„Reform des europäischen Strommarktes nimmt endlich Formen an – Differenzverträge sind Instrument der Stunde“

Statement vom 17. Oktober 2023

Bei ihrem heutigen Treffen in Luxemburg haben die EU-Energieminister*innen unter anderem über eine Reform des europäischen Strommarktes beraten. Zu den Ergebnissen äußert sich Karsten Neuhoff, Leiter der Abteilung Klimapolitik im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), wie folgt:

BlockquoteDie Neuaufstellung des europäischen Strommarktes nimmt endlich Formen an. Die EU-Energieminister*innen sind heute zu guten Ergebnissen und Kompromissen gekommen. Im Mittelpunkt stand der Konflikt zwischen Frankreich und Deutschland um die Frage, ob und wie Kernkraftwerke in das System der Differenzverträge eingebunden werden sollen. Mittels dieser sichern die Staaten Stromproduzenten einen gewissen Garantiepreis zu, im Gegenzug müssen diese Mehreinnahmen abgeben. Prinzipiell wurde anerkannt, dass solche Differenzverträge für stabile und bezahlbare Energiepreise in der EU mit Blick auf den globalen Wettbewerb wichtig sind. Zugleich wird die Rolle der europäischen Wettbewerbsbehörde betont, um Bedenken entgegenzukommen, Frankreich könnte mit seinen vielen Atomkraftwerken und dem System der Differenzverträge seiner Industrie einen unverhältnismäßigen Vorteil in Form billigen Stroms verschaffen. 

Damit ergibt sich auch eine Chance für eine Ausgestaltung des in Deutschland diskutierten Brückenstrompreises. Zu einem europäisch abgestimmten Preis könnte – mit staatlicher Unterstützung – Investoren in Transformationsprozessen und der sehr stromintensiven Industrie eine Preisabsicherung mit einem Portfolio aus bestehendem Wind- und Solarstrom angeboten werden. Das wäre tatsächlich eine Brücke, bis infolge künftiger Ausschreibungen für entsprechende Projekte ein ausreichendes Volumen Erneuerbarer Energien zur Verfügung steht. Zugleich würden den Unternehmen dadurch bereits jetzt Anreize gegeben in Flexibilität zu investieren, um Kosten der eigenen Energieversorgung und des Energiesystems zu minimieren. Damit ist es dem Rat gelungen, eine gemeinsame europäische Perspektive zu finden, die den unterschiedlichen Situationen der Mitgliedstaaten gerecht wird. 

Spannend war bei der heutigen Diskussion im Rat auch, was offenbar gar nicht mehr diskutiert werden musste: So soll die Förderung von Erneuerbaren Energien auf Differenzverträge umgestellt werden. Diese sind das Instrument der Stunde, denn sie schützen Stromkund*innen vor hohen Strompreisen und reduzieren zugleich die Finanzierungsrisiken und damit Stromerzeugungskosten für Produzenten um bis zu 30 Prozent. Die einfache Finanzierung stärkt die Projektpipeline der Investoren in Erneuerbare Energien und gibt dadurch Sicherheit für Hersteller von Wind- und Solaranlagen für zusätzliche Investitionen in Produktionskapazitäten in Europa.

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