DIW Wochenbericht 1/2 / 2024, S. 15
Laura Pagenhardt, Erich Wittenberg
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Frau Pagenhardt, das Jahr 2023 war von Krisen geprägt. Das allgemeine Preisniveau ist weiterhin hoch, zudem muss im Bundeshaushalt gespart werden. Wie hat sich die deutsche Bauwirtschaft unter diesen Bedingungen geschlagen? In der Bauwirtschaft sehen wir leider auch ziemlich viele Probleme. In den letzten Jahren sah das oberflächlich eigentlich noch ganz gut aus Der Bau konnte nominal stark zulegen. Das war zwar auch 2023 noch der Fall, aber überzeichnet durch die enormen Preisanstiege. Der Preisanstieg im Bau hat die Verbraucherpreisinflation noch überstiegen. Tatsächlich ist der Bau um die Preisanstiege bereinigt – also real – in den letzten drei Jahren zurückgegangen. Das dürfte sich auch in diesem Jahr nominal niederschlagen, denn zu den hohen Preisen, die wir schon seit längerem beobachten, gesellt sich jetzt ein sehr hohes Zinsniveau. Das sorgt neben den realen Rückgängen auch für nominale Rückgänge.
Wie wirkt sich das auf die Lage beim Wohnungsbau aus? Den Wohnungsbau trifft die aktuelle Krise wie auch schon in den vergangenen Jahren am stärksten. Die Europäische Zentralbank hat über die vergangenen zwei Jahre die Zinsen enorm angehoben, was auch die Wohnungsbaukreditzinsen steigen ließ. Dadurch sind vor allem Neubauten immer schwerer zu finanzieren und zu realisieren. Auch wenn wir für das aktuelle Jahr Preisrückgänge erwarten und ab der Mitte des Jahres die Zinsen leicht sinken dürften, wird das kaum für Impulse sorgen.
Inwieweit können da energetische Sanierungen für einen Schub sorgen? Wir gehen davon aus, dass die energetischen Sanierungen weniger schwach laufen als der Wohnungsneubau. Allerdings ist auch hier kein Zuwachs zu erwarten, sie dürften lediglich weniger stark zurückgehen. Gerade die privaten Haushalte dürften hier von Fördermitteln profitieren, die aus dem Klima- und Transformationsfonds zugesagt sind – trotz des Bundesverfassungsgerichtsurteils.
Wie sieht es im Tiefbau aus? Beim Tiefbau, der vor allen Dingen durch den Wirtschaftsbau bestimmt ist, sehen wir ein anderes Bild. Während der gewerbliche Hochbau aus konjunkturellen Gründen auch ein bisschen leiden dürfte, profitiert der Tiefbau aktuell davon, dass sehr viel Infrastruktur ausgebaut wird. Dadurch dürfte sich der Tiefbau in den kommenden Jahren als einzige Bausparte positiv entwickeln und das Bauvolumen insgesamt etwas stützen.
Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung der deutschen Bauwirtschaft ein? Im laufenden Jahr 2024 dürfte sich die Bauwirtschaft kaum erholen und auch im kommenden Jahr 2025 ist kaum mit Besserung zu rechnen. Hier sehen wir weiterhin eine Zweiteilung: Während der Hochbau weiterhin schwach laufen dürfte, sind im Tiefbau mehr Impulse zu erwarten. Insgesamt ist allerdings dieses Jahr das schlechteste in unserer Prognose, im kommenden Jahr dürfte sich das wieder etwas erholen. Mit wirklich starken Zuwächsen ist allerdings auch dann nicht zu rechnen.
Was kann die Politik angesichts der leeren Kassen in dieser Situation tun? Zu allererst ist es sehr wichtig, dass die Politik Klarheit über die Förderprogramme schafft. Hier muss die Verunsicherung schnellstmöglich beseitigt werden. Dazu zählen die Förderprogramme in der energieeffizienten Gebäudesanierung ebenso wie im Tiefbau, aber eben auch im Wohnungsneubau. Wenn hier die Förderung wieder klarer wird, dürfte das auch helfen, dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken. Darüber hinaus hat die Politik aber auch die Möglichkeit, Bauunternehmen bei der Umstrukturierung zu unterstützen, denn hier werden Kapazitäten umgewidmet werden müssen.
>Themen: Konjunktur, Immobilien und Wohnen
DOI:
https://doi.org/10.18723/diw_wb:2024-1-2
Frei zugängliche Version: (econstor)
http://hdl.handle.net/10419/281209