere internationale Vergleichsstudien gezeigt.infoVgl. Arndt und Wrohlich (2019), a.a.O. sowie Anne Laure Humbert, Elisabeth K. Kelan und Kate Clayton-Hathway (2019): A rights-based approach to board quotas and how hard sanctions work for gender equality. European Journal of Women’s Studies, Vol 26, 4, 447–468. Aber auch ein Vergleich innerhalb Deutschlands zeigt die Effektivität dieser Maßnahme. Hierzulande wurde im Jahr 2015 eine verbindliche Geschlechterquote von 30 Prozent für den Aufsichtsrat beschlossen, und zwar für Unternehmen, die sowohl börsennotiert als auch paritätisch mitbestimmt sind (Kasten). Im Herbst 2020 traf dies auf 107 Unternehmen zu.

Am 1. Mai 2015 ist das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst („FüPoG I“) in Kraft getreten.infoVgl. dazu den Gesetzestext im Bundesgesetzblatt, Jahrgang 2015, Teil I, Nr. 17 (online verfügbar).

Für den Bereich der Privatwirtschaft wurden in diesem Gesetz folgende Vorgaben geregelt:

  • Für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, gilt eine Geschlechterquote von 30 Prozent. Diese Unternehmen mussten die Quote ab dem 1. Januar 2016 sukzessive für die seither neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten beachten. Bei Nichterfüllung ist die quotenwidrige Wahl nichtig. Die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben rechtlich unbesetzt („leerer Stuhl“).
  • Unternehmen, die entweder börsennotiert oder paritätisch mitbestimmt sind, werden verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Managementebenen festzulegen. Über die Zielgrößen und deren Erreichung müssen sie öffentlich berichten. Eine Mindestzielgröße ist nicht vorgesehen.

Für den Öffentlichen Dienst des Bundes wurde festgeschrieben:

  • Für die Besetzung von Aufsichtsgremien, in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen, gilt seit 2016 eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für alle Neubesetzungen dieser Sitze. Ab dem Jahr 2018 ist es Ziel, diesen Anteil auf 50 Prozent zu erhöhen. Für wesentliche Gremien, in die der Bund Mitglieder entsendet, gilt das gleiche Ziel.
  • Die Bundesverwaltung ist verpflichtet, sich für jede Führungsebene konkrete Zielvorgaben zur Erhöhung des Frauen- beziehungsweise Männeranteils zu setzen. Zielvorgaben und Maßnahmen sind im Gleichstellungsplan der jeweiligen Dienststelle darzustellen und alle vier Jahre zu aktualisieren. So müssen zum Beispiel alle Behörden und Gerichte des Bundes für die Führungsebenen konkrete Zielvorgaben zur Erhöhung des Frauenanteils festlegen.

Zudem muss die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag seit 2017 alle vier Jahre einen Bericht über die Situation der Frauen und Männer in den Dienststellen des Bundes vorlegen.infoVgl. dazu Deutscher Bundestag (2017): Bericht der Bundesregierung über den Frauen- und Männeranteil an Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes. Drucksache 18/13333 (online verfügbar).

Der Entwurf zu dem Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst („FüPoG II“) wurde am 6. Januar 2021 vom Bundeskabinett beschlossen und soll im Juni 2021 dem Bundestag vorgelegt werden.infoVgl. den Entwurf der Bundesregierung eines „Gesetzes zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ (online verfügbar).

Der Entwurf beinhaltet die folgenden Eckpunkte für die Privatwirtschaft:

  • Unternehmen, die börsennotiert und paritätisch mitbestimmt sind und deren Vorstand mehr als drei Mitglieder hat, müssen mindestens einen Vorstandsposten an das unterrepräsentierte Geschlecht vergeben (Mindestbeteiligungsgebot).
  • Unternehmen, die entweder börsennotiert oder paritätisch mitbestimmt sind und die sich für den Vorstand die Zielvorgabe eines Frauenanteils von 0 Prozent setzen, müssen dies begründen.

Für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes und in Körperschaften des öffentlichen Rechts soll dem Entwurf zufolge gelten:

  • Die feste Geschlechterquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten wird auf Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes ausgeweitet. Für diese Unternehmen wird außerdem eine Mindestbeteiligung von einer Frau in Vorständen, die mehr als zwei Mitglieder haben, eingeführt.
  • Auch in Körperschaften des öffentlichen Rechts wie den Krankenkassen und bei Renten- und Unfallversicherungsträgern sowie bei der Bundesagentur für Arbeit wird eine Mindestbeteiligung von einer Frau in mehrköpfigen Vorständen eingeführt.

Der Öffentlichen Dienst des Bundes setzt sich das Ziel, die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen im Geltungsbereich des Bundesgleichstellungsgesetzes bis Ende 2025 zu erreichen.

Vergleicht man in der Gruppe der Top-200-Unternehmen die Unternehmen, für die die Quote im Aufsichtsrat gilt, mit den Unternehmen, für die sie nicht gilt, zeigt sich ein deutlich stärkerer Anstieg des Frauenanteils in den Quotenunternehmen bereits seit 2014infoDas Vorhaben der Einführung einer Geschlechterquote für Aufsichtsräte wurde 2014 in den Koalitionsverhandlungen von CDU/CSU und SPD vereinbart. Ein Überblick über die Entstehungsgeschichte der Geschlechterquote für Aufsichtsräte in Deutschland findet sich beispielsweise in Norma Burow, Alexandra Fedorets und Anne Gibtert (2018): Frauenanteil in Aufsichtsräten steigt, weitere Instrumente für die Gleichstellung gefragt. DIW Wochenbericht Nr. 9, 149–155 (online verfügbar). (Abbildung 3). In den Jahren 2014 bis 2020 ist der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der Top-200-Unternehmen, für die die verbindliche Geschlechterquote gilt, pro Jahr um durchschnittlich 2,6 Prozentpunkte gestiegen. Bei den Top-200-Unternehmen, für die die Quote nicht gilt, waren es im Durchschnitt nur 1,6 Prozentpunkte jährlich. Im Herbst 2020 lag der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der Quotenunternehmen um etwa zehn Prozentpunkte höher als in den anderen Top-200-Unternehmen (rund 35 im Vergleich zu gut 25 Prozent). Insgesamt waren es aus der Gruppe der Top-200-Unternehmen 84 Unternehmen, die ihr Kontrollgremium zu mindestens 30 Prozent mit Frauen besetzt hatten.infoEine Liste dieser Unternehmen ist hier abrufbar: www.diw.de/managerinnen

Obwohl die Geschlechterquote bislang nur für Aufsichtsräte gilt und nicht für Vorstände, hat sich auch der Frauenanteil in den Vorständen der Quotenunternehmen seit 2018 stärker erhöht als in den Unternehmen, für die keine verbindliche Quote für den Aufsichtsrat gilt. Im Herbst 2020 lag der Frauenanteil in den Vorständen der Quotenunternehmen (innerhalb der Top-200 Gruppe) bei gut 14 Prozent, bei den Nicht-Quoten-Unternehmen betrug er gut zehn Prozent.

Inzwischen gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass ein höherer Frauenanteil im Spitzengremium eines Unternehmens eine Strahlkraft auf die Besetzung weiterer Positionen an der Unternehmensspitze hat.infoVgl. zum Beispiel Jill A. Gould, Carol T. Kulik und Shruti R. Sardeshmukh (2018): Trickle-down effect: The impact of female board members on executive gender diversity. Human Resource Management 57/4, 931–945. Eine zusammenfassende Übersicht der Literatur zu diesem Thema findet sich in Anja Kirsch und Katharina Wrohlich (2020b): Mehr Frauen in Aufsichtsräten: Hinweise für Strahlkraft der Geschlechterquote auf Vorstände verdichten sich. DIW Wochenbericht Nr. 4, 50–55 (online verfügbar). Auch in Deutschland zeigt sich, dass die Entwicklung in den Unternehmen mit einer gesetzlichen Quote für den Aufsichtsrat etwas dynamischer ist als in den übrigen Unternehmen.infoVgl. Kirsch und Wrohlich (2020b), a.a.O. Dieses Phänomen könnte allerdings nicht nur am höheren Frauenanteil im Aufsichtsrat liegen, sondern auch an der Diskussion um beziehungsweise der Antizipation des neuen Gesetzes zu einer Mindestbeteiligung in Vorständen.

Gesetzlich verbindliche Vorgaben zu Frauenanteilen in Vorständen beschlossen

Am 6. Januar 2021 hat das Bundeskabinett im Rahmen des zweiten Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG) eine gesetzlich verbindliche Mindestbeteiligung von einer Frau in den Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen beschlossen (Kasten). Die Regelung sieht vor, dass in Unternehmen, für die bereits die verbindliche Geschlechterquote von 30 Prozent im Aufsichtsrat gilt, mindestens ein Vorstandsposten mit einer Frau besetzt werden muss, sofern der Vorstand mehr als drei Mitglieder hat.

Von den 107 Unternehmen, die börsennotiert und paritätisch mitbestimmt sind, haben 74 einen Vorstand mit mehr als drei Mitgliedern und fallen demnach unter die geplante Mindestbeteiligung für Vorstände. Von diesen Unternehmen haben mehr als 40 bereits mindestens eine Frau im Vorstand. Das geplante Gesetz betrifft also nach aktuellem Stand etwa 30 Unternehmen, die den nächsten freiwerdenden Vorstandsposten mit einer Frau besetzen müssen.

Da die Vorstände in diesen Unternehmen sehr unterschiedlich groß sind, impliziert die beschlossene Mindestbeteiligung keinen festen Prozentsatz wie die 30-Prozent-Quote für die Aufsichtsräte. Der aus der Mindestbeteiligung für die Vorstände resultierende Frauenanteil in diesem Gremium hängt daher von der Größe des Gremiums ab. Die meisten von der Regelung betroffenen Unternehmen haben einen Vorstand mit vier Mitgliedern, 15 Unternehmen haben einen Vorstand mit fünf Mitgliedern, zwölf Unternehmen mit sechs Mitgliedern und 16 Unternehmen haben einen Vorstand mit sieben oder mehr Mitgliedern (Abbildung 4). Simuliert man für alle Top-200-Unternehmen, für die die neue gesetzliche Regelung gelten soll, die Erfüllung der Mindestanforderung von einer Frau als Vorstandsmitglied, ergibt sich eine Frauenquote von gut 20 Prozent. In dem hypothetischen Fall, in dem alle betroffenen Unternehmen die Mindestbeteiligung von einer Frau pro Vorstand sofort im Jahr 2021 umsetzen, würde der Frauenanteil in den Vorständen dieser Unternehmen in diesem Jahr also um etwa sechs Prozentpunkte steigen (Abbildung 3, gestrichelte Linie).

Fazit: Weg zur Parität bleibt vor allem in Vorständen ein weiter – Gesetzliche Vorgabe kann gleichstellungspolitische Impulse senden

Der Frauenanteil in den Vorständen der größten deutschen Unternehmen ist im Jahr 2020 weiter gestiegen, wenn auch mit einer vielerorts kaum größeren Dynamik als im Jahr zuvor. In den 200 umsatzstärksten Unternehmen lag der Anteil der Vorständinnen mit rund zwölf Prozent gut einen Prozentpunkt höher als 2019. Die Gruppe der 30 größten börsennotierten Unternehmen (DAX-30) ist mit einem Frauenanteil im Vorstand von knapp 15 Prozent zwar immer noch Vorreiter, allerdings gab es erstmals seit 2013 eine Stagnation. Zudem wird seit dem Abgang von Jennifer Morgan nach nur sechs Monaten als Vorstandsvorsitzende von SAP derzeit wieder kein einziges DAX-30-Unternehmen von einer Frau geführt.infoZum 1. Mai 2021 wird Belén Garijo den Vorstandsvorsitz des DAX-30-Konzerns Merck KGaA übernehmen, vgl. Manager Magazin (2020): Zweite Chefin eines Dax-Konzerns – Belén Garijo wird im Mai neue CEO von Merck. Bericht vom 29. September (online verfügbar).

In den Aufsichtsräten der größten Unternehmen in Deutschland ist der Frauenanteil hingegen durchgehend weiter gestiegen. Auffallend ist hier das deutlich höhere Wachstum des Frauenanteils bei den Unternehmen innerhalb der Top-200-Gruppe, die unter die verbindliche Geschlechterquote für Aufsichtsräte fallen. Sie haben mit einem Frauenanteil von mittlerweile gut 35 Prozent zehn Prozentpunkte Vorsprung auf die in dieser Gruppe nicht von der Quote betroffenen Unternehmen.

Bereits seit mehreren Jahren wurde in der politischen Debatte um feste Geschlechterquoten für Spitzengremien auf die höhere Wirksamkeit von gesetzlich verbindlichen Regelungen im Vergleich zu unverbindlichen Empfehlungen und freiwilligen Selbstverpflichtungen hingewiesen. Im November 2020 hat sich die Große Koalition – nicht zuletzt aufgrund der im internationalen Vergleich schleppenden Entwicklung des Frauenanteils in Vorständen deutscher Unternehmen – auf eine Mindestbeteiligung von einer Frau in Vorständen börsennotierter und gleichzeitig paritätisch mitbestimmter Unternehmen, deren Vorstand mehr als drei Mitglieder hat, geeinigt. Das Bundeskabinett hat den entsprechenden Gesetzesentwurf Anfang Januar verabschiedet. Sofern auch der Bundestag zustimmt, betrifft die neue Regelung derzeit 74 Unternehmen, von denen über 40 die Anforderung bereits erfüllen. Etwa 30 Unternehmen müssen den nächsten freiwerdenden Vorstandsposten also mit einer Frau besetzen. Wenn alle Unternehmen die Regelung bereits in diesem Jahr umsetzen, erhöht sich durch diese Mindestbeteiligung der durchschnittliche Frauenanteil in den Vorständen der betroffenen Unternehmen von derzeit 13 auf 21 Prozent.infoNicht alle Unternehmen, die von der Mindestbeteiligung für Vorstände betroffen sind, zählen zur Gruppe der Top-200-Unternehmen. Deshalb weicht die hier genannte Zahl (21 Prozent) leicht von der zuvor genannten für die betroffenen Unternehmen innerhalb der Top-200-Gruppe (20 Prozent) ab.

Von den gesetzlichen Regelungen über die Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen sind gleichstellungspolitische Auswirkungen zu erwarten, die über die Vorstände hinausgehen. Da Vorständinnen – im Vergleich zu Aufsichtsratsmitgliedern – weniger heterogene berufliche Hintergründe haben und meist eine unternehmensinterne Karriere durchlaufen, sind die Unternehmen durch die gesetzlichen Vorgaben gezwungen, auf ihre Führungskräfteentwicklung zu achten. Insbesondere müssen die Unternehmen darauf hinarbeiten, dass genügend Frauen unternehmensintern befördert werden, um sich für Vorstandspositionen zu qualifizieren. Ein höherer Frauenanteil auf allen Managementebenen könnte wiederum, wie empirische Studien zeigen, gleichstellungspolitische Wirkungen auf das gesamte Unternehmen entfalten. Beispielsweise gibt es Belege dafür, dass ein höherer Anteil von Frauen in Führungspositionen in einem Unternehmen geringere Gender Pay Gaps, also geringere Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern, in diesem Unternehmen zur Folge hat und die Chancen für eine Beförderung von Frauen steigen.infoVgl. dazu zum Beispiel Boris Hirsch (2013): The impact of female managers on the gender pay gap: Evidence from linked employer-employee data for Germany. Economics Letters 119, 348–350; Philip N. Cohen und Matt L. Huffman (2007): Working for the woman? Female managers and the gender wage gap. American Sociological Review 72, 681–704; Astrid Kunze und A. R. Miller (2017): Women helping women? Evidence from private sector data on workplace hierarchies. The Review of Economics and Statistics 99, 769–775 und Moritz Drechsel-Grau und Felix Holub (2020): Gender gaps and the role of bosses. Mimeo.

Zudem zeigt experimentelle Forschung, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt aufgrund geschlechterstereotyper Zuschreibungen nach wie vor diskriminiert werden.infoVgl. dazu beispielsweise Aislin Bohren, Alex Imas und Michael Rosenberg (2019): The dynamics of discrimination: Theory and evidence. American Economic Review 109/19, 3395–3436 und Pedro Bordalo, Katherine Coffman, Nicola Gennaioli und Andre Shleifer (2019): Beliefs about gender. American Economic Review 109/3, 739–773. Mehr Frauen in hohen Führungspositionen könnten dazu beitragen, diese geschlechterstereotypen Zuschreibungen sukzessive zu verringern und somit gleichstellungspolitische Impulse über ihr Unternehmen hinaus zu senden.infoVgl. dazu zum Beispiel Lori Beaman et al. (2009): Powerful Women: Does exposure reduce bias? Quarterly Journal of Economics 124/ 4, 1497–1540 und Maria de Paola, Vincenzo Scoppa und Rosetta Lombardo (2010): Can gender quotas break down negative stereotypes? Evidence from changes in electoral rules. Journal of Public Economics 94, 344–353.

Katharina Wrohlich

Leiterin in der Forschungsgruppe Gender Economics



JEL-Classification: D22;J16;J59;J78;L21;L32;M14;M51
Keywords: corporate boards, board composition, boards of directors, board diversity, Europe, women directors, gender equality, gender quota, Germany, management, private companies, public companies, supervisory boards, executive boards, CEOs, women, finance industry, financial sector, private and public banks, insurance companies
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2021-3-2

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/229923

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