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Gerechte Energiewende-Partnerschaften durch Regeln und Vereinbarungen auf Augenhöhe: Interview

DIW Wochenbericht 5 / 2023, S. 55

Heiner von Lüpke, Erich Wittenberg

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Herr von Lüpke, mit Südafrika besteht, wie auch mit anderen Ländern, eine Vereinbarung über eine Partnerschaft für eine gerechte Energiewende (JETP). Was sind die Ziele dieser Vereinbarung? Man will mit dieser Energiewendepartnerschaft zum einen eine Klimakompatibilität im Energiesektor herstellen, das heißt, man will Emissionen reduzieren über Maßnahmen wie Kohleausstieg oder Ausbau von erneuerbaren Energien. Zum anderen ist es ganz wichtig, die Entwicklungsziele zu fördern und diesen Übergang im Energiesektor sozialgerecht zu gestalten. In diesem Sinne werden mehrere Partnerländer, wie zum Beispiel auch Südafrika, von verschiedenen Geberländern unterstützt. Die Geber sind im Großen und Ganzen die Gruppe der G7, aber auch die Europäischen Union als Staatengebilde.

Wie viel Geld investieren die Geberländer in die Kooperation und wer bestimmt, wofür diese Mittel ausgegeben werden? Im Falle der „Just Energy Transition Partnership“ (JETP) mit Südafrika handelt es sich insgesamt um 8,5 Milliarden US-Dollar. Wer die Ziele dieser Zusammenarbeit bestimmt oder wofür das Geld ausgegeben werden soll, wird in langen Abstimmungsrunden zwischen Südafrikaner*innen und Geberländern ausgehandelt. Darin wird zum Beispiel diskutiert, ob der Elektriizitätskonzern Eskom seinen Monopolcharakter verlieren soll oder ob der Ausbau der erneuerbaren Energien über Privatisierungen erfolgen oder es mehr staatliche Lenkung geben soll. Das sind delikate politische Fragen, die über mehrere Monate verhandelt werden.

Inwieweit unterscheiden sich die Ansichten zur Energiewende zwischen Südafrika und den internationalen Partnerländern, auch im Hinblick auf etwaige Industrieinteressen der Geberländer? Natürlich sind auch die Interessen der Geberländer ein legitimes Anliegen, das natürlich unterschiedlich ausfällt, je nachdem welches Geberland man im Auge hat. Die USA sind schon bekannt dafür, dass sie auch ihre nationalen Industrien im Bereich erneuerbare Energien befördern wollen und deswegen stark auf Privatisierung setzen. Andere sind, was das angeht, vielleicht eher so ein bisschen politische Agnostiker. Aber im Grunde muss man immer damit rechnen, dass die jeweiligen Partnerländer ihre Interessen haben und das führt in solch einer Partnerschaft entweder zu Vertrauen oder es führt zu keinem Vertrauen, wenn man nicht versteht, welche Interessen eigentlich vorliegen.

Was müsste getan werden, um die Energiewende in Südafrika voranzubringen? Dem politischen Aushandlungsprozess in Südafrika muss man Raum und Zeit geben, denn derzeit sind die Richtung der Energiewende und die politische Situation noch unklar. Es gibt Auseinandersetzungen zwischen den Interessengruppen, die an der Kohlewirtschaft hängen, und der Fraktion, die sich stark dafür einsetzt, erneuerbare Energien zu fördern und den Kohleausstieg zu forcieren. Diesen Aushandlungsprozess muss man bis zum Ende durchführen und auch aus Gebersicht begleiten, damit klar wird, in welche Richtung es gehen soll.

Wovon wird der Erfolg dieser Energiewendepartnerschaft in Zukunft abhängen? Der Erfolg wird stark davon abhängen, ob man den Menschen, die an der Kohlewirtschaft Südafrikas hängen und damit dreimal mehr als in normalen Jobs verdienen, eine Perspektive geben kann. Das können zum Beispiel Umschulungen oder Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien sein. Das wird das Zünglein an der Waage sein, um das Unternehmen Energiewende in Südafrika auch politisch durchführbar zu machen. Ohne dieses sozial gerechte Element, also wenn man sich nur auf die technischen und finanziellen Aspekte der Energiewende konzentriert, wird das sehr schwer.

Das Gespräch führte Erich Wittenberg.

O-Ton von Heiner von Lüpke
Gerechte Energiewende-Partnerschaften durch Regeln und Vereinbarungen auf Augenhöhe - Interview mit Heiner von Lüpke

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