DIW Wochenbericht 1/2 / 2024, S. 3-14
Martin Gornig, Laura Pagenhardt
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„Um die Bauwirtschaft wieder in Schwung zu bringen, ist es sehr wichtig, dass die Politik die Verunsicherung über die Förderprogramme schnellstmöglich beseitigt. Dazu zählen insbesondere die Förderprogramme in der energieeffizienten Gebäudesanierung, aber eben auch im Wohnungsneubau.“ Laura Pagenhardt
Hohe Baupreise und verschlechterte Finanzierungsbedingungen belasten die Bauwirtschaft – insbesondere den Hochbau. Nominal legten die Ausgaben für Bauleistungen im Jahr 2023 zwar noch um sechs Prozent zu, preisbereinigt sanken sie aber um gut ein Prozent. In diesem Jahr dürfte auch wegen sinkender Baupreise das nominale Bauvolumen um rund 3,5 Prozent und damit erstmals seit der Finanzkrise abnehmen. Vor allem der Wohnungsbau ging 2023 stark zurück und wird in diesem Jahr noch stärker einbrechen. Dabei sind Maßnahmen im Bestand weniger betroffen als der Neubau. Erst im Jahr 2025 dürfte sich die Lage stabilisieren. Das Ziel, jährlich 400000 neue Wohnungen zu bauen, rückt damit noch weiter in die Ferne. Nur der Tiefbau stabilisiert die Bauwirtschaft insgesamt und dürfte dieses und kommendes Jahr noch ausgeweitet werden. Die unterschiedlichen Wachstumsaussichten erfordern Umstrukturierungen im Baugewerbe. Insbesondere sollten freiwerdende Kapazitäten im Wohnungsneubau in der energetischen Sanierung von privaten und öffentlichen Gebäuden genutzt werden. Die Umstrukturierung sollte die Politik aktiv unterstützen. Zudem sollte die Politik Klarheit über die Förderprogramme für die Gebäudesanierung und den Wohnungsneubau schaffen. Denn gleichzeitig gilt es, das Ziel, neue Wohnungen zu bauen, nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Bauwirtschaft in Deutschland steckt in der Krise; die Probleme reißen nicht ab. Was im Jahr 2021 mit Material- und Lieferengpässen begann, setzte sich in den Jahren 2022/23 mit der Energiekrise und dem Kaufkraftverlust der Haushalte durch die Verbraucherpreisinflation fort. Hinzu kamen rapide steigende Zinsen, die die Finanzierung von Bauprojekten besonders für private Haushalte, aber auch für Unternehmen erheblich erschwerten. Vor allem im Wohnungsneubau brachen die Auftragseingänge und Baugenehmigungen im vergangenen Jahr regelrecht ein. Aufgrund der sehr dynamischen Entwicklung der Baupreise nahm das Bauvolumen in nominaler Rechnung zwar über die Jahre noch zu, preisbereinigt sind aber in fast allen Bausparten bereits seit 2021 Rückgänge zu verzeichnen.
Im laufenden Jahr dürfte das Bauvolumen nun auch nominal schrumpfen. Zwar werden die Preise aufgrund sinkender Kapazitätsauslastung und abnehmender Materialpreise wohl zurückgehen und für das Sommerhalbjahr ist eine Zinswende zu erwarten. Da aber das Preis- ebenso wie das Zinsniveau insgesamt hoch bleiben dürften und darüber hinaus viele Förderprogramme in der Schwebe hängen, wird wohl vor allem das Hochbauvolumen in Mitleidenschaft gezogen werden und teilweise deutlich zurückgehen. Im kommenden Jahr dürfte sich die Entwicklung verbessern, mit kräftigen Zuwächsen ist aber auch dann nicht zu rechnen.
Zu diesen Ergebnissen kommen die Berechnungen am DIW Berlin zum Bauvolumen,Die Bauvolumenrechnung wird finanziert aus Mitteln der Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Vgl. die letzte Bauvolumenrechnung: Martin Gornig und Laura Pagenhardt (2023): Bauboom geht zu Ende – politischer Strategiewechsel erforderlich. DIW Wochenbericht Nr. 1+2 (online verfügbar, abgerufen am 18. Dezember 2023. Dies gilt auch für alle anderen Onlinequellen des Berichts, sofern nicht anders vermerkt). Für den Begriff „Bauvolumen“ vgl. DIW Glossar (online verfügbar). das neben den Bauinvestitionen auch nicht werterhöhende Reparaturen einschließt und zusätzlich zum Baugewerbe im engeren Sinne auch weitere Branchen wie den Stahl- und Leichtmetallbau, die Herstellung von Fertigbauten, die Bauschlosserei sowie Planungsleistungen und andere Dienstleistungen berücksichtigt. Ergänzend zu den Investitionsrechnungen der statistischen Ämter differenziert die jährliche DIW-Bauvolumenrechnung zwischen Neubaumaßnahmen und Modernisierungen am Gebäudebestand.Martin Gornig und Hanna Révész (2023): Strukturdaten zur Produktion und Beschäftigung im Baugewerbe – Berechnungen für das Jahr 2022. BBSR-Online-Publikation Nr. 53 (online verfügbar).
Neben der Berechnung und Dokumentation der Bauvolumina der vergangenen Jahre prognostiziert das DIW Berlin die entsprechenden Werte für das gerade abgelaufene, das laufende sowie das kommende Jahr. Diese Prognose (Kasten) ist eingebunden in die Konjunkturbeobachtung des DIW Berlin, insbesondere der Investitionstätigkeit. Zusätzlich zu den Einschätzungen der Bauinvestitionsentwicklung werden im Rahmen der Bauvolumenrechnung Prognosen der Entwicklungen von Neubau- und Bestandsvolumina im Hochbau sowie im Wohnungs- und Nichtwohnungsbau ausgewiesen.Vgl. Claus Michelsen und Martin Gornig (2016): Prognose der Bestandsmaßnahmen und Neubauleistungen im Wohnungsbau und im Nichtwohnungsbau. BBSR-Online-Publikation Nr. 7 (online verfügbar). Aus diesen Zahlen werden darüber hinaus die Entwicklungstendenzen des Bauhauptgewerbes und des Ausbaugewerbes abgeleitet.
Die Prognose des Bauvolumens erfolgt über indikatorengestützte statistische Modelle: Die zu prognostizierende Größe, beispielsweise das Wohnungsbauvolumen, wird auf einen autoregressiven Term und gleichlaufende sowie verzögerte Werte des jeweiligen Indikators, zum Beispiel Auftragseingänge, regressiert. Dabei werden die Bestands- und Neubauvolumina im Hochbau separat geschätzt.
Die Prognosegleichung nimmt die folgende Form an:
Die Prognose des Bauvolumens erfolgt über indikatorengestützte statistische Modelle: Die zu prognostizierende Größe, beispielsweise das Wohnungsbauvolumen, wird auf einen autoregressiven Term und gleichlaufende sowie verzögerte Werte des jeweiligen Indikators, zum Beispiel Auftragseingänge, regressiert. Dabei werden die Bestands- und Neubauvolumina im Hochbau separat geschätzt.
Die Prognosegleichung nimmt die folgende Form an:
Hierbei steht yt für den zu prognostizierenden Wert, xt für den Indikator und εt für den statistischen Störterm. Die Parameter α, βi und γj werden geschätzt. Die Verzögerungslängen n und m (Jahre) werden anhand der Autokorrelations- beziehungsweise der Kreiskorrelationsfunktion bestimmt. Bewährt hat sich der Ansatz, eine Vielzahl einzelner Modelle zu schätzen und den durchschnittlichen Wert für die Prognose zu verwenden. Für die einzelnen Reihen werden jeweils bis zu 1500 Modelle geschätzt. Als geeignete Indikatoren haben sich Baugenehmigungen, Auftragseingänge und -bestand, Produktion, Zinsen, Kreditvolumina, Beschäftigungs- und Umsatzentwicklung sowie Umfragen unter Bauunternehmen und freischaffenden Architekt*innen erwiesen.Vgl. Michelsen und Gornig (2016), a.a.O.
Auf dieser Grundlage kann für alle Aggregate eine Prognose mit einem Vorlauf von bis zu zwei Jahren erstellt werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass aufgrund des unterschiedlichen Vorlaufs der einzelnen Indikatoren die Zahl der zur Durchschnittsbildung zugrunde gelegten Punktschätzer mit zunehmender Prognosereichweite deutlich sinkt. Um der Prognose zusätzliche Stabilität zu geben, werden daher auch Erwartungen für die Beschäftigung und für das Bruttoinlandsprodukt für die Jahre 2023 bis 2025 als gleichlaufende Indikatoren in den Modellen berücksichtigt. Die Differenz zwischen Gesamt- und Hochbauvolumen ist die erwartete Tiefbauleistung.
Auch die Bauvolumenprognose für das vergangene Jahr wird mithilfe dieser Methodik ermittelt (Nowcast). Dabei werden die Indikatoren mithilfe statistischer Methoden fortgeschrieben, um Werte für das Jahr 2023 zu erhalten. Alle Modellergebnisse werden anhand der Prognose der Bauinvestitionen rationalisiert. Die Annahmen über die Baupreisentwicklung sind angelehnt an die letzte DIW-Konjunkturprognose vom Winter 2023Bönke et al. (2023), a.a.O. und eigene Berechnungen. Für jede Sparte werden die Prognosen angepasst.
Der Wohnungsbau hat drei schwierige Jahre hinter sich. Zu den enormen Preisanstiegen, die im Jahr 2021 durch Lieferengpässe und Materialmangel begannen und im Folgejahr durch die Energiekrise verschärft wurden, gesellten sich die Leitzinserhöhungen der EZB, die innerhalb kürzester Zeit auf die Zinsen für Wohnbaukredite durchschlugen: Zwischen dem Jahresende 2021 und Herbst 2023 stiegen die Zinsen von 1,3 auf mehr als vier Prozent – sie liegen nun so hoch wie zuletzt im Jahr 2011 (Abbildung 1). So sind die Finanzierungsbedingungen vor allem für private Haushalte aktuell kaum zu stemmen, sodass Projekte eingeschränkt, storniert oder gar nicht in Angriff genommen werden. Dies spiegelt sich auch in den Auftragseingängen, die bereits seit Beginn des Jahres 2022 abwärts tendieren und sich erst am aktuellen Rand stabilisieren konnten (Abbildung 2). Laut ifo-Institut klagt außerdem mittlerweile fast die Hälfte der Wohnungsbauunternehmen über einen Mangel an Aufträgen, gut ein Fünftel hat mit Auftragsstornierungen zu kämpfen.Pressemitteilung des ifo-Instituts vom 11. Dezember 2023: Düstere Perspektiven für den Wohnungsbau (online verfügbar). So ist auch der Auftragsbestand seit seinem Höchststand im Frühjahr 2022 deutlich zurückgegangen (Abbildung 3). Laut Herbstumfrage des Deutschen Baugewerbes erwarten 70 Prozent der Wohnungsbauunternehmen eine weitere Verschlechterung der Geschäftsentwicklung.Pressemitteilung des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes vom 6. Dezember 2023: Baukonjunktur 2023/2024: Zwischen Fachkräftemangel und Kurzarbeit (online verfügbar).
Auch für dieses Jahr sind die Aussichten kaum besser. Obwohl die Preisdynamik im vergangenen Jahr deutlich abgenommen hat, bleibt das Niveau weiterhin hoch. Hinzu kommt der allgemeine Kaufkraftverlust der Haushalte durch die stark gestiegenen Verbraucherpreise, die die Lohnentwicklung bis zuletzt nicht ausgleichen konnte. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Einkommen sowie der Wirtschaftsleistung insgesamt dürfte die Wohnungsbauinvestitionen zusätzlich dämpfen. Daran ändert auch der ungebrochen hohe Bedarf an (bezahlbarem) Wohnraum – vor allem in den Ballungsräumen – kaum etwas. So fehlen laut Studien der Hans-Böckler-Stiftung sowie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) möglicherweise Millionen Sozialwohnungen in deutschen Großstädten.Lukas Jonas, Carolin Martin und Thomas Theobald (2023): Mehr öffentlicher Wohnungsbau zum Erhalt der Kapazitäten? IMK Policy Brief Nr. 155 (online verfügbar).
Die Baupreise dürften nach drei Jahren enormer Anstiege im Jahr 2024 zurückgehen: Durch die schwindende Nachfrage ist die Kapazitätsauslastung zuletzt deutlich gesunken und lag im Hochbau zum Jahresende 2023 unterhalb der 70-Prozent-Marke (Abbildung 4). Dies mindert zusammen mit nachlassenden Materialpreisen den Preisdruck. Auch die Preiserwartungen der Bauunternehmen weisen auf Rückgänge der Baupreise hin. Entsprechend dürften die spürbaren Lohnkostensteigerungen, die nach den Tarifverhandlungen zu erwarten sind, auf Kosten der Unternehmensgewinne gehen.
Derweil ist im Frühsommer eine Trendwende bei den Zinsen zu erwarten; Marktakteure rechnen damit, dass die EZB dann die ersten Zinssenkungen vornimmt.Timm Bönke et al. (2023): DIW-Konjunkturprognose: Aussichten reichen von wolkig bis heiter. DIW Wochenbericht Nr. 50, 703–742 (online verfügbar). Somit dürften sich die Finanzierungsbedingungen insgesamt in diesem Jahr etwas entspannen. Dem weiterhin hohen Zinsniveau werden die Preisrückgänge wohl jedoch nicht in vollem Umfang entgegenwirken können.
Alles in allem hat das nominale Wohnungsbauvolumen im vergangenen Jahr wohl noch um 5,5 Prozent zugelegt (Tabelle 1). Die Baupreisinflation dürfte diesen Anstieg jedoch komplett geschluckt haben, sodass real ein Rückgang von 2,3 Prozent zu Buche steht. In diesem Jahr wird das Wohnungsbauvolumen trotz sinkender Preise sowohl nominal (−5,4 Prozent) als auch real (−3,4 Prozent) wohl deutlich zurückgehen. Im Jahr 2025 ist ein weiterer leichter nominaler Rückgang um 0,4 Prozent zu erwarten (Abbildung 5). Da die Preise auch dann noch sinken dürften, ergibt sich ein realer Zuwachs von 0,4 Prozent.
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
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In jeweiligen Preisen in Milliarden Euro | Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent | ||||||||||||||||||
Neubauvolumen1 | 62,8 | 67,2 | 71,7 | 75,4 | 79,2 | 85,6 | 93,4 | 95,2 | 87,2 | 86,7 | 7,1 | 6,6 | 5,1 | 5,0 | 8,1 | 9,2 | 1,9 | −8,4 | −0,6 |
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 | 136,3 | 143,2 | 153,1 | 165,5 | 173,5 | 189,1 | 213,7 | 228,6 | 219,2 | 218,6 | 5,0 | 6,9 | 8,1 | 4,8 | 9,0 | 13,0 | 7,0 | −4,1 | −0,3 |
Wohnungsbauvolumen insgesamt | 199,1 | 210,4 | 224,8 | 240,9 | 252,7 | 274,7 | 307,1 | 323,8 | 306,4 | 305,3 | 5,7 | 6,8 | 7,2 | 4,9 | 8,7 | 11,8 | 5,5 | −5,4 | −0,4 |
Anteile in Prozent | |||||||||||||||||||
Neubauvolumen1 | 31,5 | 32,0 | 31,9 | 31,3 | 31,3 | 31,1 | 30,4 | 29,4 | 28,5 | 28,4 | |||||||||
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 | 68,5 | 68,0 | 68,1 | 68,7 | 68,7 | 68,9 | 69,6 | 70,6 | 71,5 | 71,6 | |||||||||
Wohnungsbauvolumen insgesamt | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | |||||||||
Index 2015 = 100 | |||||||||||||||||||
Preisentwicklung | 102,1 | 105,4 | 110,3 | 115,2 | 117,3 | 127,3 | 145,7 | 156,9 | 153,9 | 152,7 | 3,3 | 4,6 | 4,5 | 1,8 | 8,5 | 14,4 | 7,7 | −2,0 | −0,8 |
Real, Kettenindex 2015 = 100 | |||||||||||||||||||
Neubauvolumen1 | 109,2 | 113,3 | 115,6 | 116,4 | 120,1 | 119,5 | 113,3 | 106,7 | 99,9 | 100,1 | 3,8 | 2,0 | 0,7 | 3,2 | −0,5 | −5,2 | −5,8 | −6,5 | 0,2 |
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 | 101,7 | 103,5 | 105,9 | 109,8 | 113,1 | 113,6 | 112,0 | 111,2 | 108,8 | 109,3 | 1,7 | 2,4 | 3,6 | 3,0 | 0,5 | −1,4 | −0,7 | −2,2 | 0,5 |
Wohnungsbauvolumen insgesamt | 104,0 | 106,5 | 108,9 | 111,8 | 115,2 | 115,4 | 112,4 | 109,8 | 106,1 | 106,5 | 2,4 | 2,3 | 2,7 | 3,1 | 0,2 | −2,6 | −2,3 | −3,4 | 0,4 |
1 Geschätzt über veranschlagte Baukosten (Bautätigkeitsstatistik), ergänzt um Zuschläge für Architekturleistungen und Gebühren, Außenanlagen und Eigenleistungen der Investoren.
2 Gebäude- und Wohnungsmodernisierung (einschließlich Um- und Ausbaumaßnahmen) sowie Instandsetzungsleistungen des Baugewerbes.
Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.
Die Probleme des Wohnungsbaus betreffen insbesondere den Neubau – dabei dürften die schwierigen Finanzierungsbedingungen die entscheidende Rolle spielen und Neubauvorhaben für einen großen Teil der Haushalte unrealisierbar machen. Die Baugenehmigungen sind seit Jahresbeginn 2022 regelrecht eingebrochen: Im Herbst 2023 lagen sie knapp 40 Prozent unter den Höchstwerten der Jahre 2021/22 (Abbildung 6). Dazu kommt eine hohe Zahl an Wohnungen, die genehmigt, aber noch nicht begonnen wurden, da sich die Finanzierung vielerorts nicht mehr rechnet. Dies dürfte sich in den kommenden Jahren erheblich in der Neubautätigkeit niederschlagen, wenn noch bestehende Aufträge zunehmend abgearbeitet und immer weniger neue Projekte angestoßen werden. So meldet beispielsweise der Verband der Wohnungswirtschaft Deutschland (GdW) bereits jetzt, dass viele Wohnungsunternehmen einen Teil ihrer Projekte einstampfen müssen oder derzeit gar keine Wohnungen mehr errichten können.Pressemitteilung der Wohnungswirtschaft Deutschland (GdW) vom 29. November 2023: Wohnungsbau im freien Fall – Regierung muss jetzt Schluss machen mit „aber“ und „wird schon“ (online verfügbar).
Im Dezember 2023 hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) außerdem überraschend die Antragstellung für das Förderprogramm „Klimafreundlicher Neubau“ gestoppt, da die Mittel für die Förderung ausgeschöpft sind. Obwohl bereits genehmigte Anträge abgesichert sind und die Antragstellung zu Beginn dieses Jahres wieder möglich sein soll, dürfte dieser Schritt private Haushalte davon abhalten, in den Neubau zu investieren, und die Neubautätigkeit zusätzlich verringern.
Die erschwerten Finanzierungsbedingungen konnten bis jetzt wohl auch kaum durch die Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau ausgeglichen werden, die zum Januar 2023 wieder aktiviert wurde. Die Regelung erlaubt, über vier Jahre bis zu fünf Prozent pro Jahr an Anschaffungs- und Herstellungskosten abzuschreiben, wenn das genehmigte Gebäude bestimmten Nachhaltigkeitskriterien („Effizienzhaus 40 – EH40“) entspricht. Außerdem wurde zum gleichen Zeitpunkt der lineare Abschreibungssatz von zwei auf drei Prozent angehoben. Seit dem Oktober des vergangenen Jahres werden diese Bestimmungen durch die zusätzliche Möglichkeit der degressiven Abschreibung um sechs Prozent ergänzt, die auch für Gebäude der niedrigeren Effizienzklasse „EH55“ zulässig ist.Vgl. auf der Website des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) die Maßnahmen der Bundesregierung für zusätzliche Investitionen in den Bau von bezahlbarem und klimagerechtem Wohnraum und zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft (online verfügbar). Mit fallenden Zinsen und sinkenden Preisen dürften diese Maßnahmen ab der zweiten Jahreshälfte 2024 mehr Wirkung entfalten und die Neubautätigkeit stimulieren.
Dennoch dürfte der Wohnungsneubau in nominaler Rechnung im laufenden Jahr wohl um 8,4 Prozent einbrechen und sich auch im kommenden Jahr nicht erholen (−0,6 Prozent). Preisbereinigt ergeben sich ein Rückgang von 6,5 Prozent für 2024 sowie ein leichter Zuwachs von 0,2 Prozent im Jahr 2025.
Die solide Entwicklung der Bestandsleistungen dürfte die Wohnungsbautätigkeit im vergangenen Jahr gestützt haben. Wegen der gestiegenen Kosten sind vermutlich zwar einige Sanierungsvorhaben gekürzt oder gestrichen worden (bei Bestandsmaßnahmen ist dies schneller und unkomplizierter möglich als bei Neubauprojekten). Aber die Rückgänge im Neubau dürften gleichzeitig wieder vermehrt Handwerkskapazitäten für Bestandsmaßnahmen freigesetzt haben, was diese wiederum realisierbarer macht.
Gleichzeitig dürften Bestandsmaßnahmen insgesamt deutlich weniger von den steigenden Finanzierungskosten betroffen sein: Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen sind deutlich kleinteiliger als der Wohnungsneubau, sodass das Eigenkapital der Haushalte häufiger ausreicht, die Kosten zu finanzieren.Christian Blanke und Katrin Klarhöfer (2022): Bestandsinvestitionen 2020: Struktur der Investitionstätigkeit in den Wohnungs- und Nichtwohnungsbeständen. BBSR Online-Publikation Nr. 39 (online verfügbar). Lediglich der höhere Anreiz, das Eigenkapital zu sparen, muss dabei berücksichtigt werden. Allerdings lohnt Sparen nur bedingt: Die Habenzinsen für längerfristige Anlagen sind derzeit nur halb so hoch wie der Hypothekenzins für Kredite mit zehnjähriger Laufzeit.
Dass Haushalte vermehrt auf Bestandsmaßnahmen ausweichen, zeigt sich auch in den Kosten für genehmigte Bauvorhaben: Zum Jahresbeginn 2022 befanden sich die Kosten für Neubau und Bestandsleistungen noch auf einem ähnlichen Niveau. Während sie sich im Neubau seitdem fast halbiert haben, hielten sich die Genehmigungszahlen und Baukosten für Bestandsmaßnahmen bis an den aktuellen Rand nahezu konstant (Abbildung 7).
Dabei dürften Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz weiterhin eine zentrale Rolle spielen: Die Energiepreise sind trotz der Rückgänge im vergangenen Jahr weiterhin hoch und dürften wieder etwas steigen, da die Bundesregierung im Dezember in Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Nachtragshaushaltsgesetz 2021 einen zusätzlichen Anstieg des CO2-Preises beschlossen hat.Statt der ursprünglich geplanten 40 Euro pro Tonne kostet seit 1. Januar 2024 Kohlendioxid (CO2) 45 Euro pro Tonne. 2023 lag der Preis noch bei 30 Euro pro Tonne. Dies steigert die Anreize, in energetische Sanierungen zu investieren.
Allerdings ist die öffentliche Förderung für Maßnahmen zur energetischen Gebäudesanierung momentan noch unklar. So waren im Klima- und Transformationsfonds (KTF) allein für das Jahr 2024 rund 19 Milliarden Euro für Energieeffizienzförderung im Gebäudesektor vorgesehen. Zwar hat die Bundesregierung diese Förderung direkt im Anschluss an die Verkündung des BVerfG-Urteils zugesagt. Aktuell ist die Antragstellung bei der KfW aber noch unterbrochen. So dürfte die Entwicklung der Bestandsleistungen ebenfalls ausgebremst oder zumindest verzögert werden.
Insgesamt ergibt sich für die Maßnahmen an bestehenden Gebäuden in diesem Jahr mit minus 4,1 Prozent ein weniger deutlicher Rückgang als bei den Neubauten. Für das kommende Jahr ist ein weiterer leichter Rückgang um 0,3 Prozent zu erwarten. Preisbereinigt ergibt sich für dieses Jahr ein Minus von 2,2 und für das Jahr 2025 ein Plus von 0,5 Prozent.
Der Nichtwohnungsbau lief im vergangenen Jahr stabiler als der Wohnungsbau. Die erschwerten Finanzierungsbedingungen dürften sich bei den Unternehmen nicht so stark niedergeschlagen haben wie bei den Haushalten. Zwar gingen die Auftragseingänge, sowohl im öffentlichen als auch im Wirtschaftshochbau, im Jahresverlauf etwas zurück, am aktuellen Rand legten sie aber dank mehrerer Großprojekte wieder zu (Abbildung 2). Der Auftragsbestand liegt damit weiterhin auf Rekordniveau (Abbildung 3).
Dennoch trüben die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die hohen Zinsen die Aussichten im Wirtschaftsbau. Das weltwirtschaftliche Umfeld entwickelte sich zuletzt wenig dynamisch, die deutschen Exporte gingen im Jahr 2023 merklich zurück. Auch die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands ist, nicht zuletzt durch das Urteil des BVerfG und trotz der geplanten Ausgleichsmaßnahmen, weiterhin unsicher und wird Exporte wie Investitionen im laufenden Jahr wohl dämpfen.Bönke et al. (2023), a.a.O. Dies dürfte Unternehmen davon abhalten, massiv in den Ausbau von Kapazitäten, zum Beispiel durch den Bau neuer Werkstätten und Lagergebäude, zu investieren.
Im Jahr 2023 stieg der Nichtwohnungsbau nominal wohl um 5,1 Prozent. Preisbereinigt ging er aber um 0,9 Prozent zurück. In diesem Jahr dürfte sich die Entwicklung umkehren – hier ist ein nominales Minus von drei Prozent zu erwarten, das durch die sinkenden Preise zu einem realen Minus von knapp einem Prozent wird. Im Jahr 2025 dürfte das Nichtwohnungsbauvolumen nominal um 1,2 und preisbereinigt um 2,5 Prozent ausgeweitet werden (Tabelle 2).
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
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In jeweiligen Preisen in Milliarden Euro | Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent | ||||||||||||||||||
Neubauvolumen1 | 35,3 | 38,1 | 41,7 | 45,0 | 46,8 | 50,2 | 57,3 | 59,5 | 57,0 | 57,8 | 8,0 | 9,3 | 8,0 | 4,0 | 7,2 | 14,1 | 3,8 | −4,2 | 1,4 |
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 | 56,5 | 57,8 | 59,7 | 60,8 | 61,4 | 65,3 | 72,7 | 77,1 | 75,6 | 76,4 | 2,4 | 3,3 | 1,9 | 0,9 | 6,4 | 11,3 | 6,1 | −2,0 | 1,1 |
Bauvolumen Nichtwohngebäude insgesamt3 | 91,8 | 95,9 | 101,4 | 105,8 | 108,2 | 115,5 | 130,0 | 136,6 | 132,6 | 134,2 | 4,5 | 5,7 | 4,4 | 2,2 | 6,8 | 12,5 | 5,1 | −3,0 | 1,2 |
Anteile in Prozent | |||||||||||||||||||
Neubauvolumen1 | 38,5 | 39,7 | 41,1 | 42,5 | 43,3 | 43,4 | 44,1 | 43,5 | 43,0 | 43,1 | |||||||||
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 | 61,5 | 60,3 | 58,9 | 57,5 | 56,7 | 56,6 | 55,9 | 56,5 | 57,0 | 56,9 | |||||||||
Bauvolumen Nichtwohngebäude insgesamt3 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | |||||||||
Index 2015 = 100 | |||||||||||||||||||
Preisentwicklung | 101,9 | 105,6 | 110,5 | 114,6 | 116,9 | 126,6 | 145,7 | 154,5 | 151,3 | 149,4 | 3,7 | 4,6 | 3,7 | 2,0 | 8,4 | 15,1 | 6,0 | −2,1 | −1,3 |
Real, Kettenindex 2015 = 100 | |||||||||||||||||||
Neubauvolumen1 | 108,8 | 113,5 | 118,9 | 124,0 | 126,5 | 124,6 | 123,4 | 120,7 | 118,2 | 121,3 | 4,4 | 4,7 | 4,3 | 2,0 | −1,5 | −1,0 | −2,2 | −2,1 | 2,7 |
Bauleistung an bestehenden Gebäuden2 | 95,5 | 94,3 | 93,0 | 91,3 | 90,4 | 88,3 | 84,9 | 85,0 | 85,0 | 87,1 | −1,3 | −1,3 | −1,9 | −1,0 | −2,3 | −3,8 | 0,1 | 0,1 | 2,4 |
Bauvolumen Nichtwohngebäude insgesamt3 | 100,2 | 101,1 | 102,1 | 102,8 | 103,0 | 101,1 | 98,5 | 97,6 | 96,7 | 99,1 | 0,9 | 1,0 | 0,6 | 0,2 | −1,9 | −2,6 | −0,9 | −0,9 | 2,5 |
1 Einschließlich landwirtschaftlicher Betriebsgebäude.
2 Einschließlich übriger nichtlandwirtschaftlicher Betriebsgebäude.
3 Bauvolumen im gewerblichen und öffentlichen Hochbau.
Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.
Die Nachfrage nach neuen gewerblichen Hochbauten wird durch die schwache konjunkturelle Entwicklung gebremst, die Investitionen in neue Gebäude für Unternehmen meist nicht sinnvoll erscheinen lässt. Darüber hinaus dämpft die Möglichkeit zur Heimarbeit seit der Corona-Pandemie den Bedarf an Bürogebäuden: Im Jahr 2022 (letzte verfügbare Statistik) arbeitete knapp ein Viertel aller Erwerbstätigen temporär im Homeoffice, und dieser Anteil dürfte auch im vergangenen Jahr nicht wesentlich zurückgegangen sein. So ist auch die Zahl der Baugenehmigungen für Büro- und Verwaltungsgebäude seit 2020 kontinuierlich gesunken (Abbildung 6). Für die weitere Entwicklung sind hier kaum Impulse zu erwarten.
Bei den öffentlichen Bauvorhaben stabilisierten zuletzt einige Großprojekte die Auftragslage; der Auftragsbestand legte hier deutlich zu (Abbildung 3). Dabei dürften nun nach und nach Investitionsmittel, die in den vergangenen Jahren angelegt wurden, in Projektbudgets umgesetzt werden. Sinkende Baupreise begünstigen diese Entwicklung. Daher ist für dieses und das kommende Jahr mit positiven Impulsen aus dem öffentlichen Bau zu rechnen.
Insgesamt dürfte die Neubautätigkeit im Nichtwohnungshochbau im Jahr 2024 um 4,2 Prozent in nominaler Rechnung abnehmen und im Jahr 2025 um 1,4 Prozent ausgeweitet werden. Preisbereinigt ergeben sich für dieses Jahr ein Rückgang um 2,1 sowie ein Plus von 2,7 Prozent im kommenden Jahr.
Bauleistungen an bestehenden Nichtwohngebäuden haben in den vergangenen Jahren etwas an Bedeutung verloren: Ihr Anteil am gesamten Bauvolumen ging zwischen 2016 und 2022 kontinuierlich zurück (Tabelle 2), vor allem, da das Neubauvolumen kräftig zulegte. Im Jahr 2023 dürfte sich diese Entwicklung umgekehrt haben: Die deutlich gestiegenen Energiekosten verstärken die Anreize, energetisch zu sanieren. Dies dürfte bei dem kräftigen Anstieg der Bestandsmaßnahmen eine entscheidende Rolle gespielt haben.
Die Anreize bleiben auch im laufenden Jahr bestehen und dürften die Bestandsmaßnahmen weiterhin stützen. Vor allem im öffentlichen Bereich ist darüber hinaus immer noch eine hohe Investitionslücke zu verzeichnen: Zwar stiegen die geplanten und getätigten Investitionen in den vergangenen Jahren nominal sukzessive an, wobei Investitionen in Schulgebäude und sonstige Betreuungseinrichtungen im Vordergrund standen. Insgesamt blieben die realisierten Vorhaben jedoch weiterhin deutlich hinter den geplanten Budgets zurück.Christian Raffer und Henrik Scheller (2023): KfW-Kommunalpanel 2023. KfW Research (online verfügbar). Hier ist daher noch viel Potenzial für eine Ausweitung der Baumaßnahmen vorhanden.
Die Bestandsmaßnahmen dürften in diesem Jahr nominal um zwei Prozent sinken und im kommenden Jahr um gut ein Prozent zunehmen. Aufgrund der abnehmenden Preise ergeben sich preisbereinigte Zuwächse von 0,1 Prozent für 2024 und 2,4 Prozent für 2025.
Die Aktivität im Tiefbau hat das Bauvolumen bereits im vergangenen Jahr stabilisiert. Während die Bauproduktion im Hochbau rückläufig war, folgte sie im Tiefbau weiterhin einem Aufwärtstrend (Abbildung 8). Auch die Kapazitätsauslastung ging im Tief- verglichen zum Hochbau weniger deutlich zurück (Abbildung 4).
Im aktuellen und kommenden Jahr dürfte der Tiefbau weiter ausgeweitet werden, denn der Bedarf an Infrastrukturausbau bleibt hoch. Vor allem von Seiten gewerblicher Investoren sind dabei kräftige Impulse zu erwarten. Schon jetzt deuten die Neuaufträge auf deutliche Zuwächse hin (Abbildung 2): Im Wirtschaftstiefbau lagen die Auftragseingänge bis zum Herbst 2023 nominal fast 30 Prozent über dem Vorjahresniveau – hier dürften Großaufträge der Bahn ausschlaggebend sein, wo massiv in das Schienennetz investiert wird. Dies wird sich in diesem und im nächsten Jahr wohl fortsetzen, auch weil die für die Bahninfrastruktur vorgesehenen Mittel aus dem KTF gesichert zu sein scheinen. Dazu kommen Investitionen für die Mobilitäts- und Energiewende. Im Straßenbau, der zum öffentlichen Bau zählt, zeigt der Trend der Auftragseingänge ebenfalls nach oben, allerdings mit deutlich schwächerer Dynamik. Im Auftragsbestand zeigt sich ein ähnliches Bild (Abbildung 3).
So dürfte der Tiefbau nach einem Plus im Jahr 2023 von nominal 9,5 Prozent (real: 2,6 Prozent) im laufenden Jahr um 1,8 (real: 3,6) Prozent zulegen. Auch im kommenden Jahr dürfte das Tiefbauvolumen noch mal um 2,3 (real: 3,3 Prozent) ausgeweitet werden (Tabelle 3).
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
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In jeweiligen Preisen in Milliarden Euro | Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent | ||||||||||||||||||
Gewerblicher Tiefbau | 30,3 | 32,9 | 35,0 | 37,2 | 39,2 | 43,2 | 50,7 | 56,2 | 58,0 | 59,6 | 8,6 | 6,4 | 6,1 | 5,6 | 10,1 | 17,4 | 10,9 | 3,1 | 2,8 |
Öffentlicher Tiefbau | 28,5 | 30,9 | 34,4 | 36,5 | 37,7 | 38,7 | 45,1 | 48,7 | 48,8 | 49,6 | 8,4 | 11,5 | 6,0 | 3,2 | 2,9 | 16,5 | 7,9 | 0,2 | 1,7 |
Bauvolumen Tiefbau | 58,8 | 63,8 | 69,5 | 73,7 | 76,9 | 81,9 | 95,8 | 104,9 | 106,8 | 109,2 | 8,5 | 8,9 | 6,1 | 4,4 | 6,6 | 16,9 | 9,5 | 1,8 | 2,3 |
Anteile in Prozent | |||||||||||||||||||
Gewerblicher Tiefbau | 51,5 | 51,6 | 50,4 | 50,5 | 51,0 | 52,7 | 52,9 | 53,6 | 54,3 | 54,6 | |||||||||
Öffentlicher Tiefbau | 48,5 | 48,4 | 49,6 | 49,5 | 49,0 | 47,3 | 47,1 | 46,4 | 45,7 | 45,4 | |||||||||
Bauvolumen Tiefbau | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | 100,0 | |||||||||
Index 2015 = 100 | |||||||||||||||||||
Preisentwicklung1 | 101,6 | 106,3 | 113,0 | 118,2 | 119,9 | 127,6 | 149,1 | 159,3 | 156,4 | 154,8 | 4,6 | 6,4 | 4,6 | 1,5 | 6,4 | 16,8 | 6,9 | −1,8 | −1,0 |
Real, Kettenindex 2015 = 100 | |||||||||||||||||||
Gewerblicher Tiefbau | 101,1 | 105,2 | 105,7 | 108,1 | 112,0 | 115,2 | 115,2 | 121,6 | 128,3 | 133,8 | 4,0 | 0,4 | 2,3 | 3,6 | 2,9 | −0,1 | 5,6 | 5,5 | 4,3 |
Öffentlicher Tiefbau | 102,4 | 106,3 | 111,3 | 112,0 | 114,5 | 111,2 | 111,6 | 110,6 | 112,1 | 114,5 | 3,8 | 4,8 | 0,6 | 2,3 | −2,9 | 0,3 | −0,9 | 1,4 | 2,1 |
Bauvolumen Tiefbau | 101,8 | 105,7 | 108,4 | 110,0 | 113,2 | 113,4 | 113,5 | 116,5 | 120,6 | 124,6 | 3,9 | 2,5 | 1,4 | 2,9 | 0,2 | 0,1 | 2,6 | 3,6 | 3,3 |
1 Da keine detaillierten Informationen für die Preisentwicklung im Tiefbau zur Verfügung stehen, werden für Tief- und Nichtwohnhochbau die gleichen Preisveränderungen angenommen.
Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.
Das reale Bauvolumen wird 2024 wohl das dritte Jahr in Folge schrumpfen. Nach Rückgängen von 2,2 Prozent im Jahr 2022 und etwas über einem Prozent im Jahr 2023 dürfte das Bauvolumen in diesem Jahr preisbereinigt um 1,5 Prozent sinken. Erst für 2025 kann wieder mit einem realen Zuwachs des Bauvolumens gerechnet werden (Tabelle 4).
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | 2024 | 2025 | |
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In jeweiligen Preisen in Milliarden Euro | Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent | ||||||||||||||
Bauvolumen insgesamt | 395,7 | 420,4 | 437,8 | 472,2 | 532,9 | 565,3 | 545,8 | 548,7 | 6,3 | 4,1 | 7,8 | 12,9 | 6,1 | −3,5 | 0,5 |
Wohnungsbau | 224,8 | 240,9 | 252,7 | 274,7 | 307,1 | 323,8 | 306,4 | 305,3 | 7,2 | 4,9 | 8,7 | 11,8 | 5,5 | −5,4 | −0,4 |
Wirtschaftsbau | 116,3 | 122,0 | 124,8 | 135,1 | 154,4 | 162,5 | 159,2 | 161,6 | 4,9 | 2,3 | 8,2 | 14,3 | 5,2 | −2,0 | 1,5 |
Öffentlicher Bau | 54,6 | 57,5 | 60,3 | 62,4 | 71,5 | 79,0 | 80,1 | 81,8 | 5,4 | 4,9 | 3,5 | 14,5 | 10,6 | 1,4 | 2,1 |
Index 2015= 100 | |||||||||||||||
Preisentwicklung | 110,8 | 115,6 | 117,7 | 127,3 | 146,5 | 156,9 | 153,9 | 152,4 | 4,3 | 1,8 | 8,2 | 15,1 | 7,1 | −2,0 | −0,9 |
Real, Kettenindex 2015 = 100 | |||||||||||||||
Bauvolumen insgesamt | 107,0 | 109,1 | 111,6 | 111,2 | 108,8 | 107,6 | 106,0 | 107,6 | 2,0 | 2,3 | −0,3 | −2,2 | −1,1 | −1,5 | 1,5 |
Nach Baubereichen | |||||||||||||||
Wohnungsbau | 108,9 | 111,8 | 115,2 | 115,4 | 112,4 | 109,8 | 106,1 | 106,5 | 2,7 | 3,1 | 0,2 | −2,6 | −2,3 | −3,4 | 0,4 |
Wirtschaftsbau | 103,3 | 104,6 | 104,9 | 104,8 | 102,7 | 102,7 | 103,1 | 106,2 | 1,2 | 0,3 | −0,1 | −2,0 | 0,0 | 0,3 | 3,0 |
Öffentlicher Bau | 107,5 | 108,0 | 112,0 | 108,3 | 107,3 | 109,3 | 112,1 | 114,9 | 0,5 | 3,7 | −3,2 | −1,0 | 1,9 | 2,5 | 2,5 |
Nach Produzentengruppen | |||||||||||||||
Bauhauptgewerbe | 111,0 | 114,0 | 117,9 | 116,1 | 115,2 | 114,7 | 114,2 | 116,4 | 2,7 | 3,4 | −1,5 | −0,8 | −0,4 | −0,5 | 1,9 |
Ausbaugewerbe | 104,1 | 104,9 | 107,2 | 106,3 | 103,5 | 101,7 | 99,2 | 100,1 | 0,7 | 2,2 | −0,9 | −2,7 | −1,7 | −2,5 | 0,9 |
Sonstige Bauleistungen | 110,2 | 112,6 | 114,2 | 114,8 | 112,7 | 111,5 | 109,8 | 111,6 | 2,2 | 1,4 | 0,6 | −1,8 | −1,1 | −1,5 | 1,6 |
Quellen: Statistisches Bundesamt; DIW Bauvolumenrechnung.
Die Baukonjunktur ist dabei allerdings gespalten. Den teils drastischen Rückgängen im Wohnungsneubau stehen recht ordentliche Zuwächse im Tiefbau entgegen. Auch manche Sparten des Hochbaus wie die Dachdecker*innen oder die Gebäudedämmung blicken im Zuge verstärkter energetischer Sanierung positiv ins neue Jahr.
In der Summe dürfte das reale Bauvolumen des Bauhauptgewerbes 2023 und 2024 nur wenig zurückgehen. Im Jahr 2025 ist sogar mit einem deutlichen Zuwachs von fast zwei Prozent zu rechnen. Das Ausbaugewerbe wird die Rückgänge im Wohnungsbau weiter massiv spüren. In diesem Jahr dürfte das reale Bauvolumen bei der Bauinstallation und dem sonstigen Ausbau nochmal 2,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen. Auch bei den sonstigen Bauleistungen wie den Architekturbüros wirkt sich insbesondere der schwache Wohnungsneubau negativ aus. Das reale Bauvolumen wird im Ausbaugewerbe 2024 wohl sogar das vierte Jahr in Folge schrumpfen. Wie in den anderen Bausparten dürfte sich im kommenden Jahr aber das Konjunkturbild aufhellen.
Die Bauleistungen werden auch in diesem Jahr noch schrumpfen. Erst im Jahr 2025 kann wieder mit spürbaren Zuwächsen des realen Bauvolumens gerechnet werden. Auf viele Bauunternehmen kommen dennoch große Herausforderungen zu. Die unterschiedlichen Wachstumsaussichten der Bausparten erfordern große Umstrukturierungen im Angebotsprofil. Insbesondere wird es darauf ankommen, die im Wohnungsneubau freiwerdenden Kapazitäten in der energetischen Sanierung von privaten und öffentlichen Gebäuden zu nutzen. Teilweise können auch die Wachstumschancen im Tiefbau nur realisiert werden, wenn entsprechende Kapazitäten aus dem Hochbau genutzt werden.
Die Politik sollte die Umstrukturierung im Baugewerbe aktiv unterstützen. So könnten überbetriebliche Ausbildungs- und Umschulungskapazitäten ausgeweitet und gefördert werden. Entscheidend für den Erfolg der innerbetrieblichen Umstrukturierungen wird es in vielen Fällen sein, in dieser Phase Lohnersatzleistungen aus dem Kurzarbeitergeld zu beziehen.
Großen politischen Handlungsdruck löst weiterhin der anhaltende Rückgang im Wohnungsneubau aus. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen wird angesichts schrumpfender Neubauinvestitionen in den nächsten Jahren nicht steigen. Die Zielmarke von 400000 neuen Wohnungen jährlich rückt damit immer mehr in die Ferne. Unter anderem als Reaktion auf die zu geringen Fertigstellungszahlen hat die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket beschlossen, das den Bau bezahlbarer und klimagerechter Wohnungen anreizen und die Bau- und Immobilienwirtschaft wirtschaftlich stabilisieren soll.Vgl. Website des BMWSB.
Erste Bewertungen insbesondere der steuerlichen Förderung durch eine verstärkte degressive Abschreibung weisen aber darauf hin, dass kurz- bis mittelfristig keine gravierende Erhöhung der Zahl neu errichteter Wohnungen zu erwarten ist.Claus Michelsen, Simon Junker und Ferdinand Fichtner (2023): Simulation des Wachstumschancengesetzes: Richtung stimmt, Effekte zu gering. Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. Berlin. Economic Policy Brief Nr. 9 (online verfügbar). Umso mehr sollte weniger die Gesamtzahl der neu errichteten Wohneinheiten im Fokus stehen. Da das größte Missverhältnis zwischen hoher Wohnungsnachfrage und geringem Wohnungsangebot in Ballungsräumen besteht, sollte vielmehr die dortige Schaffung von Wohnraum im unteren Preissegment Priorität haben. Gerade in den Ballungsräumen kann die seit Jahren diskutierte Nachverdichtung im Bestand die Mangellage verringern. Diese ist kalkulatorisch kostengünstiger, als auf neu erschlossenen und teuren Flächen Wohnraum zu schaffen. Ferner gibt es im Bereich der Aufstockung von Gebäuden mittlerweile kostengünstige Konzepte.
Große Verunsicherung herrscht derzeit darüber, wie sich das BVerfG-Urteil auf die Förderung der Bautätigkeit sowie die längerfristige Finanzierung der klimaneutralen Transformation auswirken wird. Während sich beim Tiefbau klare Verabredungen mit den Bundesunternehmen abzeichnen, besteht insbesondere Unsicherheit darüber, wie die Förderung der energetischen Gebäudesanierung und des Wohnungsneubaus umgesetzt wird. Die Politik ist aufgefordert, hier schnell verbindliche Regelungen auch gerade gegenüber der Förderbank KfW umzusetzen, damit die dortige Förderung weitergehen kann.
Themen: Konjunktur, Immobilien und Wohnen
JEL-Classification: E32;E66
Keywords: Construction industry, residential construction, public infrastructure, economic outlook
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2024-1-1
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/281208