DIW Wochenbericht 34/35 / 2023, S. 462
Geraldine Dany-Knedlik, Erich Wittenberg
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Frau Dany-Knedlik, im Bundes-Klimaschutzgesetz gibt es festgeschriebene Emissionsziele bis 2030 und 2045. Sie haben mit Hilfe eines makroökonomischen Modells untersucht, welche wirtschaftlichen Wachstumseffekte damit verbunden sind. Ist es mit dem derzeitigen wirtschaftlichen Aufwand möglich, diese Klimaziele zu erreichen? Innerhalb unseres Modellrahmens haben wir zwei Szenarien, in denen die Emissionsziele erreicht werden können. Das erste Szenario wäre, dass wir beim energiesparenden technologischen Fortschritt deutliche Zuwächse haben. Das zweite Szenario ist eine Kombination aus energiesparendem technologischen Fortschritt und einer CO2-Bepreisung, die wir im Modell als Steuer auf den Einsatz fossiler Energie modellieren.
Wie müsste sich die technologische Entwicklung beschleunigen, damit wir die Emissionsziele bis 2030 und 2045 erreichen? Innerhalb unseres Modells müsste sich die Geschwindigkeit des energiesparenden technologischen Fortschritts fast verdoppeln. In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass wir ungefähr Zuwächse von 2,7 Prozent beobachten konnten, das müsste sich ab jetzt auf fast fünf Prozent erhöhen, damit wir den Emissionspfad bis 2030 einhalten können. Das ist nicht unmöglich. Wir haben schon einmal in der Vergangenheit gesehen, dass zum Beispiel durch die Ölkrise 1973 die Geschwindigkeit des energiesparenden technologischen Fortschritts deutlich angezogen hat. Allerdings ist das mit einer gewissen Unsicherheit behaftet.
Wie kann man sich die CO2-Bepreisung im zweiten Szenario vorstellen? In unserem zweiten Szenario gehen wir davon aus, dass der energiesparende technologische Fortschritt sich so wie in der Vergangenheit entwickelt. Dann brauchen wir zusätzliche Maßnahmen wie eine CO2-Bepreisung, damit der Emissionspfad erreicht wird. In unserem Modell wird die fossile Energie durch eine CO2-Bepreisung mit einem relativ hohen Steuersatz besteuert. In diesem Modell werden verschiedene klimapolitische Maßnahmen zusammengefasst, deswegen muss man etwas vorsichtig sein. Wir sehen aber folgendes: Wenn man eine CO2-Bepreisung einführt, führt das dazu, dass der Preis der gesamten Energie ansteigt und dadurch manche energieintensive Unternehmen aus dem Markt ausscheiden werden. Dadurch wird insgesamt weniger Kapital verwendet, um dasselbe Niveau an Bruttoinlandsprodukt zu produzieren, was dazu führt, dass wir einen geringeren Kapitalstock haben und geringere Investitionen. Somit verzeichnen wir in der Folge leichte wirtschaftliche Verwerfungen. Die wirtschaftlichen Einbußen innerhalb dieses Szenarios erklären sich aber zum Teil dadurch, dass wir die Einnahmen aus dieser CO2-Bepreisung nicht in die Ökonomie zurückführen.
Könnten also die zurückgehenden Investitionen vom Staat wieder durch Subventionen ausgeglichen werden, die über die CO2-Bepreisung finanziert werden? Das haben wir in diesem Wochenbericht noch nicht gezeigt. Es lässt sich aber aus unseren Ergebnissen ableiten, dass die Einnahmen der CO2-Bepreisung verwendet werden sollten, um ein klimazielkonformes Wachstum zu fördern. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel eine Art von Klimageld. Das hat jedoch eher eine Verteilungswirkung und generiert weniger Wachstum. Man könnte aber einen Teil der Einnahmen für das Klimageld verwenden und einen Teil für investive Maßnahmen, wie der Förderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien oder insgesamt der Förderung klimazielkonformer Investitionen. Denn unser Modell zeigt auch, dass wir bei einer erhöhten Geschwindigkeit des energiesparenden technologischen Fortschritts mit keinen wirtschaftlichen Einbußen rechnen müssen.
Das Gespräch führte Erich Wittenberg.
Themen: Konjunktur, Klimapolitik, Energiewirtschaft
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2023-34-2
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/280702