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Ökolandbau lässt Nitratkonzentration im Grundwasser sinken: Interview

DIW Wochenbericht 49 / 2022, S. 661

Astrid Cullmann, Erich Wittenberg

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Frau Cullmann, die Ressource Wasser ist weltweit knapp, aber hat auch das vergleichsweise regenreiche Deutschland ein Wasserproblem? Deutschland ist ein wasserreiches Land und besitzt umfangreiche Wasserressourcen, aber wir konnten in den vergangenen Jahren beobachten, dass es auch bei uns immer mehr zu lokalen Knappheiten kommt. Verstärkt durch die voranschreitende Klimakrise mit höheren Durchschnittstemperaturen und längeren Trockenperioden gewinnen die lokalen Knappheiten auch in Deutschland immer mehr an Relevanz.

Welche Probleme gibt es darüber hinaus? Ein sehr ernstes Problem in Deutschland ist die Wasserverschmutzung; das betrifft vor allem das Grundwasser aufgrund der intensiven Düngung der Landwirtschaft. Hier kommt es vermehrt zu Nitratbelastung und das ist ein ernstes Problem, das schnell angegangen werden muss.

Wie geht die Industrie mit dem Wasser um? Die Industrie verbraucht sehr viel Wasser. Hier brauchen wir eine effizientere Wassernutzung durch mögliche Preisanreize oder auch mehr Kontrolle über die Entnahme des Wassers. Was wir in Deutschland beobachten können, ist eine sehr willkürliche Preisgestaltung. Wir sehen zum Beispiel, dass nur in 13 von 16 Bundesländern Wasserentnahmeentgelte verlangt werden. Auch wenn diese Entgelte erhoben werden, gibt es zahlreiche Ausnahmeregelungen.

Welchen Anteil haben die Privatverbraucher, wenn es um Probleme mit dem Wasser geht? Nutzungskonflikte haben wir lange Zeit nur mit wasserarmen Regionen in Verbindung gebracht, aber auch in Deutschland gibt es zwischen den privaten Haushalten oder vielmehr der Trinkwasserversorgung und der Industrie und der Landwirtschaft Nutzungskonflikte. Das wirft natürlich Verteilungsfragen auf. Hierbei werden die privaten Haushalte gegenüber der Industrie oft benachteiligt. Zum Beispiel beobachten wir in der Region Berlin-Brandenburg oft, dass der private Wasserverbrauch zurückgestellt wird, während sich die Industrie über Langzeitverträge hohe Wasserentnahmemengen zu günstigen Preisen gesichert hat.

Wie ließe sich der Wasserverbrauch reduzieren? Es geht nicht darum, jetzt allgemein den Wasserverbrauch der privaten Haushalte zu reduzieren. Wir müssen lokal und saisonal schauen, wo es zu Knappheiten und wo es zum Überverbrauch kommt, denn Überverbrauch bedeutet immer, dass mehr Wasser entnommen wird, als natürlich zurückfließen kann. Das geschieht meistens seitens der Industrie.

Wo ließe sich am ehesten ansetzen, um die Wasserverschmutzung zu reduzieren? Die Verschmutzung reduzieren können wir vor allem über den Ökolandbau. Empirische Ergebnisse haben gezeigt, dass wenn der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche an der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche steigt, die Nitratkonzentration in den umliegenden Grundwasserkörpern sinkt. Wenn also der Ökolandbau ausgebaut wird, führt das zu einer Reduktion der Nitratkonzentration im Grundwasser.

Was kostet uns die Wasserverschmutzung am Ende? Die Nitratverschmutzung hat natürlich weitreichende Folgen, sowohl für die Biodiversität, als auch für das Klima und die Gesundheit der Menschen und beinhaltet demzufolge hohe soziale und ökologische Kosten. Die sind aber momentan sehr schwierig zu berechnen. Wir haben uns den Einfluss auf die Trinkwasserversorgung angeschaut, die natürlich von der Nitratverschmutzung direkt betroffen ist und konnten zeigen, dass die Kosten der Trinkwasserversorgung durch die Nitratverschmutzung in den Grundwasserkörpern steigen. Und im Endeffekt sind es die Verbraucherinnen und Verbraucher, die Endkonsumentinnen und Endkonsumenten, die diese Kosten der Verschmutzung tragen müssen.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Astrid Cullmann
Ökolandbau lässt Nitratkonzentration im Grundwasser sinken - Interview mit Astrid Cullmann

Astrid Cullmann

Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt

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