DIW Wochenbericht 45 / 2021, S. 739-747
Jan Marcus, C. Katharina Spieß, Sevrin Waights, Andrew Judy
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„Es wäre gut, wenn Schulen und Politik an einem Strang ziehen würden, um mehr Eltern aus bildungsfernen Gruppen für ein Engagement in der Schule zu gewinnen. Das ist auch deshalb wichtig, damit beispielsweise in Schulgremien die Interessen aller Eltern und aller Kinder vertreten werden.“ Jan Marcus, Studienautor
Dass der Bildungserfolg von Kindern stark mit dem elterlichen Bildungshintergrund zusammenhängt, belegen zahlreiche Studien. Inwiefern sich das Engagement von Eltern in Schulen, also etwa der Besuch von Elternabenden oder die Mitarbeit in Elternvertretungen, nach der Bildung unterscheidet, ist weniger bekannt. Dem geht dieser Bericht auf Grundlage von Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des Nationalen Bildungspanels (NEPS) nach. Dabei wird das elterliche Engagement in Schulen mit dem häuslichen Engagement etwa bei den Hausaufgaben verglichen. Der Fokus liegt auf den Müttern, da diese in den meisten Haushalten nach wie vor mehr Zeit mit den Kindern verbringen als Väter und somit eher die Ansprechpartnerinnen für schulische Angelegenheiten sind. Mütter mit einem abgeschlossenen Studium bringen sich demnach tendenziell stärker in schulische Aktivitäten ein. Sie sind beispielsweise häufiger in der Elternvertretung aktiv und unterstützen häufiger bei schulischen Veranstaltungen, während Nichtakademikerinnen ihren Kindern häufiger zu Hause bei Hausaufgaben und Internetrecherchen helfen. Auch wenn die direkte Wirkung des elterlichen Schulengagements auf die schulischen Leistungen ihrer Kinder auf Basis repräsentativer Daten empirisch wenig erforscht ist, spricht einiges dafür, dass bereits bestehende Bildungsungleichheiten verstärkt werden. Doch auch unabhängig davon wäre es vorteilhaft, wenn beispielsweise in Schulgremien die Interessen aller Eltern vertreten würden. Dementsprechennd sollten sowohl die Politik als auch die Schulen verstärkt Anstrengungen unternehmen, Eltern aus allen Bildungsgruppen für solche Aufgaben zu gewinnen.
Im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 hat das Thema Bildungsgerechtigkeit immer wieder eine Rolle gespielt. Nahezu alle Parteien waren und sind sich einig, dass die Bildungsgerechtigkeit in Deutschland verbessert werden muss. Häufig ist damit gemeint, dass der Bildungserfolg von Kindern nicht mehr so stark vom elterlichen Bildungshintergrund abhängen sollte, wie es zahllosen empirischen Studien zufolge der Fall ist. In dieser Diskussion um Bildungsgerechtigkeit wird immer wieder auch das elterliche Engagement adressiert. Beispiele für ein solches Engagement sind die direkte Unterstützung der Eltern etwa bei den Hausaufgaben ihrer Kinder oder auch die Bereitstellung lernunterstützender Materialien („häusliches Engagement“) – ein Thema, das insbesondere in Zeiten des pandemiebedingten „Homeschooling“ breit diskutiert wurde. In Hinblick auf die Hausaufgabenhilfe zeigen einige Studien, dass Eltern mit geringerer Bildung ihre Kinder mehr unterstützen als andere.Vgl. zum Beispiel Rubén Fernández-Alonso et al. (2017): Parental involvement and academic performance: Less control and more communication. Psicothema, 29(4), 453–461. Eine wichtige Erklärungsgröße ist in diesem Zusammenhang die Qualität der Hausaufgabenhilfe, die allerdings sehr selten erfasst wird. Die Ergebnisse zum Zusammenhang von elterlicher Hausaufgabenunterstützung und dem Schulerfolg der Kinder variieren allerdings auch stark mit dem Alter der Kinder.
Sehr viel weniger diskutiert wird das Engagement der Eltern innerhalb der Schule ihrer Kinder, beispielsweise der Besuch von Elternabenden und Schulfesten, die Mitarbeit in Gremien und die Kommunikation mit den Lehrerinnen und Lehrern („schulisches Engagement“).Neben dem häuslichen und schulischen Engagement wird in Hinblick auf das elterliche Engagement auch die akademische Sozialisation durch Eltern unterschieden, die in diesem Beitrag allerdings eine untergeordnete Bedeutung hat. Vgl. zum Beispiel Nancy Hill und Diana Tyson (2009): Parental involvement in middle school: a meta-analytic assessment of the strategies that promote achievement. Development Psychology, 45(3), 740–763. Dabei geben einige Studien Hinweise darauf, dass neben den elterlichen Bildungsaspirationen auch das elterliche Engagement innerhalb der Schule und damit der regelmäßige Kontakt zur Schule mit besseren Schulleistungen einhergehen können.Vgl. zum Beispiel Xiato Fan und Michael Chen (2001): Parental involvement and students’ academic achievement: A meta-analysis. Educational Psychology Review, 13(1), 1–22; und Jacob Cheadle (2008): Educational investment, family context, and children's math and reading growth from kindergarten through the third grade. Sociology of Education, 81(1), 1–31. Die elterliche Partizipation in der Schule kann somit grundsätzlich Bildungsunterschiede abbauen.Laut einer Studie können Leistungsunterschiede zwischen Kindern gut und schlecht gebildeter Mütter dadurch vollständig ausgeglichen werden, vgl. Eric Dearing et al. (2006): Family Involvement in School and Low-Income Children’s Literacy: Longitudinal Associations Between and Within Families. Journal of Educational Psychology, 98(4), 653. Allerdings finden sich nur teilweise kausale Effekte des schulischen Engagements auf die Schulnoten der Kinder.Vgl. zum Beispiel Francesco Avvisati et al. (2014): Getting Parents Involved: A Field Experiment in Deprived Schools. The Review of Economic Studies, 81(1), 57–83. Viele Studien, die auf einen solchen Zusammenhang zwischen dem Engagement der Eltern und der schulischen Leistung hinweisen, finden meist sehr kleine Effekte oder sind rein korrelativ.Vgl. zum Beispiel Charles Desforges und Alberto Abouchaar (2003): The impact of parental involvement, parental support and family education on pupil achievement and adjustment: a literature review. London: Department of Education and Skills; oder Martin Blank (2011): The impact of parental involvement on academic achievement in children. Theses and Dissertations. Hinweise aus anderen Studien zeigen eine verbesserte Sozialkompetenz der Schülerinnen und Schüler bei einem stärkeren Engagement der Eltern.Vgl. Susan Sheridan et al. (2019): A meta-analysis of family-school interventions and children’s social-emotional functioning: Moderators and components of efficacy. Review of Educational Research, 89(2), 296–332.
Die schulische und häusliche Unterstützung der Eltern ist von deren zeitlichen, finanziellen und kognitiven Ressourcen abhängig.Vgl. zum Beispiel OECD (2018): Equity in Education: Breaking Down Barriers to Social Mobility, PISA. Bisherige Studien haben gezeigt, dass das elterliche Engagement innerhalb der Schule und im häuslichen Lernumfeld unter anderem mit dem Einkommen und der Familienstruktur zusammenhängt. So zeigen mehrere Studien, dass Eltern mit einem niedrigen Einkommen ein geringeres Engagement aufweisen.Vgl. zum Beispiel Carey Cooper et al. (2010): Poverty, race and parental involvement during the transition to elementary school. Journal of Family Issues, 31(7), 859–883. Gründe hierfür können fehlende Kenntnisse oder längere Arbeitszeiten sein.Vgl. zum Beispiel David Card (1999): The causal effect of education on earnings. In: Orley Ashenfelter und David Card (Hrsg.): Handbook of Labor Economics. Elsevier, 1801–1863; oder Anne West (2007): Poverty and educational achievement: Why do children from low-income families tend to do less well at school? The Journal of Poverty and Social Justice, 15(3), 283–297. Betrachtet man die Familienstruktur als Determinante, engagieren sich alleinerziehende Eltern in geringerem Ausmaß, zum Beispiel bei der freiwilligen Arbeit an Schulen.Vgl. zum Beispiel Paul Carlin (2001): Evidence on volunteer labor supply of married women. Southern Economic Journal, 67(4), 810–824. Auch der Migrationshintergrund von Eltern kann ein Hindernis für das Engagement sein, wenn dieser mit sprachlichen Barrieren verbunden ist.
Der vorliegende Bericht analysiert Unterschiede im elterlichem Engagement in der Schule nach dem Bildungshintergrund der Mütter und fokussiert dabei auf das häusliche und schulische Engagement. Dabei wird zwischen drei unterschiedlichen beruflichen Bildungsgruppen der Mütter unterschieden: mindestens Studium, berufliche Ausbildung, sowie weder Studium noch berufliche Ausbildung.
Die Analysen basieren auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des Nationalen Bildungspanels (NEPS).Diese Arbeit nutzt Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) sowie des Nationalen Bildungspanels (NEPS): Startkohorte Klasse 5, doi:10.5157/NEPS:SC3:10.0.0. Die Daten des NEPS wurden von 2008 bis 2013 als Teil des Rahmenprogramms zur Förderung der empirischen Bildungsforschung erhoben, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wurde. Seit 2014 wird das NEPS vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) in Kooperation mit einem deutschlandweiten Netzwerk weitergeführt. Damit liegen ihnen zwei große, repräsentative und deutschlandweite Befragungen zugrunde (Kasten). Die beiden Datensätze erlauben Analysen für unterschiedliche Altersgruppen und Jahre, was bei der Gegenüberstellung der Ergebnisse berücksichtigt werden muss. Während im SOEP – mit Ausnahme eines Merkmals – Kinder im Alter von neun bis zehn Jahren betrachtet werden, ermöglicht das NEPS Analysen für Kinder im Alter von neun bis 17 Jahren. Die abgefragten Informationen ergänzen sich in den beiden Datensätzen. Darüber hinaus kann über die Analyse von zwei Datensätzen die externe Validität der Befunde verfestigt werden.Unterschiede zwischen den beiden Datensätzen bei den dargestellten Anteilen ergeben sich auch durch unterschiedliche Frageformulierungen zu ähnlichen Themen.
Die analysierten Stichproben greifen auf zwei unterschiedliche, für Deutschland repräsentative Befragungsdatensätze zurück, um ein umfassendes Bild über das schulische und häusliche Engagement der Eltern zu erhalten: zum einen auf das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) und zum anderen auf das Nationale Bildungspanel (NEPS, National Educational Panel Study). Da in beiden Datensätzen die Fragen nach dem elterlichen Engagement nur von einem Elternteil beantwortet werden und dieses Elternteil in der überwiegenden Zahl der Fälle die Mutter ist (rund 73 Prozent im SOEP und etwa 85 Prozent im NEPS), liegt der Fokus in beiden Datensätzen auf dem Engagement und der beruflichen Bildung der Mutter.
Die Analysen mit dem SOEPVgl. Jan Goebel et al. (2019): The German Socio-Economic Panel (SOEP). Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, 239(2), 345–360. (Welle 33) beruhen auf Daten für die Jahre 2010 bis 2016.Dieser Zeitraum wurde gewählt, da die ensprechenden Daten mit denen des NEPS gut vergleichbar sind. Im Wesentlichen beschränken sich die Analysen auf Eltern, deren Kinder neun bis zehn Jahre alt sind und in die Schule gehen. In diesem Alter wurden die Eltern genauer über ihr schulisches Engagement befragt.
Bei den SOEP-Analysen liegt der Fokus auf sechs unterschiedlichen Formen des elterlichen Engagements: die Teilnahme an Elternabenden, die Ausübung des Amts der Elternvertreterin oder des Elternvertreters, das Aufsuchen der Lehrkräfte und regelmäßige Besuche der Elternsprechtage (schulisches Engagement) sowie häufige Unterstützung bei Hausaufgaben und häufige Motivation durch die MutterDie Frage nach der Motivation durch die Mutter unterscheidet sich von den anderen Fragen, da sie den Kindern (im Alter von elf bis 14 Jahren) direkt gestellt wurde. Alle anderen Fragen beziehen sich auf die Antworten von Eltern von Kindern im Alter von neun bis zehn Jahren. (häusliches Engagement). Beim Engagement innerhalb der Schule wurde erfragt, ob Eltern in der jeweiligen Form aktiv sind (ja oder nein), während bei den Fragen nach dem häuslichen Engagement die Antwortoptionen „täglich“, „mehrmals wöchentlich“, „seltener“ oder „nie“ (Hausaufgaben) beziehungsweise „sehr oft“, „oft“, „manchmal“, „selten“, oder „nie“ (Motivation) waren. Für die Erfassung der Motivation durch die Mutter werden die Antwortmöglichkeiten „sehr oft“ und „oft“ zu dem Wert 1 zusammengefasst. Gleiches gilt für die Hausaufgabenunterstützung – dort wurden die Antworten „täglich“ und „mehrmals wöchentlich“ zusammengefasst. Aus den sechs Formen des Engagements im SOEP werden insgesamt sechs binäre abhängige Variablen gebildet, die jeweils den Wert 1 annehmen, wenn sich die Mutter in der jeweiligen Form engagiert beziehungsweise stärker engagiert, und den Wert 0, falls sich die Mutter nicht beziehungsweise weniger engagiert.
Die Stichprobengröße unterscheidet sich zwischen den abhängigen Variablen. Bei den elterlichen Aktivitäten in der Schule werden Informationen von etwa 3700 Kindern genutzt, beim elterlichen Engagement zu Hause beruhen die Schätzungen auf etwas weniger Beobachtungen (1900 beziehungsweise 2246 Kinder).
Die Analysen mit dem NEPSHans-Peter Blossfeld et al. (Hrsg.) (2011): Education as a lifelong process: The German National Educational Panel Study (NEPS). Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 14. beruhen auf Daten der Startkohorte 3 (Klasse 5) für die Jahre 2010 bis 2015 (SC3 Klasse 5; Version 10.0.0). Im Gegensatz zum SOEP sind die Kinder im NEPS zwischen neun und 17 Jahren alt. In diesem Alter wurden die Eltern detailliert über ihr Engagement innerhalb der Schule und zu Hause befragt.
Bei den NEPS-Analysen liegt der Fokus auf acht unterschiedlichen Formen des elterlichen Engagements: Beim Engagement in der Schule wird nach der Häufigkeit der Teilnahme an Elternabenden, der Ausübung des Amts der Elternvertretung, der Mithilfe bei Schulveranstaltungen und Gesprächen mit Lehrkräften gefragt.Beim Engagement zu Hause geht es um die Häufigkeit der Unterstützung bei Referaten, des Suchens von Informationen im Internet, des Kaufs von zusätzlichen Materialien sowie des Sprechens über Schullektüren. Die Antwortoptionen „sehr oft“, „oft“, „manchmal“, „selten“ und „nie” für das Engagement in der Schule und die Optionen „oft“, „manchmal“, „selten“ und „nie“ für das Engagement zu Hause werden ähnlich wie bei den SOEP-Analysen zu zwei Kategorien zusammengefasst. Damit nehmen die abhängigen Variablen auch in den Analysen auf Basis des NEPS zwei Werte an: den Wert 1, wenn sich die Eltern in der jeweiligen Form häufiger engagieren, und den Wert 0, falls sich die Eltern seltener engagieren. Für das Engagement in der Schule werden die Antworten „manchmal“ bis „sehr oft“ zu 1 zusammengefasst und beim Engagement zu Hause geschieht dies für die Antwortmöglichkeiten „manchmal“ und „oft“.
Die verwendete Fallzahl unterscheidet sich auch auf NEPS-Basis zwischen den abhängigen Variablen. Insgesamt werden Informationen von etwa 4200 Kindern genutzt. Das elterliche Engagement zu Hause wurde jedoch zu mehreren Zeitpunkten erfasst, sodass hier mehre Beobachtungen pro Kind einbezogen werden können. Diese Mehrfachbeobachtungen werden bei der Berechnung der Standardfehler berücksichtigt.
In beiden Datensätzen wird beim Bildungshintergrund der Mutter zwischen einem Hochschulabschluss, einer abgeschlossenen Berufsausbildung und keinem beruflichen Abschluss unterschieden. In den SOEP- und NEPS-Stichproben haben etwa 21 bis 24 Prozent der Mütter einen Hochschulabschluss, 62 bis 69 Prozent eine Ausbildung und elf bis 14 Prozent weder einen Hochschulabschluss noch eine Berufsausbildung. Zusätzliche erklärende Variablen („Kontrollvariablen“) umfassen zum einen demografische Faktoren wie das Alter und das Geschlecht des Kindes, die Anzahl der Kinder im Haushalt, ob das Elternteil alleinerziehend ist und ob der Haushalt seinen Wohnsitz in Ost- oder Westdeutschland hat. Zum anderen berücksichtigen die Kontrollvariablen die Schulform sowie die Schulnoten in den Fächern Deutsch und Mathematik.
Die vorliegende Studie schätzt multivariate Regressionsmodelle, in denen das elterliche Engagement auf die Bildung der Mutter regressiert wird. Dabei werden sowohl Modelle ohne weitere Kontrollvariablen berücksichtigt als auch Modelle, in denen die Kontrollvariablen-Gruppen (demografische Merkmale, Schulform, Schulnoten) nacheinander aufgenommen werden.
Generell kann elterliches Engagement auch eine Antwort der Eltern auf die schulische Leistung der Kinder sein, weshalb Unterschiede in der schulischen Leistung herausgerechnet werden sollten. Da aber Schulform und Schulnoten sowohl durch den Bildungshintergrund der Eltern als auch durch das elterliche Engagement beeinflusst werden können, stellen diese Variablen dabei möglicherweise endogene, also problematische, Kontrollvariablen dar. Daher werden sowohl Schätzergebnisse unter Berücksichtigung dieser Merkmale als auch ohne sie präsentiert.
Alle Schätzungen berücksichtigen die statistischen Gewichtungsfaktoren sowie heteroskedastizitätsrobuste Standardfehler. Da bei den NEPS-Analysen Informationen für dasselbe Kind zu mehreren Zeitpunkten genutzt werden, werden die Standardfehler hier zusätzlich auf Ebene der Kinder geclustert.
Der Fokus liegt auf den Müttern, da sie im Durchschnitt aller Familien nach wie vor die Hauptbetreuungspersonen sind und somit mehr Zeit mit ihren Kindern zu Hause verbringen als Väter. Zudem werden in beiden Datensätzen die Fragen nach dem elterlichen Engagement nur von einem Elternteil beantwortet. Dabei handelt es sich in der großen Mehrheit der Fälle um die Mutter (Kasten).Die Ergebnisse sind sehr ähnlich, wenn die berufliche Bildung des Vaters und nicht die der Mutter berücksichtigt wird.
Zunächst wird das schulische Engagement der Eltern betrachtet. Es zeigt sich, dass Mütter ohne beruflichen Abschluss seltener an Elternabenden teilnehmen als Mütter mit einer Ausbildung und Mütter mit einem abgeschlossenen Studium. Während bei jüngeren Kindern (neun bis zehn Jahre) 94 Prozent der Mütter mit einem Studienabschluss an Elternabenden teilnehmen und rund 91 Prozent der Mütter mit einer Ausbildung, sind es unter den Müttern ohne Abschluss nur gut 80 Prozent (Abbildung 1). Der Unterschied zwischen den Müttern mit Studium und denen ohne Abschluss ist statistisch signifikant und zeigt sich sowohl mit den SOEP- als auch mit den NEPS-Daten für Kinder im Alter von neun bis 17 Jahren. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Engagement als Elternvertretung: Mütter mit einem Studienabschluss sind häufiger Elternvertreterinnen als Mütter ohne Abschluss (knapp 24 gegenüber fast sieben Prozent bei den Neun- bis Zehnjährigen und knapp 44 im Vergleich zu gut 32 Prozent bei den Neun- bis 17-Jährigen). Auch dieser Unterschied ist in beiden Altersgruppen statistisch signifikant. Mütter mit einem Studienabschluss sind zudem auch häufiger Elternvertreterinnen als Mütter mit einer Berufsausbildung. Mit knapp 46 Prozent sind Mütter ohne Abschluss auch bei schulischen Veranstaltungen seltener aktiv als Mütter mit Berufsausbildung (60 Prozent) oder Studium (knapp 67 Prozent).
Allerdings sind Mütter mit einem höheren Bildungsabschluss nicht in allen Bereichen stärker involviert: So zeigt sich, dass Mütter ohne beruflichen Abschluss und Mütter mit einer Berufsausbildung häufiger Gespräche mit den Lehrerinnen und Lehrern führen als Mütter mit einem akademischen Abschluss. Mütter ohne Abschluss gehen hingegen etwas seltener zu Elternsprechtagen, allerdings ist der Unterschied zu den studierten Müttern nicht im statistischen Sinne signifikant.
Bei der Betrachtung der Unterschiede im elterlichen Engagement zu Hause zeigt sich tendenziell ein anderes Bild. So unterstützen Akademikerinnen ihre Kinder seltener bei Hausaufgaben (53 Prozent) als Mütter mit einer Ausbildung (knapp 70 Prozent) und Mütter ohne Abschluss (fast 74 Prozent, Abbildung 2). Mit Blick auf die Unterstützung bei Vorträgen gibt es hingegen keine signifikanten Unterschiede zu den Akademikerinnen. Mütter mit einer Berufsausbildung unterstützen ihre Kinder mit knapp 64 Prozent allerdings auch deutlich häufiger bei der Suche nach Informationen im Internet als studierte Mütter (rund 56 Prozent) und Mütter ohne Abschluss (gut 58 Prozent). Beim Kauf zusätzlicher Schulmaterialien zeigt sich, dass Mütter ohne Abschluss deutlich aktiver sind als Mütter mit Ausbildung und diese wiederum deutlich aktiver als studierte Mütter. Eine mögliche Erklärung könnte darin liegen, dass Mütter mit akademischem Abschluss sich und ihren Kindern mehr zutrauen und damit weniger auf die Anschaffung von zusätzlichem Lernmaterial angewiesen sind. Auch engagieren sich Mütter ohne Abschluss mit knapp 93 Prozent am häufigsten darin, ihre Kinder für die Schule zu motivieren – das sind fast zehn Prozentpunkte mehr als bei Müttern mit Ausbildung (fast 83 Prozent) und gut 20 Prozentpunkte mehr als bei Akademikerinnen (72 Prozent). Einzig beim Gespräch über Schullektüren gehen die Unterschiede in die andere Richtung: Hier sind Mütter mit einem Studium am stärksten aktiv und Mütter ohne Ausbildung und Studium am wenigsten.
Weitere Analysen gehen der Frage nach, ob sich die zuvor beschriebenen Unterschiede im elterlichen Schulengagement nach mütterlichem Bildungshintergrund zumindest teilweise auch durch andere Faktoren erklären lassen, etwa durch die Schulform oder die Schulnoten.
In Bezug auf die regelmäßige Teilnahme an Elternabenden zeigt sich in beiden Altersgruppen ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen Müttern ohne beruflichen Abschluss und studierten Müttern. Dieser Unterschied lässt sich weder durch demografische Merkmale noch durch Unterschiede in Bezug auf die besuchte Schulform oder die Schulnoten vollständig erklären. Wenn solche Merkmale berücksichtigt werden, verringert sich der Unterschied zwar etwas, ist aber immer noch statistisch signifikant und substanziell (Tabelle 1). Auch die Unterschiede zwischen Akademikerinnen und Müttern ohne Hochschulabschluss sowie ohne berufliche Ausbildung lassen sich in Bezug auf das Engagement als Elternvertreterin und der Hilfe bei Schulveranstaltungen nicht vollständig durch die anderen Merkmale erklären.
Abweichung zu Müttern mit abgeschlossenem Studium in Prozentpunkten
Ausbildung | Kein beruflicher Abschluss | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
ohne Kontrollvariablen | mit Kontrollvariablen1 | mit Schulform | mit Schulnoten | ohne Kontrollvariablen | mit Kontrollvariablen1 | mit Schulform | mit Schulnoten | |
Teilnahme Elternabend (SOEP; Alter 9 bis 10 Jahre) | −2,9** | −2,8* | −2,8* | −2,8 | −13,6*** | −11,5*** | −10,8*** | −10,5*** |
Teilnahme Elternabend (NEPS; Alter 9 bis 17 Jahre) | −0,4 | −0,3 | 0,5 | 0,6 | −10,2*** | −8,2** | −7,0** | −6,1** |
Elternvertretung(SOEP; Alter 9 bis 10 Jahre) | −6,3** | −6,3** | −6,4** | −4,6 | −17,0*** | −16,1*** | −15,9*** | −11,9*** |
Elternvertretung(NEPS; Alter 9 bis 17 Jahre) | −6,3** | −2,3 | −4,1 | −3,8 | −11,8*** | −6,8 | −10,3** | −9,9** |
Hilfe bei Veranstaltungen (NEPS; Alter 9 bis 17 Jahre) | −7,7*** | −5,6* | −5,3* | −4,4 | −22,1*** | −20,2*** | −20,0*** | −17,8*** |
Aufsuchen der Lehrkräfte(SOEP; Alter 9 bis 10 Jahre) | 8,9*** | 8,1** | 8,3** | 4,4 | 9,2** | 7,4* | 7,0 | 2,3 |
Gespräche mit Lehrkräften(NEPS; Alter 9 bis 17 Jahre) | 12,8*** | 11,6*** | 6,0* | 3,6 | 24,0*** | 21,5*** | 12,4*** | 6,2 |
Teilnahme Elternsprechtage (SOEP; Alter 9 bis 10 Jahre) | 2,8 | 2,6 | 2,9 | 1,3 | −4,7 | −6,0 | −5,8 | −7,8* |
1 Die Kontrollvariablen umfassen demografische Faktoren wie das Alter und das Geschlecht des Kindes, die Anzahl der Kinder im Haushalt, ob das Elternteil alleinerziehend ist und ob der Haushalt seinen Wohnsitz in Ost- oder Westdeutschland hat.
Anmerkung: Die dargestellten Koeffizienten beruhen auf multivariaten Regressionsmodellen, in denen das jeweilige Engagement auf die Bildung der Mutter regressiert wird (ohne und mit Kontrollvariablen, wie in den Spalten angegeben). Die Sternchen an den Werten bezeichnen das Signifikanzniveau, das die statistische Genauigkeit der Schätzung angibt. Je mehr Sternchen, desto genauer: ***, ** und * geben die Signifikanz auf dem Ein-, Fünf- und Zehn-Prozent-Niveau an.
Lesebeispiel: Mütter ohne beruflichen Abschluss nehmen seltener an Elternabenden teil als Mütter mit abgeschlossenem Studium. Werden die Schulform und die Schulnoten in den Berechnungen berücksichtigt, verringert sich der Unterschied zwar etwas, bleibt aber substanziell und im statistischen Sinne signifikant.
Quellen: Eigene Berechnungen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des Nationalen Bildungspanels (NEPS).
Bei den Gesprächen mit den Lehrkräften ist jedoch zu erkennen, dass ein großer Teil der Unterschiede auf Schulform und Schulnoten zurückzuführen ist, denn die Unterschiede verringern sich substanziell, wenn beides berücksichtigt wird. Das deutet darauf hin, dass studierte Mütter seltener Gespräche mit den Lehrkräften führen, weil ihre Kinder im Schnitt bessere Noten haben.
Bei der Hausaufgabenunterstützung zeigt sich ebenfalls eine deutliche Verringerung der Unterschiede, wenn die Schulnote berücksichtigt wird (Tabelle 2): Kinder mit schwächeren Noten erhalten eher Unterstützung bei den Hausaufgaben – im Durchschnitt erzielen die Kinder von Akademikerinnen bessere Noten und insofern engagieren sich deren Eltern an dieser Stelle weniger. Allerdings bleibt auch unter Berücksichtigung der Schulnoten der Anteil der Akademikerinnen, die ihre Kinder bei den Hausaufgaben unterstützen, statistisch signifikant hinter dem Anteil der beiden anderen Bildungsgruppen zurück. Bei der Unterstützung bei Vorträgen, der gemeinsamen Internetrecherche und dem Austausch über die Schullektüre verändert sich das Bild durch die Hinzunahme der Hintergrundmerkmale nicht. Beim Kauf zusätzlicher Materialien werden die Unterschiede etwas geringer, wenn Schulform und Schulnoten berücksichtigt werden. Allerdings bleiben die Unterschiede substanziell und statistisch signifikant. Wird hingegen die Schulnote berücksichtigt, wenn es darum geht, ob die Mutter ihre Kinder für die Schule motiviert, verringern sich die zuvor aufgezeigten Bildungsunterschiede zumindest zwischen Müttern mit abgeschlossenem Studium und solchen mit einer Ausbildung deutlich. Das deutet darauf hin, dass Mütter mit einer Ausbildung ihre Kinder insbesondere dann motivierend unterstützen, wenn diese in der Schule Leistungsprobleme haben. Beim Vergleich zwischen Akademikermüttern und Müttern ohne beruflichen Abschluss zeigt sich jedoch, dass letztere ihre Kinder auch unabhängig von Schulform und Schulnoten deutlich häufiger motivieren.
Abweichung zu Müttern mit abgeschlossenem Studium in Prozentpunkten
Ausbildung | Kein beruflicher Abschluss | |||||||
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ohne Kontrollvariablen | mit Kontrollvariablen1 | mit Schulform | mit Schulnoten | ohne Kontrollvariablen | mit Kontrollvariablen1 | mit Schulform | mit Schulnoten | |
Hausaufgabenunterstützung(SOEP; Alter 9 bis 10 Jahre) | 16,8*** | 16,7*** | 16,5*** | 10,8** | 20,6*** | 23,0*** | 22,9*** | 12,4** |
Unterstützung bei Vorträgen (NEPS; Alter 9 bis 17 Jahre) | 1,0 | 2,6 | 0 | −0,4 | −3,1 | 1,5 | −2,5 | −2,9 |
Suchen nach Infos im Internet (NEPS; Alter 9 bis 17 Jahre) | 8,2*** | 9,7*** | 7,7*** | 7,0*** | 3,5 | 5,5** | 2,6 | 1,7 |
Kauf zusätzlicher Lernmaterialien (NEPS; Alter 9 bis 17 Jahre) | 10,5*** | 11,2*** | 8,9*** | 7,5*** | 19,7*** | 22,6*** | 18,7*** | 16,1*** |
Motivation durch Mutter(SOEP; Alter 11 bis 14 Jahre) | 10,8*** | 10,5*** | 7,3* | 4,6 | 20,5*** | 22,1*** | 17,3*** | 15,9*** |
Über Lektüre sprechen(NEPS; Alter 9 bis 17 Jahre) | −4,3** | −6,6*** | −6,8*** | −5,7*** | −10,8*** | −9,6*** | −10,3*** | −9,0*** |
1 Die Kontrollvariablen umfassen demografische Faktoren wie das Alter und das Geschlecht des Kindes, die Anzahl der Kinder im Haushalt, ob das Elternteil alleinerziehend ist und ob der Haushalt seinen Wohnsitz in Ost- oder Westdeutschland hat.
Anmerkung: Die dargestellten Koeffizienten beruhen auf multivariaten Regressionsmodellen, in denen das jeweilige Engagement auf die Bildung der Mutter regressiert wird (ohne und mit Kontrollvariablen, wie in den Spalten angegeben). Die Sternchen an den Werten bezeichnen das Signifikanzniveau, das die statistische Genauigkeit der Schätzung angibt. Je mehr Sternchen, desto genauer: ***, ** und * geben die Signifikanz auf dem Ein-, Fünf- und Zehn-Prozent-Niveau an.
Lesebeispiel: Bei der Hausaufgabenunterstützung verringern sich die Unterschiede sowohl zwischen Müttern mit Ausbildung und Müttern mit Studium als auch zwischen Müttern ohne beruflichen Abschluss und Müttern mit Studium deutlich, wenn weitere Merkmale berücksichtigt werden.
Quellen: Eigene Berechnungen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des Nationalen Bildungspanels (NEPS).
Da einige Formen des elterlichen Engagements und auch deren Wirkung vom Alter des Kindes abhängen, wird zusätzlich untersucht, ob sich mit zunehmendem Alter des Kindes die Unterschiede im elterlichen Engagement zwischen den Bildungsgruppen eher angleichen oder ob sie weiter auseinandergehen. Es zeigt sich, dass es beim Kauf zusätzlicher Materialien und beim Sprechen über Schullektüren keine signifikanten Veränderungen mit zunehemendem Alter des Kindes gibt (ohne Tabelle). Bei der Suche nach Informationen im Internet und der Unterstützung bei Referaten zeigt sich jedoch, dass Mütter ohne Abschluss in jüngeren Jahren ihrer Kinder weniger aktiv sind als Akademikerinnen. Mit zunehmendem Alter des Kindes werden Mütter ohne Abschluss aber immer aktiver.Die genauen Werte und Berechnungen sind auf Anfrage bei den AutorInnen dieses Berichts erhältlich.
Immer wieder wird betont, wie wichtig elterliches Engagement für den Bildungserfolg von Kindern ist – insbesondere dann, wenn es um den Abbau von Bildungsungleichheiten und mehr Bildungsgerechtigkeit geht. Dabei sind das häusliche und das schulische Engagement der Eltern zu unterscheiden – beides sind neben der akademischen Sozialisation zentrale Merkmale des Lernorts „Familie“.Vgl. zum Beispiel Burkhard Gniewosz und Sabine Walper (2017): Bildungsungleichheit – Alles eine Frage der Familie?! In: Thomas Eckert und Burkhard Gniewosz (Hrsg.): Bildungsgerechtigkeit. Springer, 187–200.
Eine große Mehrheit der Eltern engagiert sich sowohl im häuslichen Umfeld als auch in der Schule. Die Art des elterlichen Engagements unterscheidet sich dabei jedoch nach dem Bildungshintergrund: Studierte Mütter bringen sich tendenziell stärker in der Schule ein. Sie sind häufiger in der Elternvertretung aktiv und unterstützen bei schulischen Veranstaltungen. Andere Mütter sind diesbezüglich unterrepräsentiert und damit auch die Bedarfe ihrer Kinder, sofern diese nicht von den Müttern mit akademischem Abschluss vertreten werden.
Mütter ohne ein abgeschlossenes Studium engagieren sich hingegen stärker zu Hause: Sie unterstützen ihre Kinder häufiger bei den Hausaufgaben und Internetrecherchen als andere Mütter. Allerdings gibt es in beiden Bereichen des schulischen und häuslichen Engagements Ausnahmen von diesem Zusammenhang zwischen dem Engagement von Müttern und deren Bildungshintergrund. So suchen Akademikerinnen seltener das Gespräch mit Lehrerinnen und Lehrern, und zu Hause sprechen sie häufiger mit ihren Kindern über Schullektüren.
Unterschiede im Engagement können zum Teil auf Unterschiede in den schulischen Leistungen der Kinder zurückgeführt werden, was sich insbesondere in Bezug auf die Hausaufgabenunterstützung, die Gespräche mit den Lehrkräften und das Motivieren durch die Mütter für die Schule zeigt. Bezogen auf diese Engagements werden die Unterschiede geringer, wenn Schulnoten und Schulform berücksichtigt werden. Unter dem Strich bleiben allerdings die meisten Unterschiede auch dann bestehen.
Die bisherige Forschung zur Wirkung des elterlichen Engagements auf die schulischen Leistungen der Kinder zeigt teils signifikante Zusammenhänge. Das gilt auch mit Blick auf andere Fähigkeiten, beispielsweise die Sozialkompetenz. Größere Studien, die kausale Effekte analysieren, sind jedoch eher eine Seltenheit. Sollten weitere kausal angelegte Wirkungsstudien einen positiven Effekt sowohl des schulischen als auch des häuslichen Engagements auf zentrale Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen belegen, wäre es wichtig, dass sich insbesondere Eltern mit niedrigerem beruflichen Abschluss stärker in der Schule engagieren. Lehrerinnen und Lehrer könnten Eltern darüber informieren, dass sich deren Interesse sowie ihr Wissen über Schule und Lehrkräfte positiv auf ihre Kinder auswirken kann. Allerdings unterscheiden sich einzelnen Studien zufolge die Wirkungen abhängig von der konkreten Art des Engagements. Deshalb sind weitere Forschungsarbeiten notwendig. In jedem Fall könnten Lehrkräfte Eltern ermutigen, sich stärker einzubringen. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang ein generelles Interesse an der schulischen Bildung der Kinder, Unterstützung und Anwesenheit bei Hausaufgaben sowie Wissen über Schule und Lehrerinnen und Lehrer. So könnten regelmäßige Treffen zwischen Lehrkräften und Eltern, die diese Bereiche zum Inhalt haben, grundsätzlich die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus verbessern und damit Kinder und Jugendliche in ihren schulischen Leistungen unterstützen.
Unabhängig davon sollten alle Elterngruppen in schulischen Gremien aktiv sein, damit die Interessen aller Gruppen vertreten werden. Auch darauf könnten Lehrkräfte und Schulleitungen verstärkt hinwirken.
Der Befund, dass insbesondere Schülerinnen und Schüler aus bildungsferneren Elternhäusern durch ihre Eltern bei den Hausaufgaben unterstützt werden, zeigt, wie wichtig es ist, dass diese Familien weitere Unterstützungsangebote erhalten. Das gilt insbesondere dann, wenn angesichts des abnehmenden Erwerbspersonenpotenzials die Erwerbstätigkeit von Müttern beziehungsweise deren Erwerbsvolumen weiter zunehmen soll, diese aber gleichzeitig eine zentrale Rolle bei der Unterstützung bei Hausaufgaben haben. Im Zuge des weiteren Ausbaus der ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter sind auch diese Unterstützungsleistungen mitzudenken – insbesondere in qualitativer Hinsicht. Die Hausaufgabenunterstützung allein bewirkt wenig, wenn sie nicht pädagogischen Standards genügt.
Wenn die Politik darüber hinaus mit niederschwelligen Programmen auf die Bedeutung des elterlichen Engagements hinweisen will, sind Programme wie das Bundesprogramm „Elternchance ist Kinderchance“Vgl. Bundesprogramm „Elternchance ist Kinderchance“ (2011–2015): Elternchance II (online verfügbar; abgerufen am 25. Oktober 2021). oder das aktuelle ElternbegleiterprogrammVgl. Elternbegleitung: Elternchance II (online verfügbar; abgerufen am 25. Oktober 2021). des Bundes mögliche Ansatzpunkte – entsprechende Maßnahmen könnten somit auch Gegenstand der aktuellen Koalitionsverhandlungen sein. Darüber hinaus sollten, damit allen Eltern ein Engagement möglich ist, schulische Veranstaltungen in Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit konzipiert sein. Dies sollte gleichwohl – vor allem mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf – jedoch nicht zu übermäßigen Belastungen der Lehrerinnen und Lehrer führen, wenn es zum Beispiel darum geht, zu welcher Tageszeit schulische Aktivitäten für die ganze Familie stattfinden.
Themen: Ungleichheit, Gender, Familie, Bildung, Arbeit und Beschäftigung
JEL-Classification: I20;I24
Keywords: Parental engagement, school engagement, educational inequality, SOEP, NEPS
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2021-45-1
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/248515