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Deutschland muss beim Cloud- Computing am Ball bleiben, um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten: Interview

DIW Wochenbericht 20 / 2023, S. 241

Alexander Schiersch, Erich Wittenberg

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Herr Schiersch, wie hat sich die Nutzung von Cloud-Computing in Europa und Deutschland in den letzten Jahren entwickelt? Seit der Einführung der Cloud hat die Nutzung des Cloud-Computings relativ schnell zugenommen. Wir sind in Europa zwar etwas später dran als die USA, aber in den skandinavischen Ländern zum Beispiel nutzen bereits mehr als drei Viertel aller Unternehmen Cloud-Computing. In Deutschland waren es nach den aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2021 etwa 42 Prozent. Wenn man sich die Entwicklung zwischen 2016 und 2021 ansieht, würde ich vermuten, dass wir in Deutschland mittlerweile bei weit über 50 Prozent sind.

Gehen die Investitionen eines Unternehmens in die eigene IT zurück, wenn es sich für eine Cloud-Lösung entschieden hat? Dazu gibt es zwei Sichtweisen. Der Cloud-Anbieter Microsoft zum Beispiel verspricht Unternehmen eine Kostenersparnis von bis zu 40 Prozent. Wir haben uns angeschaut, inwieweit wir diesen Investitionsrückgang bei Cloud nutzenden Unternehmen tatsächlich beobachten können. Dazu haben wir die IT-Investitionen in Software und Datenbanken, wie sie vom statistischen Bundesamt erhoben werden, analysiert. Wir sehen zwar in gewissen Bereichen Rückgänge, allerdings sind diese statistisch nicht signifikant. Das heißt, ein größerer Investitionsrückgang durch Cloud-Nutzung ist nicht nachweisbar.

Wie ist das zu erklären? Das konnten wir mit den Daten nicht untersuchen, aber es wird vermutlich daran liegen, dass viele Unternehmen nur einen gewissen Teil der Cloud-Lösungen nutzen und viele andere IT-Dienste weiter im Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.

Inwieweit erhöht Cloud-Computing die Arbeitsproduktivität in Unternehmen? Cloud Computing verspricht, eine deutlich höhere Flexibilität zu schaffen, weil die IT-Voraussetzungen für Projekte schnell je nach Bedarf hoch und runter gefahren werden können. Wir haben diesbezüglich untersucht, inwieweit wir einen Zusammenhang zwischen der Arbeitsproduktivität und der Cloud-Nutzung finden können. Tatsächlich beobachten wir, zumindest im Verarbeitenden Gewerbe, wo wir ausreichend Daten haben, eine höhere Arbeitsproduktivität durch die Cloud-Nutzung. Wir vermuten, dass die von uns beobachteten positiven Effekte auf diese erhöhte Flexibilität und der effizienteren Nutzung der IT-Ressource zurückzuführen sind.

Inwieweit hängt es von der Größe eines Unternehmens ab, ob auf Cloud-Dienste zurückgegriffen wird? Eigentlich sind Cloud-Dienste gerade für kleinere Unternehmen interessant, denn bislang mussten sie, wenn sie wachsen, stark in die IT investieren. Das brauchen sie heute nicht mehr, denn sie können, ähnlich einem Großunternehmen, die nötigen IT-Lösungen einfach über die Cloud buchen. Tatsächlich ist es aber so, dass große Unternehmen schneller auf die Cloud umstellen und die Cloud stärker nutzen. Die Gründe dafür sind unter anderem, dass auch in der Cloud ab einem bestimmten Umfang IT-Fachpersonal notwendig ist, das größere Unternehmen in der Regel haben. Ein weiterer Aspekt, der in Deutschland nicht ganz unwichtig ist, ist die Breitbandverfügbarkeit.

Welche wirtschaftspolitische Bedeutung hat das Cloud-Computing? Wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland behalten wollen, müssen wir auch mit dieser Innovation mitgehen und sie nutzen. Schätzungen zufolge werden im globalen Cloud-Markt mittlerweile über 500 Milliarden US-Dollar umgesetzt, und die Wachstumsraten liegen im zweistelligen Bereich. Wie bei anderen neuen Technologien und Innovationen auch, muss Deutschland hier einfach am Ball bleiben, damit es nicht abgehängt wird.

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O-Ton von Alexander Schiersch
Deutschland muss beim Cloud- Computing am Ball bleiben, um Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten - Interview mit Alexander Schiersch

Alexander Schiersch

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Unternehmen und Märkte

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