Pressemitteilung vom 25. März 2021
Einsamkeit und psychische Belastungen stiegen in der Bevölkerung in Deutschland durch die Pandemie, bei Geflüchteten blieben sie hoch – Vor der Pandemie waren Geflüchtete deutlich einsamer als die übrige Bevölkerung – Menschen ohne Migrationshintergrund fühlen sich nun im Schnitt so einsam wie Geflüchtete im Jahr 2017
Die Corona-Pandemie verschärft die Einsamkeit vieler Menschen in Deutschland. Während Geflüchtete vor der Pandemie deutlich einsamer waren als die übrige Bevölkerung, ist diese inzwischen so einsam, wie Geflüchtete es bereits im Jahr 2017 waren. Für Geflüchtete blieben auch die psychischen Belastungen, wie Depressionen und Ängste, unverändert hoch. Sie sind weiterhin stärker psychisch belastet als Menschen ohne Migrationshintergrund. Zu diesen Ergebnissen kommen WissenschaftlerInnen am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die untersucht haben, wie sich die psychische Gesundheit in den ersten Monaten der Pandemie entwickelt hat.
„Die Einsamkeit, die durch die Pandemie ausgelöst wurde, ist voraussichtlich ein vorübergehendes Phänomen. Bei den Geflüchteten sehen wir hingegen, dass sie sich schon über einen längeren Zeitraum einsam fühlen“, betont Studienautorin Theresa Entringer. „Das ist gesundheitspolitisch bedenklich, da vor allem chronische Einsamkeit psychisch und physisch krank macht.“
© DIW Berlin
Grund für die anhaltende Einsamkeit und psychischen Belastungen bei Geflüchteten ist unter anderem ihre fehlende soziale Teilhabe. Sind Geflüchtete beispielsweise erwerbstätig, dann reduziert das ihre Einsamkeit – die auf einer Skala von null bis zwölf bei etwa 5,5 Punkten liegt – um durchschnittlich 0,4 Punkte. Auch wenn sie über bessere Deutschkenntnisse (0,5 Punkte) oder ein höheres Haushaltseinkommen (0,2 Punkte) verfügen, sind Geflüchtete weniger einsam.
„Geflüchtete fühlen sich schon über einen längeren Zeitraum einsam. Das ist gesundheitspolitisch bedenklich, da vor allem chronische Einsamkeit psychisch und physisch krank macht.“ Theresa Entringer, Studienautorin
Dass die psychische Gesundheit der Geflüchteten sich trotz Pandemie nicht weiter verschlechtert hat, könnte daran liegen, dass Geflüchtete schon zuvor stark belastet waren. „Dieses Ereignis hat die psychische Gesundheit Geflüchteter im Schnitt nicht in gleicher Art und Weise getroffen wie die der restlichen Bevölkerung. Das heißt aber nicht, dass es ihnen insgesamt gut geht, sondern vielmehr, dass es ihnen schon vorher relativ schlecht ging“, erklärt Studienautor Hannes Kröger. „Der Raum für Verschlechterungen war sozusagen deutlich geringer als bei der restlichen Bevölkerung.“
Für die Studie werteten die ForscherInnen repräsentative Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), der IAB-BAMF-SOEP-Befragung Geflüchteter in Deutschland sowie zweier Zusatzerhebungen zur Corona-Situation (SOEP-CoV) aus. Die Befragungen wurden in den Jahren 2016/2017 und 2019 sowie von April bis August 2020 durchgeführt.
„Man muss Integration und psychische Gesundheit zusammen denken“, resümiert Studienautorin Entringer. „Fehlende Teilhabe kann einsam machen und psychisch belasten. Anhaltende Einsamkeit geht wiederum häufig mit weiterem sozialem Rückzug einher, was den Integrationsprozess hemmt.“
Die StudienautorInnen empfehlen daher, weiter in die Sprachförderung und den Arbeitsmarktzugang von Geflüchteten zu investieren. Insbesondere Geflüchtete mit schlechterer psychischer Gesundheit sollten zusätzlich unterstützt werden. So werden die Integration Geflüchteter gefördert und ihre Einsamkeit und psychischen Belastungen reduziert.
Themen: Gesundheit , Migration