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Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen ist wichtiges gleichstellungspolitisches Signal: Interview

DIW Wochenbericht 3 / 2021, S. 43

Katharina Wrohlich, Erich Wittenberg

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Frau Wrohlich, wie hat sich der Frauenanteil in den Vorständen der größten deutschen Unternehmen und in der Gruppe der größten börsennotierten Unternehmen im Jahr 2020 entwickelt? Der Frauenanteil in den Vorständen der 200 gemessen am Umsatz größten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors ist im vergangenen Jahr leicht gestiegen und lag im Schlussquartal bei rund zwölf Prozent. In der DAX-30-Gruppe gab es hingegen eine Stagnation bei knapp 15 Prozent.

Wie war die Entwicklung in den Aufsichtsräten? Die Aufsichtsräte haben traditionell einen höheren Frauenanteil. Zuletzt konnten wir in den Aufsichtsräten der Top-200-Unternehmen einen Frauenanteil von fast 30 Prozent und bei den DAX-30-Unternehmen einen Frauenanteil von rund 37 Prozent beobachten.

Wie sind die Unterschiede zwischen Vorständen und Aufsichtsräten zu erklären? Aufsichtsräte sind größere Gremien mit deutlich mehr Mitgliedern als Vorstände. Zudem ist der Pool an Leuten, die für diese Aufgaben infrage kommen, etwas größer. Der Aufsichtsrat besteht ja auch aus VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen oder es können Personen berufen werden, die beispielsweise aus der Wirtschaftsprüfung oder der Wissenschaft kommen. Vorstände hingegen rekrutieren sich in der Regel aus Personen mit langjähriger Managementerfahrung, entweder im Vorstand eines anderen Unternehmens oder aus der Hierarchieebene direkt unterhalb des Vorstandes. Da ist der Pool an Leuten, die für diese Positionen infrage kommen, deutlich kleiner. Der zweite Grund ist, dass wir für die Aufsichtsräte in Deutschland seit 2015 eine gesetzlich festgeschriebene Geschlechterquote für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen haben.

Was versprechen Sie sich von der am 6. Januar 2021 beschlossenen verbindlichen Mindestbeteiligung von einer Frau in den Vorständen dieser Unternehmen? Diese Maßnahme ist ein starkes gleichstellungspolitisches Signal, dass das Potenzial hat, den Frauenanteil in der Gruppe der betroffenen Unternehmen nachhaltig zu erhöhen. Sie gilt erst einmal nur für die börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen, die einen Vorstand haben, der aus mindestens vier Personen besteht. Das sind zurzeit nur 74 Unternehmen und von diesen haben über 40 bereits eine Frau im Vorstand. Das heißt, das geplante Gesetz betrifft derzeit nur etwa 30 Unternehmen. Wenn diese die Vorgabe jetzt direkt umsetzen würden, kämen wir auf einen Frauenanteil von etwa 21 Prozent. Das wäre schon ein wichtiges Signal.

Wie hoch ist der Anteil von Managerinnen in Deutschland im europäischen Vergleich? Schaut man nur auf die Aufsichtsräte, dann steht Deutschland im europäischen Vergleich überdurchschnittlich gut da. Schaut man auf die Vorstände, ist der Frauenanteil in Deutschland jedoch unterdurchschnittlich. Da findet sich Deutschland eher auf den hinteren Rängen des Rankings. Das liegt auch daran, dass es in den anderen Ländern schon länger gesetzliche Quoten gibt.

Es wurde auch untersucht, wie sich Geschlechterdiversität auf die Arbeit im Aufsichtsrat auswirkt. Was sind die zentralen Ergebnisse? Auf Basis von qualitativen Interviews sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anwesenheit von Frauen in einem Aufsichtsrat eine positive Auswirkung auf die Diskussionskultur sowie die Interaktion und die Entscheidungsfindung hat. Häufig wurde von beiden Geschlechtern gesagt, dass Frauen besonders investigativ nachfragten, Vorschläge und Entscheidungen des Vorstands stärker hinterfragten und dadurch den Vorstand zwängen, seine Vorhaben besser zu begründen. Wir schlussfolgern daraus, dass divers zusammengesetzte Aufsichtsgremien eher zu besseren Entscheidungen gelangen als homogene Gruppen.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Katharina Wrohlich
Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen ist wichtiges gleichstellungspolitisches Signal - Interview mit Katharina Wrohlich

Katharina Wrohlich

Leiterin in der Forschungsgruppe Gender Economics

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