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Deutsche Wirtschaft windet sich nur langsam aus der Pandemie: Grundlinien der Wirtschaftsentwicklung im Herbst 2021

DIW Wochenbericht 37 / 2021, S. 616-629

Marius Clemens, Simon Junker, Laura Pagenhardt

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  • Deutsche Wirtschaft wächst nicht so schnell wie erwartet – DIW- KonjunkturforscherInnen gehen dieses Jahr von 2,1 Prozent aus
  • Weltwirtschaft brummt. In Deutschland bremst aber Industrie – trotz Nachfragebooms: Wegen weltweiter Lieferengpässe stockt Produktion – auch Export stagniert vorübergehend
  • Dienstleister erholen sich nur langsam und dürften im Winter erneuten Dämpfer erfahren – privater Konsum noch nicht auf Vorkrisenniveau
  • Wenn sich im kommenden Jahr Lieferengpässe auflösen und die Pandemie überwunden sein wird: Wachstum von 4,9 Prozent erwartet
  • Inflation vor allem durch Sondereffekte wie Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung und gestiegene Energiepreise erhöht – für 2022 wieder moderate Inflation erwartet

„Die Impf- und Teststrategie zeigt zwar Wirkung, aber der private Konsum ist längst noch nicht auf Vorkrisenniveau und wird im Winter mit steigenden Inzidenzen erneut gedämpft. Aber immerhin lösen sich dann die Lieferengpässe langsam auf und die heimische Industrie wird wieder in Schwung kommen. Ab Frühjahr rechnen wir mit einer Erholung auf allen Ebenen.“ Simon Junker

Die deutsche Wirtschaft lässt die Pandemie langsamer als erwartet hinter sich. Sie legt wohl in diesem Jahr lediglich um 2,1 Prozent zu; die Kapazitäten bleiben noch deutlich unterausgelastet. Die globalen Lieferengpässe treffen die deutsche Industrie. Dadurch ist die heimische Produktion trotz hoher Nachfrage ins Stocken geraten. Auch die Dienstleistungsbranche schwächelt mit steigenden Infektionszahlen wieder, nachdem sie im Sommer von der zwischenzeitlich beruhigten Infektionslage und dem Impffortschritt noch profitierte. Wenn sich die Lieferengpässe im kommenden Jahr auflösen, dürfte die Industrie durchstarten und die deutsche Wirtschaft ein kräftiges Plus von 4,9 Prozent verzeichnen. Die Inflation bleibt in der Grundtendenz moderat, in diesem Jahr treiben jedoch insbesondere die gestiegenen Ölpreise und die Rückkehr zur normalen Mehrwertsteuer die Rate auf 3,0 Prozent. Diese Effekte entfallen im kommenden Jahr. Dennoch wird die Inflation bei rund 2,0 Prozent etwas erhöht bleiben, da die Unternehmen die aufgrund der knappen Vorleistungen steigenden Produktionskosten teilweise weiterreichen.

Die deutsche Wirtschaft kann sich nur schwer aus dem Griff der Corona-Pandemie lösen, denn das immer wieder aufflammende Infektionsgeschehen hat insbesondere die Erholung bei den Dienstleistern wieder und wieder abgewürgt und wird es vereinzelt voraussichtlich auch in den kommenden Monaten noch tun. Die Industrie leidet derweil – trotz hoher Nachfrage – unter globalen Störungen der Lieferketten. Die wieder steigenden Inzidenzzahlen verlieren aber vor dem Hintergrund der zunehmenden Impfquote an Bedeutung: Aufgrund der fortschreitenden Immunisierung der Bevölkerung dürfte der Anteil Infizierter mit schweren Verläufen geringer ausfallen – und damit auch die Belegung von Kliniken, insbesondere der Intensivstationen. Unterstellt wird daher, dass die Politik zwar die steigende Zahl an Infizierten mit weniger rigiden Maßnahmen beantwortet als im vergangenen Winter. Dennoch wird wohl regional aufflammendes Infektionsgeschehen hier und dort zu Einschränkungen führen. Viele Menschen werden zudem im Winter wohl mit Vorsicht agieren, auch weil eine Impfung keinen vollständigen Schutz bietet und der Schutz allmählich nachlässt. Die neuerliche Corona-Welle schränkt damit die Nachfrage nach kontaktintensiven Dienstleistungen ein, aber in geringerem Ausmaß als zuvor. Für die Zeit ab Frühjahr 2022 wird unterstellt, dass die Pandemie weitreichend eingedämmt ist.

Bei den von den Corona-Maßnahmen besonders betroffenen Dienstleistungsunternehmen stellte sich im Frühjahr nach dem Wegfall der meisten Eindämmungsmaßnahmen noch keine nennenswerte Erholung ein; erst seit diesem Sommer – und damit später als erwartet – normalisierte sich die Geschäftstätigkeit (Abbildung 1). Die Impf- und Testaktivitäten trugen zunächst merklich zur Erholung bei, verlieren aber im Verlauf deutlich an Schwung, denn die Impfquote lässt sich nicht mehr in dem Tempo steigern und Tests werden ab Herbst weitgehend kostenpflichtig – und damit weniger attraktiv. Die Erholung vom Sommer wird wohl in den Herbst- und Wintermonaten durch neuerliche Rücksetzer gebremst – wenngleich weniger als im Lockdown-Winter 2020/21. Damit stehen die Dienstleistungsunternehmen im Winterhalbjahr erneut vor einer Bewährungsprobe, ehe sie ab dem kommenden Frühjahr ihren Betrieb wieder hochfahren (Tabelle 1).

Tabelle 1: Quartalsdaten zur Entwicklung der Verwendungs- und Entstehungskomponenten des realen Bruttoinlandsprodukts

Veränderung gegenüber dem Vorquartal in Prozent; saison- und kalenderbereinigt

2021 2022 2023
I II III IV I II III IV I II III IV
Privater Verbrauch −5,2 3,2 2,8 −0,5 −0,2 4,8 1,9 0,9 0,6 0,4 0,3 0,3
Öffentliche Konsumausgaben −0,7 1,8 0,7 0,5 0,2 0,0 −0,2 0,0 0,2 0,3 0,3 0,3
Bruttoanlageinvestitionen −0,7 0,5 0,7 1,2 1,2 1,2 0,9 0,7 0,8 0,8 0,8 0,8
Bauten −0,2 0,3 −0,3 0,2 0,8 1,1 0,9 0,8 0,7 0,7 0,7 0,7
Ausrüstungen −0,4 0,3 1,9 2,7 2,0 1,7 0,9 0,6 1,0 1,0 1,0 1,0
Sonstige Investitionen −2,6 1,3 1,2 1,2 1,1 0,9 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8
Lagerveränderung1 1,9 0,1 −1,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0
Inländische Verwendung −1,1 2,4 0,7 0,1 0,3 2,8 1,1 0,6 0,5 0,5 0,4 0,4
Außenbeitrag1 −0,9 −0,6 0,6 0,2 1,5 −0,8 −0,3 −0,2 −0,2 −0,3 −0,2 −0,2
Export 1,4 0,5 −0,3 0,3 4,1 3,7 2,6 1,3 1,1 1,0 0,9 0,9
Import 4,2 2,1 −1,9 0,0 0,9 6,3 3,6 1,9 1,7 1,6 1,5 1,5
Bruttoinlandsprodukt −2,0 1,6 1,3 0,3 1,8 1,8 0,8 0,4 0,3 0,2 0,2 0,2
Bruttowertschöpfung −1,0 1,0 1,3 0,3 1,8 1,8 0,8 0,4 0,3 0,2 0,2 0,2
Verarbeitendes Gewerbe −0,8 −1,3 0,0 1,0 4,2 3,4 1,6 0,8 0,5 0,4 0,4 0,4
Baugewerbe −5,2 0,1 −0,3 0,2 0,8 1,1 0,9 0,7 0,6 0,6 0,6 0,6
Handel, Gastgewerbe, Verkehr −2,7 1,1 5,1 −1,4 2,0 2,6 1,3 0,5 0,3 0,3 0,2 0,2
Unternehmensdienstleister 0,2 1,3 1,3 1,7 2,2 2,0 0,7 0,2 0,1 0,1 0,1 0,1
Öffentliche Dienstleistungen, Erziehung, Gesundheit −0,1 3,8 −0,6 1,0 0,7 0,6 0,2 0,1 0,1 0,1 0,1 0,1

1 Wachstumsbeitrag in Prozentpunkten.

Quelle: Statistisches Bundesamt; DIW Herbstgrundlinien 2021, Prognose ab drittem Quartal 2021.

Die Weltkonjunktur brummtinfoVgl. den ersten Bericht in diesem Heft: Guido Baldi et al. (2021): Weltwirtschaft nach Dämpfer im Sommer wieder auf Erholungskurs. DIW Wochenbericht Nr. 37, 600–614.. und entsprechend euphorisch ist die Stimmung in der exportabhängigen Industrie. Weltweite Lieferengpässe haben allerdings auch in deutschen Betrieben die Produktion stocken lassen. Auf kurze Sicht ist kein Ende der dafür ursächlichen Materialknappheit erkennbar. Die Auftragsbücher sind jedoch seit geraumer Zeit prall gefüllt; bis zuletzt gingen mehr und mehr Bestellungen ein, vor allem aus dem Ausland. Wenn die globalen Knappheiten nach und nach beseitigt sind – unterstellt wird, dass dies ab Winter zunehmend der Fall ist –, wird die Industrie wohl Fahrt aufnehmen und die zwischenzeitlich aufgestaute Nachfrage zügig abarbeiten (Abbildung 2).

Alles in allem dürfte die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr mit schleppendem Tempo (Abbildung 3) nur auf einen jahresdurchschnittlichen Zuwachs von 2,1 Prozent kommen (Tabelle 2). Hierzu trägt auch die Entwicklung von Impfstoffen durch heimische Unternehmen bei:infoAuf diesen Effekt, der wegen des Umsatzsprungs im Milliardenbereich gesamtwirtschaftlich bedeutsam ist, hat Sebastian Dullien hingewiesen. Seine Rechnung liegt hier zugrunde, vgl. Manager Magazin vom 10.8.2021: Ökonomenschätzung: Biontech sorgt für ein Achtel des deutschen Wirtschaftswachstums (online verfügbar, abgerufen am 10. September 2021. Dies gilt für alle Onlinequellen in diesem Bericht). Allerdings stehen den Umsätzen offenbar auch beträchtliche Lizenzgebühren gegenüber, was den Effekt auf die jahresdurchschnittliche Rate geringfügig reduziert. Deren Innovationsschub fällt so gewichtig aus, dass er die Wirtschaftsleistung im Niveau ab diesem Jahr um 0,4 Prozent anhebt.infoDie zusätzliche Wertschöpfung fällt bereits seit Jahresbeginn an. Hält die Umsatzentwicklung mit dem Impfstoff im weiteren Verlauf an, kehrt sich der Niveausprung bei der wirtschaftlichen Aktivität vorerst nicht um. Hierfür spricht, dass erstens offenbar bereits in erheblichem Umfang weitere Impfdosen bestellt sind und seitens des Unternehmens auch für das laufende Halbjahr mit einer vergleichbaren Umsatzentwicklung gerechnet wird, und zweitens, dass eine anhaltende Nachfrage nach Impfdosen im Prognosezeitraum plausibel scheint. Daher wird davon Abstand genommen, bei den prognostizierten Verlaufsraten eine (graduelle) Rücknahme dieses Effekts einzustellen. Dies überzeichnet die ermittelte Produktionslücke in dieser Größenordnung.infoDie hier genutzte EU-Methode zur Potenzialberechnung erfasst dies nicht als permanenten Innovationsschub und missinterpretiert die zusätzliche Wertschöpfung nahezu vollständig als positiven Beitrag zur Kapazitätsauslastung. Die Produktionslücke dürfte im Prognosezeitraum entsprechend überzeichnet sein. Dennoch wird die Unterauslastung in diesem Jahr nur wenig abgebaut (Abbildung 4). Für das kommende Jahr ist mit einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 4,9 Prozent eine spürbarere Erholung zu erwarten, die gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten werden dann in etwa wieder normal ausgelastet sein. Im Jahr 2023 dürfte sich der Zuwachs auf 1,5 Prozent belaufen. Dies liegt etwas über der Potenzialrate. Die Kapazitäten dürften gut, aber nicht übermäßig ausgelastet sein, denn die anhaltend kräftige Auslandsnachfrage stützt die Industriekonjunktur.

Tabelle 2: Eckdaten zur Wirtschaftsentwicklung in Deutschland

2018 2019 2020 2021 2022 2023
Reales Bruttoinlandsprodukt1 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) 1,1 1,1 −4,6 2,1 4,9 1,5
Erwerbstätige im Inland (1000 Personen) 44858 45268 44898 44885 45228 45517
Erwerbslose, ILO 1468 1373 1664 1581 1486 1374
Arbeitslose, BA 2340 2267 2695 2649 2490 2320
Erwerbslosenquote, ILO2 3,4 3,2 3,8 3,7 3,4 3,2
Arbeitslosenquote, BA2 5,2 5,0 5,9 5,8 5,4 5,0
Verbraucherpreise3 1,8 1,4 0,5 3,0 2,0 1,7
Lohnstückkosten4 3,0 3,1 3,4 0,9 0,3 2,7
Finanzierungssaldo des Staates5
in Milliarden Euro 64,4 51,1 −145,2 −161,4 −77,5 −42,6
in Prozent des BIP 1,9 1,5 −4,3 −4,6 −2,1 −1,1
Leistungsbilanzsaldo in Prozent des BIP 7,8 7,4 6,9 6,8 7,3 6,0

1 In Preisen des Vorjahres.

2 Bezogen auf die inländischen Erwerbspersonen insgesamt (ILO) bzw. zivilen Erwerbspersonen (BA).

3 Verbraucherpreisindex.

4 Im Inland entstandene Arbeitnehmerentgelte je Arbeitnehmerstunde bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt in Preisen des Vorjahres je Erwerbstätigenstunde.

5 In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ESVG).

Quellen: Angaben nationaler und internationaler Institutionen; DIW Herbstgrundlinien 2021. Prognose ab 2021.

Zuletzt haben die Exporte jedoch merklich an Schwung verloren. In erster Linie ist dies auf Störungen im internationalen Warenverkehr zurückzuführen, die die Produktion eingeschränkt haben. Auch in den kommenden Monaten werden die Lieferengpässe die Exporte drosseln, so dass insgesamt im zweiten Halbjahr mit einer Stagnation bei den Ausfuhren zu rechnen ist. Die Nachfrage nach deutschen Produkten, gerade aus dem Ausland, bleibt derweil kräftig. Sobald das verarbeitende Gewerbe ab Spätherbst nach und nach Fahrt aufnimmt, werden die Ausfuhren ebenfalls wieder ausgeweitet. Damit kann die deutsche Exportwirtschaft wieder rasch zur boomenden Auslandsnachfrage aufschließen, vor allem in der ersten Hälfte des kommenden Jahres. Im Jahr 2023 lässt das Wachstum bei den Ausfuhren etwas nach, sie bleiben aber im Zuge des anhaltend hohen weltwirtschaftlichen Expansionstempos dynamisch. Nachholbedarf gibt es im internationalen Dienstleistungsverkehr – insbesondere die Reisetätigkeit wurde infolge der Pandemie wiederholt eingeschränkt. Jüngst hat sie sich belebt, wenngleich auf extrem niedrigem Niveau. Die Dienstleistungsexporte dürften daher alles in allem zulegen, nachhaltig erholen werden sie sich jedoch erst, wenn die Pandemie ab dem kommenden Frühjahr nicht mehr die Wirtschaftsaktivitäten belastet.

Der Arbeitsmarkt nimmt (erst) seit Sommer spürbar Fahrt auf. Die im Zuge der Lockdowns ab November 2020 zeitweilig auf weit über drei Millionen hochgeschnellte Zahl an KurzarbeiterInnen hat sich seit Frühjahr halbiert (Abbildung 5). Die erneute Flaute bei vielen kontaktintensiven Dienstleistungen wird diesen Trend im Winter zwar unterbrechen, ab Frühjahr 2022 dürfte er sich aber fortsetzen. Während mehr und mehr Kurzarbeitende in die reguläre Beschäftigung zurückkehren, zieht allmählich auch der Beschäftigungsaufbau an. Im laufenden Quartal werden die Zuwächse kräftig ausfallen; neben den öffentlichen Dienstleistern dürften verstärkt auch die übrigen Dienstleistungsunternehmen eingestellt haben, etwa im Handel. Auch hier wird wohl die Pandemie im Winter erneut den Beschäftigungsaufbau dämpfen, ab dem kommenden Frühjahr wird aber wohl wieder verstärkt eingestellt werden.

In der Industrie ist wohl die gut zweijährige Durststrecke bei den sozialversicherungspflichtigen Jobs gestoppt: Der Abwärtstrend dort kam jüngst zum Erliegen; seit April geben die Industrieunternehmen wieder mehrheitlich an, den Personalstand aufbauen zu wollen (Abbildung 6). Dies dürfte den anhaltend kräftigen Aufbau der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Gesamtwirtschaft zusätzlich befeuern (Tabelle 3). Alles in allem dürfte die Zahl der Erwerbstätigen nach einem mageren ersten Halbjahr im Gesamtjahr etwa auf dem Niveau vom Vorjahr verharren, im kommenden Jahr aber um fast 350000 und im Jahr 2023 um knapp 300000 steigen. Das Vorkrisenniveau wird Ende 2022 erreicht.

Tabelle 3: Arbeitsmarktbilanz

In Millionen Personen

2019 2020 2021 2022 2023
Erwerbstätige im Inland 45,27 44,90 44,88 45,23 45,52
Selbstständige und mithelfende Familienangehörige 4,15 4,04 3,92 3,83 3,78
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 33,54 33,58 33,87 34,20 34,46
BeamtInnen, RichterInnen, Zeit- und BerufssoldatInnen 1,86 1,88 1,90 1,92 1,94
Ausschließlich geringfügig Beschäftigte (Minijobber) 4,57 4,27 4,08 4,15 4,29
Sonstige 1,14 1,13 1,12 1,13 1,05
+/− PendlerInnen, Beschäftigte in staatlichen Einrichtungen des Auslandes bzw. im Ausland etc. −0,14 −0,10 −0,10 −0,10 −0,10
Erwerbstätige InländerInnen 45,13 44,80 44,79 45,13 45,42
Erwerbslose 1,37 1,66 1,58 1,49 1,37
Erwerbspersonen 46,50 46,47 46,37 46,61 46,79
Nachrichtlich:
Arbeitslose 2,27 2,70 2,65 2,49 2,32
Arbeitslosenquote BA1 (Prozent) 5,0 5,9 5,8 5,4 5,0
Arbeitslosenquote SGB2 (Prozent) 6,3 7,4 7,3 6,8 6,3
Erwerbslosenquote VGR3 (Prozent) 3,0 3,6 3,4 3,2 2,9
Erwerbslosenquote ILO-Statistik (Prozent) 3,2 3,8 3,7 3,4 3,2
Erwerbstätige am Wohnort nach ILO 42,2 41,8 41,4 41,7 42,0

1 Registrierte Arbeitslose bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen.

2 Registrierte Arbeitslose bezogen auf die Summe von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und registrierten Arbeitslosen.

3 Erwerbslose bezogen auf die Summe der Erwerbstätigen nach VGR und der Erwerbslosen.

Quellen: Statistisches Bundesamt; Bundesagentur für Arbeit; DIW Herbstgrundlinien 2021.

Die Arbeitslosigkeit wird in diesem Jahr wohl um 50000 Personen zurückgehen. Allerdings dürfte gleichzeitig die Zahl der Erwerbspersonen deutlich schrumpfen (Abbildung 7). Viele Menschen haben sich im Zuge der Krise zuletzt offenbar vom Arbeitsmarkt zurückgezogen oder sie haben, zum Beispiel nach dem Schulabschluss, weder einen Arbeits- noch einen Ausbildungsplatz antreten können, hatten aber auch noch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Im Zuge der sich zunehmend aufhellenden Arbeitsmarktlage werden sich diese Menschen bald wieder verstärkt um eine berufliche Tätigkeit bemühen. Die Beschäftigung wird damit schneller aufgebaut, als sich die Zahl der Arbeitslosen abbaut. Sie sinkt dennoch in den kommenden beiden Jahren um jeweils gut 150000 – die Arbeitslosenquote geht von 5,8 Prozent in diesem Jahr über 5,4 im Jahr 2022 auf 5,0 Prozent im Jahr 2023 zurück.

Die Arbeitszeit wird deutlich ausgeweitet, vor allem im kommenden Jahr. Dies ist maßgeblich dem Abbau der Kurzarbeit geschuldet. Im Jahr 2023 dürfte sie – je ArbeitnehmerIn – etwa so hoch ausfallen wie vor der Krise; der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften dürfte den Abwärtstrend bei der Arbeitszeit bremsen.

Die Tariflöhne legen in diesem Jahr – nach schwachen Abschlüssen in der Corona-Krise – wohl nur um magere anderthalb Prozent zu. Auch die Stundenlöhne steigen, nach einem Rücksetzer im zweiten Quartal, nur geringfügig stärker. Da der Beschäftigungsaufbau jedoch größtenteils von der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung getragen wird und sich zudem verstärkt in Bereichen mit vergleichsweise hohen Löhnen, wie dem verarbeitenden Gewerbe, vollzieht, dürften die Effektivlöhne im weiteren Verlauf wieder spürbarer steigen. Hinzu kommt, dass sich das Angebot an Arbeitskräften im Zuge des demografischen Wandels zunehmend verknappt. In den kommenden beiden Jahren dürften die Zuwächse bei den Effektivverdiensten daher wieder deutlich über den tariflich vereinbarten liegen – und nach und nach in etwa wieder an die Lohndynamik der Vorkrisenjahre anknüpfen. Je Beschäftigtem gerechnet fallen die Steigerungen – wiederum wegen der sinkenden Kurzarbeit – erheblich höher aus.

Der jüngste Anstieg der Inflation – auf zuletzt satte 3,9 Prozent im August – hat in der Öffentlichkeit die Sorge vor einer Phase anhaltend hoher Preisanstiege geschürt. In der Tat legen die Preise derzeit auf breiter Front kräftig zu, der Großteil der aktuell hohen Rate ist aber vorübergehenden Sondereffekten geschuldet. Deswegen fällt die Inflation nach einem Ausreißer von 3,0 Prozent in diesem Jahr bereits kommendes Jahr mit 2,0 Prozent wieder deutlich niedriger aus – und sie dürfte im darauffolgenden Jahr weiter auf 1,7 Prozent zurückgehen.

Rund ein Prozentpunkt der aktuell im Bereich von vier Prozent liegenden Inflation rührt von der Rücknahme der vorübergehenden Senkung der MehrwertsteuersätzeinfoVgl. Marius Clemens et al. (2021): Mehrwertsteuersenkung hat deutsche Wirtschaft im Corona-Jahr 2020 gestützt. DIW aktuell 62 (online verfügbar). – und dieser entfällt folglich zum Jahresbeginn 2022. Hinzu kommt mehr als ein Prozentpunkt Teuerung, weil die Energiepreise zuletzt zweistellig im Plus lagen (+12,6 Prozent). Treiber ist hier die Rückkehr des Ölpreises in einen als langfristig stabil erachteten Preiskorridor. Ausgehend von den Futures-Preisen, die die Erwartungen der Märkte spiegeln, wird unterstellt, dass dieser dort in etwa verbleibt (Kasten). Damit werden die Energiepreise im kommenden Jahr die Inflation nicht weiter treiben. Allerdings werden die vorgesehenen Erhöhungen der CO2-Preise zum Jahresbeginn (und erneut im Jahr 2023) zu einem Inflationsimpuls von zwei Zehntel Prozentpunkten führen. Ohne die vorübergehenden Einflüsse der Mehrwertsteuer und der Ölpreise läge die Teuerungsrate also aktuell nur geringfügig über zwei Prozent – der Marke, zu der die Preise als stabil angesehen werden.

Dieser Prognose liegt, neben den im Text ausgeführten Annahmen zum Pandemie-Verlauf, eine Reihe weiterer Annahmen zugrunde, etwa zum Euro-Dollar-Kurs, der ab dem Stichtag 3. September als konstant angenommen wird (Tabelle 1), und zu den Ölpreisen, deren erwarteter Verlauf auf Futures-Kursen beruht. Zudem fließt eine Reihe finanzpolitischer Maßnahmen ein, deren Umsetzung im Prognosezeitraum unterstellt wird: die Abschaffung des Solidaritätszuschlags in Höhe von rund 9,2 Milliarden Euro, die Mehrausgaben für die Grundrente in Höhe von jährlich 1,8 Milliarden Euro, die steuerlichen Entlastungen für Familien sowie diverse investive Ausgaben, unter anderem für den Klimaschutz und die Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes.

Tabelle 1: Annahmen in dieser Prognose

2021 2022 2023
EZB-Leitzins Prozent 0,0 0,0 0,0
Geldmarktzins EURIBOR-Dreimonatsgeld in Prozent −0,5 −0,5 −0,4
Kapitalmarktzins Rendite für Staatsanleihen im Euroraum mit 10-jähriger Restlaufzeit 0,2 0,2 0,3
Kapitalmarktzins Rendite für Staatsanleihen in Deutschland mit 10-jähriger Restlaufzeit −0,2 −0,4 −0,3
Wechselkurs US-Dollar/Euro 1,19 1,18 1,18
Tarifliche Monatslöhne Änderung gegenüber Vorjahr in Prozent 1,5 1,8 2,3
Erdölpreis US-Dollar/Barrel 68,8 69,2 65,3
Erdölpreis Euro/Barrel 57,7 58,6 55,3

Quelle: DIW Herbstgrundlinien 2021.

Zudem werden einige Covid-19-Hilfsmaßnahmen verlängert und einige Maßnahmen des im Jahr 2020 beschlossenen Konjunkturprogramms umgesetzt (Tabelle 2). Zu ersteren zählen die wirtschaftlichen Soforthilfemaßnahmen, von denen bisher rund 51 Milliarden Euro ausgezahlt worden sind. Unter letzteren lässt sich eine Vielzahl investiver Maßnahmen zusammenfassen, die im Zukunftspaket des Konjunkturprogramms angekündigt wurden und zum Teil im deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) finanziert werden. Insgesamt wird trotz hohem Impuls im vergangenen Jahr auch in diesem Jahr mit weiteren finanzpolitischen Impulsen durch das Konjunkturprogramm in Höhe von zusätzlich zehn Milliarden Euro gerechnet. Die Unsicherheit bezüglich des tatsächlichen zukünftigen Abflusses von Mitteln aus dem Hilfs- und Konjunkturprogramm ist allerdings hoch. Es wird angenommen, dass die geplanten Mittel des Konjunkturprogramms von insgesamt 161 Milliarden Euro bis 2024 vollständig abgerufen werden. Über diesen Zeitraum hinweg erhöhen die staatlichen Ausgaben das Bruttoinlandsprodukt um kumuliert 177 Milliarden Euro.infoVgl. zu den Modellsimulationen Marius Clemens, Simon Junker und Claus Michelsen (2020): Konjunkturelle Effekte der finanzpolitischen Maßnahmen des Konjunkturprogramms. Politikberatung kompakt 156 (online verfügbar). Bezüglich der wirtschaftlichen Soforthilfemaßnahmen wird angenommen, dass in den nächsten beiden Quartalen rund fünf Milliarden Euro zusätzlich abgerufen werden, aber nichts in den Jahren 2022 und 2023

Tabelle 2: Finanzpolitische Maßnahmen1

Belastungen (–) und Entlastungen (+) des gesamtstaatlichen Haushalts in Milliarden Euro gegenüber Vorjahr

2021 2022 2023
Einnahmen der Gebietskörperschaften2
Teilabschaffung Solidaritätszuschlag −9,2 −1,4 0,0
Alterseinkünftegesetz −1,3 −1,4 −1,5
Mehreinnahmen durch steigende Rentenbesteuerung 0,4 0,4 0,4
1. Familienentlastungsgesetz (ohne Kindegelderhöhung) −0,8 −0,2 −0,1
2. Familienentlastungsgesetz (ohne Kindegelderhöhung) −3,8 −4,2 −0,9
Steuerliche Förderung von F&E-Ausgaben −2,2 0,3 −0,1
Sonstige steuerliche Maßnahmen3 0,8 0,6 2,3
Steuerliche Förderung Mietwohnungsneubau −0,1 −0,2 −0,3
CO2-Bepreisung in Verkehr und Wärme 7,4 1,6 1,5
Zusätzliche Maßnahmen (Beschluss des Klimakabinetts) −0,2 −0,5 −0,2
Fondsstandortgesetz −0,2 −0,3 −0,1
Einnahmen der Sozialversicherungen
Anstieg des durchschnittlichen Zusatzbeitrags GKV zum 1. Januar 2021 um 0,3 Prozentpunkte 3,2 0,0 0,0
Ausgaben der Gebietskörperschaften
Kindergelderhöhung um 10 bzw. 15 Euro zum 1. Juli 2019 und 1. Januar 2021 −3,1 0,0 0,0
Gute-KiTa-Gesetz −1,0 0,0 0,5
Zusätzliche EKF-Ausgaben durch Beschluss des Klimakabinetts −2,9 −1,0 −0,5
Senkung EEG-Umlage −5,4 0,0 0,0
Erhöhung des Wohngelds −0,2 0,0 0,0
Starke-Familien-Gesetz/ Kinderzuschlag −0,2 0,0 0,0
Aufstockung des BAFöG, Aufstiegsfortbildung in der beruflichen Bildung −0,5 0,0 0,0
Teilhabechancengesetz −0,1 0,0 0,1
Qualifizierungschancengesetz (Bund) −0,1 0,0 0,0
Angehörigenentlastungsgesetz −0,1 0,0 0,0
Mehrpersonal innere Sicherheit 0,0 0,0 0,0
Zusätzliche investive Ausgaben KV 20184 −1,9 −1,5 −0,5
Fluthilfe −0,5 −1,0 0,0
Ausgaben der Sozialversicherungen
Arbeit-von-morgen Gesetz −0,2 −0,2 0,0
Anpassung der Renten Ost −0,4 −0,5 −0,5
Erhöhung der Zurechnungszeit der Erwerbsminderungsrente −0,1 0,3 0,0
Pflegepersonalstärkungsgesetz −0,3 0,0 0,0
Konzertierte Aktion Pflege −0,4 0,0 0,0
Grundrente −0,8 −1,0 0,0
Terminservice- und Versorgungsgesetz −0,6 0,0 0,0
Maßnahmen des Konjunkturprogramms −10,0 10,0 19,0
darunter: Senkung Mehrwertsteuersätze im 2. Halbjahr 2020 13,3 3,3 0,0
Stabilisierung EEG-Umlage 3,0 2,4 0,0
Überbrückungshilfen −23,0 23,0 2,0
Zukunftspaket −4,4 −3,2 4,1
Sonstige Maßnahmen im Zuge der Corona-Krise −43,2 65,0 2,0
darunter: Soforthilfen 13,6 0,0 0,0
November- und Dezemberhilfen −15,0 16,0 0,0
Härtefallfonds −1,5 1,5 0,0
Sonstige Coronahilfen5 −34,3 32,5 0,0
Subvention des Gesundheitswesens/Krankenhausfinanzierungsgesetz/EpiLage Fortgeltungsgesetz 2,0 11,0 0,0
Kauf von FFP2-Masken und Schnelltests/Impfkampagne −10,0 5,0 2,0
Insgesamt −77,6 64,8 21,2
In Relation zum Bruttoinlandsprodukt in Prozent −2,2% 1,7 0,6%

1 Ohne makroökonomische Rückwirkungen.

2 Die Wirkungen der Steuerrechtsänderungen beziehen sich auf das Kassenjahr.

3 u.a. Förderung Elektromobilität, Jahressteuergesetz 2020, Investmentsteuerreformgesetz.

4 u.a. Fonds zur Förderung der künstlichen Intelligenz, Bayrisches Programm zur Förderung der Automobilindustrie, erhöhter „Umweltbonus“ für Elektroautos, Sofortprogramm „Saubere Luft“, Digitalpakt Schule, Ausbau Bahnstrecke.

5 u.a. Hilfen für Kunst und Kultur, erleichterter Zugang zur Grundsicherung, Pflegebonus I+II, Sozialschutzpaket.

Quelle: Bundesfinanzministerium, Bundesgesundheitsministerium, Ministerium für Arbeit und Soziales, DIW Herbstgrundlinien 2021.

Um die negativen wirtschaftlichen Folgen der verlängerten Einschränkungsmaßnahmen zur Bekämpfung des Infektionsgeschehens abzumildern, hat die Bundesregierung zudem weitere steuerliche Hilfsmaßnahmen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro beschlossen. Diese Maßnahmen umfassen eine Verlängerung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für die Gastronomiebranche bis zum 31. Dezember 2022, eine Erhöhung des steuerlichen Verlustrücktrags für die Jahre 2020 und 2021 sowie einen zusätzlichen Kinderbonus im Jahr 2021. Auch die Regelungen zum Kurzarbeitergeld wurden verlängert.

Neben den Rettungsmaßnahmen für die Wirtschaft wurden im Rahmen der nationalen Impf- und Teststrategien zusätzliche Mittel bereitgestellt. Diese umfassen großzügige Bestellungen von insgesamt rund 600 Millionen Impfdosen zu insgesamt rund neun Milliarden Euro. Für die nächsten Jahre wird angenommen, dass in jedem Jahr rund drei Milliarden Euro für die Impfung der BundesbürgerInnen bereitgestellt werden.

Nichtsdestotrotz: Auch ohne diese Sondereffekte ist die Inflation derzeit etwas erhöht. Das wiederum reflektiert vor allem einen enormen Kostenschub auf der Produzentenstufe, der die derzeitige Knappheit bei vielen Vorleistungen widerspiegelt. Einen Teil hiervon reichen die Unternehmen an die VerbraucherInnen weiter, was etwa seit Mai die Kernrate erhöht hat. Unterstellt wird, dass sich die Engpässe auf den Weltmärkten zum Jahreswechsel auflösen und die Verbraucherpreise im kommenden Jahr nicht weiter anfachen.

Unterm Strich fällt deswegen die Kernrate, die Teuerung ohne Nahrungsmittel- und Energiepreise, mit 2,3 Prozent in diesem Jahr hoch aus – selbst wenn berücksichtigt wird, dass im Jahresdurchschnitt etwa ein halber Prozentpunkt auf den Mehrwertsteuer-Effekt zurückgeht; in den Vorkrisenjahren lag die Kerninflation bei 1,3 Prozent. Insgesamt hätte sie sich im Trend in den kommenden beiden Jahren ohnehin bei zunehmend gut ausgelasteten Kapazitäten und spürbaren, wenngleich nicht überbordenden Lohnzuwächsen etwas beschleunigt. Bis zum Jahr 2023 dürfte sie so oder so bei rund 1,7 Prozent liegen.

Das Auf- und Ab beim privaten Konsum geht weiter. Im zweiten Quartal ist er zwar aus dem Lockdown-Winterschlaf erwacht, liegt aber noch auf niedrigem Niveau. Zum Vergleich: Im Quartal vor der Corona-Krise wurden in realer Abgrenzung 35 Milliarden Euro mehr ausgegeben. Im dritten Quartal dürfte die beruhigte Infektionslage die Menschen zu mehr Konsum ermuntert haben, viele der zuvor von den Corona-Maßnahmen besonders betroffenen Dienstleistungen waren wieder stärker gefragt. Im Winterhalbjahr allerdings dürfte gerade diese Nachfrage angesichts einer vierten Corona-Welle – und damit geringfügig auch der gesamte Konsum – wieder sinken. Ab Frühjahr kommenden Jahres wird die Pandemie die Wirtschaft annahmegemäß nicht mehr belasten und der Konsum belebt sich nachhaltig.

Die Konsumeinbrüche – zunächst im Frühjahr 2020, dann im Winter 2020/21 und nun in geringerem Maße wohl auch wieder im kommenden Winter – sind den eingeschränkten Möglichkeiten geschuldet, kontaktintensive Dienstleistungen zu nutzen. Kein Problem ist (im Durchschnitt) indes fehlendes Einkommen. Die Bruttolöhne sind zwar im vergangenen Jahr leicht gesunken, dies lag allerdings an der massiven Inanspruchnahme der Kurzarbeit. Betroffene ArbeitnehmerInnen mussten Lohneinbußen hinnehmen, die aber zu einem guten Teil durch das staatliche Kurzarbeitergeld kompensiert wurden. Mit einer allmählichen Rückkehr in die reguläre Beschäftigung steigt auch das Arbeitseinkommen wieder. In der Summe legt es erst in den kommenden beiden Jahren wieder so deutlich zu wie in den Vorkrisenjahren, weil dann auch der Beschäftigungsaufbau schwungvoller ist.

Netto fällt der Lohnzuwachs in der Summe dieses Jahr merklich höher aus, weil der Solidaritätszuschlag zum Jahresbeginn größtenteils abgeschafft wurde. Hinzukommen verschiedene Maßnahmen im Rahmen des 2. Familienentlastungsgesetzes, wie die Erhöhung des Kindergelds oder die Anhebung des Grundfreibetrags, die die Kaufkraft der privaten Haushalte um fast sieben Milliarden Euro gesteigert haben. Aber auch in den kommenden Jahren bleibt das Plus netto spürbar. So werden im nächsten Jahr die Familien um rund vier Milliarden Euro steuerlich entlastet.

Bei den monetären Sozialleistungen flachen die Zuwächse ab, vor allem, weil mit dem Abbau der Kurzarbeit auch die damit verbundenen Transferzahlungen wegfallen. Die Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit und aus Vermögen dürften auch dieses Jahr noch einmal etwas sinken. Zu Jahresbeginn sank die Wirtschaftsleistung, und die Zahl der Selbstständigen nimmt dieses Jahr noch weit überdurchschnittlich ab. Ab dem kommenden Jahr dürfte die wirtschaftliche Erholung zunehmend auch diese Einkommen beflügeln.

Alles in allem sind die verfügbaren Einkommen in der Krise bemerkenswert stabil geblieben – auch wegen der staatlichen Hilfsprogramme. Immerhin konnten sie auch im vergangenen Jahr, trotz eines fast fünfprozentigen Wirtschaftseinbruchs, noch fast ein Prozent zulegen. Dieses Jahr klettern sie bereits um fast zwei Prozent in die Höhe und erreichen ab 2022 wieder die stattlichen Zuwächse der Vorkrisenjahre von gut dreieinhalb Prozent. Dem stabilen Einkommen steht ein schwankender Konsum gegenüber, der zeitweilig die Sparaufkommen erhöht. Im laufenden Quartal dürfte sich die Sparquote deutlich zurückgebildet haben, im Winter 2021/22 aber wohl angesichts der unbeständigen Aussichten für den Dienstleistungskonsum erneut etwas ansteigen. Ab Frühjahr wird sie sich rasch dem Vorkrisenniveau nähern und dort im späteren Prognoseverlauf verharren.

Insgesamt wird der private Verbrauch in diesem Jahr nominal nur wenig von dem vorangegangenen Einbruch aufholen. Real ergibt sich – auch im Zuge der höheren Teuerung – gar ein Rückgang um 1,4 Prozent. Die Belebung ab dem kommenden Frühjahr mündet, bei abklingender Teuerung, in einer jahresdurchschnittlich kräftigen Zuwachsrate für 2022 von real 6,5 Prozent und führt auch im darauffolgenden Jahr noch zu einem beträchtlichen Plus von 3,7 Prozent.

Trotz guter Stimmung bei den Investitionsgüterherstellern waren die Anschaffungen von Maschinen, Anlagen und Fahrzeugen im zweiten Quartal noch verhalten. Dabei dürfte die Materialknappheit, bedingt durch Lieferengpässe diverser Rohstoffe und Vorprodukte, sowie Logistikprobleme den Ausschlag gegeben haben. Auch im aktuellen Quartal ist hier kaum mit Erleichterungen zu rechnen: Laut einer Blitz-Umfrage des DIHK sah sich im August mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen, allen voran die Maschinenbau-, Kfz- und Metallindustrie, mit Engpässen in der Materialbeschaffung konfrontiert.infoDIHK-Umfrage zu Lieferengpässen und Rohstoffknappheit: Welche Branchen am stärksten betroffen sind und wie die Betriebe reagieren, August 2021 (online verfügbar). Dem gegenüber steht eine zunehmend positive Auftragslage, vor allem bei den Maschinen- und Anlagebauern, so dass mit Nachholeffekten zu rechnen ist, wenn sich der Lieferstau auflöst. Dies dürfte zum Jahresende und verstärkt im kommenden Jahr für eine deutlich dynamischere Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen sorgen. Eine besondere Rolle kommt außerdem der öffentlichen Hand zu: Vorgezogene Ausrüstungsinvestitionen und die Stabilisierung der Gemeindefinanzen aus dem Konjunkturprogramm, investive Ausgaben aus dem Zukunftspaket und aus Maßnahmen des Koalitionsvertrag 2018 wie beispielsweise die Digitalisierung von Schulen dürften im weiteren Jahresverlauf für deutliche Investitionsimpulse von Bund, Ländern und Kommunen sorgen.

Auch in der Baubranche zeigt sich das Spannungsfeld zwischen guter konjunktureller Lage und Materialknappheit. In allen Sparten entwickelten sich die Bauinvestitionen im zweiten Quartal gedämpft. Die weiterhin stark steigenden Rohstoffpreise, insbesondere von Stahl und Holz, sorgten darüber hinaus für enorme Preisanstiege in der Bauwirtschaft. Im aktuellen Quartal ist mit einer ähnlich dynamischen Preisentwicklung zu rechnen. Vor allem im Wohnungsbau bleibt die Nachfrage zwar hoch – der Auftragsbestand erreichte zuletzt einen neuen Höchstwert. Diese positive (nominale) Entwicklung wird jedoch durch die stark steigenden Preise überlagert; Produktionsengpässe und Materialknappheit behindern zusätzlich. Somit ist im aktuellen Quartal real mit einem leichten Rückgang der Wohnungsbauinvestitionen zu rechnen. Die positive Grunddynamik bleibt dabei jedoch erhalten und wird im kommenden Jahr wohl wieder für dynamisches Wachstum sorgen (Tabelle 4).

Tabelle 4: Reale Bauinvestitionen

Veränderung in Prozent

2020 2020 2021 2022 2023
Anteile in Prozent Veränderungen gegenüber dem Vorjahr
Wohnungsbau 61,7 3,4 1,4 2,1 2,7
Nichtwohnungsbau 38,3 1,1 0,1 2,2 2,3
Gewerblicher Bau 26,0 −0,7 0,3 2,1 2,2
Öffentlicher Bau 12,3 4,9 −0,2 2,3 2,4
Bauinvestitionen 100,0 2,5 0,9 2,1 2,5
Ausrüstungsinvestitionen −11,2 6,9 6,8 3,4
Ausrüstungen, privat −13,3 8,4 6,9 3,6

Quelle: Statistisches Bundesamt; DIW Herbstgrundlinien 2021.

Der gewerbliche Bau dürfte sich im weiteren Verlauf stabil entwickeln. Zwar bleibt die große Investitionsfreude angesichts der weiterhin etwas unsicheren Pandemie-Lage bis jetzt aus, bei den Baugenehmigungen für Büro- und Fabrikgebäude sowie Warenhäuser ließ sich zuletzt jedoch ein Aufwärtstrend erkennen. Der private Tiefbau verzeichnete in den vergangenen Monaten ebenfalls Auftragszuwächse. Auch im Wirtschaftsbau ist vor allem im kommenden Jahr mit mehr Dynamik zu rechnen, wenn Unternehmen mehr Planungssicherheit haben und Bauprojekte weniger Risiko bergen.

Im öffentlichen Bau wird die Dynamik derzeit noch durch die Nachwehen der Pandemie entschleunigt: Die Kommunen, die einen Großteil der öffentlichen Bauprojekte initiieren, sind nach dem Wegfall des – wegen der Pandemie eingeführten – Gewerbesteuerausgleichs knapp bei Kasse und Aufträge bleiben aus. Darüber hinaus sorgt die anstehende Bundestagswahl dafür, dass sich auch der Bund aktuell mit Bauinvestitionen zurückhält. Auch wenn einiges vom Ausgang der Wahl abhängen wird, sind im weiteren Verlauf wieder verstärkt Impulse der öffentlichen Hand zu erwarten – durch das Zukunftspaket und den Wiederaufbaufonds Fluthilfe stehen bereits Mittel zur Verfügung, um die angelegte positive Investitionsdynamik umzusetzen.

Die Importe haben bislang kräftig zugelegt und sind erst im Juli erstmals ins Straucheln geraten. Im Winterhalbjahr 2021/22 werden aber die Konsumflaute und die – zumindest bis zum Jahresende schwächelnden – Exporte sie dämpfen, da dadurch auch verfügbare Importgüter weniger nachgefragt werden. Die Engpässe im Warenverkehr, die die heimische Produktion ausbremsen, scheinen derzeit mengenmäßig wenig ins Gewicht zu fallen, immerhin waren die Importe trotz des gravierenden Mangels an diesen Produkten kaum betroffen. Denkbar ist, dass es sich bei vielen dieser Vorleistungsgüter um kleine, wenn auch zentrale Elemente handelt. Ein Extrembeispiel ist der Halbleitermangel, etwa in der Fahrzeugindustrie.

Wenn ab Frühjahr die wirtschaftliche Belebung Fahrt aufnimmt, werden die Importe wieder kräftig zulegen. Im weiteren Verlauf hinkt das heimische Produktionspotenzial zunehmend einer stabilen inländischen Nachfrage hinterher, die mehr und mehr durch Importe gedeckt wird. Dadurch werden zuvor im Ausland gebildete Vermögen aufgezehrt, der Handelsbilanzüberschuss schrumpft im Verlauf deutlich. Dazu trägt auch bei, dass nach der Pandemie die Reiselust zurückkehren dürfte und die Ausgaben im Dienstleistungsverkehr anfacht. Der Saldo der Leistungsbilanz schmilzt von 6,8 Prozent nach einem zwischenzeitlichen Anstieg im kommenden Jahr auf 7,3 Prozent auf dann 6,0 Prozent im Jahr 2023.

Die Corona-Eindämmungsmaßnahmen haben im ersten Halbjahr zu einem gedämpften Anstieg der Steuereinnahmen und erheblichen Mehrausgaben geführt. Das gesamtstaatliche Defizit lag im ersten Halbjahr bei 81 Milliarden Euro. Auf das ganze Jahr gerechnet dürfte das Finanzierungssaldo bei gut 160 Milliarden Euro liegen. In den kommenden Monaten macht sich die wieder anspringende Konjunktur positiv in der Steuerkasse und bei den Sozialbeitragseinnahmen bemerkbar. Insbesondere die Umsatzsteuereinnahmen werden wohl wieder deutlich stärker ausfallen als im vergangenen Jahr. Dies liegt zum einen daran, dass der zwischenzeitlich gesenkte Mehrwertsteuersatz wieder angehoben wurde, zum anderen daran, dass die Haushalte einen Teil des Konsums nachholen und so ihre hohen Ersparnisse abbauen. Dass sie nicht noch höher ausfallen, liegt auch an der Verlängerung der ermäßigten Mehrwertsteuer für die Gastronomie bis Ende 2022.

Alles in allem dürften die gesamtstaatlichen Einnahmen im Jahr 2021 trotz des schwachen ersten Halbjahrs um dreieinhalb Prozent steigen (Tabelle 5), in den nächsten beiden Jahren durch den wirtschaftlichen Aufholprozess sogar um 4,6 und 4,3 Prozent. Auch das Ausgabenniveau dürfte weiterhin hoch bleiben. Die Vorleistungs- und Personalausgaben im Rahmen der nationalen Impf- und Teststrategie werden wohl den nominalen Staatskonsum im Jahr 2021 weiterhin merklich um 4,3 Prozent erhöhen. Die Soforthilfemaßnahmen, wie die Überbrückungshilfe, machten im ersten Halbjahr rund 36 Milliarden Euro aus, wobei rund 15 Milliarden Euro noch aus dem November und Dezember resultieren.

Tabelle 5: Ausgewählte finanzpolitische Indikatoren1

In Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt in Prozent

Staatseinnahmen Staatsausgaben Finanzierungssaldo Nachrichtlich: Zinssteuerquote2 Staatsschuldenquote nach Maastricht
insgesamt darunter: insgesamt darunter:
Steuern Sozialbeiträge Zinsausgaben Bruttoinvestitionen
2011 44,4 22,3 16,4 45,2 2,5 2,3 −0,9 11,2 80
2012 44,9 22,9 16,6 44,9 2,3 2,2 0,0 10,1 81
2013 45,0 23,0 16,6 44,9 1,8 2,2 0,0 8,0 79
2014 44,9 22,8 16,5 44,3 1,6 2,1 0,6 7,1 76
2015 45,1 23,1 16,6 44,1 1,4 2,1 1,0 6,0 72
2016 45,5 23,4 16,7 44,4 1,2 2,2 1,2 5,1 69
2017 45,5 23,5 16,8 44,2 1,0 2,2 1,3 4,4 65
2018 46,2 23,8 17,0 44,3 0,9 2,3 1,9 3,9 62
2019 46,5 23,8 17,2 45,0 0,8 2,4 1,5 3,3 60
2020 46,5 23,0 18,1 50,8 0,6 2,7 −4,3 2,7 69
2021 46,2 22,9 18,0 50,8 0,5 2,6 −4,6 2,4 72
2022 45,3 22,4 17,6 47,3 0,5 2,6 −2,1 2,1 69
2023 45,9 22,8 17,8 47,0 0,4 2,6 −1,1 1,9 67
2023/2021 45,8 22,7 17,8 48,4 0,5 2,6 −2,6 2,1 70

1 In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen

2 Zinsausgaben des Staates in Relation zum Steueraufkommen

Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Herbstgrundlinien 2021.

Dadurch dürften die Subventionen trotz des bereits hohen Niveaus im vergangenen Jahr nochmals etwas zulegen, ehe sie dann im nächsten und übernächsten Jahr um 40 beziehungsweise knapp vier Prozent absinken. Ähnliches gilt für die geleisteten Vermögenstransfers, die sich infolge des Konjunkturprogramms weiterhin recht dynamisch entwickeln dürften. Denn ein Großteil der im Zukunftspaket des Konjunkturprogramms beschlossenen Investitionszuschüsse in Höhe von rund 15 Milliarden Euro dürfte in diesem Jahr und nächstem Jahr abfließen. Grundsätzlich dürfte die Dynamik der staatlichen Bruttoinvestitionen nicht zuletzt durch die im Rahmen des Zukunftspakets beschlossenen Maßnahmen recht hoch sein.infoVgl. auch Heike Belitz et al. (2020): Öffentliche Investitionen als Triebkraft privatwirtschaftlicher Investitionstätigkeit. DIW Politikberatung kompakt 158 (online verfügbar). Allerdings ist auch der öffentliche Bau von den Lieferengpässen und dem Fachkräftemangel betroffen, so dass die Investitionen vorübergehend nur um etwa knapp zwei Prozent steigen dürften. Die Entwicklung in den nächsten Jahren hängt auch von dem Ausgang der Bundestagswahl ab: Inwieweit wird die neue Bundesregierung gewillt sein, den derzeit vorgezeichneten Modernisierungs- und Transformationspfad weiterzuverfolgen? Dazu zählt auch, eine Regelung zu finden, damit der Abbau der Corona-Schulden nicht den öffentlichen Investitionsmotor abwürgt.

Insgesamt dürften die Ausgaben in diesem Jahr nochmals um gut vier Prozent zunehmen und damit zu einem gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizit von rund 160 Milliarden Euro führen. Auch im nächsten und übernächsten Jahr wird wohl noch mit einem deutlichen Defizit in Höhe von knapp 78 beziehungsweise etwa 43 Milliarden Euro zu rechnen sein. Legt man die Potenzialschätzung zugrunde, dürfte die maximal zulässige Neuverschuldung nach der Schuldenbremse im Jahr bei etwa zwei Milliarden Euro liegen. Die neue Regierung dürfte damit auch vor dem zusätzlichen Zielkonflikt stehen, die Schuldenbremse einzuhalten und zu sparen oder die hohe Investitionsdynamik aufrechtzuerhalten und die Schuldenbremse ein weiteres Mal auszusetzen oder sie zu modifizieren. Dies gilt für investive Ausgaben ebenso wie für eine steuerliche Förderung von Investitionen auf der Einnahmeseite, wie beispielsweise eine Verringerung der Abschreibungsdauer von beweglichen Gütern.

Der Bruttoschuldenstand des Gesamtstaates in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt lag im Jahr 2020 bei gut 69 Prozent. In diesem Jahr dürfte sie unter Annahme zusätzlicher Kredite und Beteiligungen von 20 Milliarden Euro auf rund 72 Prozent ansteigen und bis ins Jahr 2023 auf 67 Prozent sinken.

In der mittleren Frist schwenkt die deutsche Wirtschaft auf einen gemächlicheren Kurs ein und folgt dem Zuwachs beim Produktionspotenzial, der sich, aufgrund der sinkenden Erwerbsbevölkerung, von 1,0 Prozent im Jahr 2023 von Jahr zu Jahr um ein Zehntel Prozentpunkt abschwächt (Tabelle 6). Der private Konsum dürfte weiter mit gut einem Prozent pro Jahr zulegen, der Staatsverbrauch noch etwas stärker. Die Investitionen verlangsamen sich, die Ausfuhren steigen im Gleichschritt mit der Weltkonjunktur um etwa drei Prozent pro Jahr. Die Einfuhren legen dagegen kräftiger zu, um die inländische Nachfrage zu bedienen. Der Überschuss in der Handelsbilanz schmilzt dabei merklich (Tabelle 7). Die demografische Entwicklung schlägt auf den Arbeitsmarkt durch: Die Zahl der Beschäftigten sinkt beschleunigt, selbst die Arbeitszeit geht geringfügig zurück (Tabelle 8). Die Lohnzuwächse bleiben mit rund drei Prozent spürbar, laufen aber nicht aus dem Ruder; der Anstieg der Lohnstückkosten schwächt sich im Vergleich zu den Vorkrisenjahren leicht ab. In der Summe steigen die Lohneinkommen nur mit gut zwei Prozent – netto ist es sogar etwas weniger, weil aufgrund der vor allem im sozialversicherungspflichtigen Bereich aufgebauten Beschäftigung die Progression greift. Damit legen auch die verfügbaren Einkommen nur mit Raten zwischen zweieinhalb und drei Prozent zu, wobei die monetären Sozialleistungen und auch die Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit und aus Vermögen weiter kräftig zulegen. Zunehmend dürfte der Konsum auch aus Ersparnissen finanziert werden, die Sparquote geht zurück.

Tabelle 6: Wachstum des realen Produktionspotenzials

Jahresdurchschnittliche Veränderung in Prozent

2015–2020 2021–2026
Produktionspotenzial 1,3 1,0
Wachstumsbeiträge
Arbeitsvolumen 0,3 −0,1
Kapitalvolumen 0,4 0,5
Totale Faktorproduktivität 0,5 0,6

Differenzen bei der Aggregation entstehen durch Rundungseffekte.

Quellen: Statistisches Bundesamt; Europäische Kommission; DIW Herbstgrundlinien 2021.

Tabelle 7: Verwendung des nominalen Bruttoinlandsprodukts

Bruttoinlandsprodukt Konsumausgaben Bruttoinvestitionen Außenbeitrag
private Haushalte Staat
in Mrd. Euro
2016 3135 1654 624 626 231
2021 3510 1733 787 787 202
2026 4134 2154 902 959 119
Anteile am BIP
2016 100 52,8 19,9 20,0 7,4
2021 100 49,4 22,4 22,4 5,8
2026 100 52 21 3/4 23 3
Jahresdurchschnittliche Veränderung in %
2021/2016 2,3 0,9 4,8 4,7
2026/2021 3 1/2 4 2/4 3 4

1 In dieser Projektion sind die Vorausschätzungen auf 1/4-Prozentpunkte gerundet.

Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Herbstgrundlinien 2021.

Tabelle 8: Erwerbstätige, Beschäftigte und Arbeitszeit

Erwerbstätige (Inland) beschäftigte ArbeitnehmerInnen (Inland) Arbeitszeit je Erwerbstätigem Bruttoinlandsprodukt
preisbereinigt, verkettete Volumenwerte
insgesamt je Erwerbstätigem je Erwerbstätigenstunde in jeweiligen Preisen Deflator
in Mio. in Mio. in Stunden in Mrd. Euro in Euro in Euro in Mrd. Euro 2010 = 100
2016 43661 39320 1396 3094 70856 51 3135 101
2021 44885 40963 1343 3162 70455 52 3510 111
2026 44770 41049 1371 3423 76464 56 4134 121
Jahresdurchschnittliche Veränderung in Prozent
2021/2016 0,6 0,8 −0,8 0,4 −0,1 0,7 2,3 1,8
2026/2021 −0 0 1/2 1 2/4 1 3/4 1 3 1/2 1 3/4

Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Herbstgrundlinien 2021.

Alle Prognosen sind während der Pandemie in erheblichem Ausmaß mit Risiken versehen, denn das Infektionsgeschehen kann sich jederzeit unvorhergesehen ändern, mit entsprechend gravierenden Auswirkungen auf die kurzfristige Wirtschaftsentwicklung. Dieser Prognose liegt zudem eine Annahme über die Störungen im internationalen Warenverkehr zu Grunde und über das Ausmaß der währenddessen aufgestauten Nachfrage. Lösen sich die Engpässe etwa später als hier unterstellt auf, dürfte die Industrieproduktion noch länger gehemmt bleiben und der Aufholprozess erst später einsetzen. Denkbar ist auch, dass bei längeren Verzögerungen in der Produktion eher Aufträge storniert werden, weil sie von ausländischen Mitbewerbern zeitnaher bedient werden können. Auch die Preise würden bei länger anhaltenden Verwerfungen in den Lieferketten vorübergehend noch kräftiger anziehen. Die aktuell boomende Auftragslage könnte sich aber auch in einem kräftigeren Produktionsschub entladen als hier unterstellt: Wenn nämlich zusätzliche Produktion erforderlich und möglich ist, um die aufgestaute Nachfrage abzuarbeiten, lässt das Aufschließen zur Auftragslage Spielraum nach oben.

Laura Pagenhardt

Doktorandin in der Abteilung Makroökonomie



JEL-Classification: E32;E66;F01
Keywords: Business cycle forecast, economic outlook
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2021-37-2

Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/245809

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