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Klimakonferenz mit Öl-Multis: Auch die Scheichs werden die Energiewende nicht stoppen

Medienbeitrag vom 30. November 2023

Eine Weltklimakonferenz, angeführt von einem Öl-Lobbyisten? Von der COP 28 in Dubai wird nicht viel zu erwarten sein, schätzt Ökonomin Claudia Kemfert. Das sei aber auch irrelevant: Denn die Märkte haben sich schon längst entschieden - für Zukunft statt Vergangenheit.

Die Welt schwankt von einer Schockwelle in die nächste Kriegsschock, Energieschock, Preisschock, Inflationsschock, Klimaschock. Es beginnt der Showdown des fossilen Zeitalters. Die Kräfte der Vergangenheit kämpfen ihre letzte Schlacht gegen die Kräfte der Zukunft. Wir stecken mitten in einem fossilen Krieg, der jetzt ins letzte Finale geht.

Es kämpft Autokratie gegen Demokratie. Es kämpft die Tyrannei eines oligopolistischen Imperiums, dem es nur um eins geht, nämlich um sich selbst, gegen die Freiheit der Medien, der Wissenschaft, der Menschen. Es kämpfen Menschen, die wollen, dass die Welt ihnen gehört, gegen Menschen, die wollen, dass die Welt allen gehört. Es kämpft die Lüge gegen die Wahrheit.

Dieser Gastbeitrag von Claudia Kemfert erschien am 29. November 2023 im Focus.

Die große Fake-Konferenz

Genau das ist derzeit auch bei der kommenden Klimakonferenz in Dubai (COP 28) zu beobachten. Angeführt von einem Interessenvertreter der fossilen Industrie kann kaum ernsthafter Klimaschutz zu erwarten sein. Es ist im höchsten Maße problematisch, dass ein COP-Präsident so eng mit der fossilen Industrie verflochten ist. Dass es nicht gelungen ist, das zu verhindern, ist symptomatisch.

Die Klimakonferenzen sind inzwischen so stark von fossilen Industrien geprägt, dass es immer schwerer wird, neue, zielführende Beschlüsse zu vereinbaren. Wie die BBC jüngst herausfand , plant der COP- Vorsitzende während einer Klimakonferenz fossile Geschäfte abzuschließen. Genau das war zu befürchten. Es ist keine echte Klimakonferenz, es ist eine Fake-Klimakonferenz, eine Greenwashing-Klimakonferenz. Das Format muss dringend befreit werden von fossilen Lobbyinteressen.

Es muss daher reguliert werden, welche Lobbygruppen Zugang zur Konferenz bekommen. Es muss möglich sein, ohne Interessenvertreter der fossilen Industrien transparent und demokratisch über Klimaschutzmaßnahmen zu verhandeln. Deshalb sollte die Konferenz von vornherein nur an Orten ausgetragen werden, an denen das garantiert ist.

Müssen wirklich Zehntausende teilnehmen?

Es ist gut, dass die UN das Mandat haben. Es muss hinterfragt werden, ob wirklich eine derart hohe Anzahl von Teilnehmenden notwendig ist. Allein die Emissionen der Anreise sind riesig. Da könnte vieles reduziert und auf den Kern der Verhandlungen reduziert werden. Es fliegen zehntausende Teilnehmer hin, und sehr viele davon sind Lobbyisten für fossile Energien. Das Format, so viele Staaten an einen Tisch zu bringen, ist sinnvoll, aber man muss diese Veranstaltungen entschlacken.

Das heißt dann im Zweifel auch, dass nicht mehr jede Nichtregierungsorganisation (NGO) ihre Interessen vortragen kann. In diesem Jahr haben sich der Papst und König Charles angekündigt. Das lenkt Aufmerksamkeit auf die Dringlichkeit des Handelns. Dass dies allerdings nach über 40 Jahren Klimaverhandlungen immer noch notwendig ist, verdeutlicht die Dimension des Problems.

Es braucht eine Reform des Finanzsystems

Dennoch wird die Zeit nicht völlig ungenutzt bleiben. Besonders wichtig wäre es, dass man vor allem bei der Reform des internationalen Finanzsystems vorankommt. Fossile Subventionen müssen dringend abgeschafft werden. Es muss mehr Geld bereitgestellt werden, um weltweit Staaten bei der Bewältigung von Naturkatastrophen zu helfen. Und es sollte mehr Möglichkeiten geschaffen werden, dass Entwicklungsländer Zugang zu Finanzierungen der Energiewende vor Ort bekommen.

Energiepartnerschaften für den Ausbau erneuerbarer Energien sollten global weiter ausgebaut und intensiviert werden. Und die einzelnen Länder müssen stärker in die Pflicht genommen werden, ihre jeweiligen Ziele auch umzusetzen. Unbedingt müssen die klimaschädlichen Subventionen in den reichen Industrienationen abgeschafft werden. Dann könnte man einen Teil dieser Gelder dafür verwenden, die Klimaschäden im Globalen Süden zu bezahlen.

Die Märkte reagieren - in beide Richtungen

Es wird schon jetzt weltweit deutlich mehr Geld in erneuerbare Energien investiert als in fossile Energie. Die Märkte reagieren, weil Erneuerbare immer billiger werden. Eine jüngst veröffentlichte Studie zeigt demnach, dass es durchaus noch möglich wäre, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, wenn die weltweiten Ausbautrends erneuerbarer Energien, Elektromobilität und emissionsfreier Wirtschaft weltweit so weitergehen wie bisher - insbesondere in China, den Trendregionen Asiens, den USA und Lateinamerika.

Leider gibt es auch die entgegengesetzte Entwicklung: Weil die Preise für Öl und Gas steigen, erhöht das die Gewinnchancen für fossile Unternehmen, die deswegen auch weiter in fossile Energie investieren. Mehrere jüngst vorgestellte Studien über die Anzahl der Förderprojekte in Öl und Gas zeigen, dass wir so weder das 1,5-Grad-Ziel noch das Zwei-Grad Ziel werden erreichen können, sondern eher auf eine globale Oberflächentemperatur von mehr als drei Grad hinauslaufen.

Wir nehmen der Zukunft die Freiheit

Mit allen Konsequenzen. Eine Drei-Grad-Welt heißt, dass wir zahlreiche Kipppunkte überschritten haben werden. Die Klimaforscher, die ich treffe, sind in höchstem Maße besorgt. Wir lassen den Planeten in eine Richtung rutschen, die menschliches Leben in vielen Teilen der Erde unmöglich machen wird. Mit allen Konsequenzen, die wir jetzt schon erleben: extreme Hitze, Waldbrände, Dürren. Das bedeutet Hungersnöte, Migration und Instabilität.

Was wir jetzt sehen, sind erst die Anfänge. Es wird nicht nur schlimmer, sondern auch unumkehrbar. Wir nehmen der Zukunft die Freiheit. Deshalb müssen wir jetzt alles dafür tun, das zu verhindern. Doch leider sieht dies nicht gut aus. Selbst Deutschland investiert in Flüssiggas-Terminals, die wir nicht brauchen. Deutschland hat ohnehin durch das Finanzdebakel im eigenen Land ein massives Glaubwürdigkeitsproblem auf internationaler Bühne.

Die Märkte können nicht gestoppt werden

Allerdings lässt sich die Zukunft auch nicht aufhalten. Die Märkte gehören denen, die sie sehen. Und viele sehen sie. Und nutzen sie. Auch und gerade trotz der Beharrungskräfte der Vergangenheit. Diese Klimakonferenz ist vermutlich vergeudet. Die eigentliche Entwicklung findet aber woanders statt: auf den Marktplätzen der Welt.

Die Zukunft kann nicht aufgehalten werden, und der Markt auch nicht. Technologische Kipppunkte wurden überschritten. Diese lassen sich schwer zurückdrehen. Beim Ausbau der Erneuerbaren, der Elektromobilität oder den Wärmepumpen ist die Gewinnschwelle weit überschritten. Es ist schlicht billiger, sich eine Wärmepumpe einzubauen als eine Gas- oder gar Ölheizung. Auch Elektroautos werden preiswerter und attraktiver. So viele Länder, allen voran die USA und China, investieren massiv in Zukunftstechnologien. Das will die fossile Wirtschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten verhindern. Es wird ihnen nicht gelingen.

Themen: Klimapolitik

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